Rechtsprechungshinweise Nachlass

  • Auch wechselbezügliche Verfügungen eines wegen Testierunfähigkeit eines Ehegatten unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments können in ein Einzeltestament des anderen Ehegatten umgedeutet werden.

    OLG München 31. Zivilsenat, Beschluss vom 23.07.2014, 31 Wx 204/14

    § 140 BGB, § 2265 BGB, § 2270 BGB

    http://www.haerlein.de/blogs/rechtsan…A4higkeit-eines

  • Für die „Bescheinigung über schriftliche Auskünfte aus Akten“ entsteht keine Gebühr nach § 4 JV-KostG (vgl. dort KV Nr. 1401).

    Landgericht Hamburg, Beschluss vom 23.07.2014, 322 T 89/14


    Gründe:

    Über die Beschwerde der Staatskasse gegen die Aufhebung der Kostenrechnung betreffend eine Anschriftenmitteilung an die hierum ersuchende Krankenkasse entscheidet der Einzelrichter. Eine Übertragung auf die Kammer ist nicht angezeigt, weil entgegen der Entscheidung des Amtsgerichts über die Beschwerdezulassung keine grundsätzliche Bedeutung besteht, denn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist bereits geklärt, so dass es unerheblich ist, dass am Amtsgericht eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle auftritt.

    Die kraft Zulassung zulässige Beschwerde der Staatskasse ist unbegründet. Für die „Bescheinigung über schriftliche Auskünfte aus Akten“ hat die Krankenkasse keine Gebühr nach § 4 JV-KostG (vgl. dort KV Nr. 1401) zu tragen.

    Eine Kostenpflicht der Krankenkasse kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie ihr Ersuchen um Mitteilung einer Anschrift ausdrücklich „im Rahmen der Amtshilfe“ gestellt hat. Damit fehlt es an einem gemäß § 14 Abs. 1 JVKostG für eine Kostenpflicht erforderlichen „Antrag“ (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2012, JurBüro 2012, 597). Wenn eine ersuchte Behörde/Gericht ein eingehendes Amtshilfeersuchen für keine Amtshilfe hält, dann hat es dieses Ersuchen - eventuell nach vorherigem Hinweis oder Erfragung des Einverständnisses einer nachträglichen Klärung der Kostenpflicht ohne Präjudizierung der Amtshilfequalifizierung - zurückzuweisen und nicht ohne Rückfrage entgegen dem Willen des Ersuchenden als kostenpflichtigen Antrag zu behandeln (vgl. § 4 Abs. 5 SGB X; ein Fall von Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 JV- KostG liegt nicht vor).

    Zwar führt die Bindung an die Ersuchensfassung dazu, dass bei Durchführung des Ersuchens nur die Kostenvorschriften für die oftmals kostenfreie Amtshilfe anzuwenden sind, so dass bei zu Unrecht erfolgter Stattgabe die Staatskasse kein auf die Anwendung von Amtshilferecht bezogenes Beschwerderecht hat. Das ist jedoch nichts Ungewöhnliches, wie beispielsweise auch die Rechtsprechung zu Verfahrenspflegervergütungen zeigt (vergleiche zur Nichtanfechtbarkeit der Feststellung der Erforderlichkeit anwaltsspezifischer Tätigkeiten BGH, Beschluss vom 15.05.2013, NJW 2013, 3040).

    Ist hiernach das erfüllte „Amtshilfeersuchen“ kostenmäßig als solches zu behandeln, so kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer Amtshilfe nicht an (insbesondere § 3 Abs. 2 Nr. 2 SGB X: Amtshilfe liegt nicht vor, wenn die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegen; vgl. hierzu den von der Staatskasse zitierten Beschluss des AG Augsburg vom 30.03.2007, DGVZ 2007, 95; ob Anschriftenauskünfte zu den „eigenen Aufgaben“ von Nachlassgerichten gehören, ist aus obigen Gründen nicht zu entscheiden).

    Amtshilfeersuchen sind wegen Art. 35 Abs. 1 GG nur kostenpflichtig, insoweit ein Gesetz dies gerade auch für Amtshilfeersuchen bestimmt. Selbst wenn ein Gesetz dies vorliegend bestimmen würde, wäre eine solche Gebühr vorliegend jedenfalls nicht in Ansatz gebracht worden. In Ansatz gebracht worden war zunächst eine Gebühr nach JVKostG-KV Nr. 1401; diese Norm regelt nicht ausdrücklich auch Kosten für Amtshilfe.

    Im Übrigen bestünde für ein Amtshilfeersuchen Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 2 SGB X. Das von der Staatskasse angeführte und in BVerwGE 77, 364 veröffentlichte Urteil des 8. Senats des BVerwG vom 26.06.1987 steht dem nicht entgegen, sondern stützt dies. Insbesondere besagt jene Entscheidung nichts zur Rechtsbehauptung der Staatskasse, ein Zusammenhang mit einer „Erbringung“ von Sozialleistungen bestehe nicht bei der Durchsetzung eigener Forderungen. Vielmehr verweist das BVerwG auf die Kostenfreiheit der Amtshilfe insbesondere auch bei „Erstattung“ von Sozialleistungen und weitet es die Kostenfreiheit sogar noch über die Amtshilfe hinaus aus („unabhängig davon, ob es sich dabei um Amtshilfe handelt“). Auch der 7. Senat des BVerwG hat Auskünfte zur Ermittlung von Regresspflichtigen als anlässlich der „Erbringung" von Sozialleistungen angesehen (Urteil vom 18.12.1987; BVerwGE 78, 363).

  • Beurkundet der Notar in einem Testament, dass der Erblasser dem beurkundenden Notar einen verschlossenen Umschlag mit einer privatschriftlichen Verfügung übergeben hat, der die Ernennung des Testamentsvollstreckers beinhaltet und ist der Notar selbst in dieser als „Anlage zum Testament“ bezeichneten Verfügung vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker ernannt worden, kann das Testament hinsichtlich der Ernennung des beurkundenden Notars zum Testamentsvollstrecker nach den Umständen des Einzelfalls gemäß §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG i.V. m. § 125 BGB nichtig sein.

    HansOLG Bremen, B. v. 15.07.2014, 5 W 13/14

    http://www.oberlandesgericht.bremen.de/sixcms/media.p…13%20anonym.pdf

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • OLG München, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 31 Wx 273/13
    Leitsatz


    1. Wenn ein Nachlassgläubiger die Erteilung eines Erbscheins beantragt, prüft das Nachlassgericht nicht die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung im konkreten Einzelfall.

    2. Macht der Erbe geltend, es gäbe entgegen seinen zunächst abgegebenen Erklärungen weitere Miterben, hat er hierfür konkrete Anhaltspunkte zu benennen.

    3. Eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar kann ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers auch in einer Sprache abgegeben werden, die weder die Muttersprache des Notars, noch die des Erklärenden ist, sofern sowohl der Erklärende als auch der Notar dieser Sprache hinreichend mächtig sind.

  • Ist der Zweck einer Stiftung hinreichend bestimmt, so ist die Errichtung einer unselbständigen Stiftung aufgrund letztwilliger Verfügung auch in der Weise möglich, dass der Erblasser einem Dritten (hier: Testamentsvollstreckerin) die Auswahl des Stiftungsträgers und die inhaltliche Fassung der Stiftungssatzung überlässt.

    OLG München 31. Zivilsenat, Beschluss vom 28.05.2014, 31 Wx 144/13

    § 80 BGB, § 1940 BGB, § 2065 Abs 2 BGB, § 2192 BGB, § 2193 BGB

    (NJW 2014, 2448)

  • OLG Köln, B.v. 24.3.2014 - I-2 Wx 28/14, ErbR 8/2014, S. 396

    Einem anwaltlichen Nachlasspfleger kann grundsätzlich nicht aufgegeben werden, ein Konto bei einer bestimmten Bank einzurichten oder ein Konto auf die unbekannten Erben als Kontoinhaber (als die Empfangsberechtigten) einzurichten, das mit einem Sperrvermerk versehen werden könnte. Er darf Fremdgelder eines Nachlasses auf einem Rechtsanwaltsanderkonto ohne Sperrvermerk anlegen.

    Ablehnend dazu: b-d-n.de

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2014 – I-3 Wx 256/13, 3 Wx 256/13
    [h=4]Leitsatz[/h]
    1. Ob nach dem Tode eines vom Erblassers eingesetzten Miterben die Zuwendung an ihn ersatzlos entfallen, der Erbteil den übrigen Erben anwachsen oder Ersatzerbfolge eintreten soll, ist im Zweifel Gegenstand der ergänzenden Auslegung.(Rn.14)
    2. Für die Annahme einer Ersatzberufung der Abkömmlinge des Zuwendungsempfängers ist wesentliches Kriterium, ob die Zuwendung dem Bedachten als erstem seines Stammes oder nur ihm persönlich galt, wobei für Letzteres die Bezeichnung „meine Schwester/mein Patenkind“ spricht.(Rn.21)
    3. Das - im Wege der Auslegung zu ermittelnde - Maß der Anwachsung (ob mehrere Bedachte eine Gruppe bilden sollen), hängt davon ab, ob zwischen den als gemeinschaftliche Erben zusammengefassten Personen eine persönliche oder sachliche Beziehung bestand bzw. ob der Erblasser eine engere Gemeinschaft dieser Erben im Verhältnis zu den übrigen Miterben ausdrücken wollte.(Rn.23)

  • Bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments ist die Unterschrift am Schluss der Testamentsurkunde zu leisten, um den Urkundentext räumlich abzuschließen. Eine lediglich auf dem Briefumschlag angebrachte Unterschrift kann ausnahmsweise der Abschlussfunktion genügen.

    OLG Rostock, Beschl.v. 25.09.2013, 3 W 30/13,
    ZEV 8/2014, 443

  • Zur Auslegung eines Testaments, nach welchem die Erbschaft gemäß dem "Berliner Testament einschließlich Wiederverheiratungsklausel" erfolgen soll.

    OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2014, 15 W 98/14


    http://www.haerlein.de/blogs/rechtsan…stimmt-dass-die

  • BGB §§ 2205, 2211, 2212, 2216; GmbHG § 47 Abs. 4, § 50; HGB § 119


    a) Die Ausübung der Gesellschafterbefugnisse einschließlich des Stimmrechts und der gerichtlichen Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit von Gesellschafterbeschlüssen obliegt bei Anordnung der unbeschränkten Testamentsvollstreckung hinsichtlich einer zum Nachlass gehörenden Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich dem Testamentsvollstrecker (§§ 2205, 2211, 2212 BGB).


    b) Der Testamentsvollstrecker, der selbst kein Gesellschafter ist, unterliegt ähnlich wie der Vertreter eines Gesellschafters bei der Ausübung des Stimmrechts aus der seiner Verwaltung unterliegenden Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich den gesellschaftsrechtlichen Stimmverboten wie dem Verbot, Richter in eigener Sache zu sein (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG).


    c) Der Umstand, dass der Testamentsvollstrecker bei einer Beschlussfassung über einen bestimmten Beschlussgegenstand wegen eines Stimmverbots ausgeschlossen wäre und das Stimmrecht insoweit den Erben zustünde, hat nicht zur Folge, dass auch die Ausübungsbefugnis hinsichtlich des mit der Beteiligung verbundenen Rechts, von dem zuständigen Gesellschaftsorgan die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über diesen Gegenstand zu verlangen bzw. diese selbst einberufen zu dürfen, vom Testamentsvollstrecker auf die Erben übergeht; die (aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung folgende) Einberufungsbefugnis verbleibt vielmehr beim Testamentsvollstrecker, während die Erben eine Einberufung der Gesellschafterversammlung nur über die ihnen aus ihrem erbrechtlichen Rechtsverhältnis zu dem Testamentsvollstrecker diesem gegenüber zustehenden Rechte, insbesondere aus dem Anspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB), erreichen können.


    BGH, Urteil vom 13.05.2014, II ZR 250/12

    http://www.meyer-koering.de/de/meldungen/b…6-10-2014.2027/

  • 1. Zur Fassung des Erbscheins nach Eintritt der Nacherbfolge. (amtlicher Leitsatz)

    2. Ist dem Vorerben als Vorausvermächtnis der bewegliche Nachlass und ein Teil des Grundbesitzes zugewandt, muss auch der nach Eintritt der Nacherbfolge erteilte Erbschein angeben, dass sich das Erbrecht auf diese Gegenstände nicht erstreckt. Das kann - wie beim Erbschein für den Vorerben - positiv oder negativ ausgedrückt werden. (amtlicher Leitsatz)

    3. Die zusätzliche Berechnung und Ausweisung des anteiligen Werts des Vorausvermächtnisses im Verhältnis zum Gesamtnachlass ist nicht erforderlich. Das gilt sowohl für den Erbschein für den Vorerben als auch für den Erbschein nach Eintritt der Nacherbfolge. (amtlicher Leitsatz)

    OLG München, Beschluss vom 01.10.2014 - 31 Wx 314/14 = BeckRS 2014, 18695

    http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal…true#focuspoint

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ein mangels Unterschrift der Ehefrau gescheitertes gemeinschaftliches Ehegattentestament ist grundsätzlich kein Einzeltestament des den Entwurf verfassenden Ehemanns. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Ehemann den Testamentsentwurf - unabhängig vom Beitritt seiner Ehefrau - als sein Einzeltestament gelten lassen wollte.

    OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014, 15 W 46/14

    PM des OLG Hamm vom 27.10.2014

  • Enthält der Tenor eines Feststellungsbeschlusses keine Kostenentscheidung, darf verfahrensrechtlich eine nachträgliche Kostenentscheidung nur unter bestimmten Voraussetzungen erlassen werden.

    OLG Hamm, 29.7.14, 15 W 273/14 http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/erb…erfahren-385127


    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/erb…erfahren-385127


    Zur Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine Sicherungsanordnung des Rechtspflegers des Nachlassgerichts (hier: Aufforderung des Nachlassgerichts, den auf dem Girokonto verbliebenen Betrag zugunsten der noch unbekannten Erben des Erblassers zu hinterlegen).

    OLG Hamm, 10.7.14, 15 W 73/14

    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/erb…gerichts-385114

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