Rechtsprechungshinweise Nachlass

  • OLG Dresden, Beschluss vom 15.09.2009, Az. 3 U 1341/09, Rpfleger 2010, 142 = FamRZ 2010, 1375 = ZEV 2010, 260:

    1. Dem zwischen dem 01.07.1949 und dem 03.10.1990 geborenen und anerkannten nichtehelichen Abkömmling eines Erblassers, der bis zur Wiedervereinigung im Beitrittsgebiet gelebt hat und anschließend (hier vor dem 01.04.1998) verstorben ist, stehen gegen den testamentarischen Erben gemäß Art.235 § 1 Abs.2 EGBGB (a.F.) Pflichtteilsansprüche zu, die denen eines ehelichen Abkömmlings nach den Vorschriften des BGB gleichen.

    2. Unerheblich ist dabei, ob der Abkömmling bei Eintritt des Erbfalles gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt war, wie es § 396 Abs.1 Nr.2 ZGB/DDR zur Voraussetzung eines Pflichteilsanspruchs des Abkömmlings - gleichviel, ob ehelich oder nichtehelich - erhob.

  • Hanseatisches OLG (Hamburg), Beschluss vom 05.03.2010, Az. 2 AR 10/09, Rpfleger 2010, 373:

    1. Für die Annahme und Aufbewahrung der Original-Erbausschlagungserklärung ist das Nachlassgericht am Wohnsitz des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes zuständig.

    2. Für die Erhebung und Einziehung der Gebühren für die Erbausschlagung ist das Gericht zuständig, bei dem das Verfahren erstmals anhängig geworden ist.

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    In Leitsatz 2 meint das Gericht das Wohnsitzgericht des Ausschlagenden.

    editiert : OLG Hamburg, nicht Hamm...

    the bishop, Mod.
    P.S.: dejure-Link führt nicht zur Entscheidung...

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.12.2009, Az. I-3 Wx 218/09, FamRZ 2010, 1474:

    Geht es um die Wahrnehmung der Rechte der (unbekannten) Nacherben gegenüber dem Testamentsvollstrecker und ist ihnen deshalb rechtliches Gehör zu gewähren (hier: sowohl vor der Entscheidung nach § 2216 Abs.2 S.2 BGB als auch vor Erteilung eines entsprechenden Testamentsvollstreckerzeugnisses), so sind die unbekannten Nacherben in Bezug auf die Bestellung eines Nachlasspflegers fürsorgebedürftig.

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    Nach den Entscheidungsgründen handelte sich nicht um die Bestellung eines Nachlasspflegers, sondern um die zutreffende Bestellung eines Nacherbenpflegers nach § 1913 BGB.

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    Entscheidungsanmerkung hierzu: Bestelmeyer FamRZ 2011, 145.

  • OLG Rostock, Beschluss vom 10.11.2009, Az. 3 W 53/08, FamRZ 2010, 1597:

    1. Die sechswöchige Ausschlagungsfrist beginnt gemäß § 1944 Abs.1 BGB erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Erbschaft Kenntnis erlangt.

    2. Die Kenntnis eines Bevollmächtigten muss sich der Erbe, wenn die Vollmacht die Regelung des Erbfalls umfasst, zurechnen lassen.

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    Wie Leitsatz 2 auch OLG Celle FamRZ 2010, 836 = ZEV 2010, 365 (für einen Anfechtungsfall).

  • LG Krefeld, Urteil vom 12.02.2010, Az. 5 O 352/09:

    Zur Abgrenzung von Teilungsanordnung des Erblassers und Vorausvermächtnis.

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    Im entschiedenen Fall hat das Gericht ein Vorausvermächtnis bejaht und im Hinblick auf die im Leitsatz der Entscheidung genannte Abgrenzung folgendes ausgeführt:

    "Wollte der Erblasser einem Miterben einen Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden, so liegt ein Vorausvermächtnis vor. Sollte nach dem Willen des Erblassers eine solche Wertverschiebung ausgeschlossen sein, ... handelt es sich um eine Teilungsanordnung. Hierbei braucht eine Ausgleichungspflicht nicht ausdrücklich oder konkludent vom Erblasser bestimmt worden zu sein. Vielmehr spricht das Schweigen des Testaments immer für einen Wertausgleich. Ist der Erblasserwille nicht zu ermitteln, muss einer Regelung der Sinn zugrunde gelegt werden, der seinem mutmaßlichen Willen am ehesten entspricht. Ein dem Erblasser bekannter objektiver Vermögensvorteil wird dabei Indiz für einen Begünstigungswillen sein."

  • OLG Hamm, Beschluss vom 27.07.2010, Az. I-15 Wx 374/09:

    http://www.dnoti.de/DOC/2010/15wx374_09.pdf

    1. Die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers, zu dessen Aufgaben die Erfüllung eines Vermächtnisses gehört, erstreckt sich auch auf die Entgegennahme der Auflassung durch den Vermächtnisnehmer, sofern sowohl zu Lasten des Erben als auch zu Lasten des Vermächtnisnehmers Testamentsvollstreckung angeordnet ist und die gleiche Person zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde.

    2. Ist dieser minderjährig, bedarf es zu dieser Erklärung nicht der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters und dementsprechend auch keiner gerichtlichen Genehmigung.

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    Beim entschiedenen Sachverhalt war der alleinige Vorerbe mit TV zur Erfüllung eines Vermächtnisses beschwert (Erben-TV), sodann war TV für die Nacherbin während der Dauer der Vorerbschaft angeordnet (§ 2222 BGB) und außerdem war für die mit der Nacherbin identische Vermächtnisnehmerin auch Dauerverwaltungs-TV bezüglich des Vermächtnisses angeordnet (§ 2223 BGB). TV war jeweils die gleiche Person.

    Die TV erfüllte nunmehr das Vermächtnis, indem sie für den Erben aufließ und die Auflassung für die Vermächtnisnehmerin entgegennahm. Das Grundbuchamt meinte, das sei nicht möglich. Das OLG Hamm sah das zu Recht anders, weil eine solche "Kombinationslösung" zulässig sei und zu einem weiten Aufgabenkreis des TV führe. Das OLG hätte es sich allerdings leichter gemacht, wenn es zutreffend darauf abgehoben hätte, dass es sich hier in Wahrheit um drei im Rechtssinne verschiedene und jede für sich selbständige Testamentsvollstreckungen handelt.

    Die Leitsätze sind demzufolge nicht exakt genug gefasst. Ich habe sie deshalb mit in rot gehaltenen Zusätzen ergänzt.

  • BGH, Beschluss vom 15.07.2010, Az. IX ZB 229/07, FamRZ 2010, 1657:

    1. Eine Erbschaft, die der Schuldner nach Ankündigung der Restschuldbefreiung, jedoch vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens macht, fällt in die Masse.

    2. Die gesetzlichen Obliegenheiten des Schuldners während der Laufzeit der Abtretungserklärung setzen erst mit Wirksamkeit der Verfahrensaufhebung ein. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens wird im Zweifel mit der Beschlussfassung des Insolvenzgerichts wirksam; auf die öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung kommt es nicht an.

    3. Die Nachtragsverteilung darf nach Verfahrensaufhebung nicht angeordnet werden, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass das Insolvenzverfahren nicht aufzuheben, sondern wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes einzustellen gewesen wäre. Ist dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden, wirkt diese Berufung auf den Einstellungsgrund zugleich als Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung.

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    Dazu vgl. auch hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post645164

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    Die Entscheidung ist jetzt auch in Rpfleger 2010, 692 veröffentlicht.

  • LG Düsseldorf, Beschluss vom 21.01.2010, Az. 8 O 460/05, FamRZ 2010, 1697:

    1. Eine Verpflichtung zur lebenslangen Pflege ist vererblich, soweit die vereinbarten Leistungen nicht höchstpersönlicher Natur sind.

    2. Soweit solche Pflegeleistungen infolge einer Heimunterbringung nicht erbracht werden, besteht ein überleitbarer Zahlungsanspruch der Pflegeberechtigten in Höhe des Wertes der ersparten Aufwendungen.

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    Die Entscheidung darf nicht verallgemeinert werden. Sie betraf einen Übergabevertrag aus dem Jahr 1970. Zu dieser Zeit wurden die sich mit Pflegeleistungen befassenden Vertragspassagen noch äußerst knapp gehalten. Heutzutage werden diese Dinge ausführlich ausformuliert und in der Regel wird ausdrücklich festgelegt, ob und inwieweit eine höchstpersönliche Verpflichtung des Pflegenden besteht und ob der Anspruch mit dem freiwilligen Wegzug des Berechtigten erlischt.

    Auch landesrechtliche Bestimmungen über das Leibgeding können insoweit eine Rolle spielen. Auch darauf nimmt die heutige Vertragsgestaltung in aller Regel Rücksicht.

  • OLG Hamm, Urteil vom 08.06.2010, Az. 10 U 10/10:

    Pflichtteilsergänzungsanspruch des Berechtigten gegen Beschenkten auch nach Ausschlagung der Erbschaft.

    http://rechtsprechung.dnoti-online-plus.de/download.php?uid=34423

    Eine lesenwerte und interessante Entscheidung, welche auch die Weiterschenkung durch den Beschenkten behandelt. Außerdem räumt sie mit der verbreiteten Fehlvorstellung auf, dass das Bestehen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs davon abhängig sei, dass der Berechtigte selbst nicht Erbe sein dürfe und dass ihm auch ein ordentlicher Pflichtteilsanspruch zustehen müsse.

  • OLG München, Beschluss vom 28.06.2010, Az. 31 Wx 80/10:

    Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser Geldbeträge von bestimmten Bankkonten "und was noch übrig bleibt" auf mehrere Personen verteilt und das um ein Vielfaches wertvollere Grundstück nicht ausdrücklich erwähnt.

    http://rechtsprechung.dnoti-online-plus.de/download.php?uid=34086

    Das OLG hat entschieden, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.

    Spannend wird es aber erst jetzt, weil der verwitwete männliche Erblasser ein im Februar 1948 geborenes nichteheliches Kind und im übrigen nur Verwandte der zweiten Erbordnung hinterlassen hat.

    Der Erbfall ist im Januar 2009 eingetreten. Er würde demnach von der auf den 28.05.2009 beabsichtigten rückwirkenden Neuregelung des Nichtehelichenerbrechts nicht erfasst.

  • BGH, Beschluss vom 27.04.2010, Az. IX ZR 245/09, ZIP 2010, 1964:

    Der Begünstigte eines Lebensversicherungsvertrags erwirbt den Anspruch auf die Versicherungssumme mit Eintritt des Versicherungsfalls originär selbst. Die Erwerbssperre gem. § 91 Abs. 1 InsO kann den Anspruchserwerb des Begünstigten nicht verhindern, da der Anspruch zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Versicherungsnehmers oder der Insolvenzmasse vorhanden war.

  • BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 1 BvL 8/07, ZEV 2010, 518 m. Anm. Eberl-Borges:

    § 10 Abs.1 S.1 Nr.7 S.2 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz über die Regelung offener Vermögensfragen ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit nicht auffindbare Miterben von ihren Rechten hinsichtlich ehemals staatlich verwalteter Vermögenswerte auch dann ausgeschlossen werden, wenn zumindest ein anderer Miterbe bekannt und aufgefunden ist.

  • KG, Beschluss vom 29.06.2010, Az. 1 W 161/10, ZEV 2010, 524:

    Aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes verbleibt es beim Ausschluss des Erbrechts vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Abkömmlinge, wenn ansonsten dem Erblasser nahe gestandene Erbprätendenten - hier die Ehefrau und eine Erbin zweiter Ordnung - in ihrem Erbrecht beschränkt bzw. vollständig verdrängt würden (Abgrenzung zu EGMR, Urteil v. 28.05.2009, ZEV 2009, 510).

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    Die Entscheidung ist jetzt auch in Rpfleger 2010, 665 veröffentlicht.

  • LG Saarbrücken, Beschluss vom 14.06.2010, Az. 5 T 531/09, ZEV 2010, 526:

    1. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden (EGMR, Urteil vom 28.05.2009, Az. 3545/04, ZEV 2009, 510; vgl. hierzu Leipold ZEV 2009, 488), dass vor dem 01.07.1949 geborene nichteheliche Kinder diskriminiert werden, wenn sie durch Art.12 § 10 Abs.2 S.1 NEhelG von dem gesetzlichen Erbrecht und einem Erbersatzanspruch nach dem Ableben ihres Vaters ausgeschlossen sind.

    2. Diese Entscheidung des EGMR ist zwar von den staatlichen Organen der BRD bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts einzubeziehen, allerdings können sich die zuständigen deutschen Gerichte nicht im Hinblick auf die Entscheidung des EGMR von der rechtsstaatlichen Kompetenzordnung und ihrer Bindung an Gesetz und Recht (vgl. Art. 20 Abs.3 GG) lösen, indem sie die Entscheidung des EGMR über das nationale Recht stellen.

    3. Der an die BRD durch das vorgenannte Urteil des EGMR gerichtete Auftrag besteht darin, die Diskriminierung zu beseitigen, der die Beschwerdeführerin infolge ihres Ausschlusses von der gesetzlichen Erbfolge nach ihrem Vater ausgesetzt ist.

    4. Diesen an die staatlichen Organe der BRD gerichteten Auftrag hat die Exekutivgewalt der BRD in Gestalt des Bundesministeriums der Justiz erfüllt, indem sie der nichtehelichen Tochter des Erblassers eine vereinbarte Entschädigung gewährt hat. Damit ist die innerstaatliche Diskriminierung abgegolten.

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    Es handelt sich um die "Fortsetzung" des EGMR-Verfahrens. Die Antragstellerin hatte von der BRD einen Betrag von 115.000 € als Entschädigung erhalten. Das LG Saarbrücken hat die Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres auf das Urteil des EGMR gestützten Erbscheinsantrags zurückgewiesen.

  • OLG Rostock, Beschluss vom 27.04.2010, Az. 3 W 104/09:

    1. Verstirbt ein Ehegatte während des Laufs eines rechtshängigen Scheidungsverfahrens, lässt die abstrakte Möglichkeit, die Ehegatten hätten sich bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils wieder versöhnen können, die Voraussetzungen des § 1933 Abs.1 BGB nicht entfallen.

    2. Die abstrakte Möglichkeit des überlebenden Ehegatten, im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht den Scheidungsantrag zurückzunehmen oder die Zustimmung zu widerrufen, hindert den Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht.

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