Rechtsprechungshinweise Zwangsvollstreckung

  • Wir hatten hier das Problem, dass ein Kreditinstitut den Schuldnern generell nur ihren eigenen Pfändungsfreibetrag auf dem P-Konto gewährt hat. Eine Erhöhung für Unterhaltsberechtigte oder Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wollte es nur gegen Vorlage einer bestimmten Bescheinigung (Vordruck ursprünglich von Schuldnerberatung) einräumen.
    Die SGB-Leistungsträger weigerten sich aber unter Hinweis auf die von ihnen erstellten Bescheide, diese Bescheinigung zusätzlich auszustellen.
    Wir - Vollstreckungsgericht - weigerten uns, eine Festsetzung gem. § 850 k V 4 ZPO zu treffen, da der erforderliche Nachweis durch die SGB-II-Bescheide ausreichend geführt werden konnte. Wir wiesen somit die Festsetzungsanträge der Schuldner zurück.
    Das Landgericht Essen hat uns jetzt in einer ersten (von mehreren noch folgenden) Entscheidung bestätigt: Beschluss vom 09.11.2010, 7 T 586/10). Danach ist es unerheblich, ob das Kreditinstitut die Nachweise tatsächlich anerkennt. Entscheident ist nur, ob der Schuldner über (eine) ausreichende Bescheinigung nach § 850k V 2 ZPO verfügt. Begründet wird dies u. a. mit den Dokumenten zum Gesetzgebungsverfahren. Hiernach sollte dem Schuldner eine möglichst unkomplizierte und effektive Möglichkeit geboten werden, seine Pfändugnsschutzrechte durchzusetzen. Auch sollte die Prüfungskompetenz auf die Kreditinstitute zur Entlastung der Vollstreckungsgerichte verlagert werden.
    Die Entscheidung geht auch davon aus, dass nicht nur die SGB-II-Leistung ausreichend nachgewiesen ist, sondern der SGB-II-Bescheid auch ein ausreichender Nachweis hinsichtlich des Kindergeldes ist.

    Die Schuldner werden bei Nichtberücksichtigung der Bescheinigung durch das Kreditinstitut auf den Zivilklageweg verwiesen.

  • Ist der Schuldner Zeitsoldat und im Ausland stationiert, so ist das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht das Amtsgericht in dessen Bezirk der Schuldner seinen letzten inländischen Standort hatte und nicht etwa dasjenige Amtsgericht in dessen Bezirk die besoldende Wehrbereichsverwaltung liegt.

    Einmal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (24. Juni 2011 um 08:40)

  • Eine nachträgliche Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist nicht mehr möglich, wenn es versäumt wurde einen rechtzeitigen Beiordnungsantrag zu stellen (LG Hannover Beschluss vom 14. 10. 2009 -55 T 115/09-).

    Wird seitens des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin lediglich ohne näheren Sachvortrag pauschal angeführt, dass es in vielen Fällen der anwaltlichen Beiordnung bedarf und die Mandantin überfordert sei, ist eine Beiordnung nicht gerechtfertigt. Solche allgemeinen Erwägungen rechtfertigen -wie auch allgmeine Fragen- keine Beiordnung. (LG Braunschweig Beschluss vom 14. 05. 2008 –5 T 381/08-).

  • Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Firmendirektversicherung ist bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls als zukünftige Forderung pfändbar.

    BGH, Beschluss vom 11. November 2010 - VII ZB 87/09



    Danke für die Info. Hätte da noch folgende Entscheidungen diesbezüglich:
    Die Verfügungsbeschränkung des BetrAVG § 2 Abs 2 S 4 steht einer Pfändung der Ansprüche aus einem im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag nicht entgegen, wenn die Pfändungsgrundlage ein Mittel zur Durchsetzung des auf gesetzlicher Grundlage entstandenen Anspruchs der geschiedenen Ehefrau auf Unterhalt und Zugewinnausgleich ist (so OLG Stuttgart NJW - RR 2001, 150; AG Hannover Beschluss vom 27. 01. 2010 -711 M 115796/09- bestätigt durch LG Hannover Beschluss vom 26. 02. 2010 -52 T 21/10-).

  • Der Antrag auf Erlass eines PfüB muss zumindest dann handschriftlich unterschrieben werden, wenn es sich beim Antragsteller um einen Großgläubigervertreter handelt, der in standardisierten Masseverfahren unter Verwendung von Computerprogrammen Forderungen eintreibt. Eine Unterzeichnung per Faksimile ist nicht ausreichend, auch nicht wenn die Rechtsmitelschrift (unleserlich und ohne Zusatz "Rechtsanwälte") handschriftlich unterzeichnet ist.

    LG Dortmund, 28.05.2010, 9 T 278/10, RPfleger 2010, 679ff.

  • LG Koblenz, Beschl. v. 20.09.2010 - 2 T 499/10

    Der Gläubiger hat keinen Anspruch auf Herausgabe der Nachweise, welche zur Erhöhung der Pfändungsfreibeträge führen

    Einem Gläubiger steht zwar kein Anspruch auf Herausgabe der Nachweise zu, welche zur Erhöhung der Pfändungsfreibeträge führen. Der Schuldner hat ihm jedoch Auskunft darüber zu erteilen, ob und inwieweit das Guthaben auf den gepfändeten Konten pfändungsfrei ist. Da der Schuldner dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen hat, gehören bei Pfändung von Arbeitseinkommen zu diesen Auskünften auch die zur Berechnung des unpfändbaren Einkommensteiles erforderlichen Angaben. Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Umfang Unterhaltsansprüche gegen den Schuldner bestehen. Bei einer Kontopfändung muss vom Schuldner auch Auskunft darüber erteilt werden, inwieweit und aus welchen Gründen die Forderung nicht von der Pfändung erfasst ist, da nur so der tatsächlich erfasste Teil bestimmt werden kann.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Beim BGH ist unter der dortigen Geschäftsnummer VII ZB 70/08 ein Verfahren anhängig, in dem es um die Frage geht, ob eine vbuH durch ein Versäumnisurteil nachgewiesen werden kann.
    Die 55. Zivilkammer des LG Hannover hatte diese Frage durch Beschluss vom 11. 07. 2008 -55 T 53/08- verneint. Es gibt aber eine anderslautende Entscheidung der 52. Zivilkammer des LG Hannover (Beschluss vom 23. 09. 2010 -52 T 73/10-).

  • LG Münster vom 4.10.10, 5 T 564/10

    Leitsatz aus Juris:

    Das Vollstreckungsgericht kann im Fall einer Doppelpfändung von Arbeitseinkommen und Gehaltskonto gem. § 850k Abs. 4 ZPO das gesamte Gehalt des Schuldners freigeben, das monatlich von einem bestimmten Arbeitgeber auf das Gehaltskonto überwiesen wird. Eine Bezifferung des "pfändungsfreien Betrages" gem. § 850k Abs. 4 ZPO ist nicht erforderlich.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, sind dem Schuldner für sei-nen notwendigen Unterhalt jedenfalls die Regelsätze nach § 28 SGB XII zu belassen. Eine Pfändung kleiner Teilbeträge hieraus kommt nicht in Betracht.

    BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09 -

  • Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, sind dem Schuldner für sei-nen notwendigen Unterhalt jedenfalls die Regelsätze nach § 28 SGB XII zu belassen. Eine Pfändung kleiner Teilbeträge hieraus kommt nicht in Betracht.

    BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09 -



    so auch LG Hannover JurBüro 2007, 100

  • Ein Versorgungsunternehmen ist zum Ausbau der in seinem Eigentum stehenden Gas-, Wasser und Stromzähler grundsätzlich bei entsprechender Titulierung auch dann berechtigt, wenn sich die Schuldnerin und ihr Kind in einer Notlage befinden und sich die Schuldnerin nicht um Ausgleich der aufgelaufenen Zahlungsrückstände an das Versorgungsunternehmen, dem nicht die Aufgaben der staatlichen Sozialfürsorge aufgebürdet werden dürfen, bemüht (AG Hannover Beschluss vom 30. 07. 2010 -702 M 25725/10- veröffentlicht bei juris).

    Ähnlich auch für Stromzähler, AG Pforzheim RdE 1995, 30


  • Auch bei der eingeschränkten pauschalen Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung gemäß § 119 Abs. 2 ZPO ist die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts in Anwendung des § 121 Abs. 2 ZPO für die jeweilige Maßnahme der Zwangsvollstreckung zu prüfen.

    BGH v. 10.12.2009 Gz.: VII ZB 31/09

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Grundsätzlich bedarf es auch wegen auf ein Bundesland gemäß den §§ 7 UVG und 727 ZPO übergegangener Unterhaltsansprüche gemäß § 750 Abs 2 ZPO neben der Zustellung des mit der Rechtsnachfolgeklausel versehenen Titels zwingend auch der Zustellung derjenigen Urkunden, die der Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel zugrundelagen (vgl. LG Hannover
    Beschlüsse vom 15. 02. 2010 - 52 T 17/10 -, 52 T 16/10 und 52 T 18/10 -)


  • a) Die für die Zwangsvollstreckung in ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück gemäß § 857 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO vorgesehene Verwaltung des Grundstücks setzt ebenso wie die Zwangsverwaltung nach §§ 146 ff. ZVG den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Schuldners voraus.

    b) Die Anordnung der Verwaltung hängt nicht von der Feststellung des Vollstreckungsgerichts ab, dass der Schuldner das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück tatsächlich besitzt. Wenn die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch nachgewiesen ist, ordnet das Vollstreckungsgericht die Verwaltung nach § 857 Abs. 4 ZPO ohne eine Prüfung an, ob der Schuldner den Besitz an dem Grundstück innehat. Etwas anderes gilt dann, wenn dem Vollstreckungsgericht bekannt ist, dass der Schuldner keinen Besitz hat.

    BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - VII ZB 67/09

    bereits hier
    Zwangsverwaltung: Nießbrauch
    erwähnt

  • LG Saarbrücken: Beschluss vom 05.01.2011 - 5 T 555/10

    1. Die Kostenerstattungsforderung aus einem Kostenfestbeschluss, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzschuldner ergangen ist, stellt jedenfalls dann keine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO dar, wenn auch die Kostengrundentscheidung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens datiert.

    2. Der Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§ 900 Abs. 4 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, während der Wohlverhaltensphase (§ 287 Abs. 2 InsO) sei die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Kostenfestbeschluss durch § 294 Abs. 1 InsO untersagt.

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