Rechtsprechungshinweise Betreuung

  • §§ 1908i I, 1821 I BGB: Betreuungsgerichtliche Genehmigung eines Grundstücksverkaufs durch Betreuer

    1. ...
    2. Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung des Verkaufs eines Grundstücks des Betreuten gegen dessen erklärten Willen ist nur dann zu erteilen, wenn nach einer umfassenden Abwägung aller materiellen in immateriellen Umstände des Einzelfalls, die darzulegen sind, gewichtige Gründe für eine Veräußerung gegeben sind.

  • Die Formulierung: "Die Vertragsparteien beauftragen und ermächtigen den Notar zur Einholung aller nach diesem Vertrag erforderlichen Genehmigungen, auch rechtsgeschäftlicher Natur, Bestätigungen und Negativbescheinigungen. Der Notar wird weiter beauftragt und bevollmächtigt, Erklärungen zur Durchführung des Rechtsgeschäfts abzugeben und entgegenzunehmen, Anträge ....".

    ist eine Doppelvollmacht, vgl. Thür. OLG, 3 W 480/15

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • FamFG §§ 34 Abs. 2 und 3, 278

    a) Bei der Frage, ob vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Vorführung des Betroffenen und deren zwangsweise Vollziehung ausnahmsweise unverhältnismäßig ist, ist insbesondere die Bedeutung des Verfahrensgegenstands in den Blick zu nehmen (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 26. November 2014 – XII ZB 405/14FamRZ 2015, 485 und vom 2. Juli 2014 – XII ZB 120/14FamRZ 2014, 1543).

    b) Geht es um eine Betreuung, die weite Lebensbereiche des Betroffenen abdeckt, kommt die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit allenfalls dann in Betracht, wenn von der Vorführung und deren Durchsetzung negative Folgen erheblichen Ausmaßes für den Betroffenen zu erwarten wären, also insbesondere die sachverständig festgestellte Gefahr besteht, dass es durch die Vorführung zu erheblichen Nachteilen für die Gesundheit des Betroffenen käme.

    BGH, Beschluss vom 12. 10. 2016 – XII ZB 246/16; LG Mainz (http://lexetius.com/2016,3442)

  • Zu den Voraussetzungen für die betreuungsgerichtliche Genehmigung des Verkaufs eines Grundstücks des Betroffenen durch den Betreuer (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2013 - XII ZB 334/12 - FamRZ 2013, 438 und vom 25. Januar 2012 - XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967; Senatsurteil BGHZ 182, 116 = FamRZ 2009, 1656).

    BGH, Beschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 335/16 -
    LINK

  • BGH, 11.01.2017; XII ZB 305/16

    Leitsatz:

    Durch eine auf § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RPflG gestützte landesrechtliche Rechtsverordnung kann der Richtervorbehalt für die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers gemäß § 1899 Abs. 4 BGB aufgehoben werden, soweit dadurch lediglich ein Ausschnitt aus dem Aufgabenbereich des Hauptbetreuers auf einen Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuer übertragen wird, ohne den Gesamtumfang des von der Betreuung erfassten Aufgabenkreises zu erweitern oder zu beschränken.(Rn.15)

    durch die Entscheidung des BGH wurde

    Die Entziehung der Vertretung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB geschieht durch eine Einschränkung des Aufgabenkreises des (bisherigen) Betreuers gemäß § 1908d Abs. 1 Satz 2 BGB und ist infolgedessen dem Richter vorbehalten.

    LG Mainz 8. Zivilkammer, Beschluss vom 18.05.2016, 8 T 83/16 (juris)

    aufgehoben.

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • FamFG §§ 59, 63 Abs. 3 Satz 2, 304 Abs. 2; BGB §§ 133, 2084

    a) Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beträgt für die Staatskasse in analoger Anwendung des § 304 Abs. 2 FamFG drei Monate. Sie beginnt mit der – auch formlos möglichen – Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung; § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG findet keine Anwendung.


    b) Ob die durch ein Behindertentestament für den Betroffenen angeordnete (Vor-) Erbschaft bei gleichzeitiger Anordnung der Testamentsvollstreckung zur Mittellosigkeit des Betroffenen führt, ist durch Auslegung der an den Testamentsvollstrecker adressierten Verwaltungsanordnungen zu ermitteln (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 27. März 2013 – XII ZB 679/11FamRZ 2013, 874).


    BGH, Beschluss vom 1. 2. 2017 – XII ZB 299/15

  • VBVG § 4 Abs. 1
    a) Besondere und für die Betreuung nutzbare Kenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG sind solche, die über das jedermann zu Gebote stehende Wissen hinausgehen und den Betreuer in die Lage versetzen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2013 - XII ZB 429/13 - FamRZ 2014, 116).
    b) Sind dem Betreuer die Aufgabenkreise der Gesundheitssorge und der Vermögenssorge übertragen, sind die im Kernbereich einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten erworbenen Kenntnisse regelmäßig für die Führung der Betreuung besonders nutzbar.
    BGH, Beschluss vom 15. Februar 2017 - XII ZB 465/15

  • In einem Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren ersetzt die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger nicht die notwendige Bekanntgabe an den Betroffenen persönlich.

    BGH, Beschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 516/16

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • VBVG § 4 Abs. 1 Satz 2; DRiG § 112 Abs. 2

    Allein die Tatsache, dass eine im Ausland abgelegte juristische Prüfung als erste Staatsprüfung nach § 112 Abs. 2 DRiG anerkannt wird, besagt nichts darüber, ob der Prüfling durch die hiermit abgeschlossene Ausbildung besondere Kenntnisse erworben hat, die für die Führung der Betreuung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG nutzbar sind.

    BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 346/15 (NJW-RR 2017, 322)


  • FamFG § 293 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1

    a) Das Absehen von einer erneuten persönlichen Anhörung nach § 293 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG setzt voraus, dass der Betroffene vor der erstmaligen Betreuerbestellung verfahrensfehlerfrei angehört worden ist und sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, unter welchen Umständen und mit welchem Ergebnis eine persönliche Anhörung des Betroffenen vor der erstmaligen Betreuerbestellung stattgefunden hat (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 27. Januar 2016 – XII ZB 519/15FamRZ 2016, 627 und vom 26. Februar 2014 – XII ZB 503/13FamRZ 2014, 828).

    b) Wird die Erweiterung einer Kontrollbetreuung auf Erkenntnisse gestützt, die das Gericht erst nach der letzten persönlichen Anhörung des Betroffenen erlangt hat, darf von einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen nicht nach § 293 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG abgesehen werden.

    BGH, Beschluss vom 11. 1. 2017 – XII ZB 329/16; LG Krefeld (http://lexetius.com/2017,78) - NJW-RR 2017, 321

  • Für das Betreuungsverfahren ist gemäß § 272 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Betreuungsgericht A zuständig, weil d. Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt im dortigen Bezirk hat.

    Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 272 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Danach ist vorrangig das Gericht zuständig, bei dem die Betreuung anhängig ist, wenn bereits ein Betreuer bestellt ist. Dafür reicht aber eine vorläufige Betreuerbestellung gemäß § 300 FamFG nicht. Die vom Betreuungsgericht B ... angeordnete vorläufige Betreuung wirkt daher nicht zuständigkeitsbegründend. ... Die Auffassung des Betreuungsgerichts A, das Verfahren der einstweiligen Anordnung und das Hauptsacheverfahren bildeten eine Einheit, weshalb das Betreuungsverfahren noch beim Betreuungsgericht B anhängig sei, ist nicht zutreffend. ... Die ... Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 20.10.2005 -2 T 388/05- beruht auf einer anderen Rechtslage und ist mit Inkrafttreten der FamFG am 1.09.2009 überholt.

    LG Stuttgart, Beschluss vom 7.04.2017, 103 AR 2/17

  • § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, wonach ein anfechtbarer Beschluss demjenigen zuzustellen ist, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht, findet im Betreuungsverfahren nicht nur auf den Betroffenen selbst, sondern auch auf die übrigen beschwerdeberechtigten Beteiligten Anwendung (Fortführung von Senatsbeschluss vom 13. Mai 2015 – XII ZB 491/14FamRZ 2015, 1374).

    BGH, Beschluss vom 29. 3. 2017, XII ZB 51/16

    https://www.rechtslupe.de/familienrecht/…essaten-3122946

  • Eine entsprechende Anwendung des § 6 VBVG auf die Vergütung eines neben einem Bevollmächtigten bestellten Betreuers scheidet aus, wenn die Betreuung wegen des von vornherein beschränkten Umfangs der Vollmacht erforderlich wird (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2015, XII ZB 494/14, FamRZ 2015, 1710 und vom 20. März 2013, XII ZB 231/12, FamRZ 2013, 873).

    BGH, 03.05.2017 - XII ZB 403/15

  • 1. Die erfolgreich abgeschlossene Fortbildung zum "Zertifizierten Betreuer - Curator de jure" an der Technischen Hochschule Deggendorf rechtfertigt den Stundensatz von 44,- EUR.

    2. Der Rpfl. kann im Abhilfeverfahren nachträglich die Beschwerde zulassen und sofort dem Beschwerdegericht vorlegen.

    BGH, 12.04.2017, XII ZB 86/16.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • GG Art. 12 Abs. 1; FamFG § 61 Abs. 2; RpflG § 11 Abs. 2; VBVG § 4 Abs. 1

    a) Der für die Entscheidung über die Rechtspflegererinnerung zuständige Richter kann die Beschwerde zulassen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 12. April 2017 XII ZB 86/16 zur Veröffentlichung bestimmt).

    b) Zur Verfassungsmäßigkeit der Betreuervergütung.

    BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - XII ZB 621/15


  • Die Genehmigung einer Erbausschlagung ist für den Betreuten auch dann zu erteilen, wenn ein Reinnachlass (hier: ca. 1.700,00 €) nach Abzug aller Verbindlichkeiten verbleibt, wenn der Betreute ausdrücklich erklärt hat, er wolle das Erbe ausschlagen, weil er zu dem Verstorbenen keinerlei Beziehung hatte. Die Erbausschlagung ist ein höchst persönliches Recht, wozu es keiner Begründung bedarf und bei dem es nicht nur auf wirtschaftliche Aspekte ankommt ..... "Ob mit dem fehlenden Kontakt ein ausschlaggebender Grund für die Erklärung einer Erbausschlagung vorliegt, ist zu bezweifeln, kann aber im Ergebnis auch dahinstehen. Das Amtsgericht verkennt, dass es für die Ausschlagung nicht auf einen wichtigen, offensichtlichen Grund ankommt." Letztlich hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten zu berücksichtigen, kann lediglich auf den Betreuten einwirken, seine Meinung zu überdenken.

    Landgericht Leipzig, Beschluss vom 19.07.2017, 02 T 383/17

  • Die Genehmigung einer Erbausschlagung ist für den Betreuten auch dann zu erteilen, wenn ein Reinnachlass (hier: ca. 1.700,00 €) nach Abzug aller Verbindlichkeiten verbleibt, wenn der Betreute ausdrücklich erklärt hat, er wolle das Erbe ausschlagen, weil er zu dem Verstorbenen keinerlei Beziehung hatte. Die Erbausschlagung ist ein höchst persönliches Recht, wozu es keiner Begründung bedarf und bei dem es nicht nur auf wirtschaftliche Aspekte ankommt ..... "Ob mit dem fehlenden Kontakt ein ausschlaggebender Grund für die Erklärung einer Erbausschlagung vorliegt, ist zu bezweifeln, kann aber im Ergebnis auch dahinstehen. Das Amtsgericht verkennt, dass es für die Ausschlagung nicht auf einen wichtigen, offensichtlichen Grund ankommt." Letztlich hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten zu berücksichtigen, kann lediglich auf den Betreuten einwirken, seine Meinung zu überdenken.

    Landgericht Leipzig, Beschluss vom 19.07.2017, 02 T 383/17


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