Erbausschlagung wegen angeordneter Testamensvollstreckung - Genehmigungsfähig?

  • Hallo zusammen,
    ich sitze hier vor einem verzwickten Fall und weiß nicht so recht weiter:

    Der Erblasser hat das Kind X testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt. Der Onkel des Kindes wurde als Testamentsvollstrecker eingesetzt.
    Nach Testamentserrichtung wurde ein weiteres Kind geboren. Das Testament wurde nicht berichtigt. Das Testament wurde nun von Kind 2 dahingehend angefochten, dass beide Kinder zu gleichen Teilen Erben sein sollen.

    Der Erblasser hinterläßt ein wenig Bankvermögen und eine Immobilie, welche mit Darlehen belastet ist. Der Nachlass ist allerdings nicht überschuldet. Einträge in der Schuldnerkartei gibt es nicht.

    Die Immobilie dürfte schwer zu veräußern sein (sehr alt, nicht bezugsfertig). Ein Gutachten liegt allerdings nicht vor. Die Familie des Erblassers (Mutter, Onkel (=Testamentsvollstrecker), zweites Kind und deren Mutter) ist mit dem erstgeborenen Kind und deren Mutter sehr verstritten.
    Sprich der Testamentsvollstrecker arbeitet gegen Kind 1 und für Kind 2.

    Der eingesetzte Pfleger ist der Meinung, dass wegen der Beschränkung durch die angeordnete Testamentsvollstreckung und der Schweirigkeiten mit der Familie des Erblassers die Erbausschlagung genehmigt werden sollte und das Kind den Pflichtteil geltend machen soll.

    Nur wegen persönlichen Schwierigkeiten mit dem Testamentsvollstrecker und einer schwer veräußerlichen Immobilie ist die Erbschaft für das Kind doch nicht nachteilig?! Immerhin ist es Alleinerbe, bzw. Erbe zu 1/2.

    Würde gerne mal eure Meinungen dazu hören, ob die Genehmigung wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung erteilt werden sollte oder nicht?!

  • Einen Grund für die Genehmigung vermag ich noch nicht zu erkennen. Das Verhältnis zum TV ist keiner. Insbesondere bei einem geringen Nachlasswert besteht wegen der laufenden Kosten für die Unterhaltung der Immobilie, die Darlehensrückzahlung und die TV-Vergütung jedoch ein Risiko, das einbezogen werden sollte. Evtl. wäre dann ein Vorgehen gemäß § 2306 BGB vorzuziehen. Insoweit wäre wohl zunächst der Immobilienwert aufzuklären. Fraglich ist allerdings auch, ob die TV-Anordnung trotz der Anfechtung noch Bestand hat.

  • Zunächst ist zu klären, ob die erklärte Anfechtung nach § 2079 BGB überhaupt durchgreift. Ist insoweit ein (neuer) Erbschein erteilt worden, der die Erbrechtslage nach begründeter Anfechtung ausweist? Falls ja, gibt er auch Auskunft darüber, ob der geminderte Erbteil des ursprünglichen Alleinerben weiterhin mit der angeordneten Testamentsvollstreckung beschwert ist. Dies könnte durchaus der Fall sein, wenn man davon ausgeht, dass die Anfechtung die letztwillige Verfügung des Erblassers nur insoweit vernichtet, als der Anfechtende seinen gesetzlichen Erbteil erhält, es im übrigen aber bei der testamentarischen Erbeinsetzung für eine entsprechend geminderte Erbquote verbleibt.

    Worauf gründet sich eigentlich die erfolgte Stellung eines Pflegers? Ich sehe nicht, dass die Mutter des Kindes im Hinblick auf die erwogene Erbausschlagung von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen wäre.

  • Ein Erbschein wurde noch nicht erteilt, da ja noch auf die Entscheidung über die familiengerichtliche Genehmigung gewartet wird.
    Die Prozessbevollmächtigten des Kindes 2 sind der Ansicht, dass das Testament lediglich hinsichtlich der Alleinerbenstellung unwirksam ist. Die Testamentsvollstreckung soll dann für beide Kinder gelten.

    Ein Gutachten zu der Immobilie liegt wie gesagt nicht vor (aus Kostengründen). Laut Aussage des TV ist das Haus Baujhar 1900. Der Erblasser hat wohl einen erheblichen Teil weggerissen und wollte es neu aufbauen. Neben dem Hausgrundstück verfügte der Erblasser noch über Waldgrundstücke. Inwieweit hier Kosten für eine Aufforstung entstehen ist nicht bekannt.
    Für ein Darlehen in Höhe von 15.000 EUR wurde eine Grundschuld eingetragen. Die weiteren Darlehen wurden mit Familienmitgliedern abgeschlossen. Darlehensverträge hierzu wurden nicht vorgelegt.

  • @ cromwell: Ja

    Hat noch jemand irgendwelche ideen für mögliche Kriterien für die Entscheidung was hier für das Kind das Bessere ist: Genehmigung der Erbausschlagung und Pflichtteil oder Erbe zu 1/2 mit TV

    Oder anders gefragt: Hat schon mal jemand eine Ausschlagung genehmigt wegen der im Testament angeordneten Beschränkungen?

  • Habe ich was nicht richtig gelesen: Der Pfleger soll der Meinung sein, dass die Erbausschlagung genehmigt werden sollte und das Kind das Pflichtteil geltend machen sollte ?

    Erstens ist davor kein Wort darüber zu lesen, dass die Erbschaft für das Kind 1 ausgeschlagen wurde und mit welchem Aufgabenkreis der Pfleger bestellt wurde.
    Zweitens kommt eine solche Genehmigung ja wohl kaum in Frage, wenn ein Restnachlass vorhanden ist.
    Mit der Ausschlagung meinst du im Übrigen sicher den Fall des § 2306 BGB. Die Beschränkung des Erbes betrifft hier wohl nur die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, von zu erfüllenden Vermächtnissen ist ja nicht die Rede. Es ist schwer vorstellbar, dass das Kind mit dem Pflichtteil (dies ist bei 2 Kindern ja dann nur 1/4) besser kommen soll als als voller Erbe, lediglich belastet durch die Einsetzung des TV und des zu zahlenden Pflichtteils in Höhe von 1/4 an das andere Kind. Gut, das wären ggf. andere Zahlen, wenn das 2. Kind mit seiner Testamentsanfechtung durchkommt. Aber nur um Unannehmlichkeiten oder Streiterein im Rahmen der Erbauseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, würde ich keine Ausschlagung genehmigen.

  • Nach der von der Threadstarterin vorgenommenen Ergänzung ist der Sachverhalt folgender:

    - Erblasser setzt Kind A zum Alleinerben ein, beschwert mit TV.
    - Nachgeborenes Kind B ficht nach § 2079 BGB an.
    - Mutter von Kind A schlägt die Erbschaft für das Kind A aus.
    - Der für das Genehmigungsverfahren bestellte Ergänzungspfleger befürwortet die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung der Erbausschlagung.
    - Das Nachlassgericht will mit der Feststellung der Erbfolge zuwarten, bis über die Genehmigung der Erbausschlagung entschieden ist.

    Aufgrund des letztgenannten Punktes beißt sich die Katze gewissermaßen in den Schwanz. Das Nachlassgericht will sich bezüglich der eingetretenen Erbfolge unter Berücksichtigung der erklärten Anfechtung nicht festlegen, während das Familiengericht bereits von einer bestimmten Erbfolge aufgrund der eingetretenen Anfechtung ausgehen soll.

    Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Anfechtung greift nicht durch, dann bleibt Kind A mit TV beschwerter Alleinerbe und Kind B ist lediglich pflichtteilsberechtigt (1/4). Greift die Anfechtung dagegen durch, sind A und B hälftige Miterben. Für die angeordnete TV stellen sich sodann zwei ganz verschiedene Fragen. Einmal, ob sie für den Hälfteerbteil des Kindes A fortbesteht (dazu siehe bereits oben # 3), und zum anderen, ob auch für den anderen Hälfteerbteil von Kind B TV angeordnet ist. Letzteres ist durchaus fraglich, denn B erhält seinen Erbteil nicht aufgrund der letztwilligen Verfügungen des Erblassers, sondern kraft gesetzlicher Erbfolge aufgrund Anfechtung.

    Eine Genehmigungsfähigkeit der Erbausschlagung vermag ich nicht zu erkennen, weil die erforderlichen Unterlagen nicht vorliegen und die entsprechenden Wertberechnungen nicht erfolgen können (vgl. # 4). Außerdem sprechen die von Andy K. genannten beachtlichen Gründe gegen eine Genehmigung, die ich nicht zu wiederholen brauche. Wenn es der TV an der erforderlichen Objektivität vermissen lässt, weil er Kind B bevorzugt, obwohl er nach den vorstehenden Ausführungen evtl. nur TV für Kind A ist, wird er sich ziemlich schnell einem Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB ausgesetzt sehen.

    Es besteht jedenfalls kein Grund, sich von den Beteiligten unter Druck setzen zu lassen, zumal die Beteiligten die erforderlichen Unterlagen bisher nicht vorgelegt haben. Die Fristhemmung mag solange dauern wie sie mag und irgendwann werden die Beteiligten schon gefügig werden. Im Ergebnis wird es bezüglich der Genehmigungsfähigkeit allerdings nur darauf ankommen, ob der Nachlass überschuldet ist. Das ist nach dem Sachverhalt aber äußerst unwahrscheinlich, denn sonst hätte sich Kind B seine Anfechtung sparen können, weil sich sein Erbteil wie sein Pflichtteil dann "0" beläuft.

  • Hallo Cromwell,

    auch wenn dieser Thread schon ein paar Tage alt ist, stoße ich gerade auf Deine interessanten Ausführungen, ob sich eine Anfechtung gem. 2079 BGB auch auf eine Testamentsvollstreckung in Bezug auf denübergangenen Pflichtteilsberechtigten erstreckt. Ich habe gerade die Situation, dass der Testamentsvollstrecker Vollstreckung über das gesamte Erbe fordert. Das Testament ordnet natürlich nur für den Erst-Erben TV an und knüpft diese auch an persönliche Ereignisse (Alter etc.). Die Anfechtung wird auf jeden Fall durchgreifen. Nun frage ich mich nur, ob dies auch für die TV bzgl. des Erbteils des Übergangenen gelten wird? Hast Du hier Erfahrung wie das gehandhabt wird?

    Danke und viele Grüße!

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