Rechtsprechungshinweise Zwangsversteigerung

  • BGH, V ZA 17/09 vom 16.12.2010
    ohne amtliche Leitsätze, daher Kernaussagen zusammengefasst:

    Rechtsbehelfe, die nicht die Durchführung der Vollstreckung, sondern die Anfechtung ihrer Voraussetzungen betreffen, sind im Verfahren der Zwangsvollstreckung bedeutungslos; für das Vollstreckungsgericht sind Titel und Klausel bindend, der Schuldner ist auf die Geltendmachung seiner Einwendungen nach §§ 732, 768 bzw. 767 ZPO vor dem Prozessgericht angewiesen.

    Parteien können in der Unterwerfungserklärung auch vereinbaren, dass der Gläubiger vom Nachweis der Höhe und der Fälligkeit der Forderung entbunden sein soll; auch BGH XI ZR 200/09 weicht hiervon nicht ab; die Zwangsversteigerung ist aufgrund einer Vollstreckungsklausel zulässig, die ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Zahlungen des Schuldners in Höhe der vollen Grundschuldsumme erteilt worden ist.

  • BGH, Beschluss vom 02.12.2010 V ZB 124/10

    Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO in Verbindung mit Suiziddrohungen werden bei uns immer häufiger. Aufgrund dieser BGH-Entscheidung kann mal wohl zu dem Schluss kommen, bei Suiziddrohungen - egal, wie konkret formuliert - lieber keinen Zuschlag zu erteilen. Bislang habe ich in diesen Fällen immer ein amtsärztliches Gutachten verlangt, was ja offensichtlich gar nicht notwendig ist, wenn man die Entscheidung liest. Also im Zweifel lieber Zuschlag versagen und ggf. die Beschwerdekammer entscheiden lassen, denke ich.

  • Bislang habe ich in diesen Fällen immer ein amtsärztliches Gutachten verlangt, was ja offensichtlich gar nicht notwendig ist, wenn man die Entscheidung liest.


    DAS lese ich nicht aus der Entscheidung heraus. Im Gegenteil wird dem Gericht doch vorgeworfen, dass es dem Anhaltspunkt Suizidgefahr nicht hinlänglich nachgegangen sei.
    Das "ärztliche" Gutachten, auf das sich der 765a-Antrag stützte, stammt - für mich unverkennbar - von einem "Fachmann", mit dem die Versteigerungsgerichte im Osten schon leidvolle Erfahrungen sammeln mussten. Der attestiert jedem, dass die Versteigerung eine unzumutbare Härte sei. Das ist unter den Querulanten gut bekannt.
    Aber wir sollten an anderer Stelle darüber weiter diskutieren, z.B. HIER.

  • Die Amtspflicht des Versteigerungsgerichts zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Zwangsversteigerungsverfahren schützt auch den Vollstreckungsgläubiger. Der Schutzzweck dieser Amtspflicht umfasst den Verlust, der dadurch eintritt, dass der Zuschlagsbeschluss wegen eines Zustellungsfehlers wieder aufgehoben wird und in einem nachfolgenden Versteigerungstermin ein geringerer Erlös erzielt wird (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 13. September 2001 - III ZR 228/00 - NJW-RR 2002, 307).

    BGH, Versäumnisurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 172/08

    Hierzu z.B.:
    ZVG/Insolvenz/Freigabe
    Fehlende Zustellung der Terminsbestimmung an Beteiligte
    BGH zu Amtspflichtverletzung in Versteigerung

  • Landgericht Leipzig, Beschluss vom 01.07.2010, 03 T 444/10

    Die Fälligkeit der Grundsteuer kann durch einen Duldungsbescheid nicht neu begründet werden, sie richtet sich allein nach § 28 GrStG. Entscheidend für die Berechnung der Rückstände sind nicht die Beträge, die in dieser Zeit fällig geworden sind, sondern die, welche für den Zeitabschnitt entsprechend, zu leisten sind.
    Dazu Vorlage vom Amtsgericht mit Begründung, Az. 468 K 173/10

    Veröffentlicht im Intranet der Sächsischen Justiz,
    http://intra01.justiz.sachsen.de/aglentsch/docu…03_T_444_10.pdf

  • Ein aus der Rangklasse des § 10 I Nr. 2 ZVG betriebenes Verfahren ist gem. § 28 ZVG einzustellen, wenn durch Teilzahlungen des Schuldners der vorrangig vollstreckte Betrag die Mindestgrenze von 3 % des steuerlichen Einheitswertes (§§ 10 III, 1, 18 II, 2 WEG) nicht mehr erreicht.

    AG Heilbronn, Beschluss vom 27.10.2010, 2 K 29/09 (abgedruckt in IGZInfo 1/11, Seite 46, mit zust. Anmerkung Schmidberger und abl. Anmerkung Schneider)

    Die Wohnungseigentümergemeinschaft betrieb bestrangig das Versteigerungsverfahren als Rangklasse 2-Gläubigerin. Vor Beginn der Bietzeit wurde das Verfahren eingestellt, weil der Schuldner Teilzahlungen erbracht hatte, die zu einem Unterschreiten des Vorrangsbetrages unter 3 % des steuerlichen Einheitswertes führte.

    Die WEG betrieb damit nur noch aussichtslos aus Rangklasse 5, was eine Einstellung mangels Geboten (§77 I ZVG) zur Folge hatte.

  • a) Das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien von Bauwerken und Gartenanlagen steht dem Grundstückseigentümer zu, soweit die-se Abbildungen von seinem Grundstück aus angefertigt worden sind (Anschluss an BGH, Urteil vom 20. September 1974 - I ZR 99/73, NJW 1975, 778, 779 und Urteil vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252).
    b) Ein öffentlich-rechtlicher Grundstückseigentümer kann öffentlich-rechtlich ver-pflichtet sein, die Anfertigung und Verwertung solcher Fotografien zu ge- statten. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Berlin-Brandenburg ist nicht verpflichtet, die Anfertigung und Verwertung von Fotografien ihrer Schlösser und Gärten zu gewerblichen Zwecken unentgeltlich zu gestatten.
    BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10 - OLG Brandenburg
    LG Potsdam

    Hoffe, der link zum BGH funktioniert

    "Das Beste gegen Unglücklichsein ist Glücklichsein, und es ist mir egal, was die anderen sagen."
    Elizabeth McCracken, "Niagara Falls All Over Again"

  • BGH, Urteil vom 28.01.2011 - V ZR 147/10, veröffentlicht am 03.03.2011

    Maßgebend für die Berechnung einer Überbaurente für einen vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet erfolgten Überbau ist der Bodenwert eines im gleichen Zustand und in vergleichbarer Lage belegenen Grundstücks in den alten Ländern in dem Zeitpunkt der Grenzüberschreitung.


    Dieses Urteil wird auch für die Wertfindung von Grundstücken in der Zwangsversteigerung Auswirkungen haben. Häufig sind Verkehrswerte für rechtlich selbständige Grundstücke als Grundlage für Einzelausgebote - bspw. für ein aus mehreren Einzelgrundstücken bestehendes Gewerbegrundstück - zu ermitteln. Dabei kommt es häufig vor, dass es innerhalb des Gesamtgrundstückes zur Überbauung der Flurstücksgrenzen gekommen ist. Bei der Einzelbewertung sind solche Überbauungen jeweils als Vor- bzw. Nachteil sachgerecht zu berücksichtigen. In der bisherigen Praxis ergaben sich bei diesen Fällen jedoch nur geringe Überbaurenten, da auf die Stoppreise der ehemaligen DDR (i.d.R. 0,51 €/m²) als Grundlage zurückgegriffen wurde. Durch das Urteil und den Bezug auf das Bodenwertniveau in den alten Ländern werden sich zukünftig deutlich höhere Überbaurenten und damit höhere Barwerte ergeben, die als Vor- oder Nachteil beim Einzelgrundstück zu berücksichtigen sind.

    2 Mal editiert, zuletzt von Luigi (4. März 2011 um 17:16) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Will der Ersteher des Grundstücks eine in der Zwangs- oder Teilungsversteigerung bestehen gebliebene Grundschuld ablösen, ist der Grundschuldgläubiger auf Grund des durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandverhältnisses mit dem per-sönlichen Schuldner zur Verwertung der Grundschuld in der Weise verpflichtet, dass dieser von der persönlichen Schuld vollständig befreit wird; weitergehende Pflichten zumindest im Hinblick auf zur Zeit der Ablösung nicht valutierte Grundschuldzinsen treffen den Grundschuldgläubiger nicht.
    BGH, Urteil vom 4. Februar 2011 - V ZR 132/10 - OLG München
    LG München I

    Siehe auch # 16 von 1556

  • BGH V ZB 253/10 v. 24.2. 2011

    zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer GbR nach Tod eines Gesellschafters

    ZVG § 17 Abs.1 ZVG, ZPO § 727, BGB § 1148 Satz 1

    a) § 1148 Satz 1 BGB ist auf die eingetragenen Gesellschafter einer GbR auch dann entsprechend anwendbar, wenn einer davon verstorben ist.

    b) Einer Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO bedarf es nicht, wenn die aus dem Titel ausgewiesenen Gesellschafter der GbR bei Anordung der Zwangsversteigerung mit den im Grundbuch eingetragenen übereinstimmen.

    Anmerkung v. 1556:

    Vorstehende Entscheidung bestätigt die Entscheidung v. 2.12.2010 = V ZB 84/10 in derselben Sache betreffend lediglich das Zwangsverwaltungsverfahren.

    Die Entscheidung v. 2.12.2010 war von Bestelmeyer in der ZfIR 2011, 117 ff scharf kritisiert worden. In seiner neuesten Entscheidung setzt sich der BGH mit der Kritik v. Bestelmeyer auseinander und verwirft sie.

    Einmal editiert, zuletzt von 1556 (18. März 2011 um 10:26)

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