deliktische Forderung / Anerkenntnis

  • Mich würde mal interessieren, ob später einmal davon ausgegangen werden wird, dass hier eine deliktische Forderung besteht.

    Der Beklagte, der die Verbraucherinsolvenz erwägt, wird vom nicht anwaltl. vertretenen Kläger auf Zahlung eines Betrages verklagt, der aus rechtswidrigen Geldentnahmen zum Nachteil des Klägers resultieren soll. Die Forderung besteht dem Grunde nach, die Substantiiertheit der Klage ist jedoch so dünn und die Höhe der Klagforderung so dubios, dass der Beklagte wegen Erfolgsaussichten für die Abwehr PKH erhält.

    Vergleichsvorschläge unter Hinweis darauf, dass der Bekl. ohnehin kein Geld hat und die Verbraucherinsolvenz in Betracht zieht, lehnt der Kläger (ein "Alles-oder-nichts-Typ") kategorisch ab. Ich sage daher zu ihm daher im Gerichtstermin, dass es mir ganz wurscht ist, ob er späterhin seine Klagforderung noch durch weitere Schriftsätze (wie vom Gericht verlangt) begründet oder seine Klage abgewiesen wird. Wenn er nicht zu einem realistischen Ratenzahlungsvergleich bereit ist, dann würde ich die Klagforderung hier und jetzt anerkennen, dann könne er sehen, ob er in der Vollstreckung auch nur einen Cent erlangt. Leider bleibt er stur, so dass schließlich das Anerkenntnisurteil ergeht.

    Ist das jetzt insovenzrechtlich eine deliktische Forderung? Das Anerkenntnisurteil enthält ja keinerlei Gründe.

  • interessante Frage. Irgendwie hab ich die Streitgegenstandslehren nicht mehr so drauf.
    Die Brandenburger Entscheidung verwirrt mich aber etwas: offenbar soll wohl doch der zweigliedrige Begriff des Streitgegenstandes gelten, aber dann wieder nicht, weil die vbuh zwar nicht explizit - aber durch Auslegung des Urteils - ausgeurteilt ist, aber das wiederum nicht an der Rechtskraft teilnimmt.... hm interessant....
    Zum Anerkenntnisurteil: hier seh ich die Sache wie folgt: ist in Anspruchsgrundlagenkonkurrenz geklagt worden, ist ein prozessualer Anspruch tituliert; welcher materielle Anspruch tituliert wurde, lässt sich weder aus dem Urteil noch aus den Klageanträgten erschließen.
    Ist die Klagebegründung hingegen "eingliedrig", ist m.E. das Teil im Teich !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • Nach meinen Erfahrungen ist diese Frage noch nicht abschließend geklärt. Beachtlich ist hierbei, dass das Anerkenntnis sich immer nur auf den Betrag bezieht. Der Schuldner kann im normalen Erkenntnisverfahren nicht den Betrag anerkennen, aber die deliktische Handlung ablehnen.

    Ich vertrete daher die Auffassung, dass eine deliktische Forderung nur dann festgestellt ist, wenn eine ausdrücklicher Feststellungsantrag gestellt wird, denn nur gegen einen solchen könnte sich der Schuldner erfolgreich seperat wehren, wenn er ansonsten die Forderung anerkennt.

    In jedem Fall muss der Schuldner im Insolvenzverfahren der deliktischen Natur widersprechen. Da der Insolvenzverwalter ebenfalls nur den Anspruch, nicht aber die deliktische Natur anerkennen kann, müsste der Kläger erneut auf Feststellung klagen. Dieses unterlassen aber sogar die meisen harten Gläubiger, woibei sie häufig ebenfalls keine klaren Antworten haben und deshalb denken, sie müssten nicht klagen. Hier sollte man auf die Zeit hoffen, den auch die meisten Gläubiger verlieren irgendwann das Interesse an Ihren Versuchen einem nackten Mann in die Tasche zu greifen.

  • Da der Insolvenzverwalter ebenfalls nur den Anspruch, nicht aber die deliktische Natur anerkennen kann, .....



    Wenn der Sachvortrag des Gläubigers für den Verwalter nachvollziehbar macht, dass die durch Urteil anerkannte Forderung auch eine solche aus v.b.u.H. ist, muss der Verwalter diese Eigenschaft in die Tabelle zumindest aufnehmen. Die Forderung selbst kann er nicht bestreiten und für den Widerspruch gegen den Rechtsgrund hat er nicht wirklich eine Handhabe. Ein isoliertes Widerspruchrecht des Verwalters besteht nicht.

    Könnte so - wenn der Schuldner den Widerspruch (wie meist üblich) versäumt - der Gläubiger nicht so auf "billige" Art und Weise zum Titel über die Deliktsforderung kommen?


  • Könnte so - wenn der Schuldner den Widerspruch (wie meist üblich) versäumt - der Gläubiger nicht so auf "billige" Art und Weise zum Titel über die Deliktsforderung kommen?



    Ja, deshalb erfolgen ja auch Anmeldung bei nicht deliktische Forderungen als solche als Delikt. Der Schuldner muss sich darum kümmern, wenn eine solche Anmeldung erfolgt, sonst hat er nach Erteilung der Restschuld das nachsehen. Kein Widerspruch bedeutet entspricht einem Anerkenntnis des Deliktsgrund.

  • Für den Ausgangsfall heißt das (und nur darauf wollte ich eigentlich raus): Es ist egal, ob´s im Anerkenntnisurteil drinnesteht oder nicht. Wenn der Gläubiger eine Deliktsforderung anmeldet, muss der Beklagte / Schuldner zusehen, dass die Eigenschaft nicht in die Tabelle kommt. :)

  • der - auch - unter dem Aspekt der vorsätzlich unerlaubten Handlung geltend gemachte Anspruch "kommt in die Tabelle", wenn er als solcher angemeldet wurde.
    Dass der Gemeinschuldner dem widersprchen kann, ist klar.
    ABER: legt der Gläubiger einen Titel i.S.v. § 179 II InsO vor, so liegt die Verfolgungslast beim Widersprechenden (Normalstruktur).
    Ist eine vbUH tituliert, so hat der Schuldner nach § 184 II InsO den Widerspruch in bestimmter Frist zu verfolgen, andernfalls gilt der Widerspruch als nicht erhoben.
    Somit landet alles wieder am Ausgangspunkt: legt der Gläubiger ein Anerkenntnisurteil vor, stellt sich die Frage, ob damit auch die vbuH tituliert wurde...
    Dieses Problem stellt sich zunächst für das die Prüfungsverhandlung beurkundende Gericht !

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  • Stimmt, den § 184 InsO hatte ich jetzt gar nicht zu Ende gedacht. :gruebel: Aber Valerianus schreibt ja, dass sich aus dem Anerkenntnisurteil nichts ergibt, was auf eine v.b.u.H. hinweist: Weder im Tenor, noch in den (nicht vorhandenen) Gründen oder dem (gleichfalls nicht vorhandenen) Tatbestand.

    Die v.b.u.H. ist also nicht tituliert. Ein Vollstreckungsorgan würde das auch so sehen und PfÜBs mit Beantragung der bevorrrechtigten Pfändung in Arbeitseinkommen nicht zulassen.

    Ich denke, der Kläger/Gläubiger wird auf die Feststellungsklage zu verweisen sein.

  • hm, also bei VU's oder Anerkenntnisurteilen bin ich mir in den Fällen unsicher, bei denen die Klage einzig auf eine Anspruchsgrundlage aus einer vbUH gestützt wurde. Dann ließe sich durchaus vertreten, dass eben dieser materielle Anspruch auch tituliert wurde. Dies setzt zwar erstens voraus, dass man davon ausgeht, dass ein austitulierter Anspruch nicht nur ein vom Lebenssachverhalt abstrahierter prozessualer Anspruch ist und zweitens dass sich der ausgeurteile Lebenssachverhalt aus den Urteilsgründen bzw. beim VU oder Anerkenntnisurteil aus dem Klageschriftsatz "eindeutig" ! ergibt.
    Die wissenschaftliche Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Streitgegenstandslehren würde ich doch lieber dem Schuldner überlassen..... :D

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  • Also müsste man dem Vollstreckungsgericht beim PfÜB-Antrag einfach nur eine Kopie der Klage neben der vollst. Ausfertigung des VU/AU beifügen, damit sich der Rechtsgrund nachvollziehbar ergibt und man in den bevorrechtigten Teil des Einkommens pfänden kann? Das sehe ich doch eher skeptisch.

    Ähnlich wird es sich im Rahmen der Forderungsanmeldung verhalten.

  • als Gläubigervertreter würd ich das versuchen durchzuziehen.
    Sofern die Insolvenzverwalter den Gerichten Übersichten zu titulierten Forderungen einzureichen pflegen, ist es etwas problematisch.
    Bei Vollstreckungsbecheiden würde ich auf die Titulierung "durch Vollstreckungsbescheid" hinweisen. Bei Anerkenntnisurteilen bzw. VU's entsprechend vorgehen, wenn die Anmeldungen dies hergeben.
    Da mag das Gericht sich Gedanken drüber machen, ob im Falle des schuldnerischen Widerspruchs die Forderung als tituliert in der Tabelle zu vermerken und der Schuldner entsprechend zu belehren ist.

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