Rechtsprechungshinweise Betreuung

  • BGH, 4.5.2011 - XII ZB 632/10
    FamFG §§ 41 Abs. 1 S. 2, 63 Abs. 3 S. 1, 275; ZPO § 170 Abs. 1 S. 1
    Beginn der Beschwerdefrist bei nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG zuzustellendem Beschluss; betreuter Betroffener
    Ist nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG ein anfechtbarer Beschluss zuzustellen, weil er dem
    erklärten Willen des Adressaten nicht entspricht, so wird die Beschwerdefrist für den
    Betroffenen in einer Betreuungssache nur durch Zustellung an ihn selbst in Lauf gesetzt. Die
    Zustellung an den Betreuer bleibt auf den Beginn der Beschwerdefrist für den Betroffenen auch dann ohne Einfluss, wenn der Betreuer für den Aufgabenkreis "Entgegennahme, Anhalten und Öffnen der Post" bestellt ist.
    s. http://www.dnoti.de/DOC/2011/12zb632_10.pdf

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Dass sich der BGH mit einer solch an sich selbstverständlichen Angelegenheit beschäftigen musste, ist traurig.
    Die von ihm erteilte Antwort ergibt sich schon daraus, dass der Betreute ein eigenständiges Beschwerderecht hat, das nicht "durch die kalte Küche" vom Betreuer unterminiert werden darf.

  • BGH vom 27.Juli 2011, AZ: XII ZB 118/11

    a) Ist der Amtsrichter trotz eines gegenläufigen Sachverständigengutachtens auf-grund des persönlichen Eindrucks des Betroffenen zu der Überzeugung gelangt, dass dieser einen freien Willen i.S. des § 1896 Abs. 1 a BGB bilden könne, und hat er deshalb die Einrichtung einer Betreuung abgelehnt, darf das Beschwerdegericht die Betreuung grundsätzlich nicht ohne Anhörung des Betroffenen anordnen.

    b) Ein Einwilligungsvorbehalt darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen.

    c) Bei der Auswahl des Betreuers sind gemäß § 1897 Abs. 4 BGB auch die Wünsche eines Geschäftsunfähigen zu berücksichtigen, sofern dieser seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Dabei kommt es maßgeblich auf die Wünsche des Betroffenen im Zeitpunkt der Betreuerbestellung an; das gilt auch für Vorschläge, bestimmte Personen nicht zu bestellen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 21).

  • OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2011, 10 UF 217/10
    zur Notwendigkeit eines gesonderten Aufgabenkreises "Vertretung im Ehescheidungsverfahren"

    Kernaussagen:

    Die Vertretung des Antragsgegners im vorliegenden Scheidungsverfahren [wird] nicht schon von dem allgemein formulierten Aufgabenkreis „Vertretung vor Behörden und Gerichten“ erfasst. Der Betreuer vertritt den Betroffenen nur in dem ihm zugewiesenen Aufgabenkreis gerichtlich und außergerichtlich, § 1902 BGB. Die Bestimmung des Aufgabenkreises „Vertretung vor Behörden und Gerichten“ dient lediglich der Klarstellung der Vertretungsberechtigung des Betreuers im Rahmen eines zugleich übertragenen Aufgabenkreises (KG, FamRZ 2008, 919). Ist nicht nur eine Klarstellung des übertragenen Aufgabenkreises beabsichtigt, muss das Betreuungsgericht regelmäßig einen Bezug zu dem konkret bezeichneten Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren herstellen, für das die Notwendigkeit der Vertretung durch einen Betreuer besteht (vgl. KG, a.a.O.; OLG Zweibrücken, FamFR 2011, 312; Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Aufl., § 1896, Rz. 19).
    Für die Notwendigkeit der gesonderten Bestimmung des Aufgabenkreises „Vertretung im Ehescheidungsverfahren“ spricht im Übrigen auch die Vorschrift des § 125 FamFG, die die Verfahrensfähigkeit in Ehesachen regelt und damit im besonderen Maße hervorhebt, dass die Ehescheidung eine höchstpersönliche Angelegenheit darstellt. Gemäß § 125 Abs. 1 FamFG wird in Ehesachen ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte als verfahrensfähig behandelt. Nur für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird das Verfahren durch den gesetzlichen Vertreter geführt, wobei dieser für den Scheidungsantrag sogar der Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts bedarf, § 125 Abs. 2 FamFG.

  • BGH: Beschluss vom 14.12.2011 - XII ZB 489/10
    Zum Sachverhalt: Der Betroffene hatte die (Kontroll-)Betreuung selbst angeregt. Sie war im Wege der einstweiligen Anordnung befristet für 6 Monate angeordnet worden. Etwa acht Wochen nach Anordnung beantragte der Betroffene die Aufhebung der Kontrollbetreuung. Diese erfolgte jedoch nicht, so dass die Betreuung bis zum Ablauf der sechs Monate weiterlief. Nun wendet sich der Betroffene gegen die Zahlung der Vergütung an den Betreuer für den Zeitraum ab Antrag auf Aufhebung der Kontrollbetreuung.

    Kernaussage:

    Der Vergütungsanspruch des Betreuers endet nicht bereits mit (Eingang d.) Antrag(s) auf Aufhebung der Betreuung, sondern mit deren Aufhebung bzw. Ablauf der Befristung.

    In der Entscheidung heißt es:
    "Nach § 5 VBVG steht dem Betreuer für die Dauer der Betreuung eine Vergütung zu. Erst die Aufhebung der Betreuung wegen Wegfalls der Betreuungsbedürftigkeit oder das Ende der Betreuung durch Tod oder Fristablauf stellt eine Veränderung der Umstände dar, die gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG dazu führt, dass der Betreuer keine Vergütung mehr erhält (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 34). Dabei ist es im Rahmen des pauschalierten Vergütungssystems hinzu-nehmen, dass der Betreuer die pauschale Vergütung auch für den Zeitraum erhält, in dem die Betreuungsbedürftigkeit möglicherweise nicht mehr besteht, eine gerichtliche Entscheidung darüber aber noch nicht ergangen ist."

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (11. Januar 2012 um 09:22) aus folgendem Grund: Putzige Formatierung nachgebessert.

  • Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 9. Zivilsenat Beschluss vom 17.08.2010 AZ 9 W 49 / 10
    Leitsatz
    Die einstweilige Anordnung einer Betreuung ist gebührenfrei.
    Abrufbar bei juris.
    Fundstelle s. auch hier.
    Bitte eine evtl. Diskussion über die Entscheidung auch in diesem Thread führen.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

    Spendenaufruf

  • Der BGH hat mit Beschluss vom 25.01.2012 entschieden:
    Die gem. § 1836 e I 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus § 1908 i I 1 i.V.m. §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren, § 195 BGB.
    Die Mittellosigkeit des Betreuten steht dem Verjährungsbeginn nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.
    Die Übergangsregelung des Art. 220 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch aus § 1836 BGB keine Anwendung.
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…4&pos=10&anz=17

  • Der BGH hat mit Beschluss vom 25.01.2012 entschieden:
    Die gem. § 1836 e I 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus § 1908 i I 1 i.V.m. §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren, § 195 BGB.
    Die Mittellosigkeit des Betreuten steht dem Verjährungsbeginn nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.
    Die Übergangsregelung des Art. 220 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch aus § 1836 BGB keine Anwendung.
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…4&pos=10&anz=17

    außer der hier eingestellten Entscheidung XII ZB 605/10 gibt es ebenfalls vom 25.01.2012 die weitere Entscheidung XII ZB 497/11 des BGH

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

    Einmal editiert, zuletzt von willi (8. März 2012 um 07:32)

  • Bei einem inhaftierten Betreuten, dem in der Justizvollzugstanstalt Unterkunft und Verpflegung sowie umfangreiche soziale, gesundheitliche und tatsächliche Fürsorge gewährt werden, fällt entsprechend weniger Betreuungsaufwand für den Betreuer an als bei einem zu Hause lebenden Betreuten. Die Justizvollzugsanstalt erfüllt die von § 5 Abs. 3 VBVG aufgestellten Voraussetzungen für eine "Einrichtung". Der Betroffene habe dort wegen der Dauer der Inhaftierung seinen Lebensmittelpunkt und damit auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Der gewöhnliche Aufenthalt bestimmt sich nicht nach dem Willen des Betroffenen, sondern nach den tatsächlichen Verhältnissen.

    BGH, Beschluss vom 14.12.2011 - XII ZB 521/10

  • a) Eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG setzt voraus, dass dieser seine Qualifikation durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat. Eine Qualifikation, die auf Berufserfahrung oder Fortbildungsmaßnahmen zurückzuführen ist, wirkt sich nicht vergütungserhöhend aus (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 - FamRZ 2012, 629).

    b) Die an einer Sparkassenakademie absolvierte Ausbildung zum Sparkassenbetriebswirt ist mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer (Fach-) Hochschule nicht vergleichbar.

    BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - XII ZB 447/11
    (Vorinstanzen: LG Bückeburg, AG Stadthagen)

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • a) Die für die Vergütung eines Berufsbetreuers nach § 5 VBVG maßgebende Dauer der Betreuung richtet sich auch bei einem Betreuerwechsel nach dem Beginn der ersten angeordneten Betreuung. Das gilt auch für den Wechsel von einem ehrenamtlichen Betreuer zu einem Berufsbetreuer.

    b) Die Erweiterung des Aufgabenkreises des neuen Betreuers führt ebenso wenig wie die Nichtausübung der Betreuertätigkeit durch den früheren Betreuer zu einer Ausnahme von dieser Berechnung der Dauer der Betreuung.

    BGH, Beschluss vom 9. Mai 2012 - XII ZB 481/11
    (Vorinstanzen: LG Chemnitz, AG Freiberg)

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Betreuervergütung - Kein erhöhter Stundensatz bei vorherigem untätigen Betreuer

    "a) Die für die Vergütung eines Berufsbetreuers nach § 5 VBVG maßgebende Dauer der Betreuung richtet sich auch bei einem Betreuerwechsel nach dem Beginn der ersten angeordneten Betreuung. Das gilt auch für den Wechsel von einem ehrenamtlichen Betreuer zu einem Berufsbetreuer.
    b) Die Erweiterung des Aufgabenkreises des neuen Betreuers führt ebenso wenig wie die Nichtausübung der Betreuertätigkeit durch den früheren Betreuer zu einer Ausnahme von dieser Berechnung der Dauer der Betreuung."

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • BGH, Beschluss vom 02. Mai 2012, XII ZB 393/11

    Besondere Kenntnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen. Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen.
    Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG ist deshalb ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung wegen ihrer Komplexität gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat.
    Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet und nach Inhalt und Umfang der Ausbildung sichergestellt ist, dass dieses über bloßes Grundwissen deutlich hinausgeht.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • BGH, FGPrax 2012, 108 Beschluss vom 25.01.2012 - XII ZB 479/11

    Das Wohnungsrecht stellt einen aktiven Vermögenswert insoweit dar, als es dem Betreuten die Nutzung ermöglicht. Besteht das Interesse der Nutzung endgültig nicht mehr, verliert das Recht seinen Nutzwert und - da es auch durch Vermietung nicht fruchtbar gemacht werden kann - seinen Vermögenswert insgesamt. Der Verzicht auf ein wertlos gewordenes Wohnungsrecht erfüllt nicht den Begriff der Schenkung im Sinne des § 1804 BGB. Die Rechtsposition, die der Betreute innehat, entfaltet lediglich eine Sperrwirkung.

    Je unwahrscheinlicher eine Rückkehr in die frühere Wohnung ist, desto mehr entspricht die Aufgabe des Rechtes dem Interesse des Betreuten, um sich der monatlichen Kostenlast zu entledigen.

    (Anmerkung: Die Nutzung durch Dritte war nicht gestattet)

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • BGH 23.5.2012 - XII ZB 417/11

    a) Auch im Fall der Zulassung durch das Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung von Gesetzes wegen nicht anfechtbar war.

    b) Sowohl gegen den nach § 35 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweis auf Zwangsmittel als auch gegen deren - vom Gesetz nicht mehr vorgesehene - Androhung ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!