Journalistenanfrage: Erbschein beantragen (Gewusst wie)

  • Sehr geehrte Mitglieder dieses Forums,

    mit dem Einverständnis des Forumsbetreibers wende ich mich als Nicht-Rechtspfleger und Journalist (der Zeitschrift Finanztest) an Sie.

    Unser Magazin hat eine monatliche Rubrik namens "Gewusst wie" (siehe http://www.test.de/suche/?q=gewusst+wie) Darin geben wir kurze Handlungsanweisungen für die Dinge des Alltags (zuletzt etwa "Wie lasse ich einen Freibetrag auf meine Steuerkarte eintragen", "Facebook sichermachen", "Handynummer mitnehmen", etc.).

    In der kommenden Ausgabe soll erklärt werden, welche Schritte bei der Beantragung eines Erbscheins zu beachten sind. Hierfür suche ich Ihren Rat.

    Es gibt natürlich jede Menge Internetseiten und Ratgeberbücher zu diesem Thema, aber ich kann nicht einschätzen, wie nah an der Realität die darin gegebenen Tipps sind. Damit die Handlungsanweisung für den Antrag auf Erbschein möglichst nah an der Wirklichkeit ist, würde ich mich freuen, wenn Sie mir aus Ihrer Erfahrung die wichtigsten Ratschläge schildern würden.

    Mich interessiert zudem:

    1. Kann ich als ANtragsteller vorher telefonisch mit dem Rechtspfleger erörtern, welche Unterlagen ich mitbringen muss (was ja voraussetzt, dass der Rechtspfleger schon am Telefon etwas länger mit mir über den Sachverhält reden muss)? Oder muss ich auch dafür schon persönlich vorstellig werden.

    2. Wie schnell könnte ich bei Ihnen einen Termin bekommen?

    3. Wie lange dauert der Erbschein im Schnitt an Ihrem Gericht? (Ein Rechtsanwalt aus Bayern schilderte mir, dass die Erteilung des Erbscheins in Berlin durchaus 6 [!] Monate dauern kann)

    4. Welches sind die Unterlagen, die Antragsteller häufig vergessen, aber auf jeden Fall dabeihaben müssen.

    5. Es ist wohl günstiger, den Erbschein den Antrag beim Nachlassgericht zu stellen und nicht beim Notar (Mehrwertsteuer!). Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die dennoch dafür sprechen zum Notar zu gehen.

    6. Vielleicht haben Sie auch hierzu Erfahrungen: Ich lese immer wieder, dass Erben gegenüber Banken ihre Erbenstellung statt mit dem Erbschein auch mit einem "notariellen" Testament belegen können. Warum "notarielles" Testament? Ich habe mir ein paar AGBs von Banken angeschaut. Dort heißt es etwa: "Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins...verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird." Es ist also kein notarielles Testament beizubringen, sondern es reicht, wenn ich das ("normale") Testament kopiere und vom Notar oder einer anderen dazu ermächtigten Stelle beglaubigen lasse. Oder übersehe ich da etwas?

    Wer möchte , bekommt natürlich nach Erscheinen der Finanztest-Ausgabe ein Belegexemplar :)

    Ich freue mich auf Ihre Tipps.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Sittig
    Redakteur Finanztest
    m.sittig@stiftung-warentest.de

  • 1. Das hängt natürlich von auch von dem jeweiligen Rechtspfleger und ab, ist aber grundsätzlich möglich.

    2. Sofort.

    3. Die längste Zeit würde die ggfs. erforderliche Anhörung der Beteiligten in Anspruch nehmen. Sofern die Zustimmung vorliegt und alle Urkunden vorhanden sind, könnte der Schein sofort erteilt werden.

    4. Ich habe bisher nicht festgestellt, dass eine bestimmte Art von Urkunde besonders häufig vergessen wird.

    5. Abgesehen von der möglicherweise großen Entfernung zum Nachlassgericht könnte komplizierten/uneindeutigen Testamenten der Weg zum Notar sinnvoll sein. Denn der RPfl, der über den Antrag entscheidet, sollte es vermeiden, dem Antragsteller eine Auslegung "in den Mund zu legen" bzw. wird er sich vor diesem Vorwurf schützen wollen.

    6. Die AGB sind quasi eine Vereinbarung zwischen der Bank und ihrem Kunden, dass diese eine in einem privatschriftlichen Testament als Erbe (oder Testamentsvollstrecker) bezeichete Person als berechtigt ansehen darf. Diese Vereinbarung gilt dann auch für die Erben des Kunden. Ist auf Grund der Vertragsfreiheit zulässig.

    Nach der Eröffnung (die ist zwingend, nach dem Erbfall sind Testamente umgehend dem Gericht abzuliefern, selbst wenn keinerlei Streitigkeiten bestehen und auch dann, wenn man das Testament für unwirksam hält) erhalten die Erben eine Beglaubigte Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokoll. Es sollte ausreichen, dies vorzulegen.

  • Zur Sache selbst kann ich leider nichts beitragen, aber
    a) finde ich es gut, dass Sie als Journalist den Weg hierher nicht scheuen und
    b) wäre auf jeden Fall ein Hinweis wichtig, dass in Baden-Württemberg nach der noch geltenden Rechtslage die Erbscheine nicht beim Amtsgericht, sondern beim Notariat zu beantragen sind (§ 38 LFGG Baden-Württemberg). Erst nach der Notariatsreform sollen die Aufgaben des Nachlassgerichts auf die Amtsgerichte übergehen, siehe hierzu den entsprechenden Thread.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • zu 1.
    Bei uns am Gericht kann man grds. immer vorher telefonisch anfragen, welche Urkunden benötigt werden.
    Wenn die Erbfolge komplizierter ist (2. oder 3. Ordnung mit entsprechend vielen Urkunden, Auslandsbezug o.Ä.) kann allerdings auch eine persönliche Vorsprache besser sein.

    zu 2.
    Während der Sprechzeiten kann man bei uns ohne Termin kommen. Es gibt allerdings auch Gerichte, welche nur mit Terminen arbeiten. Das kann meist auch mit einem Anruf oder einen Blick in den Internetauftritt des einzelnen Amtsgerichts ermittelt werden.

    zu 3.
    Eine Zeitspanne zu nennen ist extrem schwierig. Da kommt es auf die Belastung des Gerichts, die Ausstattung (EDV-Programme) und Vollständigkeit der Unterlagen an.
    So kann es sein, dass bei Gerichten, welche mit entsprechenden EDV-Programmen arbeiten (wir sind damit leider noch nicht ausgestattet), der Erbschein sofort ausgestellt werden kann, wenn alle Unterlagen da sind, alle Erben der Erteilung zugestimmt haben, die nicht erschienenen Erben nicht beteiligt werden wollen und keine Anfragen an weitere Behörden (z.B. Standesamt, Testamentskartei) notwendig sind.
    Ich schätze, eine Frist von 2-6 Wochen dürfte bei den meisten Gerichten üblich sein.

    zu 4.
    Was sehr "gerne" vergessen wird, ist der Personalausweis des Antragstellers. Ferner sind auch oft die Anschriften der Miterben nicht genau bekannt (man schreibt nicht mehr so oft Briefe, da fehlen schon mal die Hausnr. oder die Str. im Gedächtnis;)), welche dann nachgereicht werden müssen. Die notwendigen Urkunden sollten im Original vorgelegt werden, nicht nur in Kopie.

    zu 5.
    Ich stimme meinem Vorschreiber zu. Es ist evtl. auch ein wenig "komfortabler".

    zu 6.
    Grundsätzlich kann man seine Erbenstellung mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll nebst vom Gericht beglaubigter Testamentsabschrift, egal ob notariell oder privatschriftlich, glaubhaft machen. Manchmal gibt es jedoch Formvorschriften, welche nur ein notarielles Testament oder Erbvertrag gelten lassen, wie z.B. bei der Umschreibung von Grundvermögen (§ 35 GBO). Dort reicht dann ein privatschriftliches Testament nicht aus. Eigene Kopien oder Beglaubigungen durch den Notar reichen nicht aus. Das Originaltestament muss immer unverzüglich beim Nachlassgericht abgeliefert werden, §2259 BGB. Von dort erhält der Erbe dann nach der Eröffnung die oben genannten Unterlagen.
    Ob die Abschriften zum Nachweis der Erbenstellung ausreichen kommt aber auch immer auf den Wortlaut des Testamentes an. Steht dort drin "Miki Muster ist mein Erbe." kann der Beteiligte leicht nachprüfen, wer Erbe ist. Steht dort "Meine Kinder, Enkel, Cousins, Fußballfreunde (o.Ä.) sollen Erben sein", ist der Erbe für einen Dritten schlecht festzustellen. Auch dann wird i.d.R. ein Erbschein erforderlich sein.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

    Spendenaufruf

    Einmal editiert, zuletzt von Mel (31. Juli 2010 um 20:54) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • 1.
    Ich freue mich, wenn die Leute anrufen und die "W"-Fragen stellen:
    - wann kann ich kommen?
    - was muss ich mitbringen?
    - wieviel kostet das?
    Ich beurkunde den Antrag nur, wenn die Leute alle Unterlagen dabei haben!
    2.
    Sofort - am gleichen Tag
    3.
    Längstens 1 Woche - im Notfall kann man den Erbschein gleich mitnehmen - wenn alle Unterlagen vorhanden sind!
    4.
    Perso - Sterbeurkunde: Ohne geht gar nichts.
    5.
    Mir ist die persönliche Antragstellung viiiiel lieber!
    zu den Gründen sage ich jetzt lieber nichts. ;)
    6.
    Ein notarielles Testament reicht sogar beim Grundbuchamt,
    um das Häuschen der Erblassers umzuschreiben.
    Übrigens:
    Wenn die Bank trotzdem einen Erbschein verlangt, muss sie
    dem Erben die Kosten erstatten! BGH NJW 2005, 2779

    Das sage ich den Leuten auch! :teufel:


  • 1. Kann ich als ANtragsteller vorher telefonisch mit dem Rechtspfleger erörtern, welche Unterlagen ich mitbringen muss (was ja voraussetzt, dass der Rechtspfleger schon am Telefon etwas länger mit mir über den Sachverhält reden muss)? Oder muss ich auch dafür schon persönlich vorstellig werden.

    Ja das ist (bei mir) möglich und erspart evtl. einen zweiten Gang zum Gericht.

    Zitat

    2. Wie schnell könnte ich bei Ihnen einen Termin bekommen?

    Wir machen keine Termine. Wer in den Öffnungszeiten kommt, der kommt.

    Zitat

    3. Wie lange dauert der Erbschein im Schnitt an Ihrem Gericht? (Ein Rechtsanwalt aus Bayern schilderte mir, dass die Erteilung des Erbscheins in Berlin durchaus 6 [!] Monate dauern kann)

    Bei gesetzlicher Erbfolge und Anwesenheit sämtlicher Erben, kann die Erbscheinsausfertigung direkt mitgenommen werden. Sind nicht alle Erben anwesend, müssen diese erst angehört werden. Je nachdem ob die sich äußern oder die Frist zur Äußerung einfach verstreichen lassen, dauert es ca. 3 Wochen.

    Zitat

    4. Welches sind die Unterlagen, die Antragsteller häufig vergessen, aber auf jeden Fall dabeihaben müssen.

    Auf jeden Fall Sterbeurkunde.

    Zitat

    5. Es ist wohl günstiger, den Erbschein den Antrag beim Nachlassgericht zu stellen und nicht beim Notar (Mehrwertsteuer!). Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die dennoch dafür sprechen zum Notar zu gehen.

    Da fallen mir nur die Öffnungszeiten ein. Ansonsten fallen mir keine Gründe dafür, aber einige dagegen ein. Mag aber auch daran liegen, dass es hier Anwaltsnotariate gibt.

    Zitat

    6. Vielleicht haben Sie auch hierzu Erfahrungen: Ich lese immer wieder, dass Erben gegenüber Banken ihre Erbenstellung statt mit dem Erbschein auch mit einem "notariellen" Testament belegen können. Warum "notarielles" Testament?



    Bzgl. notariellen Testamenten gibt es eine BGH Entscheidung. Leitsatz:

    Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form zu erbringen.
    Ein eröffnetes öffentliches Testament stellt in der Regel einen ausreichenden Nachweis für sein Erbrecht dar.

    BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04


    Ansonsten ist es so, dass notarielle Testament (eigentlich) eindeutig sein sollten und so kein Interpretationsspielraum gegeben sein sollte. Bei privatschriftlichen Testamenten stehen oft die wildesten (rechtlich manchmal auch unmögliche) Bestimmungen im Testament. Sehe ich handschriftliche Testament über mehr als 1 Seite, brauche ich das nicht mal lesen um zu wissen, dass es Probleme geben wird.


    Zitat

    Damit die Handlungsanweisung für den Antrag auf Erbschein möglichst nah an der Wirklichkeit ist, würde ich mich freuen, wenn Sie mir aus Ihrer Erfahrung die wichtigsten Ratschläge schildern würden.

    Noch eben hierzu.

    Bevor ich einen Erbschein beantrage sollte ich auf jeden Fall erst abklären, ob überhaupt ein solcher wirklich zwingend gebraucht wird. Viele Antragsteller kommen mit der festen Meinung, sie müßten auf jeden Fall einen Erbschein beantragen. Also vorher zB mit der Bank sprechen. Vorher nachschauen ob nicht evtl. Vollmachten über den Tod hinaus bestehen usw.
    Wenn Grundbesitz vorhanden ist, kann ein Erbschein zu ermäßigten Gebühren erteilt werden, wenn er nur für die Grundbuchberichtigung benötigt wird.
    Wenn ich einen Erbschein beantrage erkläre ich dabei, dass das Erbe angenommen wurde. Das Erbe ausschlagen kann ich dann nicht mehr, bzw. nicht mehr so einfach. Manche meinen, erst einen Erbschein beantragen zu müssen um sich Übersicht über das Erbe zu verschaffen um dann zu entcheiden ob sie ausschlagen. Dann ist es zu spät.

  • Zum Thema Erbfolge und Grundbuch:

    Nach § 35 Abs.1 S.2 Grundbuchordnung (GBO) kann die Erbfolge im Grundbuchverfahren durch Vorlage einer nachlassgerichtlich beglaubigten Abschrift des Testaments sowie der nachlassgerichtlich beglaubigten Eröffnungsniederschrift geführt werden. Der Nachweis durch einen Erbschein bleibt aber auch dann möglich.

    Das setzt allerdings voraus, dass sich die Erbfolge aus dem Testament dann auch ergibt. Bei etwaigen weiteren Nachweisen ist daher immer an § 29 GBO (Tatsachennachweis nur durch öffentliche Urkunde) zu denken. Beispiele:
    - Erben sind A, B und C zu gleichen Teilen ==> kein Problem
    - Erben sind meine Kinder: A und B und C, die jetzt nicht namentlich genannt sind, müssen mit Geburtsurkunden ihre Abstammung vom Erblasser nachweisen und mit eidesstattlicher Versicherung versichern, dass weitere Kinder nicht existieren; inwieweit die eidesstattliche Versicherung auch gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben werden, ist streitig; notariell aufgenommen geht es auf jeden Fall.

    Es gibt Fälle, in denen trotz öffentlichen Testaments ein Erbschein verlangt wird. Das kann neben unsauberen/unwirksamen Formulierungen auch daran liegen, dass der Grundbucheintragungsantrag anders lautet als das, was das Grundbuchamt bei der Auslegung des Testaments als Erbfolge ermittelt. Z. B. hatten wir mal ein Testament, in dem u. a. Testamentsvollstreckung angeordnet war, die in unseren Augen Dauervollstreckung war. Das Nachlassgericht hat das anders gesehen, aber keinen Erbschein erteilt. Für das Grundbuchamt ist aber als nachlassgerichtliche Äußerung allenfalls ein Erbschein bindend. Beantragt war die Eintragung der Erben ohne Testamentsvollstreckervermerk. Nachdem das Grundbuchamt die antragsgemäße Eintragung ohne Testamentsvollstreckervermerk abgelehnt hatte und insoweit auch in der Beschwerdeinstanz gehalten worden war, blieb den Erben nichts anderes übrig, als letztlich doch einen Erbschein zu beantragen und vorzulegen.

    Beim Erbschein ist anzumerken, dass im Falle der Vor- und Nacherbfolge der Erbschein, der das Erbrecht des Vorerben nachweist, im Grundbuchverfahren nicht ausreicht, zugleich das Erbrecht das Nacherben nachzuweisen. Bei öffentlichen Testamenten kann das - je nach Formulierung - anders sein, so dass dann "nur" der Eintritt der Nacherbfolge und ggf. die Person des Nacherben nachzuweisen sind.

    Oft werden bei öffentlichen Testamenten die Nachlassakten beigezogen, um sich zu vergewissern, ob es nicht noch Erbverträge oder weitere, spätere Testamente gibt.

    Evtl. macht eine angeordnete Testamentsvollstreckung einen Erbschein entbehrlich, weil ein Testamentsvollstreckerzeugnis genügt oder der Testamentsvollstrecker sein Amt sogar mit öffentlichem Testament + Eröffnungsniederschrift + Bescheinigung/Protokoll über die Amtsannahme gegenüber dem Nachlassgericht nachweisen kann. Auch dann kann es aber passieren, dass trotzdem wieder ein Erbschein benötigt wird, etwa wenn es im Grundbuchverfahren darauf ankommt, ob bei einer Erbauseinandersetzung die Erwerbenden tatsächlich quotenmäßig erwerben (Schenkungsverbot des Testamentsvollstreckers). An sich ist das aber ein Kapitel für sich (wie die Vor- und Nacherbfolge auch).

    Evtl. ist die Vorschrift des § 60 IV KostO noch interessant - aber das bewegt sich eigentlich schon mehr in die Richtung, wie ein Nachlass auseinandergesetzt werden kann; eine Wissenschaft für sich.

    Evtl. könnte es sich lohnen, eine kleine Fortsetzungsreihe zu den Themen ins Auge zu fassen...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich kann hier selbstverfreilich nur für mich sprechen:

    zu 1.: Wenn Sie von sich als Antragsteller ausgehen gehe ich davon aus, dass Ihnen die Erbfolgeverhältnisse bereits klar sind. In der Praxis sieht das oftmals anders aus. Da ruft auch gern mal ein Kind oder Schwiegerkind bei mir an wegen Erbschein zugunsten des überlebenden Ehegatten, nur um dann erst zu erfahren, dass auch Kinder und evtl. Enkel mitbeteiligt sind. Bei der Gelegenheit erfährt der Anrufer natürlich sofort, welche Unterlagen er zu beschaffen hat.

    zu 2.: sofort.

    zu 3.: ab Antragstellung gerechnet
    - bei ges. Erbfolge ca. 2 min, wenn alle Urkunden mitgebracht werden, ansonsten eben so lange bis alle Urkunden vorliegen (was aber dann nicht zulasten des Nachlassgerichts gerechnet werden kann)
    - bei testamentarischer Erbfolge in der Regel ca. 3-6 Tage, da bei mir der Richter für die Erteilung zuständig ist.
    Diese Angaben beziehen sich auf ca. 95% meiner Verfahren, bei ausergewöhnlichen Verfahren mit ungewöhnlich vielen Erben kann auch schon mal ein Jahr vergehen.

    zu 4.: Bei Erbfolgen Geschwister untereinander (weil Erblasser kinderlos verstorben) ganz oben weil fast immer vergessen: die Abstammungsurkunde des Erblassers, gefolgt von den Abstammungsurkunden der vorverstorbenen Erblassergeschwister. Irgendwie verstehen die Leute die Formulierung "Abstammungsurkunden aller Kinder der Erblassereltern" nicht. Ansonsten auch gern vergessen wird das Scheidungsurteil wenn der Erblasser geschieden war, da auch der Wegfall des sonst erbberechtigten Ehegatten nachzuweisen ist.

    zu 5.: Einzige Fallgestaltung die mir jetzt auf die schnelle einfällt ist, wenn man selbst weitweitweg wohnt und möglichst kurzfristig an den Erbschein kommen möchte. Um den Antrag (einschl. der erford e.V.) zu stellen müsste das Nachlassgericht am Wohnsitz des Antragstellers erst dazu ersucht werden. In solchen Fällen ist es aus meiner Warte geschickter zum Notar vor Ort zu gehen, dort den Antrag fertigen zu lassen, damit dieser dann sofort beim Nachlassgericht eingereicht wird.
    Grundsätzlich ist mir aber auch die Antragstellung bei mir (oder dem ersuchten Gericht nach erhalt meiner Nachlassakte mit Feststellung wer überhaupt Erbe ist) lieber, auch deshalb weil mein Wissensstand von dem des Antragstellers hin und wieder deutlich abweicht, der Notar aber nur das beurkunden kann was er vom Antragsteller erfährt.

    6.: Was die Banken zur Glaubhaftmachung des Erbrechts sich vorlegen lassen hängt immer vom Einzelfall ab. Deshalb ist es immer besser zuerst mit der Bank zu reden was genau vorzulegen ist. Ein Erbschein der gar nicht notwendig gewesen wäre verursacht nicht nur uns Arbeit sondern auch dem Antragsteller Kosten.

  • Man sollte vielleicht noch darauf hinweisen, dass die Verfahrensweise in Bundeländern mit amtlicher Erbenermittlung (etwa in Bayern) von der bisher beschriebenen völlig verschieden ist, weil den Nachlassgerichtigen seitens der Standesämter von Amts wegen eine Todesanzeige für jeden Sterbefall zugeht, die Beteiligten sodann von Amts wegen zur Notwendigkeit eines Erbscheins befragt und ggf. auch von Amts wegen zur Stellung des Erbscheinsantrags nebst eidesstattlicher Versicherung vorgeladen werden. In dieser Ladung wird auch darauf hingeweisen, welche Unterlagen (Personenstandsurkunden etc.) mitzubringen sind.

    Außerdem dürfte noch von Interesse sein, dass sich die Erbscheinserteilung durch das am 01.09.2009 erfolgte Inkrafttreten des FamFG verzögern kann, sobald auch nur ein Beteiligter -und sei es nur aus querulatorischer Neigung- nicht mit der beantragten Erbscheinserteilung einverstanden ist. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit des Erlasses eines Feststellungsbeschlusses, der innerhalb einer Frist von einem Monat mit dem Rechtsbehelf der Beschwerde anfechtbar ist (§§ 352 Abs.2, 63 Abs.1 FamFG).

    Für eine Antragstellung über den Notar spricht aus meiner Sicht jedenfalls in Bundesländern mit amtlicher Erbenermittlung nichts. Zum einen ist es wegen der Umsatzsteuerpflicht der Notare wesentlich teurer und zum anderen liegen dem Notar die Nachlassakten nicht vor, sodass der Antrag im rechtlich "luftleeren" Raum zustande kommt, ganz abgesehen, dass die notwendigen Unterlagen in der Regel nicht beigefügt sind. Die notariellen Erbscheinsanträge lassen sich nach meiner Erfahrung in Bayern demzufolge p.a. an den Fingern einer Hand abzählen.

    Auch eine erforderliche Testamentsauslegung spricht nicht für die Beteiligung eines Notars. Das Gericht bespricht die denkbaren Auslegungen mit den Beteiligten (oder hört sie -ggf. im anberaumten Termin- zur Auslegung an) und wirkt auf die erforderliche Antragstellung hin. Welchen Antrag die Beteiligten dann stellen, bleibt ihnen selbst überlassen. Das kann sogar so weit gehen, dass verschiedene Beteiligte in ein und demselben Termin inhaltlich verschiedene Erbscheinsanträge stellen. Bei streitigen Verfahren beurkundet der Notar lediglich im Sinne des Beteiligten, der bei ihm erschienen ist und das Hauen und Stechen geht erst hinterher los. Das ist keine verfahrensökonomische Handhabung.



  • ...

  • Hier meine Antworten:

    [QUOTE=Michael Sittig;628389.


    1. Kann ich als ANtragsteller vorher telefonisch mit dem Rechtspfleger erörtern, welche Unterlagen ich mitbringen muss (was ja voraussetzt, dass der Rechtspfleger schon am Telefon etwas länger mit mir über den Sachverhält reden muss)? Oder muss ich auch dafür schon persönlich vorstellig werden.

    [B]Dies wird durch unsere Geschäftsstelle erledigt. In der Regel wird ein Termin vergeben und darauf hingewiesen, welche Unterlagen mitzubringen sind. Bei schwierigen Fällen erfolgt Rücksprache mit dem Rechtspfleger.[/B]

    2. Wie schnell könnte ich bei Ihnen einen Termin bekommen?

    ca. 3-4 Wochen

    3. Wie lange dauert der Erbschein im Schnitt an Ihrem Gericht? (Ein Rechtsanwalt aus Bayern schilderte mir, dass die Erteilung des Erbscheins in Berlin durchaus 6 [!] Monate dauern kann)

    Kommt darauf an ;):
    Wenn alle Unterlagen dabei sind und alle Beteiligten erschienen dann sofort. Auch sofort, wenn die nicht erschienenen Beteiligten eine Vollmacht ausgefüllt haben. Ansonsten verzögert es sich durch die notwendig gewordene Anhörung.

    4. Welches sind die Unterlagen, die Antragsteller häufig vergessen, aber auf jeden Fall dabeihaben müssen.

    Es fehlen immer mal wieder Geburtsurkunden, die lasse ich nachreichen, nehme aber den Antrag auf. Adressen der nicht erschienenen Beteiligten werden auch vergessen.

    5. Es ist wohl günstiger, den Erbschein den Antrag beim Nachlassgericht zu stellen und nicht beim Notar (Mehrwertsteuer!). Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die dennoch dafür sprechen zum Notar zu gehen.

    Da wir mit Termin arbeiten, geht es wahrscheinlich beim Notar schneller (zumindest die Aufnahme des Erbscheinsantrages).

    6. Vielleicht haben Sie auch hierzu Erfahrungen: Ich lese immer wieder, dass Erben gegenüber Banken ihre Erbenstellung statt mit dem Erbschein auch mit einem "notariellen" Testament belegen können. Warum "notarielles" Testament? Ich habe mir ein paar AGBs von Banken angeschaut. Dort heißt es etwa: "Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins...verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird." Es ist also kein notarielles Testament beizubringen, sondern es reicht, wenn ich das ("normale") Testament kopiere und vom Notar oder einer anderen dazu ermächtigten Stelle beglaubigen lasse. Oder übersehe ich da etwas?

    Hier ist das gängige Praxis, dass Banken ein privatschriftliches Testament nicht anerkennen. Kann leider nix dazu sagen.

    Wer möchte , bekommt natürlich nach Erscheinen der Finanztest-Ausgabe ein Belegexemplar :)

    Ja, gerne :D!

    Ich freue mich auf Ihre Tipps.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Sittig
    Redakteur Finanztest
    m.sittig@stiftung-warentest.de[/QUOTE]

  • Ich lese da recht pauschal:

    "Stellen Sie fest, ob Sie einen Erbschein brauchen. Haben Sie zu Lebzeiten eine Kontovollmacht vom Verstorbenen bekommen, erhalten Sie sein Bankguthaben ohne Erbschein und Testament. Die Bank kann das Geld auch auszahlen, wenn Sie das Testament oder eine beglaubigte Kopie vorlegen und daraus hervorgeht, dass Sie Erbe sind. Sie müssen nur noch zusätzlich das Protokoll des Amtsgerichts über die Testamentseröffnung vorlegen."

    Und sage: :alarm:schock:

    Oder besser noch: :sagnix:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Bei aller etwaigen Kritik bitte ich zu bedenken: Wenn ich einen Artikel über etwas lese, wo ich fachlicher Laie bin, lese ich ihn auch nicht ohne Verkürzungen und Pauschalierungen. Vielleicht geht Euch das ähnlich. Solche Artikel müssen m.E. verdichten, sonst liest das keiner.

  • Unter dem Gesichtspunkt würde ich sagen: Gut verdichtet.

    ;)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Liebe Forumsmitglieder,

    ich bin der Journalist, der die Fragen zum Erbschein ins Forum hier eingestellt hat.

    Ich möchte mich bei allen Beteiligten für Ihre Hilfe und Tipps bedanken. Sie haben mir auf jeden Fall weitergeholfen. Inzwischen ist der Beitrag auch schon in Finanztest erschienen.
    Der Link dazu wurde ja hier schon gepostet (sorry, ich war etwas lahm) :)

    Für weitere Anregungen und Kritik bin ich natürlich stets dankbar.

    Wer die Printausgabe von Finanztest als Belegexemplar möchte, schicke mir bitte seine Adresse an m.sittig@stiftung-warentest.de


    Grüße
    Michael Sittig
    Redaktion Finanztest
    Stiftung Warentest

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