Erhöhung pfandfreier Betrag

  • Hallo, ich habe folgenden Fall:

    2 Pfübs gem. § 850 d ZPO wurden erlassen. Gläubiger ist ein leibliches mj. Kind des Schuldners, der Freibetrag wurde auf 800 € festgesetzt.

    Jetzt stellt der Schuldner einen Antrag auf Erhöhung des Freibetrages auf 800 € zzgl. 5/6 des Nettomehrbetrages. Der Schuldner ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und ihren vier mj. Kindern in einem Haushalt. Unterhaltsleistungen des leibl. Vaters werden nicht erbracht. Die Kinder haben den Namen des Sch. angenommen (Geburtsurkunden liegen vor).
    Der Sch. bildet zus. mit den Kindern und der Ehefrau einen Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB und daher können keine zusätzl. Leistungen von der ARGE bezogen werden, der Sch. muss im Ergebnis für die Unterhaltung dieser Kinder aufkommen.
    Der Sch. hat noch 2 Unterhaltspflichten (insge s.2 leibl. Kinder). Diese beiden Kinder leben nicht bei Ihm. Für ein leibl. Kind wird Unterhalt im Rahmen der Pfändung erbracht, für das andere zahlt der Sch. 100 € mtl. in bar.

    Sollte ich dem Sch. die Erhöhung wie beantragt gewähren?

  • Sehe ich auch so.
    Der Schuldner ist für die vier Kinder der neuen EF nicht unterhaltspflichtig.
    Das sie nach dem SGB-Recht eine Bedarfsgemeinschaft bilden und sein Einkommen mit angerechnet wird, ist entweder eine Gesetzeslücke oder so gewollt und wir können das nicht ändern.
    Allerdings würde ich ihm die 100,00 EUR anerkennen, die er für das andere leibliche Kind zahlt.

  • bei mir wären es 800 EUR zzgl. 2/3 des übersteigenden Nettomehrbetrages.

    Er hat 3 gleichrangig gesetzliche Unterhaltspflichten, 2 werden bedient (eine im Wege der ZV, die andere freiwillig). Auf die Höhe der Zahlungen kommt es m.E. nicht an.



  • Die Kinder haben den Namen des Sch. angenommen (Geburtsurkunden liegen vor).

    Der Sch. bildet zus. mit den Kindern und der Ehefrau einen Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB und daher können keine zusätzl. Leistungen von der ARGE bezogen werden, der Sch. muss im Ergebnis für die Unterhaltung dieser Kinder aufkommen.



    Wenn die Kinder nicht adoptiert wurden, können sie höchstens den neuen Namen der Mutter annehmen, würde ich mal sagen ...

    Es ist zwar richtigt, dass der Schuldner eine Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau und deren Kinder bildet, aber entsprechend der Durchführungsvorschriften rechnet die ARGE nur das zur Verfügung stehende Einkommen an. Gefändetes Einkommen ist Einkommen, das nicht zur Verfügung steht und wird also nicht angerechnet, so dass die Ehefrau ALG II erhält, sofern sie kein Einkommen hat.

    Auch sofern der Schuldner freiwillig Unterhalt zahlt (für seine Kinder) wird dies von der Arge in voller Höhe berücksichtigt. Erst wenn sein eigener Unterhalt nicht mehr von seinem Einkommen getragen wird, wird der Schuldner aufgefordert eine Unterhaltsabänderungsklage einzureichen. Bis zur Abänderung muss die Arge die tatsächlichen Zahlungen jedoch berücksichtigen.

    Im Übrigen werden bei den ALG II - Berechnungen die Mietzahlungen durch die Kopfzahl geteilt, dass heißt der Schuldner muss nur ein 1/6 Mietanteil bezahlen. Der ALG II -Satz reduziert sich bei Partnern ebenfalls von 359 auf 323 €uro. Zuzüglich 1/6 Mietanteil und eine Pauschale als Arbeitsanreiz könnte der Gläubiger vielleicht sogar die Herabsetzung von 800 €uro beantragen!

  • Nochmal zum Verständnis: Der Sch. hat insgesamt 2 leibliche Kinder.. Kind A pfändet durch Beschluss. Kind B zahlt er monatlich 100,00 €. Hier würde ich dann den unpfändbaren Betrag auf 800 € + 1/2 des Mehrbetrages festsetzen. Es kommt nicht auf die Höhe des tatsächlich geleisteten Unterhalts an. Die Ehefrau und deren Kinder kann man nicht berücksichtigen. Habe ich auch grad den Fall. ARGE zahlt aufgrund Bedarfsgemeinschaft nicht und ist der Meinung, dass der Schuldner eben einen höheren unpfändbaren Betrag beantragen muss. Haha. Da kann ihm leider keiner helfen...

  • Habe ich auch grad den Fall. ARGE zahlt aufgrund Bedarfsgemeinschaft nicht und ist der Meinung, dass der Schuldner eben einen höheren unpfändbaren Betrag beantragen muss. Haha. Da kann ihm leider keiner helfen...

    Der Schuldner kann sich selber helfen indem er gegen den Bescheid Widerspruch einlegt! Der Unpfändbare Betrag ist nicht hochzusetzen.

    Durchführungsvorschriften zu § 11 SGB II (zu berücksichtigendes Einkommen):

    Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen
    (1) Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen stehen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag den Betroffenen nicht als bereites Einkommen zur Verfügung. Dies gilt wegen der jederzeitigen Pfändbarkeit auch für nicht gepfändete Ansprüche, die aber wegen des titulierten Unterhaltsanspruchs jederzeit gepfändet werden können. Unterhaltsansprüche, die ein Unter-haltsverpflichteter aufgrund eines titulierten Unterhaltsanspruchs oder einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung zu erbringen hat, sind deshalb vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abzuziehen.
    Unterhaltsansprüche (11.88)
    (2) Wird durch die Absetzung der Unterhaltsbeträge der Unterhaltsverpflichtete selbst hilfebedürftig, ist dieser aufzufordern, im Rahmen seiner Selbsthilfemöglichkeiten einen Antrag auf Abänderung des in der Regel noch unter anderen Bedingungen ergangenen Unterhaltstitels zu stellen. Bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist vom individuellen Anspruch des Unterhaltsverpflichteten auszugehen.
    Hilfebedürftigkeit durch Unterhaltszahlungen (11.89)
    Beispiel:
    Unterhaltsverpflichteter lebt mit Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft, monatliche KdU: 400 €, bereinigtes Einkommen 750 €, Unterhaltsverpflichtungen/-zahlungen 200 € monatlich.
    Auch nach Absetzung der Unterhaltszahlungen tritt Hilfebedürf-tigkeit für ihn nicht ein (550 € verbleibendes Einkommen stehen 511 € individuellem Bedarf gegenüber); die Einkommensverteilung nach der Bedarfsanteilsmethode ist für die Beurteilung der individuellen Hilfebedürftigkeit ohne Belang.
    Bis zur Wirksamkeit des geänderten Unterhaltstitels sind Unterhaltszahlungen vom Einkommen abzusetzen.
    (3) Bei den Unterhaltstiteln kann es sich auch um solche handeln, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4 i. V. m. § 60 SGB VIII kostenfrei beim Jugendamt beschafft werden können. Die tatsächliche Erbringung der Unterhaltszahlungen ist nachzuweisen.
    Unterhaltstitel (11.90)
    Die unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisse sind der Anlage 2 zu entnehmen.

  • Ok, revidiere: ICH kann da leider nicht helfen. Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid wäre daher wohl richtig.



    Ein Hinweis auf die Durchführungsvorschriften der Arge wäre für den Schuldner nett, da er es dann bei der Arge leichter hat, wenn er Widerspruch einlegt (vorsorglich: nicht im Rahmen einer Rechtsberatung, sondern im Rahmen der gesetzlichen Schutzpflicht aus Art. 6 Abs.2 GG ;))

  • Hatte diesen Fall mit der Abweichung der Bedarfgemeinschaft nach SGB und den Unterhaltspflichten nach BGB kürzlich auch. Als ich ihm dann mitteilte das die "neuen" Kinder nicht berücksichtigen könne war er etwas ratlos - im Endeffekt war es aber ganz harmlos - es gab gar keine akutelle Pfändung und ein P- Konto hat er ebenfalls...

  • Es ist schon so:

    Für den Schuldner können nur die Kinder zählen, denen er nach materiellem Recht zum Unterhalt verpflichtet ist. Das an diese Kinder gezahlte Geld verbleibt dann dem Schuldner nicht mehr und steht somit auch für die Bedarfsgemeinschaft nicht zur Verfügung. Demzufolge muss das Arbeitslosengeld 2 neu berechnet werden (Widerspruch gegen Bescheid, Antrag nach § 44 SGB X .....), sodass für die Kinder der Frau von der ARGE letztlich ein höherer Betrag gezahlt wird. Das ist der einzig richtige Weg.

  • Die Ehefrau ist dem leiblichen Kinde gegenüber unterhaltsrechtlich nachrangig und nicht zu berücksichtigen (so auch AG Lörrach JAmt 2008, 173). Stiefkinder des Schuldners finden grundsätzlich keine Berücksichtigung (vgl. Zöller/Stöber ZPO 28. Auflage 2009, § 850c Rdnr. 5 und § 850d Rdnr. 8 und § 850f Rdnr. 2a; Musielak/Becker ZPO 7. Aufl. § 850c Rn. 4 und § 850d Rn. 2 und § 850f Rn. 2)

  • Ich häng mich hier mal dran.
    Gepfändet wurde durch die Ehefrau und das minderjährige Kind.

    Der pfandfreie Betrag wurde auf 900 Euro festgelegt.
    Der Schuldner beantragt nun aufgrund von Medikamentenzahlungen und notwendigen Ratenzahlungen (Waschmaschinenkauf usw.; durch Rausschmiss aus der gemeinsamen Wohnung notwendig geworden) die Erhöhung auf über 1200 Euro.
    Die Gläubigervertreterin bezweifelt die Medikamentenkosten und beantragt den Antrag zurück zu weisen.

    Tatsächlich hat der Schuldner nach Abzug aller Zahlungen monatlich nur noch ca. 60 Euro für Lebensmittel.

    Ich weiß nun nicht so recht, wie ich entscheiden soll. Denn nach Eingang des Antrags haben wir für unser Gericht den pfandfreien Betrag auf 1000 Euro festgesetzt.
    Die Frage ist jetzt, muss ich mich direkt zwischen Ablehnung und Stattgabe entscheiden oder könnte ich auch von mir aus einen Beschluss dahingehen erlassen, dass ich den Freibetrag auf 1000 Euro erhöhe, da dieser Freibetrag den "Neuschuldnern" jetzt ja auch zusteht.

    Wie würdet ihr vorgehen?

  • M.E. wird man um eine Einzelfallberechnung des notwendigen Bedarfs des Schuldners i.S.d. § 850d Abs. 1 ZPO nicht herumkommen.

    Inwieweit die nachgewiesenen trennungsbedingten Sonderausgaben berücksichtigt werden, liegt in deinem Ermessen.

    Zur Bedarfsberechnung sind die Arbeitshilfen von Zimmermann ggf. hilfreich:

    https://www.infodienst-schuldnerberatung.de/neue-bescheini…ii-und-sgb-xii/

  • Hier wurde bereits ein tieferer Betrag als beantragt festgesetzt (1000,00 statt über 1200,00 €), also wurde nicht alles berücksichtigt. Genaue Daten zur Entscheidung fehlen mir leider.


    Wenn die Gläubigervertreterin nur den Antrag hinsichtlich der Medikamentenkosten zurückweisen lassen möchte ( eigene Auslegung, da nur Medikamentenkosten bezweifelt- der Rest scheint für die Gläubiger also ok zu sein), dann würde ich prüfen ob überhaupt eine Veränderung notwendig ist:


    Sollte der Anteil der beantragten Erhöhung wegen der Medikamente über 200 € betragen musst du was machen (da diese dann ja teilweise berücksichtigt wurden), liegt er darunter reicht im Normalfall ein Schreiben an den Gläubigervertreter.
    ("Wurde der pfandfreie Betrag ohne Berücksichtigung der Medikamentenkosten auf 1000,00 € festgesetzt. Ihrem Zurückweisungsantrag ist entsprechend entsprochen worden.")



    -sollte dies nicht helfen, bitte genauere Frage, hier ist nicht ersichtlich wie du auf 1000,00 € gekommen bist und warum du und in welcher Höhe -die in Kenntnis der Pfändung und damit in Kenntnis der eigenen mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit durch den Schuldner eingegangene Ratenzahlungsverpflichtung- vor der Forderung des Gläubigers (indirekt durch Betragserhöhung)berücksichtigst-. Der Schuldner hätte diese Ratenzahlungen gar nicht abschließen dürfen. Bei mir wäre eine Berücksichtigung schwer möglich gewesen. Wer einem derart gepfändeten Kredit gibt, ist selbst schuld und muss damit rechnen, dass sich das eingegangene Risiko nicht lohnt.



    Gruß


    Insulaner





  • Ich häng mich hier mal dran.
    Gepfändet wurde durch die Ehefrau und das minderjährige Kind.

    Der pfandfreie Betrag wurde auf 900 Euro festgelegt.
    Der Schuldner beantragt nun aufgrund von Medikamentenzahlungen und notwendigen Ratenzahlungen (Waschmaschinenkauf usw.; durch Rausschmiss aus der gemeinsamen Wohnung notwendig geworden) die Erhöhung auf über 1200 Euro.
    Die Gläubigervertreterin bezweifelt die Medikamentenkosten und beantragt den Antrag zurück zu weisen.

    Tatsächlich hat der Schuldner nach Abzug aller Zahlungen monatlich nur noch ca. 60 Euro für Lebensmittel.

    Ich weiß nun nicht so recht, wie ich entscheiden soll. Denn nach Eingang des Antrags haben wir für unser Gericht den pfandfreien Betrag auf 1000 Euro festgesetzt.
    Die Frage ist jetzt, muss ich mich direkt zwischen Ablehnung und Stattgabe entscheiden oder könnte ich auch von mir aus einen Beschluss dahingehen erlassen, dass ich den Freibetrag auf 1000 Euro erhöhe, da dieser Freibetrag den "Neuschuldnern" jetzt ja auch zusteht.

    Wie würdet ihr vorgehen?

    Selbstverständlich kann man einen Antrag auch teilweise zurückweisen (1000 € Selbstbehalt festlegen anstatt der begehrten 1200 €).

    Der dem Schuldner zu belassene Selbstbehalt nach § 850 d ZPO ist individuell festzulegen. Dem Schuldner in deiner Konstellation einen Freibetrag von 1.000,00 € zuzusprechen mit der Begründung "den Freibetrag kriegen jetzt alle Schuldner" halte ich für falsch.
    Dass man sich unter den Kollegen auf einen pauschalen Betrag "einigt" hat 1. praktische Gründe und liegt 2. daran, dass man bei Erlass des PfÜbs und Festlegung des Selbstbehaltes über kaum Informationen zu dem Schuldner verfügt (Fahrtkosten zur Arbeit, Wohnkosten etc.).

    LG

  • Hier wurde bereits ein tieferer Betrag als beantragt festgesetzt (1000,00 statt über 1200,00 €), also wurde nicht alles berücksichtigt. Genaue Daten zur Entscheidung fehlen mir leider.


    [..]


    Ich gehe stark davon aus, dass bei Isanni die 1.000,00 € Selbstbehalt noch nicht festgesetzt worden sind, sondern dass man sich im Gericht nur darauf verständigt hat, dass man in der Regel den Selbstbehalt nach § 850 d ZPO auf 1.000,00 € festsetzt (bei allen zukünftigen PfÜbsen). @Isanni: Liege ich damit richtig?

  • Ja, genau. Bisher hatten wir pauschal 900 Euro bei Unterhaltspfändungen im PfÜB eingetragen. Zwischenzeitlich haben wir diesen Pauschalbetrag aber auf 1000 Euro erhöht.
    Die Arbeitshilfen schaue ich mir morgen genauer an.

    Die Medikamentenkosten wurden von der Gl.-Vertreterin plump mit "Falls tatsächlich nötig, solle sich der Schuldner von der Krankenkasse von den Zuzahlungen befreien lassen" abgetan.

  • M.E. wird man um eine Einzelfallberechnung des notwendigen Bedarfs des Schuldners i.S.d. § 850d Abs. 1 ZPO nicht herumkommen. (...)

    :daumenrau

    Im Rahmen dessen kann man sich dann Gedanken machen, ob und inwieweit die vom Schuldner geltend gemachten zusätzlichen Medikamentenkosten zu berücksichtigen sind. Ich habe im Hinterkopf, dass diese grundsätzlich keine Erhöhung des pfändungsfreien Betrages rechtfertigen (s. hierzu z. B. Zöller, § 850 f, Rn 4). Gibt aber bestimmt diesbezüglich div. Entscheidungen.

  • Um was für Medikamente handelt es sich denn?

    Wie wurden sie dir nachgewiesen?

    Wie berechnet ihr denn eure Pauschale?

    Bei meinem Gericht sind z.B. 944,20 € unpfändbar (siehe Beispiel). Das könntest du für deinen Ort doch sicherlich auch in Erfahrung bringen können.

    Regelsatz für Haushaltsvorstände und Alleinstehende409,00
    Unterkunftskosten (Wohnung im Landkreis XY: Mietenstufe 3, Mittelwert für bis zum 31.12.1991 und ab 01.01.1992 fertig gestellte Wohnungen)330,00
    Heizkosten (25 % der Unterkunftskosten)82,50
    Zuschlag wegen Erwerbstätigkeit (30 % des Regelsatzes)122,70
    Summe:944,20

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