Erbscheinsantrag nach Enterbung wegen Ausschlagung der Testamentserben

  • Der Erblasser E setzt das Ehepaar x als seine Erben zu gleichen Teilen ein. Er hat einen Sohn und 5 Enkel. Im privatschriftlichen Testament steht weiterhin: "Meinem Sohn S enziehe ich den Pflichtteil, da sein Anspruch bereits finanziell abgegolten wurde." Es kommen dann noch weitere Ausführungen als Begründung.
    Die Eheleute X stellen zunächst ES-Antrag. S macht ggü. ihnen den PFlichtteilsanspruch geltend. Dazu kommt der Pflichtteilsergänzungsanspruch weil E 3 Jahre vor dem Tod eine Eigentumswohnung an die Enkelin Y verschenkt hatte. Die Eheleute X prüfen die Lage und schlagen fristgerecht wegen Überschuldung des Nachlasses (Pflichtteilsanspruch) aus. S stellt jetzt ES-Antrag aufgrund der gesetzlichen Erbfolge.
    Ich meine er ist nicht Erbe geworden, da die Enterbung aus dem Testament nicht wegfallen kann? Wie ist die Meinung der Kollegen?

  • Ohne groß nachgelesen zu haben stimme ich Dir zu.
    Man kann jemandem nur den Pflichtteil entziehen, wenn man ihn vorher enterbt hat.

    Aber wahrscheinlich argumentiert der Sohn jetzt, dass er nur für den Fall, dass die Eheleute erben, enterbt werden sollte, und jetzt im Wege der Auslegung als Ersatzerbe in Betracht kommt.

    Sehe ich -ohne den SV weiter zu kennen - aber auch nicht so. E hat gewollt, dass der Sohn nichts mehr kriegt, weil er angeblich schon was bekommen hat.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Aufgrund eines ordentlichen Pflichtteilsanspruchs kann der Nachlass nie überschuldet sein, weil der Pflichtteilsanspruch vorhandenen Reinnachlass voraussetzt. Kommt noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch hinzu, wird wegen § 2329 BGB auch keine Überschuldung des Nachlasses in Betracht kommen. Die erfolgte Erbausschlagung, die hier nur eine Anfechtung der Annahme sein kann, weil die Eheleute X bereits einen Erbscheinsantrag gestellt hatten, kann im Wortsinne wegen "Überschuldung" wohl kaum durchgreifen.

  • danke "Cromwell" für die Antwort. Auf jedenfall wurde fristgerecht angefochten und ausgeschlagen wegen Irrtums über die Nachlasszusammensetzung.

    Mein Hauptproblem ist jedoch der ES-Antrag des Sohnes. Der kann doch nie Erbe geworden sein, oder?!

  • Es ging mir um die Klarstellung, dass im Rahmen des neuen Erbscheinsantrags zunächst zu prüfen ist, ob der Antragsteller überhaupt als Miterbe in Betracht kommt. Denn wenn die erklärte Anfechtung der Erbannahme durch die Eheleute X nicht durchgreift, kommt es gar nicht mehr auf die Frage an, ob der Sohn unter der Prämisse der Wirksamkeit dieser Anfechtung enterbt ist.

    Wenn Du von der Wirksamkeit der Anfechtung ausgehst:

    Ich gehe ebenfalls davon aus, dass der Sohn enterbt ist, weil klar ersichtlich ist, dass der Erblasser keine Erbenstellung des Sohnes wollte (schon finanziell abgefunden + wirksame oder unwirksame Pflichtteilsentziehung). Als nächstes wäre dann zu prüfen, ob der Erbrechtsausschluss den gesamten Stamm ergreift. Das wird man hier wohl verneinen müssen, weil sich die enterbende Intention des Erblassers aufgrund der hierfür angegebenen Gründe offensichtlich auf die Person des Sohnes beschränkte. Demnach wäre gesetzliche Erbfolge unter Außerachtlassung der Person des Sohnes eingetreten.

    Ob die Enkelin Y die Vorschenkung auszugleichen hat, ist für die Erbfolge ohne Bedeutung. Gleichwohl würde ich in jedem Fall den Überlassungsvertrag beiziehen, um nachzusehen, ob er auch erbrechtliche Bestimmungen (z.B. einen Erbverzicht) enthält.

  • Ich " hänge " mich hier mal ran:
    In meinem Testament setzen die erblasser als Schlusserben die gemeinsame Tochter als Schlusserbin ein. Daneben wird klargestellt, dass "die beiden Söhne A und B auf das Pflichtteil gesetzt werden".
    1. ESA der Tochter : Alleinerbin
    2. ESA eines Sohnes : beide Söhne zu 1/6 Anteile die Tochter zu 2/3 Anteile am Nachlass. Begründung:Auf das Pflichtteil setzen heißt nicht, das sie gar nicht mehr beteiligt sind, sonder sie seien Erben in Höhe des Pflichtteilanspruchs . Ich gehe eigentlich immer davon aus, das der Gebrauch des Wortes Pflichtteil klarstellt, dass derjenige eben kein Erbe sein soll. Wie seht ihr das ?

  • Ich " hänge " mich hier mal ran:
    In meinem Testament setzen die erblasser als Schlusserben die gemeinsame Tochter als Schlusserbin ein. Daneben wird klargestellt, dass "die beiden Söhne A und B auf das Pflichtteil gesetzt werden".
    1. ESA der Tochter : Alleinerbin
    2. ESA eines Sohnes : beide Söhne zu 1/6 Anteile die Tochter zu 2/3 Anteile am Nachlass. Begründung:Auf das Pflichtteil setzen heißt nicht, das sie gar nicht mehr beteiligt sind, sonder sie seien Erben in Höhe des Pflichtteilanspruchs . Ich gehe eigentlich immer davon aus, das der Gebrauch des Wortes Pflichtteil klarstellt, dass derjenige eben kein Erbe sein soll. Wie seht ihr das ?



    :daumenrau Genau so wie du! Pflichtteil ist kein Erbteil.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Rein theoretisch ist die von den Söhnen bevorzugte Auslegung natürlich möglich (möglich ist alles), aber trotzdem höchst unwahrscheinlich.

    Demnach: Feststellungsbeschluss im Sinne des Erbscheinsantrags der Tochter (ggf. durch Richter) und dann kann man weitersehen.

  • Vielen Dank für eure Meinungen, beides ist möglich, wenn es dann gut begründet ist. Hier schreibt der Notar der Söhne, dass die Tochter ja soweiso erstmal von gesetzlicher erbfolge ausgegangen war ( das war zu dem zeitpunkt, als sie noch nicht wußte, dass das Testament existiert ) schon ein bißchen link...ich werd mal der Richterin vorlegen, mal sehen, was sie draus macht....

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