Rechtsprechungshinweise Betreuung

  • OLG Stuttgart, Beschluss vom 9.05.2016 -8 AR 3/16-

    Aus den Gründen:

    ...

    Das Notariat A -Betreuungsgericht- ist verpflichtet, das Verfahren fortzuführen.

    Die Zuständigkeit des Gerichts am vorübergehenden Aufenthaltsort für Eilmaßnahmen ist nur eine subsidiäre. Sie tritt neben die bestehen bleibende allgemeine Zuständigkeit des Gerichts des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen (OLG Hamm NJW-RR 2007, 157). Diese wird parallel zur Eilmaßnahme parallel begründet (OLG Hamm a.a.O.). Durch die vorübergehende Aufnahme der Betroffenen in das Hospital in S. ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet worden. Für die Bestimmung der allgemeinen Zuständigkeit kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen im Zeitpunkt des Auftretens des Fürsorgebedürfnisses an (OLG Hamm a.a.O.). Vorliegend lag zu diesem Zeitpunkt der gewöhnliche Aufenthalt in A.

    Die Zuständigkeit des Eilgerichts endet, wenn es die vorläufige betreuungsrechtliche Maßnahme -hier die Bestellung einer vorläufigen Betreuerin- getroffen hat oder wenn das Fürsorgebedürfnis aus anderen Gründen entfallen ist. Das Eilgericht hat dann dem allgemein zuständigen Gericht zu übersenden (OLG Hamm a.a.O.). Letzteres ist verpflichtet, das Verfahren fortzuführen. eine vorrangige Zuständigkeit des Eilgerichts für das Hauptsacheverfahren in Betreuungssachen ergibt sich weder daraus, dass zwischenzeitlich in Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Auftretens des Fürsorgebedürfnisses ein Aufenthaltswechsel in den Bezirk des Eilgerichts stattgefunden hat (vorliegend ist dies im Übrigen nicht der Fall), noch ergibt sich die vorrangige Zuständigkeit des Eilgerichts daraus, dass es als erstes Gericht mit der Sache befasst war (OLG Hamm a.a.).

    Das Notariat A. -Betreuungsgericht- als Gericht des seitherigen gewöhnlichen Aufenthalts ist daher verpflichtet, das Verfahren weiterzuführen. Einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen in einen weiteren Gerichtsbezirk nach der Eilmaßnahme kann gegebenenfalls nur durch eine Abgabe nach §§ 4 Satz 1, 273 FamFG Rechnung getragen werden (Seidel/Budde, a.aO., § 273 FamFG, Rdnr. 10).

    Zum Sachverhalt:
    Das Notariat A -Betreuungsgericht- hat die Fortführung des Betreuungsverfahrens nach Erlass einer einstweiligen Maßnahme (vorläufige Betreuerbestellung) verweigert, da der Betroffene lt. Melderegister nicht in A. gemeldet sei und auch seinen Aufenthalt in A. nach Genesung nicht wieder aufnehmen werde (es handelte sich bei der Betroffenen um eine ausländische Haushaltshilfe/Pflegekraft, die nach Gehirnblutung in eine Fachklinik überstellt wurde, wo durch die Fachklinik eine Betreuungsanregung erfolgte).

  • Beschluss vom 02.03.2016, Az: XII ZB 196/13

    Ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren festzusetzender Vergütungsanspruch des Betreuers kann sich nur für den Zeitraum der Betreuerbestellung ergeben. Für einen Zeitraum, der zwischen dem Ablauf einer vorläufigen Betreuung und der Betreuerbestellung in der Hauptsache liegt, kommt ein solcher Anspruch deshalb nicht in Betracht.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Bienwald, Zur Notwendigkeit gerichtlicher Aufsicht über die Führung einer Betreuung, RpflStud 3/2016, 65.

    ders., Unterbringungen nach Landesrecht (PsychKG) und nach Zivilrecht, RpflStud 3/2016, 78

  • Die Entziehung der Vertretung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB geschieht durch eine Einschränkung des Aufgabenkreises des (bisherigen) Betreuers gemäß § 1908d Abs. 1 Satz 2 BGB und ist infolgedessen dem Richter vorbehalten.

    LG Mainz 8. Zivilkammer, Beschluss vom 18.05.2016, 8 T 83/16 (juris)

    anhängig BGH, Az: XII ZB 305/16.

  • OLG Nürnberg, Teilurteil v. 24.03.2016 – 8 U 1092/15
    Leitsätze:
    Die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages durch den Betreuer des Versicherungsnehmers ist gemäß § 1908i Abs. 1, 1812 Abs. 1, 1831 BGB unwirksam, wenn die vereinbarte Todesfallleistung mehr als 3.000 Euro beträgt. (amtlicher Leitsatz)
    Auf die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages durch den Betreuer des Versicherungsnehmers findet § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB über 1908i Abs. 1 BGB analoge Anwendung. (amtlicher Leitsatz)
    Für die Bestimmung des Anspruchswertes analog § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung auf die vereinbarte Todesfallleistung und nicht auf den Rückkaufswert abzustellen. (amtlicher Leitsatz)

  • Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen



    Beschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16


    Der u.a. für Betreuungssachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit den Anforderungen befasst, die eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen erfüllen müssen.


    Die 1941 geborene Betroffene erlitt Ende 2011 einen Hirnschlag. Noch im Krankenhaus wurde ihr eine Magensonde gelegt, über die sie seitdem ernährt wird und Medikamente verabreicht bekommt. Im Januar 2012 wurde sie in ein Pflegeheim aufgenommen. Die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Fähigkeit zur verbalen Kommunikation verlor sie infolge einer Phase epileptischer Anfälle im Frühjahr 2013. Die Betroffene hatte 2003 und 2011 zwei wortlautidentische, mit "Patientenverfügung" betitelte Schriftstücke unterschrieben. In diesen war niedergelegt, dass unter anderem dann, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, "lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben" sollten. An die "Patientenverfügung" angehängt war die einer ihrer drei Töchter erteilte Vorsorgevollmacht, dann an ihrer Stelle mit der behandelnden Ärztin alle erforderlichen Entscheidungen abzusprechen, ihren Willen im Sinne dieser Patientenverfügung einzubringen und in ihrem Namen Einwendungen vorzutragen, die die Ärztin berücksichtigen solle.


    Außerdem hatte die Betroffene 2003 in einer notariellen Vollmacht dieser Tochter Generalvollmacht erteilt. Diese berechtigte zur Vertretung auch in Fragen der medizinischen Versorgung und Behandlung. Die Bevollmächtigte könne "in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, in eine Heilbehandlung oder in die Durchführung eines ärztlichen Eingriffs einwilligen, die Einwilligung hierzu verweigern oder zurücknehmen." Die Vollmacht enthielt zudem die Befugnis, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zu entscheiden mit dem Zusatz, dass die Betroffene im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung keinen Wert auf solche Maßnahmen lege, wenn feststehe, dass eine Besserung des Zustands nicht erwartet werden könne.


    Die Bevollmächtigte und die die Betroffene behandelnde Hausärztin sind übereinstimmend der Auffassung, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung gegenwärtig nicht dem Willen der Betroffenen entspricht. Demgegenüber vertreten die beiden anderen Töchter der Betroffenen die gegenteilige Meinung und haben deshalb beim Betreuungsgericht angeregt, einen sog. Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB zu bestellen, der die ihrer Schwester erteilten Vollmachten widerruft. Während das Amtsgericht dies abgelehnt hat, hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und eine der beiden auf Abbruch der künstlichen Ernährung drängenden Töchter zur Betreuerin der Betroffenen mit dem Aufgabenkreis "Widerruf der von der Betroffenen erteilten Vollmachten, allerdings nur für den Bereich der Gesundheitsfürsorge", bestellt. Die Rechtsbeschwerde der bevollmächtigten Tochter war erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.


    Ein Bevollmächtigter kann nach § 1904 BGB die Einwilligung, Nichteinwilligung und den Widerruf der Einwilligung des einwilligungsunfähigen Betroffenen rechtswirksam ersetzen, wenn ihm die Vollmacht schriftlich erteilt ist und der Vollmachttext hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, diese zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann. Ob die beiden von der Betroffenen erteilten privatschriftlichen Vollmachten diesen inhaltlichen Erfordernissen gerecht werden, unterliegt Bedenken, weil sie nach ihrem Wortlaut lediglich die Ermächtigung zur Mitsprache in den in der Patientenverfügung genannten Fallgestaltungen, nicht aber zur Bestimmung der Vorgehensweise enthalten. Jedenfalls die notarielle Vollmacht genügt aber den gesetzlichen Anforderungen.


    Eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB entfaltet unmittelbare Bindungswirkung nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.


    Danach kommen sowohl die beiden privatschriftlichen Schriftstücke als auch die in der notariellen Vollmacht enthaltenen Äußerungen nicht als bindende, auf den Abbruch der künstlichen Ernährung gerichtete Patientenverfügungen in Betracht. Sie beziehen sich nicht auf konkrete Behandlungsmaßnahmen, sondern benennen ganz allgemein "lebensverlängernde Maßnahmen". Auch im Zusammenspiel mit den weiteren enthaltenen Angaben ergibt sich nicht die für eine Patientenverfügung zu verlangende bestimmte Behandlungsentscheidung.


    Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich auch kein auf den Abbruch der künstlichen Ernährung gerichteter Behandlungswunsch oder mutmaßlicher Wille der Betroffenen. Daher kann derzeit nicht angenommen werden, dass die Bevollmächtigte sich offenkundig über den Willen ihrer Mutter hinwegsetzt, was für die Anordnung einer Kontrollbetreuung in diesem Zusammenhang erforderlich wäre. Das Landgericht wird nach Zurückverweisung allerdings zu prüfen haben, ob mündliche Äußerungen der Betroffenen vorliegen, die einen Behandlungswunsch darstellen oder die Annahme eines auf Abbruch der künstlichen Ernährung gerichteten mutmaßlichen Willens der Betroffenen rechtfertigen.


    (Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 136/16 vom 09.08.2016)


    Amtlicher Leitsatz:

    BGB §§ 1901 a, 1901 b, 1904

    a) Der Bevollmächtigte kann in eine der in § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn der Vollmachttext hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, sie zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.

    b) Einem für einen Betroffenen bestehenden Betreuungsbedarf wird im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Durchführung von lebensverlängernden Maßnahmen im Sinne des § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB durch eine Bevollmächtigung erst dann nicht ausreichend Genüge getan, wenn offenkundig ist, dass der Bevollmächtigte sich mit seiner Entscheidung über den Willen des Betroffenen hinwegsetzen würde.

    c) Die schriftliche Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält für sich genommen nicht die für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

    BGH, Beschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16

  • a) Die Beschwerdekammer kann im Betreuungsverfahren dann nicht eines ihrer Mitglieder mit der Anhörung des Betroffenen beauftragen, wenn es wegen der Besonderheiten des Falles für die Entscheidung darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104).


    b) Zu den erforderlichen Feststellungen dazu, ob der Betroffene bei der Erteilung einer Vorsorgevollmacht geschäftsunfähig war.


    BGH, 15.06.2016, XII ZB 581/15

    (Auch zur Erforderlichkeit der Betreuung, wenn der Betroffene sich der Zusammenarbeit mit dem Betreuer bislang verweigert hat. Des Weiteren auch zur Auswahl des Gutachters)

    http://www.rechtslupe.de/familienrecht/…ekammer-3113462

  • BGB § 1896 Abs. 3

    Die im Zeitpunkt einer noch vorhandenen Geschäftsfähigkeit geäußerte Absicht eines Betroffenen, eine erteilte (Vorsorge-) Vollmacht zu widerrufen, kann für sich genommen die Erweiterung des Aufgabenkreises eines Betreuers auf den Widerruf von Vollmachten nicht rechtfertigen.

    [h=1]BGH, Beschluss vom 13. 7. 2016 – XII ZB 488/15; LG Regensburg (http://lexetius.com/2016,2223)

    [/h]

  • BGB § 1896 Abs. 2 Satz 1; FamFG §§ 280 Abs. 1, 295 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 541 Abs. 2

    a) Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist § 541 Abs. 2 ZPO entsprechend anwendbar, wonach der Originalbeschluss mit den Unterschriften der Richter zu den Sammelakten des Gerichts genommen und dafür eine beglaubigte Abschrift in die Gerichtsakte eingeheftet wird.

    b) Zur Notwendigkeit einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens bei Verlängerung der Betreuung mit Erweiterung des Aufgabenkreises.

    c) Zu den Voraussetzungen der Zuweisung des Aufgabenkreises des Widerrufs der Vorsorgevollmacht an den Betreuer (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 206, 321 = FamRZ 2015, 1702).

    BGH, Beschluss vom 6. 7. 2016 – XII ZB 131/16, LG Hamburg (http://lexetius.com/2016,2310)


    Rn 29:
    aa) Der Zusatz "einschließlich der Kündigung der Wohnung" besitzt keine eigenständige rechtliche Bedeutung und hat deshalb schon aus Klarstellungsgründen zu entfallen. Bereits der Aufgabenkreis "Wohnungsangelegenheiten" umfasst grundsätzlich auch die Kündigung des Mietvertrags über die Wohnung des Betroffenen, welche allerdings einer gesonderten vorherigen Genehmigung durch das Betreuungsgericht bedarf (§ 1907 Abs. 1 BGB). Der vom Betreuer gestellte Antrag auf Genehmigung der Wohnungskündigung ist hier indessen rechtskräftig zurückgewiesen worden, weil nach den getroffenen Feststellungen eine Rückkehr der Betroffenen in ihre Wohnung nicht ausgeschlossen ist.

    1. Es ist mit der Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar, dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich ist, sofern sie zwar stationär behandelt werden, aber nicht geschlossen untergebracht werden können, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind.
    2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, unverzüglich eine Regelung für diese Fallgruppe zu treffen.
    3. Bis zu einer solchen Regelung ist § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung […] auch auf stationär behandelte Betreute anzuwenden, die sich einer ärztlichen Zwangsbehandlung räumlich nicht entziehen können.



    Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.

    1 BvL 8/15 v. 26.07.2016

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