Rechtsprechungshinweise RAST/BerH

  • AG Weißenfels, 28.06.2011, 13 II 235/11

    Von einer einheitlichen Angelegenheit ist auszugehen, wenn ein Antragsteller gegen mehrere Bescheide der gleichen ARGE vorgehen will, die alle den Anspruch des Antragstellers und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen betreffen und die am selben Tag oder kurz nacheinander erlassen worden sind.

    Bei einer Angelegenheit mit mehreren Gegenständen können diese gem. § 5 BerHG, § 20 FamFG verbunden werden.

    Um eine einheitliche Angelegenheit handelt es sich auch dann, wenn die verschiedenen Bescheide unterschiedliche Rechtsprobleme aufwerfen, wenn gegen mehrere Bescheide unterschiedliche Einwendungen erhoben werden oder wenn im Rahmen einer eventuellen außergerichtlichen Vertretung der Rechtsanwalt mehrere Schreiben (etwa Widerspruchsschreiben gegen mehrere Bescheide) fertigen sollte.

    so auch AG Halle, 27.06.2011, 103 II 2276/11

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Über die (unzulässige) Beschwerde gegen die amtsrichterliche Entscheidung im Rahmen der (Anm. Bewilligung) Beratungshilfe entscheidet seit Einführung des FamFG das Oberlandesgericht (LG Bielefeld, Beschl. 18.04.2011, 23 T 240/11, OLG Hamm, Beschl. 06.05.2011, I-15 W 160/11, jeweils nicht veröffentlicht).

    Für das Kostenfesetzungsverfahren in der Beratungshilfe gilt nicht das FamFG, sodass für die Entscheidung über Beschwerde gegen die Vergütungsfesetzung das Landgericht zuständig ist, vgl. OLG Hamm, 31.05.2011, 32 Sbd 39/11.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • AG Halle (Saale), Beschluss vom 04.02.2011, 103 II 4313/10, juris:

    Schriftliche Eigenbemühungen als Voraussetzung für Beratungshilfe


    Dagegen das BVerfG, Beschluss vom 09.10.2010, 1 BvR 787/10, juris:

    Eigenbemühungen müssen vorher immer stattgefunden haben. Schriftliche Eigenbemühungen können jedenfalls dann nicht als Voraussetzung für Beratungshilfe verlangt werden, wenn diese unzumutbar verzögernd wirken oder unmöglich beizubringen sind.

  • OLG Naumburg vom 22.08.2011, AZ: 2 Wx 30/11;

    Besteht materiellrechtlich ein Anspruch des Rechtsuchenden gegen die Gegenpartei auf Ersatz der Kosten der Wahrnehmung seiner Rechte, so geht dieser Anspruch, der sich auf die gesetzliche Wahlanwaltsvergütung richtet auf den Rechtsanwalt über. Zahlungen, die er auf den Anspruch erhalten hat, muss sich der Anwalt nach § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anrechnen lassen.

  • Aus einem Beitrag von Bumani herauskopiert:

    "Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 06.03.1996, 2 BvR 386/96 klargestellt, dass die Aktenübersendung vom Auftraggeber (RA) gezahlt werden muss und grds. nicht zu den Kosten des Verfahrens zählen. Der RA kann selbst oder durch eine beauftragte Person Akteneinsicht in der Geschäftsstelle des Gerichts nehmen."

  • BVerfG, 1 BvR 2852/11 vom 09.01.2012

    Nichtannahmebeschluss: Zum Umfang des Anspruchs auf Gewährung von Beratungshilfe aufgrund des Grundsatzes der Rechtsschutzgleichheit (Art 20 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG) - hier: Keine Grundrechtsverletzung durch Verweigerung von Beratungshilfe bei lediglich in ungewisser Zukunft drohendem Rechtsverlust.


    1a. Zu den Anforderungen des Grundsatzes der Rechtsschutzgleichheit an die Angleichung der Stellung von Bemittelten und Unbemittelten im Hinblick auf die Wahrnehmung von Rechtsschutz vgl BVerfG, 13.03.1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347 <356>; BVerfG, 14.10.2008, 1 BvR 2310/06, BVerfGE 122, 39 <49>. Diese Grundsätze gelten auch für den außergerichtlichen Bereich. (Rn.10)

    1b. Unbemittelte sind danach jedoch nur solchen Bemittelten gleichzustellen, die bei ihrer Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigen und vernünftig abwägen (vgl BVerfG, 11.05.2009, 1 BvR 1517/08, BVerfGK 15, 438 <440>). Kostenbewusste Rechtsuchende werden dabei auch Überlegungen dazu anstellen, zu welchem Zeitpunkt Hilfe zur effektiven Ausübung ihrer Rechte erforderlich ist. (Rn.11)

    1c. Die Befürchtung, in ungewisser Zukunft einen Rechtsverlust zu erleiden, begründet regelmäßig keinen Anspruch auf Beratungshilfe. (Rn.12)


    2. Hier:


    2a. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verweigerung von Beratungshilfe für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in einer sozialrechtlichen Angelegenheit. Er hatte den Anwalt konsultiert, nachdem er Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Sozialhilfeträger die Zumutbarkeit eines Umzugs des Beschwerdeführers wegen zu hoher Unterkunftskosten prüfe.


    2b. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Ein kostenbewußter Rechtssuchender hätte in der Situation des Beschwerdeführers das Ergebnis der Ermittlungen des Sozialhilfeträgers abgewartet. Vorliegend drohte noch keine rechtliche Betroffenheit; vielmehr lag sie noch völlig im Ungewissen.

  • zur Erhöhungsgebühr bei der Kostenfestsetzung

    Dem Rechtsanwalt steht im Rahmen der Beratungshilfe in einem Widerspruchsverfahren hinsichtlich eines Leistungsbescheids betreffend Leistungen nach dem SGB II keine Erhöhungsgebühr wegen Vertretung auch der minderjährigen Tochter der Antragstellerin zu, wenn der angefochtene Leistungsbescheid ausschließlich an die Antragstellerin gerichtet war, der Widerspruch allein in deren Namen eingelegt wurde, auch der Widerspruchsbescheid sich ausschließlich an die Antragstellerin richtete und schließlich auch lediglich die Antragstellerin nachträglich Beratungshilfe beantragt hat. Es besteht kein Bedürfnis, die Rechtsprechung des BSG zur Fingierung der Klageerhebung für sämtliche Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft auf das Kostenrecht auszuweiten. Das Schutzbedürfnis der Antragsteller in Verfahren nach dem SGB II und dasjenige der Bevollmächtigten im Festsetzungsverfahren nach dem RVG sind nicht miteinander vergleichbar.
    Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 07.11.2008, 9 W 491/08

    Vertritt ein Rechtsanwalt im Verfahren nach § 44 SGB X im Rahmen der Beratungshilfe mehrere Auftraggeber, steht ihm die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG zu.
    Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 31.08.2011, 9 W 406/11

    Erhöhungsgebühr bei (nur) Beratung

    Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG wegen mehrerer Auftraggeber findet auf die Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG keine Anwendung. KG Berlin, Beschluss vom 06.02.2007, 1 W 243/06, juris

  • Das Bundesverfassungsgericht hat lt. dpa-Mitteilung am heutigen 29.02.2012 entschieden, dass Beratungshilfe wegen desselben Verwaltungsakts und gleich gelagerter Rechtsfragen nicht für mehrere Personen einer Bedarfsgemeinschaft zu bewilligen sei. (1 BvR 1120/11)

    Es sei nicht einzusehen, dass beide Eltern und auch noch die Kinder bei der Überprüfung ein und desselben Verwaltungsaktes rechtlich beraten werden müssten. Entsprechende Verfassungsbeschwerden nahm es deshalb nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsrichter folgten damit den Entscheidungen von Amtsgerichten, die die Beratungshilfe für weitere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft verweigert hatten.

    Die Einschränkung gelte aber nur, wenn die zu klärenden rechtlichen Fragen wirklich für alle Betroffenen ähnlich gelagert seien, heißt es in der Entscheidung. Wenn sich etwa bei Kindern Sonderfragen ergäben, könnten sie dafür eigens eine Beratung in Anspruch nehmen. Dies gelte auch für Minderjährige.

    Hier zitiert nach http://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/dpa_…29023/index.php

  • Versagung von Beratungshilfe für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft verfassungskonform
    (….Die Beschwerdeführer in den miteinander verbundenen Verfahren sind jeweils Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II…)
    BVerfG, B. v. 08.02.2012, 1 BvR 1120/11, 1 BvR 1121/11
    http://www.juris.de/jportal/portal…genachricht.jsp

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Versagung von Beratungshilfe für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft verfassungskonform
    (….Die Beschwerdeführer in den miteinander verbundenen Verfahren sind jeweils Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II…)
    BVerfG, B. v. 08.02.2012, 1 BvR 1120/11, 1 BvR 1121/11
    http://www.juris.de/jportal/portal…genachricht.jsp

    @ Mod. :Sollte das nicht besser zur BerH verschoben werden? erledigt; beldel

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • neue Entscheidung des OLG Rostock vom 20.02.2012, Az.: 5 W 123/11:


    für die Akteneinsicht fällt die Vertretungsgebühr an, weil diese nicht nur zur Ratserteilung, sondern auch bereits der Informationsbeschaffung dient, um ggf. weitere Schritte einzuleiten. ...

  • Ja, bitte ggf. verschieben. Habe bislang kein eigenständiges Forum für Rechtsprechungshinweise in Beratungshilfefällen entdeckt. Dahin gehört auch diese Entscheidung: verschoben; beldel

    BVerfG: Kein Verfassungsverstoß bei Verweis auf Beratung durch den Rentenversicherungsträger

    Es liegt keine von Verfassungs wegen unzulässige Benachteiligung des unbemittelten Bürgers gegenüber dem bemittelten vor, wenn der Beratungshilfe begehrende unbemittelte Bürger vor Inanspruchnahme von Beratungshilfe zunächst darauf verwiesen wird, sich durch den zuständigen Rentenversicherungsträger beraten zu lassen. (Leitsatz der Schriftleitung)
    BVerfG, Beschluss vom 14.12.2011 - 1 BvR 2735/11, BeckRS 2012, 47240 = FD-RVG 2012,

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich habe letzte Woche eine sehr schöne Entscheidung des OLG Dresden ( Beschluss v. 01.02.2012, AZ.: 3 W 43/12) erhalten, die die Entscheidungd es LG Chemnitz (Beschluss vom 19.12.2011 Az.: 3 T 472/11) bestätigt hat.
    LG Chemnitz hat entscheiden, dass bei Beantragung von Beratunghilfe für 6 Urheberrechtsverletzungen meherer Angelgeneheiten vorliegen. Die beratunghilfe wurde für alle sechs Fälle am gleichen Tag beantragt. Auch das Schreiben des Rechtsanwaltes war in allen 6 Fällen identisch, nur der Adressat war jeweils ein anderer.
    Ich hatte daher nur eine Vergütung in Höhe von 99,96 gewährt.

    Das Landgericht hat dem Rechtsanwalt nun 4 Vergütungen a 99,96 EUR zugebilligt.
    In der Begründung hierzu heißt es:
    Gemäß §§ 15 Abs. 2,22 Abs1 RVG fallen Gebühren des Rechtsanwaltes in derselben Angelegenheit nur einmal an. In mehreren Angelegenheiten kann der Anwalt hingegen die Gebühren mehrfach fordern.
    Wie der Begriff "Angelegenheit " bei der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung in Fällen der Beratungshilfe zu bestimmen ist ist in der Rechtsprechung umstritten.
    Nach einer in der Rechtssprechung vereinzelt gebliebenen Auffassung soll für die Frage ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, die Anzahl der berechtigungsscheine maßgebend sein ( Beschluss OLG Oldenburg vom 04.0120, Az.: 12 W 190/09 zittiert nach Juris)
    Nach anderer Auffassung soll mangels einer gesetzlichen Definition der Begriff "Angelegenheit im Beratungshilfegesetz" auf die §§ 15 ff RVG zurückgegriffen werden, um den Begreiff der Angelegenheit zu bestimmen (OLG Köln, Beschluss vom 04.01.2012, Rpfl 2010, 378 f.).

    Nach der in der Rechtssprechung und im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung, ist eine Angelgeneheit i.S, d. § 15 RVG und auch beratungsahilferechtlichen Sinne dann gegeben, wenn der Tätigkeit des Anwaltes ein einheitlicher Auftrag zu grundeliegt, sie sich in dem gleichen Rahmen hält und zwischen den einzelnen Gegenständen der anewaltlichen Tätigkeit ein innere Zusammenhang betseht(OLG, KÖln a.a.O.).

    Ein innerer Zusanmmnenhang im vorgenannten Sinn ist zu beajahen, wenn die Beratungsgegenstände einem einheitlichen Lebenssachverhalt entspringen.
    Die hier zu grunde leigenden Handlungen des Rechtssuchenden betrafen sechs verschiedene Handlungen (Download von Werken im Internet). Damit ist kein einheitlicher Lebenssachverhalt und damit auch kein innerer Zusammenhang als Voraussetzung für das Vorliegen einer Angelegenheit mehr zu bejahen (ebenso LG Kaiserslautern, Beschluss vom 01.02.2011, Az.: 1 T 3/11, zitiert nach Justi).

    Da die Ansprüche der verschiedenen Urheberrechtsinhaber gegen den Rechtshilfesuchenden jedoch in vier Prozessen geltend gemacht wären (die Urheberrechtsinhaber BB Video GmbH und GMV GmbH & Ko KG machen jeweils zwei Urheberrechtsverletzungen gegen den Rechtssuchenden geltend) ist im vorleigenden Fall nur von vier Angelegenheiten im oben genennten Sinne auszugehen.

    Unter Zugrundelegung der vorgenannte Auffassung ist daher im vorliegenden Fall von vier Angelegenheiten auszugehen. Die anwaltliche Vergütung ist daher für insgesamt vier Angelegenheiten festzsetzen. Für die Auffassung
    spricht auch, dass das Vegütungsfestetzungsverfahren, das vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt wird, nur der formalen Prüfung der Kostentatbestände dient. In diesem Verfahren muss auch für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einfach zu klären sein, ob eine oder mehrere Anbgelegenheiten gegeben sind. Dies ist bei der hier vertretenen Auffasssung ohne weiteres möglich, da nur zu klären ist, ob verschiedene Anspruchsinhaber oder Anspruchsgegner Ansprüche geltend machen oder abwehren. Eine derartige Überprüfung kann auch durch dieen Urkundsbeanmten der Geschäftsstelle erfolgen.


    Das OLG hat diese Entscheidung des LG gehalten.
    Die Einwendungen des Bezirksrevisors die Bewilligung auf den ersten Abmahnfall zu beschränken wurde zurückgewiesen.
    Es begründet diese wie folgt:
    Das (aber nur das) nimmt das Bundesverfassungsgericht in der vom Zweitbeteiligten (Bezirksrevisor) bemühten Entscheidung vom 30.04.11(1BVR 2151//10) an, wenngleich (und natürlich) nur unter dem Aspekt verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit. Darum geht es hier nicht. Denn so ist die Rechtspfelgerin nicht verfahren, als die am 22.09.09 den Berechtigungsschein erteilte.

    Diese Entscheidungen wurde bisher leider nicht ins Juris eingestellt.

    Der Computer ist eine großartige Erfindung. Es passieren genauso viele Fehler wie früher. Aber niemand ist daran schuld. :wechlach:

  • LG Bochum, Beschluss vom 29.02.2012, Az. I-7 T 322/11

    "Zahlungen der Widerspruchsbehörde sind in voller Höhe auf die Beratungshilfevergütung anzurechnen, auch wenn nur ein Teil der notwendigen Aufwendungen von der Behörde erstattet wurde." [Leits. d. Verf.]

    Aus den Gründen:

    "Der Beteiligte zu 1. [RA XY] gewährte der Antragstellerin Beratungshilfe im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen einen Bescheid der ARGE Bochum vom xx.xx.2010. Mit Widerspruchsbescheid der ARGE Bochum vom xx.xx.2010 übernahm diese die der Antragstellerin entstandenen notwendigen Aufwendungen zu 1/10 und erstattete dem Beteiligten zu 1. [...] Gebühren in Höhe von 39,51 Euro.

    Unter dem 10.12.2010 hat der Beteiligte zu 1. beantragt, ihm eine aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung i. H. v. insgesamt 129,95 Euro [Vertretungsgebühr + Erhöhungsgebühr + Auslagen/MWSt., Anm. d. Verf.] festzusetzen. Durch Beschluss vom 04.03.2011 hat das AG Bochum - Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle - die dem Beteiligten zu 1. aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 90,44 Euro festgesetzt, indem sie auf den zur Festsetzung angemeldeten Betrag i. H. v. 129,95 Euro die von der ARGE Bochum geleistete Zahlung i. H. v. 39,51 Euro angerechnet hat. Die dagegen von dem Beteiligten zu 1. eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht Bochum - Richterin - durch Beschluss vom 14.07.2011 zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. [...]


    Die sofortige Beschwerde ist [...] nicht begründet. Hat der Rechtsanwalt von dem Gegner des Rechtsuchenden Zahlungen nach § 9 BerHG erhalten, so sind diese nach § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anzurechnen. Dies dient der Entlastung der Landeskasse; darüber hinaus soll vermieden werden, dass der Rechtsanwalt im Ergebnis eine höhere als die gesetzliche Vergütung enthält. In Rechtsprechung und Literatur wird ganz überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Anrechnungsbestimmung für alle Zahlungen nach § 9 BerHG gilt, auch wenn sie - wie hier - den vollen Gebührenanspruch eines Wahlanwalts nicht erreichen [...].

    Die Kammer schließt sich mit dem AG Bochum der überwiegend vertretenen Ansicht an:

    Das Saarländische Oberlandesgericht und das OLG Celle haben in den jeweils zitierten Beschlüssen überzeugend darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung der Anrechnung bei Zalhungen nach § 9 BerHG auf solche Zalhungen, die den gesetzlichen Vergütungsanspruch eines Wahlanwalts übersteigen, mit dem eindeutigen Wortlaut des § 58 Abs. 1 RVG nicht zu vereinbaren sei. Für die Auslegung der Vorschrift sei der eindeutige Wortlaut aber mit Blick darauf besonders relevant, dass der Gesetzgeber in § 58 Abs. 2 RVG eine entsprechende Einschränkung der Anrechnung für die Gebühren eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts ausdrücklich angeordnet habe [...]. Auch mangels des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke komme eine analoge Anwendung des § 58 Abs. 2 RVG nicht in Betracht: Ausweislich der Motive zum RVG habe der Gesetzgeber in § 58 Abs. 1 RVG die Regelung des § 9 S. 4 BerHG aF und in § 58 Abs. 2 RVG die des § 129 BRAGO übernommen (BT-Ds. 15/1971 S. 203) und damit die nach altem Recht bestehenden unterschiedlichen Anrechnungsvoraussetzungen also bewusst unverändert bestehen lassen [...]."

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    2 Mal editiert, zuletzt von Noatalba (12. März 2012 um 14:17) aus folgendem Grund: Lektorat

  • Zur Frage der Überprüfungsberechtigung des UdG gem. § 2 Abs. BerHG; hier Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung:

    Rn. 5
    "Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht in seiner Entscheidung zur Höhe der festzusetzenden Vergütung eine Vertretung des Antragstellers im Widerspruchsverfahren nicht für erforderlich im Sinne des § 2 Abs. 1 BerHG angesehen."...

    Rn. 7
    "Nach diesen Grundsätzen war vorliegend eine anwaltliche Vertretung des Antragstellers in dem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren nicht erforderlich."
    KG Berlin, Beschluss vom 17.02.2012, 5 W 17/12, juris

  • Keine Beratungshilfe, wenn RA nur beauftragt wird, um Unterlagen vorzulegen, die der Sozialhilfeträger vor Erlass seiner Entscheidung vom Antragsteller angefordert hat:

    Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dabei ist die konkrete Konstellation zu berücksichtigen, die ein Rechtsschutzverfahren prägt.Verfassungsrechtlich ist es zu beanstanden, wenn Rechtsuchende für das Widerspruchsverfahren zur Beratung an dieselbe Behörde verwiesen werden, gegen die sie sich mit einem Widerspruch richten. Anders ist es jedoch zu beurteilen, wenn es nur darum geht, die für die Feststellung eines Rechts auf Leistungen erforderlichen, aus Sicht der Behörde noch fehlenden Unterlagen vorzulegen.
    BVerfG, Beschluss vom 07.02.2012 - 1 BvR 804/11

    Aus den Gründen ergibt sich, dass der Ast. der Ansicht war, die verlangten Unterlagen bereits vorgelegt zu haben.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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