Schuldner trifft gerichtl.Unterhaltsvergleich während InsoVerfahren- wirksam?

  • Stehe auf dem Schlauch:

    Der Schuldner befindet sich im laufenden Verbraucherinsolvenzverfahren,
    gleichzeitg trifft er vor dem Familiengericht eine protokollierte Vereinbarung, nach der er der Ehefrau und den Kindern Unterhalt in Höhe von... monatlich leisten will.
    Ist dieser Vergleich im Hinblick auf §81 InsO überhaupt wirksam und vollstreckbar (Ehefrau will jetzt pfänden, weil er nicht zahlt).....:confused: :confused: :confused:
    Denn den Unterhalt wird er ja wohl aus seinem Einkommen zahlen wollen....

  • Die Frage muss mir gestern durch die Lappen gegangen sein. Hier die Idee:

    Verpflichten kann sich der Schuldner im Insolvenzverfahren zu allem, weil ihm für dessen Dauer nur die Verfügungsbefugnis entzogen ist, § 81 InsO. Soweit er nicht über ausreichend insolvenzfreies (d.h. unpfändbares und/oder freigegebenes) Vermögen verfügt, kann er eine etwaige Verpflichtung halt nicht erfüllen - das ist aber eher ein praktisches als ein rechtliches Problem.

    Pfänden können die Unterhaltsberechtigten aus einer titulierten Verpflichtung nach Maßgabe von § 89 II InsO, d.h. wegen des (seit Insolvenzeröffnung) laufenden Unterhalts (nur) in den privilegiert pfändbaren Teil des (etwaigen) Einkommens - oder eben in sonstiges insolvenzfreies Vermögen.

  • Das kommt meines Erachtens darauf an.

    Sofern der Schuldner sich über rückständigen Unterhalt verglichen hat, dürfte der Vergleich unwirksam sein. Forderungen auf rückständigen Unterhalt sind Insolvenzforderungen nach § 35 InsO. Insoweit ist der Insolvenzverwalter "verwaltungs- und verfügungsbefugt".

    Laufender Unterhalt ist aus dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zu begleichen. Bei dem Zugriff auf das Schuldnervermögen ist dabei zu beachten, dass dem Unterhaltsberechtigten lediglich die Spanne zwischen pfändungsfreien Einkommen und dem Schuldner zu belassenen eingenem Unterhalt zur Befriedigung zur Verfügung steht (vgl. MüKo, Insolvenzordnung, § 40 Rdnr. 24). Die Tatsache, dass dem Schuldner lediglich der pfändungsfreie Betrag zur Verfügung steht ist m.E. auch der Unterhaltsberechnung zu Grunde zu legen.

  • Kleiner Nachtrag: Theoretisch kann die Gläubigerversammlung nach § 100 I InsO Unterhalt für den Schuldner und dessen Familie aus der Insolvenzmasse bewilligen. Praktisch kannst Du das aber in der Regel vergessen, weil

    a) gar keine Masse da ist,
    b) die Gläubiger, wenn Masse da ist, nix abgeben wollen,
    c) überhaupt erst mal jemand Gläubiger zum Erscheinen in einer regulären Versammlung bewegen bzw. eine außerordentliche Gläubigerversammlung zustande bringen (§ 75 InsO) und dann auch noch den TOP Unterhalt für Schuldner und/oder Familie zur Abstimmung bringen müsste, auf den die Gläubiger von sich aus kaum kommen dürften.

  • Eine Vollstreckung in den privilegierten Bereich nach § 850d sollte aufgrund des Vergleichs möglichs sein.



    Aber nur, soweit der Vergleich laufenden Unterhalt aus der Zeit nach Insolvenzeröffnung betrifft, weil § 89 II nach wohl h.M. nur für Neugläubiger zur Anwendung kommt.

    @Gerit
    Interessante Frage, ob ein vom Schuldner nachinsolvenzlich geschlossener Vergleich über eine Insolvenzforderung wirksam sein kann (die Frage der Gegenleistung lassen wir mal aussen vor). Ich würde das nicht ohne weiteres ablehnen, weil eine Verbindlichkeit m.E. mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nichts zu tun hat (verwalten und verfügen kann ich - egal ob Schuldner, Normalo oder IV - nur bzgl. meines Aktivvermögens nicht bzgl. meiner Schulden).



  • @Gerit
    Interessante Frage, ob ein vom Schuldner nachinsolvenzlich geschlossener Vergleich über eine Insolvenzforderung wirksam sein kann (die Frage der Gegenleistung lassen wir mal aussen vor). Ich würde das nicht ohne weiteres ablehnen, weil eine Verbindlichkeit m.E. mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nichts zu tun hat (verwalten und verfügen kann ich - egal ob Schuldner, Normalo oder IV - nur bzgl. meines Aktivvermögens nicht bzgl. meiner Schulden).



    Gut, dann umschreibe ich es vielleicht eher mit Zuständigkeit. Soviel ich weiß, ist es dem Schuldner aus dem pfändungsfreien Vermögen möglich, Insolvenzforderungen zu begleichen. Ansonsten gilt § 81 InsO. Die Begleichung von Insolvenzforderungen führt gemäß § 295, 296 InsO allerdings zur Versagung der Restschuldbefreiung (immer wieder eine interessante Frage, wenn die StA nach Eröffnung Geldstrafen vollstreckt, die vor Eröffnung verhängt wurden). M.E. muss sich der Schuldner dann auch über Insolvenzforderungen vergleichen können. (Interessant wäre, ob dies zur Versagung der Restschuldbefreiung führt, da dem Gläubiger damit kein Sondervorteil zugewandt wird). Im Allgemeinen ist aber der Insolvenzverwalter verpflichtet, diese Forderungen in die Tabelle aufzunehmen und festzustellen). Interessanter Weise wird ein Familienrechtsstreit gemäß § 240 ZPO auch nur insoweit unterbrochen, wie dieser bis zur Eröffnung rückständigen Unterhalt betrifft.

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