Nachtragsverteilung für Steuerrückerstattung?

  • Ich bin gerade auf die BGH-Entscheidung vom 12.1.06 (IX ZB 239/04) gestoßen und frage mich jetzt, ob ich danach nicht immer bei der Aufhebung die Nachtragsverteilung hinsichtlich der Steuer anordnen bzw. vorbehalten müsste. Nach der Entscheidung entsteht ja der Steuerrückerstattungsanspruch bereits bei Zahlung der Steuer und nicht erst bei Ablauf des Kalenderjahres. Demnach hätte ich zu jedem Zeitpunkt im Kalenderjahr einen anteiligen Steuererstattungsanspruch zu berücksichtigen. Wie seht Ihr das?

  • Im Schlusstermin eine Nachtragsverteilung für spätere Steuererstattungen vorzubehalten kann durchaus sinnvoll sein - allerdings nur, wenn eine Steuererstattung auch tatsächlich im Raum steht; diesbezüglich sollte vor dem ST mit dem IV bzw. TH gesprochen werden.

    Wenn man die Nachtragsverteilung nicht vorbehält, sollte zumindest schnell reagiert werden, sobald eine Steuererstattung für einen Veranlagungszeitraum vor Verfahrensaufhebung bekannt wird. Anderenfalls kann es einem passieren, dass der Schuldner den Erstattungsbetrag einzieht (darf er ja) und verjuxt.:(

  • Im Schlusstermin eine Nachtragsverteilung für spätere Steuererstattungen vorzubehalten kann durchaus sinnvoll sein - allerdings nur, wenn eine Steuererstattung auch tatsächlich im Raum steht; diesbezüglich sollte vor dem ST mit dem IV bzw. TH gesprochen werden.

    Wenn man die Nachtragsverteilung nicht vorbehält, sollte zumindest schnell reagiert werden, sobald eine Steuererstattung für einen Veranlagungszeitraum vor Verfahrensaufhebung bekannt wird. Anderenfalls kann es einem passieren, dass der Schuldner den Erstattungsbetrag einzieht (darf er ja) und verjuxt.:(



    Meiner Meinung ist Anordnung der NTV im ST deshalb sogar zwingend, weil ansonsten das FA mit eigenen Insolvenzforderungen aufrechnen könnte :wechlach:, da die Beschlagnahme ja erst mit Anordnung einsetzt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wenn noch ein RSB-Verfahren läuft, lassen wir den Steuerrückerstattungsanspruch im RSB-Verfahren ganz normal mitverteilen. Die Treuhänder bei uns haben damit kein Problem und wollen auch keine gesonderte Vergütung.

  • Genau die gleiche Frage stellt sich hier auch gerade. Einige der IV regen jetzt bereits im Schlussbericht an, im Aufhebungsbeschluss mitzubeschließen, dass evtl. Steuererstattungsansprüche, die den Zeitraum des Insolvenzverfahrens betreffen, einer Nachtragsverteilung vorbehalten bleiben.
    Anderenfalls könnte sonst das FA aufrechnen, bzw. der Schuldner das Geld ausgeben.

    Bleibt die Frage, wie das praktisch läuft. Bislang wurde hier (in den bislang seltenen Fällen der vorbehaltenen NV) dies im Schlusstermin von der GV (auf besondere Einladung des IV) beschlossen.
    Könnte man diese Ansprüche denn auch v.A.w. vorbehalten?

  • Praktisch läuft das bei uns eigentlich immer so, dass die Finanzämter entweder das Insolvenzgericht oder den Treuhänder ( sind identisch mit dem früheren IV oder Treuhänder des Hauptverfahrens) anschreiben, an wen der Anspruch zu überwiesen ist und wir das dann nach den Monaten bis zur Verfahrensbeendigung quoteln und die Beträge, die dem Treuhänder und ggfls. Schuldner zu überweisen sind, an das FA mitteilen.
    Beschlüsse der GV haben wir nie, der Schlusstermin läuft bei uns meistens im schriftlichen Verfahren. Aufrechnen wollten die FA noch nie. Kann hier leider nicht weiterhelfen. :nixweiss:

  • Bei uns sind die FÄ nicht immer so "brav". Es ist schon vorgekommen, dass aufgerechnet wurde, bzw. der TH nicht von dem FA angeschrieben wurde.

    Ein TH argumentiert hier, dass ich wegen § 196 Abs. 1 InsO immer v.A.w. vorbehalten müsste, da die Verwertung nicht abschließend erfolgt ist. Somit wäre kein ST möglich; er bittet daher um Anberaumung eines ST mit gleichzeitigem Vorbehalt der NV bzgl. evtl. Steuererstattungsansprüche.

  • Bleibt die Frage, wie das praktisch läuft. Bislang wurde hier (in den bislang seltenen Fällen der vorbehaltenen NV) dies im Schlusstermin von der GV (auf besondere Einladung des IV) beschlossen.
    Könnte man diese Ansprüche denn auch v.A.w. vorbehalten?



    Ich sehe keinen Hinderungsgrund, warum das Gericht den Vorbehalt der Nachtragsverteilung im ST nicht v.A.w. anordnen könnte - eine nachträgliche Anordnung der Nachtragsverteilung geht ja auch v.A.w., vgl. § 203 I.

    Noch kurz zur Praxis, ohne Nachtragsverteilung in der WVP die Steuererstattung einfach zu kassieren und zu verteilen: Ist natürlich prima wenn alle mitmachen bzw. keiner sich wehrt. Zum einen ist es rechtlich aber nicht ganz astrein, weil der TH nun mal für die Steuererstattung nicht empfangsberechtigt ist. Zum anderen bleibt das Problem der Verrechnung durch das FA.


  • Noch kurz zur Praxis, ohne Nachtragsverteilung in der WVP die Steuererstattung einfach zu kassieren und zu verteilen: Ist natürlich prima wenn alle mitmachen bzw. keiner sich wehrt.




    Wird hier in manchen Fällen auch so gemacht, d.h. TH zieht ein und verteilt bei der Jahresverteilung mit.

    Ein besonders fleißiger TH zieht sogar in den Folgejahren die Steuererstattung zur Masse! NV für diese Beträge ist natürlich nicht denkbar; da aber Einwände gegen den Einzug durch den TH nie vorgebracht werden, nehme ich mal an, die Zahlung erfolgte im Einverständnis mit dem Schuldner! :)


    Wäre der Beschluss über die v.A.w. vorzubehaltende NV denn dem FA zuzustellen, bzw. zu übersenden? Anderenfalls erlangt dieses ja keine Kenntnis über das Aufrechnungsverbot, bzw. teilweises Auszahlungsverbot an den Schuldner. :gruebel:

  • Wäre der Beschluss über die v.A.w. vorzubehaltende NV denn dem FA zuzustellen, bzw. zu übersenden? Anderenfalls erlangt dieses ja keine Kenntnis über das Aufrechnungsverbot, bzw. teilweises Auszahlungsverbot an den Schuldner. :gruebel:



    Wäre m.E. Sache des mit der Nachtragsverteilung beauftragten TH, das FA (rechtzeitig) zu informieren. Ich habe hier meist das Glück, dass das FA von selbst zunächst mich als TH anspricht, wenn eine Erstattung ansteht - die wollen i.d.R. ja sogar in der WVP auf der Steuererklärung noch meine Unterschrift als "IV".

  • Praktisch läuft das bei uns eigentlich immer so, dass die Finanzämter entweder das Insolvenzgericht oder den Treuhänder anschreiben, an wen der Anspruch zu überwiesen ist und wir das dann nach den Monaten bis zur Verfahrensbeendigung quoteln und die Beträge, die dem Treuhänder und ggfls. Schuldner zu überweisen sind, an das FA mitteilen.



    Kann man die Ermittlung des Betrages, der noch im Rahmen der Nachtragsverteilung zur Masse zu ziehen ist, auch dem TH überlassen?

    Bei Aufhebung des Verfahrens am 18.09. des Jahres wäre der Steuerererstattungsbetrag für das laufende Jahr also wie zu quoteln? :oops:

    Wie ist es eigentlich, wenn der IV noch vor Aufhebung eine Steuererstattung zur Masse zieht? Ist für diesen Betrag auch eine Nachtragsverteilung anzuordnen und kann der IV wegen diesem Betrag eine ergänzende Vergütungsfestsetzung beantragen? :gruebel:

    Das gleiche Problem stellt sich ja auch bei von Schlussbericht bis Aufhebung eingehendem pfändbaren Lohn. Setzt Ihr wegen dieser Beträge nach Aufhebung die IV-Vergütung noch einmal fest und ordnet die Nachtragsverteilung an? :gruebel:


  • Kann man die Ermittlung des Betrages, der noch im Rahmen der Nachtragsverteilung zur Masse zu ziehen ist, auch dem TH überlassen?

    Bei Aufhebung des Verfahrens am 18.09. des Jahres wäre der Steuerererstattungsbetrag für das laufende Jahr also wie zu quoteln? :oops:


    Der Verwalter beantragt einen Abrechnungsbescheid nach § 218 II AO beim Finanzamt. Dann rechnen die Menschen beim Finanzamt das aus. Wenn sich die Einkünfte nicht den Zeiträumen problemlos zuordnen lassen, wird oft zeitanteilig gequotelt (je Tag der Verfahrenseröffnung 1/360tel).

  • So machen das unsere FA auch, entsprechende Auszahlung wird von diesen getätigt.

    Beträge die vor Aufhebung des Verfahrens zur Masse gelangen sind nicht einer Nachtragsverteilung zugänglich. Es heisst dort ja "werden Massegegenstände nach der Aufhebung ermittelt." Daher wäre für einen vor Aufhebung entsprechenden Massebetrag ganz normal eine Verteilung durchzuführen.

  • Beträge die vor Aufhebung des Verfahrens zur Masse gelangen sind nicht einer Nachtragsverteilung zugänglich. Es heisst dort ja "werden Massegegenstände nach der Aufhebung ermittelt." Daher wäre für einen vor Aufhebung entsprechenden Massebetrag ganz normal eine Verteilung durchzuführen.



    Der IV meint, dass für Beträge, die nach dem Schlusstermin eingehen, eine NV zu machen sei! :gruebel:
    In meinem Fall hat der IV vor Aufhebung nicht mitgeteilt, dass ein weiterer Massebtrag auf dem Anderkonto gebucht wurde. Er kann diesen aber dann ja jetzt verteilen, ohne dass eine NV angeordnet werden müsste, richtig?! :oops:

    Wie hältst Du es mit der weiteren Vergütung für den IV in solchen Fällen?
    Bei ST-Bestimmung blieb dieser Massebetrag ja in der Berechnungsgrundlage unberücksichtigt.

  • Ich musste jetzt noch mal nachlesen.
    So ein Schmarrn, im § 203 steht ausdrücklich drin "nach dem Schlusstermin", der Gesetzestext ist eindeutig, ich habe mich immer auf die Aufhebung gestützt und bin damit weder bei den IV noch sonstig Beteiligten auf Widerstand gestoßen.

    Ich muss meine Ansichten und Postings wohl revidieren: dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach bedarf es der Nachtragsverteilung für eigentlich alle Geldeingänge nach Schlusstermin. Allerdings ist die Aufzählung in § 203 I wohl abschliessend. Damit stellt sich nur die Frage, ob ein IV die Masse denn vollständig verwertet hat. Werte die von vornherein ersichtlich zur Masse geleistet werden, evtl. auch noch aufgrund einer Erklärung des IV, tauchen ja wohl nicht vollständig überraschend am Horrizont auf und werden nicht plötzlich ermittelt.

    Bei uns werden massezugehörige Beträge durch die TH "mitverteilt", d.h. bei nächster Gelegenheit, hat bislang geklappt.

    Ich muss mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen.

  • Warum ist es eigentlich immer so schwierig?

    Die Sache ist doch eigentlich enfach, klar geregelt und eindeutig:

    Mit der Aufhebung nach § 200 InsO endet das Amt des Insolvenzverwalters. Der Schuldner erlangt wieder die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen.

    Deshalb ist jedweder Gedanke oder jedwede Praxis (die üblich ist), daß Steuerbescheide, FA-Korrespondenz und Steuerrückzahlungen durch das FA auf den TH ausgestellt und über den TH abgewickelt werden per se rechtswidrig.

    Wenn das FA i.d.R. aber überfordert ist, rechtlich korrekte Steuerbescheide und/oder Steuererstattungen abzuwickeln, sollten rechtlich mit dem Thema versierte TH und Gerichte sich das widerrechtliche Handeln des FA nicht auch noch zu eigen machen.

    Wir halten also fest:

    1. Ansprechpartner fürs FA ist nach Aufhebung nur noch der Schuldner!

    Mit Aufhebung sind/sollten die massezugehörigen Vermögenswerte durch den IV vereinahmt sein. Bzgl. einer evtl. Steuerrückerstattung kann das aber noch nicht der Fall sein. Daher hat der IV die Nachtragsverteilung anzuregen. Tut er dies nicht (was er i.d.R. nicht tut, denn er geht ja davon aus, wie üblich (s.o) unkorrekt arbeiten zu können, am besten sogar alle Steuererstattungen während der RSB-Phase einzustecken), so ist das Gericht dadurch nicht exculpiert. Denn lt. BGH hat das Gericht von Amts wegen die Nachtragsverteilung zu beschließen, wenn eine Steuererstattung anstehen könnte.

    Wir halten also fest:

    2. Nachtragsverteilung ist von Amts wegen zu prüfen!

    Ist keine Nachtragsverteilung beschlossen, geht das Geld zu recht an den Schuldner, denn die Vereinnahmung massezugehöriger Vermögenswerte ist mit der Aufhebung abgeschlossen.

  • @INTI

    1. Ich kann das nur begrüßen, wenn sich ein stud. iur. überhaupt und dann auch noch mit einer - wie ich zu erkennen meine - gewissen Leidenschaft dem Insolvenzrecht widmet! Weiter so :daumenrau

    2. Der zwischen den Zeilen mitschwingenden Entrüstung über eine "rechtswidrige" Praxis meine ich außerdem den Idealismus des Unverdorbenen entnehmen zu können. Bewahr Dir diesen so lange es geht, stell
    a) Dich aber vorsorglich auf regelmäßige Enttäuschungen ein;
    b) Dir hierfür schon mal einen ausreichenden Vorrat an Cognac bereit (Achtung: Alkohol löst keine Probleme, kann aber in verantwortlich eingenommenen Mengen zur Entspannung beitragen).;)

  • Ich musste jetzt noch mal nachlesen.
    So ein Schmarrn, im § 203 steht ausdrücklich drin "nach dem Schlusstermin", der Gesetzestext ist eindeutig, ich habe mich immer auf die Aufhebung gestützt und bin damit weder bei den IV noch sonstig Beteiligten auf Widerstand gestoßen.

    Ich muss meine Ansichten und Postings wohl revidieren: dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach bedarf es der Nachtragsverteilung für eigentlich alle Geldeingänge nach Schlusstermin. Allerdings ist die Aufzählung in § 203 I wohl abschliessend. Damit stellt sich nur die Frage, ob ein IV die Masse denn vollständig verwertet hat. Werte die von vornherein ersichtlich zur Masse geleistet werden, evtl. auch noch aufgrund einer Erklärung des IV, tauchen ja wohl nicht vollständig überraschend am Horrizont auf und werden nicht plötzlich ermittelt.

    Ich muss mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen.



    Die Theorie hinkt der Praxis meist hinterher:

    Einfachster Fall, TH reicht Schlussrechnung ein, weil außer den pfändbaren Gehaltsbestandteilen nichts mehr zu verwerten gilt.

    Nach dem Schlusstermin und vor 0-Stellung des Kontos gehen weiterhin die pfändbaren Anteile ein, welche dann in einer Nachtragsverteilung zur Schlußverteilung mit ausgeschüttet werden muss. Ist nur eine Bankverbindung falsch und muss nachrecheriert werden ist schon der nächste Geldeingang zu verzeichnen ....

    Die hiesigen Gerichte lassen die Verschiebung der Auszahlung von solchen Beträgen deshalb zu einem späteren Zeitpunkt zu.

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  • b) Dir hierfür schon mal einen ausreichenden Vorrat an Cognac bereit (Achtung: Alkohol löst keine Probleme, kann aber in verantwortlich eingenommenen Mengen zur Entspannung beitragen).;)



    ACHTUNG: Leben gefährdet die Gesundheit :wechlach:

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