Erben teilweise unbekannt

  • Ich habe folgenden Fall:
    Ich habe einen Erbfall der sehr kompliziert ist. Der Erblasser ist kinderlos verstorben und war einziges Kind seines Vaters. Der vater hatte 7 Geschiwster. Von 3 der Geschiwster können die Abkömmlinge ermittelt werden. und die urkunden liegen auch vor.
    1 Bruder soll wohl nach Amerika ausgewandert sein und dort 2 Kinder gehabt haben, die auch verstorben sind. Über weitere Abkömmlinge ist nichts bekannt. Würdet ihr diesen Anteil hinterlegen? oder was machen?Aufgebot?
    Bei zwei der Geschiwstern liegt nur eine Geburtsurkunde vor, Sterbeurkunde oder Abkömmlinge konnten über die Nachlasspflegerin nicht ermittelt werden. Was machen? Aufgebot? Hinterlegen?
    Bei einem Bruder gibt es nur Geburts- und Sterbeurkunde, aber nichts über Abkömmlige bekannt. Auch hier wieder meine Frage, was soll ich machen?
    Die nachlasspflegerin hat echt alles versucht, etwas rauszubekommen, aber keine chance...:confused:

  • Teilerbschein hinsichtlich der bekannten Erben.
    Wenn Nachlassvermögen vorhanden ist, Hinterlegung insoweit die Erben unbekannt sind. (Es dürfte also noch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vorzunehmen sein, welche durch das Gericht zu genehmigen ist.)
    Anschließend Aufhebung der Nachlasspflegschaft, da weitere Ermittlungen keine neuen Erkenntnisse bringen.

    Das Aufgebot hinsichtlich der unbekannten Erben und die evtl. Feststellung des Fiskuserbrechts lohnt m. E. nur, wenn werthaltiger Nachlass vorhanden ist. Hierzu gibt es streitige Meinungen. :)

    My two cents.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Das ist auch eine gute Frage.
    Die RAin "umme Ecke" wird nicht so viel erreichen können wie das große Erbenermittlungsbüro, die schon seit Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten (;)) weltweit ermitteln.
    Profis werden jedoch nur bei werthaltigem Nachlass tätig - schließlich müssen die ja auch ihre Kosten decken können.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • kein professioneller Erbenermittler. Die Ermittlungen hat ein nachlasspfleger gemacht, der aber sehr versiert ist.
    Insgesamt ein nachlass um die 50.000 €. Teilt sich dann aber eben auch auf 7 Stämme auf..
    Müsste dann also für die 4 Stämme, wo mir nichts bekannt ist, oder nur wenig, hinterlegen und für die restlichen den teilerbschein machen?
    Ab welcher summe würdet ihr denn einen erbenermittler einschalten?

  • Das ist eine Frage des Einzelfalls - TL müsste hierzu nähere Angaben machen können.

    Hinterlegen würde ich nicht, sondern nach dem Erlass einer öffentlichen Aufforderung einen Erbschein für den gesamten Nachlass zugunsten der bekannten Erben erteilen.

  • Also eine öffentliche Aufforderung nach § 2358 II ?
    Das liest aber doch kein mensch, zumindest mit normalem menschenverstand betrachtet. Finde ich irgendwie so ein bißchen unfair..
    Wie läuft da so eine aufforderung ab? Schonmal gemacht?

  • In Kategorien wie "fair" darfst du eh nie denken :strecker

    Mal ganz abgesehen davon, dass es genauso unwahrscheinlich ist, dass irgendwann jemand bei der Kasse ankopft und sagt ich bin der Ururneffe von xy und will jetzt meine Kohle haben.
    Habe übrigens auch eine Geschichte in der 1/4 des Nachlasses über den großen Teich gehen wird, und obwohl mir schon ein Miterbe unkundlich nachgewiesen ist rennen mir die übrigen Gierhälse noch immer die Tür ein weil kann ja nicht sein dass es da keine Frist gibt für.

  • Meinst Du, es sei wahrscheinlicher, dass sich jemand der verschollenen Erben jemals meldet, um Ansprüche bezüglich des hinterlegten Betrages geltend zu machen? Und ist es "fairer", dass der Staat auf dem Geld sitzt und damit arbeitet, anstelle es definitiv bekannten Erben zukommen zu lassen?

    Ich habe immer mit öffentlichen Aufforderungen und in keinem einzigen Fall mit einer Hinterlegung gearbeitet.

    Bezüglich der Art und Weise der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldefrist wird in § 2358 Abs.2 BGB auf die Vorschriften des nunmehr in den §§ 433 ff. FamFG geregelten Aufgebotsverfahrens verwiesen. Die Verweisung hat also nur verfahrensrechtliche Bedeutung, weil die ergebnislose Aufforderung nicht zum materiellen Erbrechtsausschluss, sondern lediglich zur Nichtberücksichtigung der betreffenden Erbrechte im Erbscheinsverfahren führt.

  • Gibt es dafür denn irgendwelche Vordrucke? oder muss ich die "basteln"?
    Muss jemand das Aufgebotsverfahren beantragen? nach FamFG ist das ja erforderlich. Aber wer? Miterben? ich mache dann aber keine Ausschließungsbeschluss?!

  • Ich schrieb:

    Bezüglich der Art und Weise der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldefrist wird in § 2358 Abs.2 BGB auf die Vorschriften des nunmehr in den §§ 433 ff. FamFG geregelten Aufgebotsverfahrens verwiesen.

    Für alles andere nicht.

    Bei der öffentlichen Aufforderung ist für Deinen Fall in der Regel anzugeben:

    -Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Sterbetag, Sterbeort und letzter Wohnsitz des Erblassers.
    - Anzahl der Geschwister, Namen, Geburtsdaten und Geburtsorte der Geschwister, Angabe, welche Stämme gesucht werden und was über sie bekannt ist.
    - Frist.
    - Ankündigung, dass der Erbschein bei fruchtlosem Fristablauf ohne Berücksichtigung der Erbrechte der gesuchten Beteiligten erteilt wird.

  • Also wenn ich mir den Fall ansehe, dann glaube ich, dass in den meisten hier bearbeiteten Fällen durchaus versierte NLPfleger tätig waren, aber die dann irgendwann einfach nicht mehr die wirklich notwendigen Kenntnisse haben, um Erben z.B. auch im Ausland ertmitteln zu können. Auch wir schalten in der Regel einen Korrespondenten vor Ort ein und haben durchaus (sehr) ansehnliche Erfolgsquoten. Ihr glaubt nicht wie oft ich schon gehört habe: "Da ist wirklich alles ausermittelt...." und wir dann noch noch Erben gefunden haben.

    Ein weltweites Netz mit hunderten von Korrespondenten, eigene Archivunterlagen und Datenbanken mit 100.000den von Datensätzen, bezahlte Internetdateien und nicht zuletzt die Tatsache, dass ein professioneller Erbenermittler den ganzen Tag nichts anderes macht, als zu suchen, lassen aus meiner Sicht die Möglichkeiten eines "einfachen" Nachlasspflegers geradezu winzig erscheinen.


    Wenn nun die Möglichkeiten des Pflegers erschöpft sind, spricht § 1793 BGB sogar von einer "Sorgepflicht". Im Palandt kann man dazu folgende interessante Ausführung lesen: "Wo es um Fachkenntnisse geht, über die der Vormund (lies NLPfleger) nicht verfügt, kann die Einschaltung eines sachkundigen Drítten sogar geboten (!!!) sein. Eine hierfür erteilte Vollmacht (...) bedarf keiner Genehmigung."

    Interessant, was? Und genau das passiert bei uns im Büro. Es kommen Nachlasspfleger zu uns, die uns um Unterstützung bei der Erbenermittlung bitten. Direkt und nicht erst nach einem Verfahren nach § 2358 II BGB.

    Wer einmal in einem werthaltigen Fall das Chaos nach einer 2358er Veröffentlichung erlebt hat, weiß nur zugut, warum wir (also die "Geweih-Erbensuchbank" :) keine Bundesanzeigerfälle mehr bearbeitet. Die Veröffentlichungen werden nämlich schon gelesen....von einer Vielzahl meist kleinerer Büros, die dann in einer Art Windhundrennen sich um die Erben prügeln und sich dabei immer wieder nicht gerade mit Ruhm bekleckern, war seriöse Arbeitsweise anbelangt.

    Wer wissen will, wie Erbenermittler arbeiten, kann auch mal hier nachlesen: http://www.rechtspflegerseite.de/index.php?opti…id=65&Itemid=93


    Zum gennanten Fall und ob dabei die Einschaltung eines prof. EE sich lohnt, sage ich später noch etwas, weil ich gerade "in Eile" bin.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
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    Einmal editiert, zuletzt von TL (2. September 2010 um 07:27)

  • So, jetzt bin ich wieder im Büro und wollte ja noch zu dem in #1 genannten Fall was sagen:

    Offenbar handelt es sich um einen Fall in III. Ordnung. Über Erben in der Linie mütterlicherseits ist nichts gesagt. Ich vermute aber mal, dass es da welche gibt und die damit die Hälfte des Nachlasses abbekommen.

    In der Linie väterlicherseits scheinen 7 Stämme vorhanden zu sein. Folglich entfällt auf jeden dieser Stämme 1/14 des Gesamtnachlasses (das waren € 50.000).

    Auf die vier noch offenen Stämme also im "besten Fall" zusammen 4/14 . Im schlechtesten Fall (nehmen wir an, dass nur in einem dieser offenen Stämme Erben vorhanden sind) sind dann nur 1/8 des Nachlasses noch "offen".

    Der Wert für den Erbenermittler liegt also irgendwo zwischen ca. 6.250 € (= 1/8) und 14.250 € (= 7/14).

    Jetzt muss man davon ausgehen, dass die gesuchten Geschwister des Erblasservaters so zwischen 1880 und 1910 geboren wurden und damit vmtl. längst selbst verstorben sind. Das Gleiche dürfte für deren Kinder gelten, die ja in der Generation des Erblassers wären.

    Wenn man jetzt noch im Ausland suchen muss, dann arbeiten die Erbenermittler in der Regel mit einem Korrespondenten. Der will natürlich einen Honoraranteil. Es müssen vmtl. zig Urkunden beschaffte werden, um die Rechtsnachfolge in diesen Linie zu belegen. Also zusätzliche Kosten.

    Dann wollen wir mal rechnen:

    Nehmen wir an, es werden Erben im Ausland gefunden und diese mit dem in solchen Fällen durchaus üblichen Erfolgshonorar von 25 % unter Vertrag genommen. Im schlechtesten Fall bedeutet dies für den EE also 25 % von 6.250 € = ca. 1.560 €

    Im besten Fall wären es 25 % von 14.250 € = ca. € 3.560

    Wie gesagt; das muss dann noch mit dem Korrespondent geteilt und evtl. Kosten davon beglichen werden und es handelt sich um ein Erfolgshonorar. Man bekommt also nur und erst dann das Geld, wenn man Erben ermittelt, diese einen Vertrag unterschreiben haben und dann auch noch der Nachlass an die Erben ausbezahlt wird. Alleine die Recherchen können zig zig Stunden Aufwand bedeuten. Von der Nachlassabwicklung, wenn man -wie in diesem Fall- nicht alle Erben vertritt und auch da nochmal ein Chaos ausbrechen kann, ganz zu schweigen.

    Es läßt sich also sicher sagen, dass dieser Fall kein lukrativer Fall für einen EE ist, der davon leben muss.

    Dennoch kann man nie einen Fall aus der Ferne in dieser Art abschließend analysieren. Es gibt zuviele "Unbekannte". Manchmal kann auch ein zunächst unschön aussehender Fall dennoch schnell und unkompliziert erledigt sein und sich dann doch noch rentabel zeigen.

    Auch kann man als großes Büro nicht nur die "Zuckerfälle" bearbeiten. Wir übernehmen selbstverständlich auch eine Vielzahl von Fällen, die für uns teilweise sogar verlustreich sind. Auch arbeiten wir immer wieder mal gefälligkeitshalber ohne Honorierung, wenn es z.B. nur darum geht, eine Urkunde für einen Pfleger oder das Gericht zu beschaffen. Dienstleister eben...

    Eines ist klar: Wenn der Fall im Bundesanzeiger kommt, werden sich vmtl. viele EE darauf stürzen und ggf. sogar noch Erben ermitteln. Ich/Wir werden da aber nicht dabei sein. Wenn uns so ein Fall von einem NLPfleger direkt angeboten wird, dann würden wir den Sachverhalt intensiv prüfen und vmtl. trotz der o.g. geringen Wertigkeit die Recherchen versuchen.

    Soviel zur Denkweise eines Erbenermittlers....:D

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (2. September 2010 um 11:42)

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