Vorsteuerabzugsberechtigung - bin ich zu pingelig?

  • Hallo.. ich bin neu in der Fam-Abteilung und darf mich ja jetzt mit jeder Menge PKH- und VKH-Vergütungsanträgen rumschlagen.. Ich hab mal gelernt, dass immer eine Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung gemacht werden muss. Es gibt ja aber so nette Vordrucke für den Vergütungsantrag, wo dazu überhaupt kein Sterbenswörtchen erwähnt ist. Also habe ich jetzt immer munter eine Zwischenverfügung gemacht, dass mir dazu doch mal ne Angabe gemacht werden soll. Bekomm ich als Antwort zurück "Ergibt sich doch aus der VKH Akte. Partei ist ganz normale Hausfrau." Ja ist ja schön, aber kann ich mich immer darauf verlassen, dass die Leute ihre JV 205-Formulare auch richtig ausfüllen und mir evtl. nicht ne Selbständigkeit oder so was verschweigen.
    Also meine Frage jetzt an euch. Besteht ihr auf diese Erklärung oder ist das einfach üblich, dass man da quasi drüber wegliest, wenn es nicht im Antrag angegeben ist? Will mir ja im neuen AG-Bezirk nicht gleich überall Feinde machen :cool:

  • ;) Hhm... keinen Schimmer, wie das die Kollegen handhaben...hier fragen wir nicht nach. Ich weiß allerdings (muss ich zugeben) auch nicht, ob es das so 100%ig richtig ist...:gruebel:

  • Unternehmer sind nur in ihrem geschäftlichen Bereich vorsteuerabzugsberechtigt. Eine familienrechtliche Angelegenheit ist ihre Privatsache und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Es gibt da aber auch den BGH-Beschluss II ZB 21/05 vom 12.6.2006.
    danach kann der PKH-Anwalt bei einer Festsetzung gem. § 126 ZPO die Erstattung der Mehrwertsteuer nicht verlangen. Warum sollte im Umkehrschluss die Staatskasse dann bei Vorsteuerabzugsberechtigung die Mehrwertsteuer auszahlen?
    Ich frag deshalb im Zweifel nach und setz bei Vorsteuerabzugsberechtigung auch die Mehrwertsteuer ab. Ob allerdings bei Familiensachen eine Partei gewerblich auftritt, wage ich zu bezweifeln.

  • Das OLG Dresden stellt bei der Festsetzung der Prozesskostenhilfe auch allein auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten ab. Ob der Anwalt seine Forderung realisieren kann, interessiert das Gericht nicht :mad:.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei der Festsetzung der PKH/VKH-Vergütung habe ich noch nie nich nach der Vorsteuerabzugsberechtigung der Mandantschaft gefragt.

    :daumenrau

  • Ich habe mir das einmal so erklärt (hoffe ich liege damit nicht ganz daneben :gruebel::(



    Die obsiegende Partei hat einen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten gegen die unterliegende Partei. Die Kostenfestsetzung nach §§ 103ff ZPO erfolgt für die obsiegende Partei, welche ihren Rechtsanwalt einschließlich der Umsatzsteuer bezahlen muss.
    Ist die obsiegende Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt, so kann sie die an den Rechtsanwalt gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerhalten. Die Netto-Kosten erhält sie über die Kostenfestsetzung von der unterliegenden Partei.
    Würde man hier also brutto festsetzen, würde die obsiegende Partei die an ihren Rechtsanwalt gezahlte Umsatzsteuer sowohl von der unterliegenden als auch dem Finanzamt zurückbekommen – also doppelt.



    Wurde einer Partei nun PKH gewährt, so muss sie keine Kosten an den Anwalt zahlen, der Rechtsanwalt hat keinen Anspruch gegen die Partei (§ 122 (1) Nr.3 ZPO). Somit zahlt auch nicht die eigene Partei an ihren Anwalt und kann sich im Falle der Vorsteuerabzugsberechtigung die Umsatzsteuer als Vorsteuer nicht vom Finanzamt zurückholen. Eine Erklärung nach § 104 (2) S.3 ZPO ist daher entbehrlich.

  • Damit eine Vorsteuerabzugsberechtigung vorliegen könnte, müßte das Hauptgeschäft selbst der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Wo es keine Umsatzsteuer gibt, dort gibt es auch keine Vorsteuerabzugsberechtigung. Da Gegenstände, für die das Familiengericht zuständig ist, niemals der Umsatzsteuer unterliegen, egal wer Partei ist, kannst Du die Umsatzsteuer ohne jegliche Nachfrage und Prüfung irgendwelcher Erklärungen festsetzen. Das gilt auch dann, wenn zum Beispiel ein Anwalt in eigener Unterhaltssache tätig wird, da auch der Unterhalt eines Anwalts nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
    Entsprechendes gilt übrigens auch für Mieten und Darlehen in Zivilsachen.

  • In Familiensachen kommt es, wie bereits dargelegt wurde, nicht in Betracht, daß die Vorsteuerabzugsberechtigung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe zu berücksichtigen ist.

    Ich möchte für andere Verfahren - insbesondere Zivilsachen - allerdings hinweisen auf BGH, Beschluß vom 12.06.2006 - II ZB 21/05. Danach kann der Rechtsanwalt der PKH-Partei, die vorsteuerabzugsberechtigt ist, im Rahmen der Abrechnung über die Prozeßkostenhilfe aus der Staatskasse nicht die Erstattung der Umsatzsteuer auf seine Vergütung verlangen.

  • Der im Wege der PKH beigeordnete RA und der Pflichtverteidiger haben gegen die Staatskasse Anspruch auf Erstattung der auf ihre Vergütungen entfallenden MwSt. . Maßgebend sind dabei für die Höhe der Gebühren – im Gegensatz zur Postgebührenpauschale des § 26 – nicht die Gebühren des Wahlanwalts, sondern die Gebühren des beigeordneten RA bzw. des Pflichtverteidigers.

     Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. A., Rn. 35 zu Nr. 7008 VV RVG


    An Aktuelleres komme ich gerade nicht heran.



  • Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Rn. 57 zu VV 7008:
    RA kann die MwSt. bei vorsteuerabzugsberechtigung seines Mandanten bei der Festsetzung nach § 126 ZPO nicht beanspruchen - Hinweis auf o.g. BGH-Entscheidung.

    Zur PKH-Vergütung bei Vorsteuerabzugsberechtigung fand ich in der 19. Auflage bisher keinen Hinweis - allerdings dürfte § 55 Abs. 5 S. 1 RVG bei Vorsteuerabzugsberechtigung gegen eine Festsetzung der MwSt. sprechen.
    Bischoff - Bräuer, 2. Aufl., RVG VV 7008, Rn. 8 verweist auf Madert in Gerold/Schmidt (wohl 17. Aufl.), VV 7008 Rn. 35, ist aber möglicherweise überholt.

    Wird die MwSt. gleichwohl festgesetzt, wird man sie bei § 59 RVG nicht berücksichtigen können, denn der erstattungs-pflichtige Gegner schuldet sie nicht. Aus § 59 RVG dürfte sich kein Übergangsanspruch der Landeskasse gegen das veranlagende Finanzamt ableiten lassen.

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