Rechtsprechungshinweise Zwangsversteigerung

  • a) Nach § 727 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dieser Nachweis ist geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann.

    b) Ergibt sich aus einem Grundbuchauszug, dass ein Insolvenzvermerk gelöscht ist, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt.

    BGH, Beschluss vom 30. August 2017 - VII ZB 23/14 LINK

  • LG Mühlhausen, Beschluss vom 28.2.2017, 1 T 86/16, Rpfleger 2017 Heft 7 S. 412

    Leitsatz:
    Stellt das Prozessgericht nach § 769 Abs. 1 ZPO die Zwangsvollstreckung ein und hebt zugleich sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen (hier: die Zwangsverwaltung eines Grundstücks) auf, bedarf es in diesem Fall keines Ausführungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts nach § 776 ZPO. Die Beschlagnahme entfällt nach § 776 S. 2 Alt. 2 ZPO. Ein gleichwohl ergangener als deklaratorisch bezeichneter Feststellungsbeschluss, dass die Zwangsverwaltung bereits aufgehoben sei, ist unschädlich.

  • Nimmt der Ersteher die ersteigerte Immobilie eigenmächtig in Besitz, trifft ihn die Obliegenheit, ein Verzeichnis über die in der Immobilie vorgefundenen, von dem Zuschlagsbeschluss nicht erfassten Gegenstände zu erstellen und deren Wert schätzen zu lassen. Kommt er dem nicht nach, muss er beweisen, inwieweit die Angaben des Schuldners zu dem Bestand, Zustand und Wert der Gegenstände, die sich im Zeitpunkt der Räumung in dem Haus befunden haben sollen, unzutreffend sind, soweit dessen Angaben plausibel sind.

    BGH, Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 175/16

  • FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 3

    a) Bei der Prüfung, ob Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe stehen, sind nicht nur die tatsächlichen und rechtlichen Verbindungen, sondern auch der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen.

    b) Es gibt keine feste zeitliche Grenze, ab der ein solcher Zusammenhang nicht mehr besteht.

    BGB § 749 Abs. 1; ZPO § 829 Abs. 1 Satz 2

    Die Pfändung des Rechts eines Teilhabers, jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen zu können, hindert den Teilhaber nicht daran, die Teilungsversteigerung des Grundstücks zu beantragen.

    BGB § 1258 Abs. 2

    § 1258 Abs. 2 BGB ist auf das Pfändungspfandrecht an dem einem Miteigentümer zustehenden Bruchteil und dem ihm nach Aufhebung der Gemeinschaft zustehenden Erlösanteil nicht anzuwenden.

    ZVG §§ 22, 23, 180

    Die Beschlagnahme eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück im Rahmen einer Forderungsvollstreckung steht einem Antrag des Miteigentümers auf Teilungsversteigerung des Grundstücks nicht entgegen.

    BGH, Beschluss vom 29.06.2017 - IX ZB 98/16

  • BGH, Urteil vom 20. September 2017 – VIII ZR 279/16

    Zur Abgrenzung eines Mietvertrags von anderen Gebrauchsüberlassungsverhältnissen bei Wohnräumen (Fortführung des Senatsurteils vom 4. Mai 1970 - VIII ZR 179/68, WM 1970, 853; sogenannte Gefälligkeitsmiete).

    Zum Sachverhalt: Der Zwangsverwalter nimmt die Bewohnerin des Reihenhauses wegen eines Anspruchs auf Räumung und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Anspruch. Der persische Eigentümer, der mit dem damaligen persischen Ehemann der Bewohnerin geschäftlich und persönlich verbunden war, hatte nach Angabe der Bewohnerin nach angeblicher Zahlung des Anschaffungspreises durch das Bewohnerehepaar gestattet, dass die Eheleute lebenslang unentgeltlich im Reihenhaus wohnen dürfen. Sie sei also Mieterin, was sich auch daraus ergebe, dass sie die Neben- und Reparaturkosten begleiche (was sie aber nicht nachgewiesen hat). Einen schriftlichen (Miet-)Vertrag konnte die Bewohnerin nicht vorlegen
    . Das Landgericht Hamburg hat die Beklagte (bis auf einen geringen Teil des Zinsanspruchs) antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Hamburg das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

    Der BGH gibt dem Kläger überwiegend recht, im Übrigen wird ans OLG zurückverwiesen.

  • BGB § 288 Abs. 1

    Bei verzögerter Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages hat der Gläubiger in entsprechender Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe (Fortführung von BGHZ 167, 268).

    BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 267/16

    (Es handelt sich um einen Fall verweigerter Zustimmung der Erlöszuteilung aus der Teilungsversteigerung.)

  • Finanzgericht Düsseldorf, 03.05.17, 15 K 2669/15 E (NZI 2017, 985 mit krit. Anm. Keller)

    Ist der Insolvenzschuldner nicht Alleineigentümer, sondern lediglich Bruchteilseigentümer einer zwangsverwalteten Immobilie, trifft die Einkommensteuerentrichtungspflicht den Insolvenzverwalter und nicht den Zwangsverwalter (Abgrenzung zu BFH, Urt. v. 10.02.2015, IX R 23/14).

  • LG München II, Beschluss v. 31.07.2017 – 7 T 504/17 (Rpfleger 18, 44)

    Eine sofortige Zuschlagserteilung auf ein Meistgebot eines der Miteigentümer kann gegen das Gebot der fairen Verfahrensführung verstoßen, wenn dieser Miteigentümer mit einem offensichtlich unwirksamen Mietvertrag Bietinteressenten abzuschrecken versucht. Vielmehr ist ein Verkündungstermin anzusetzen, damit der andere Miteigentümer ggf. Verfahrensanträge stellen kann.

  • Literaturhinweise:

    Meerhoff, Immobiliarzwangsvollstreckung und Vor- und Nacherbschaft, ZfIR 2017, 308

    Drasdo: Mieterbelange in der Zwangsverwaltung, NZM 2018, 6

  • BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - V ZB 86/16

    a) Für eine sofortige Beschwerde des Schuldners, die sich gegen die Wertfestsetzung in der Zwangsversteigerung richtet, ist auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, wenn der Schuldner dem gerichtlich bestellten Sachverständigen den Zutritt zu den Innenräumen des Versteigerungsobjekts ohne Angabe von Gründen versagt hat.


    b) Der Schuldner, der dem gerichtlich bestellten Sachverständigen den Zutritt zu den Innenräumen des Versteigerungsobjekts versagt hat, kann Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und die im Anschluss daran erfolgte Wertfestsetzung nicht allein darauf stützen, dass er nunmehr den Zutritt ermöglichen will; eine erneute Ortsbesichtigung muss in aller Regel nur dann erfolgen, wenn der Schuldner nicht darauf hingewiesen worden ist, dass der Wert der Innenausstattung im Falle einer Zutrittsverweigerung geschätzt werden wird, oder wenn die Innenbesichtigung aus gewichtigen und nachvollziehbaren Gründen wie etwa einer plötzlichen gravierenden Erkrankung verweigert worden ist.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die formelle Rechtskraft des Beschlusses über die Festsetzung des Verkehrswertes steht einer Neubewertung durch das Vollstreckungsgericht nicht entgegen, wenn wesentliche neue Tatsachen eine Anpassung erfordern, die durch eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung nicht mehr geltend gemacht werden konnten.

    BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - V ZB 109/17

    Anmerkung:
    Spannender als die Aussage aus dem Leitsatz fand ich die Aussage in Rz. 9:

    Demnach ist "unerheblich, welche Zeit zwischen der Erstattung des Verkehrswertgutachtens im Jahr 2014 und der Zuschlagserteilung verstrichen war und ob ein Zeitraum von knapp drei Jahren Anlass bietet, die Wertfestsetzung zu überprüfen. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Vollstreckungsgerichts."


  • Literaturhinweis: Stamm, Die Pfändung und Verwertung ungetrennter Früchte durch den Gerichtsvollzieher, ein verfassungswidriges Relikt im Zeitalter der Zwangsverwaltung landwirtschaftlicher Grundstücke, DGVZ 2018, 25

  • LG Dortmund, Beschluss vom 08.01.2018 - 9 T 691/17 (BeckRS 2018, 633)

    Ohne amtlichen Leitsatz. Kernaussagen:

    Das Gebot war nach § 71 Abs. 2 ZVG zurückzuweisen, weil der im Versteigerungstermin für die Bieterin handelnde Herr D seine Vertretungsmacht nicht sofort in einer dem § 71 Abs. 2 ZVG entsprechenden Form nachgewiesen hat. Die Vertretungsbefugnis eines directors einer englischen Limited kann nicht durch die Bescheinigung eines deutschen Notars erbracht werden, wenn dieser seine Erkenntnisse nur durch die Einsichtnahme in das beim Companies House geführte Register erworben hat.

  • Wird von Dritten die Zwangsversteigerung in das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betrieben, ist der Verwalter grundsätzlich verpflichtet, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.

    BGH, 8.12.17, V ZR 82/17

    (siehe auch Anm. von Bub und Bernhard, FD-MietR 2018, 403038)

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