nichteheliche Geschwister

  • Die Erblasserin hat keine Kinder hinterlassen und ist am 09.06.2009 gestorben. Ihre Eltern sind vorverstorben. Der vater ist 1949 vorverstorben und hat 2 eheliche und drei uneheliche Kinder hinterlassen. Die unehelichen Kinder sind 1946, und 27.1.1949 geboren.
    Damit haben die unehelichen Geschwister doch kein Erbrecht oder?daran hindert auch nicht die Neuregelung?Oder?

  • Nach geltendem Recht besteht aufgrund der Altersgrenze des Art.12 § 10 Abs.2 S.1 NEhelG kein Erbrecht (a.A. Leipold ZEV 2009, 488, 492; Grötsch famRZ 2010, 675: Einzelfallprüfung anhand der Entscheidungsgründe des EGMR). Nach der geplanten Neuregelung würde ein solches Erbrecht dagegen bestehen, weil der Erbfall nach dem 28.05.2009 eingetreten ist.

  • Nach geltendem Recht besteht aufgrund der Altersgrenze des Art.12 § 10 Abs.2 S.1 NEhelG kein Erbrecht (a.A. Leipold ZEV 2009, 488, 492; Grötsch famRZ 2010, 675: Einzelfallprüfung anhand der Entscheidungsgründe des EGMR). Nach der geplanten Neuregelung würde ein solches Erbrecht dagegen bestehen, weil der Erbfall nach dem 28.05.2009 eingetreten ist.


    eine Neuregelung, die rückwirkend in Kraft tritt ?
    das würde doch bedeuten, der Erbschein müsste zu gegebener Zeit wieder eingezogen werden ?

  • und es ist in diesem fall abzustellen auf den Erbfall der 2009 war und nicht auf den Todesfall des Vaters? (weil zu dem ja die nichteheliche Bindung besteht...)

  • ja,

    bloß warum kommt nach diesem thread
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…elichenerbrecht
    eine gesetzl. Vor-und Nacherbschaft bis zum Inkraftreten der Gesetzesänderung nicht in Betracht ?

    einfach aus dem Grund, weil es eine solche gesetzliche Vor-und Nacherbschaft nicht gibt ? (hm., irgendwie unbefriedigend)
    Oder warum wurde der Vorschlag im verwiesenen thread nicht weiter verfolgt ?

    Na ja, vielleicht könnten die nichehel. Kinder auf Zurückstellung des Erbscheins bis zur Gesetzesänderung klagen und die Einrichtung einer Pflegschaft für das Nachlaßvermögen zur Sicherung ihrer künftigen Rechte beantragen wenn sie die Schmälerung des Nachlasses befürchten müssen.

  • In dem besagten Thread ist an der gesetzlichen Nacherbschaftslösung einige Kritik laut geworden. Da ähnliche Kritik auch von anderer Seite geäußert worden sein dürfte, hat man das Vorhaben offenbar -zu Recht- insgesamt fallengelassen.

    Zum aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung vgl. ## 47 und 48 und zur Kritik hierzu # 52 (jeweils im besagten Thread).

  • ok, danke Cromwell.
    Hatte den thread wohl nicht zu Ende verfolgt.

    Was hältst Du dann von Pflegschaft bzw. Klage auf Hinterlegung des Nachlasses oder Sperrung wenn die nichtehelichen Kinder eine Schmälerung zu befürchten hätten bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahren ?

  • Hierfür sehe ich keine Rechtsgrundlage, denn nach geltendem Recht sind die Erben ja bekannt und nicht unbekannt und im Zeitpunkt der Erbscheinserteilung ist eben das aktuell geltende Recht anzuwenden.



    dann könnten also die ehelichen Kinder das Vermögen rücksichtslos "verbraten" bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung.
    Ich bin mir nicht sicher, ob die nichtehelichen Kinder dann erfolgversprechend Schadensersatzansprüche geltend machen könnten wenn das der Fall wäre, da ja die nichtehel. Kinder zum Zeitpunkt des Erbfalls nur potentielle Erbanwärter sind, oder ?
    (so genug der fiktiven Fälle, schönen Feierabend)

  • Da bekannt ist, dass die gesetzliche Neuregelung rückwirkend in Kraft treten soll, kann ich in dieser Richtung keinen Vertrauensschutz für die ehelichen Abkömmlinge des Erblassers erkennen. Das ist ja auch der Grund dafür, dass die Gesetzesänderung überhaupt rückwirkend in Kraft treten kann.

  • Das sehe ich nicht so.

    M.E. können die durch Erbschein ausgewiesenen Erben auf dessen Richtigkeit vertrauen und brauchen sich nicht das irgendwann vielleicht einmal in Kraft tretende Gesetz bzw. den aktuell erst vorliegenden Entwurf (der ja nochmals geändert werden könnte!!) vorhalten zu lassen.

    Das kann es ja nicht sein. Dann ist der Erbschein wertlos und man dürfte als Erbe nur die notwendigsten Nachlassverwaltungsmassnahmen ergreifen, aber mehr nicht. Wenn man nach aktuellem Recht (wie Cromwell sagt) Erbe ist, dann ist man es. Punkt. Ändert sich später (wann auch immer weiß nur der Himmel) durch eine rückwirkende Gesetzesänderung die Rechtslage, dann haben eben die "neuen Erben" das Nachsehen. Dem Erben eine Bösgläubigkeit zu unterstellen ist doch absurd. So nach dem Motto: "Hier hast du den Erbschein, vertraue aber nicht darauf und enthalte dich von Verfügungen, weil vielleicht irgendwann mal ein derzeit diskutierter Gesetzentwurf dein Erbrecht irgendwie beeinträchtigen könnte."

    Wenn man das mit der Bösgläubigkeit so sieht, dann gilt das auch für´s Gericht und dürfte das Gericht in derartigen Fällen schon rein zur Sicherung der Ansprüche der "anderen Erben" keinen Erbschein erteilen, sondern müßte nach § 1960 BGB einen Nachlasspfleger bestellen, der den Nachlass solange verwaltet, bis das Gesetz durch ist. Oder deutet jemand aus dem Blickwinkel betrachtet den § 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB anders?

    Interessante Frage, was?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich würde die Sachlage mit der Anfechtbarkeit eines Testaments (§§ 2078, 2079 BGB) vergleichen. Besteht ein Anfechtungsgrund, wird aber nicht angefochten, erteilt das Nachlassgericht aufgrund des besagten Testaments ohne weiteres einen Erbschein. Erfolgt dann die Anfechtung nachträglich (Frist: 1 Jahr), muss der Erbschein wieder eingezogen werden, weil die Anfechtung ex tunc auf den Erbfall zurückwirkt. Auch in diesen Fällen ist keine Rede davon, dass das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen muss, nur weil das Testament in Zukunft vielleicht angefochten werden könnte.

    Auch die Rückwirkung von Gesetzen ist nicht außergewöhnlich. Ich erinnere hier etwa an die seinerzeitige Neuregelung des Erbschaftssteuerrechts, wo es ebenfalls hieß, dass sich seit der Entscheidung des BVerfG niemand mehr auf das geltende Recht verlassen könne und das Erbschaftsteuerrecht daher rückwirkend geändert wurde.

    Dass eine Rückwirkung von Gesetzen mitunter einschneidende Folgen für Altfälle hat, liegt nicht zuletzt an der Schlafmützigkeit des Gesetzgebers. Die Entscheidung des EGMR stammt vom 28.05.2009 und seitdem ist noch kein neues Gesetz in Kraft. Im Gegenteil: Man hat wertvolle Zeit mit einem abwegigen Referentenentwurf verplempert (Stichwort: Nacherbenlösung).

  • der Unterschied zur Anfechtung besteht jedoch darin, dass man solche nun wirklich nicht mit hunderprozentiger Sicherheit zu erwarten hat, die angesprochene Gesetzesänderung jedoch wird unausweichlich kommen.
    Der Vergleich ist insoweit abwegig wie ich meine.
    Ich würde auf Antrag eine Nachlaßpflegschaft gem. § 1961 BGB einrichten wollen. Ich würde die nichtehel. Kinder im Erbscheinsverfahren vielleicht nicht unbedingt anhören, zumindest ihnen aber Kenntnis von der Erteilung des Erbscheins nach Abschluss geben, auch wenn sie aktuell noch nicht als Beteiligte nach § 345 FamFG anzusehen sein dürften.

  • Es ist nach meiner Ansicht nicht danach zu differenzieren, ob etwas vielleicht eintritt oder ob etwas mit Gewissheit zu erwarten ist, weil es sich in beiden Fällen so verhält, dass die Rechtslage nach derzeit geltendem Recht eben so ist wie sie ist. Nach geltendem Recht stehen vor dem 01.07.1949 geborenen nichtehelichen Kindern (und ihren Abkömmlingen) außerhalb des Anwendungsbereichs des Art.235 § 1 Abs.2 EGBGB aber nun einmal keinerlei erbrechtliche Ansprüche nach der väterlichen Verwandtschaft zu - umgekehrt übrigens auch nicht. Das bedeutet zum einen, dass die Erben bekannt und nicht unbekannt sind und dass es auch keinerlei Ansprüche gibt, welche zu einer Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB führen könnten.

    Andererseits bin ich der Ansicht, dass dem betreffenden Personenkreis die Beteiligtenstellung im Nachlassverfahren nicht verweigert werden darf. Dies folgt schon daraus, dass es Ansichten gibt (ich hatte sie zitiert), die unter den vom EGMR genannten Voraussetzungen für nach dem 28.05.2009 eingetretende Erbfälle schon nach geltendem Recht ein Erbrecht des nichtehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge nach der väterlichen Verwandtschaft befürworten.

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