Übertragung Anwartschaft d. Nacherben und Löschung Nacherbenvermerk

  • Ein Kollege hat folgenden Fall zur "Überprüfung":

    Eigentümer E ist an mehreren Grundstücken (Blatt 1 u. 2) als befreiter Vorerbe eingetragen. Nacherben waren ursprünglich die Abkömmline A, B, C und D. Ersatznacherben sind deren Abkömmlinge. Entsprechende Nacherbenvermerke waren zunächst eingetragen.

    1993 bekam D von der Vorerbin ein Grundstücksteil im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen. Im Zuge der Eigentumsumschreibung bewilligte D die Löschung des NE-Vermerks an Blatt 1. Der NE-Vermerk wurde bzgl. D gelöscht und D in Blatt 1 gerötet. In Blatt 2 blieb der Vermerk unverändert.

    Im Jahre 2005 schlossen die Nacherben A und C einen landgerichtlichen Vergleich, bei dessen Abschluss A anwaltlich vertreten war und C persönlich anwesend war.

    In dem Vergleich überträgt der Nacherbe C sein Anwartschaftsrecht an Grundstück Blatt 1 auf den D und sein Anwartschaftsrecht an Grundstück Blatt 2 auf B (beide Erwerber waren nicht anwesend). Darauf bewilligt der C dann, die NE-Vermerke in den Grundbüchern ihn betreffend zu löschen, was auch erfolgte.

    Uns bewegt folgendes:

    1. Ist es überhaupt möglich, ein NE-Anwartschaftsrecht nur an einzelnen Gegenständen zu übertragen? Ich dachte bisher immer, das sei ähnlich wie die Übertragung eines Erbanteils zu sehen.
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    2. Hätte die Übertragung die Mitwirkung von B und D erfordert? Oder interessiert und das nicht, weil die Erklärungen des C im Vergleich als Berichtigungsbewilligung anzusehen sein könnten, so das es keines Unrichtigkeitsnachweises mehr bedarf?
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    3. Hätte man nicht statt der Löschung der NE-Vermerke bzgl. C die Übertragung des AnwR an B bzw. D im GB eintragen müssen?
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    4. Angenommen, es wäre hier tatsächlich etwas schief gelaufen, wie wäre die Sache zu bereinigen?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich fürchte, da ist einiges schief gelaufen:

    a) Bereits die Teillöschung des Nacherbenvermerks bezüglich D im Jahre 1993 hätte nicht vorgenommen werden dürfen, weil die erfolgte Übertragung nichts an der Nacherbenstellung von D für den Restgrundbesitz änderte. Die Übertragung spielt im Rahmen einer evtl. Anrechnung vielmehr lediglich bei der späteren Auseinandersetzung zwischen den Nacherben nach dem Eintritt des Nacherbfalls eine Rolle. Selbst wenn man zu Unrecht eine isolierte Löschung (hier: Teillöschung) des Nacherbenvermerks auf Bewilligung der Nacherben (hier: eines der Nacherben) für möglich hält, hätte diese Löschung hier -ganz unstreitig- auch der -nicht vorliegenden- Bewilligung der Ersatznacherben bedurft.

    b) Die genannte Anwartschaftsrechtsübertragung geht als unwirksam ins Leere, ohne dass es auf Formfragen (§ 2033 BGB), die erforderliche -aber fehlende- Mitwirkung von B und D oder das fehlende persönliche Handeln des lediglich anwaltlich vertretenen A ankommt, weil das Nacherbenanwartschaftsrecht nicht in Bezug auf einzelne Nachlassgegenstände, sondern nur im Hinblick auf den gesamten Nachlass (oder wie hier: im Hinblick auf den Nacherbteil am gesamten Nachlass) übertragbar ist. Demnach hätte die Teillöschung des Nacherbenvermerks bezüglich C in beiden Blättern nicht vorgenommen werden dürfen (hier: in der Form der Eintragung der gegenständlich aufgespalteten Übertragung des Anwartschaftsrechts auf B und D mit der Folge der Löschung des Vermerks bezüglich C). C hatte sein Nacherbenrecht aufgrund der unwirksamen Übertragungen nie verloren.

    Ein rechtliches Meistermachwerk von Anwälten und Landgericht!

    Fazit:

    In Blatt 1 steht ein Nacherbenvermerk zugunsten von A, B und D, und zwar für A und B in Form des ursprünglichen Vermerks und für D (erst wieder) aufgrund der AWR-Übertragung, nachdem D zunächst im Jahr 1993 gelöscht worden war.

    In Blatt 2 steht ein Nacherbenvermerk zugunsten von A, B und D, und zwar für alle drei Personen in Form des ursprünglichen Vermerks und für B außerdem noch aufgrund der AWR-Übertragung.

    Beide Vermerke sind insgesamt gesehen falsch, weil keine der erfolgten Teillöschungen bzw. AWR-Übertragungen hätten eingetragen werden dürfen, die Teillöschung bezüglich D nicht, weil D weiterhin Nacherbe blieb und die AWR-Übertragungen (samt Löschung von C) zugunsten von B und D nicht, weil diese Übertragungen unwirksam (und zwar ganz offensichtlich) unwirksam waren.

    Richtig sind beide Grundbücher somit erst wieder, wenn der ursprüngliche Nacherbenvermerk (A, B, C und D) in beiden Blättern wieder hergestellt wird.


  • In Blatt 1 steht ein Nacherbenvermerk zugunsten von A, B und D, und zwar für A und B in Form des ursprünglichen Vermerks und für D (erst wieder) aufgrund der AWR-Übertragung, nachdem D zunächst im Jahr 1993 gelöscht worden war.


    Sorry, evtl. ist meine Sachverhaltsdarstellung da missverständlich aber der D wurde in Blatt 1 nicht wieder eingetragen. In Blatt 1 sind derzeit also C und D gerötet und es ist jeweils ein Löschungsvermerk (aus 1993 und 2005) eingetragen.


    Richtig sind beide Grundbücher somit erst wieder, wenn der ursprüngliche Nacherbenvermerk (A, B, C und D) in beiden Blättern wieder hergestellt wird.


    Liege ich richtig damit, dass man hierfür einen Berichtigungsantrag eines der Nacherben oder des Vorerben braucht, dass dann aber die Weidereintragung ohne weiteres möglich ist?

    Ulf

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  • Würde ich so sehen.

    Nach meiner Ansicht müssten sogar Amtswidersprüche eingetragen werden, weil ein gutgläubiger Erwerb möglich erscheint, wenn die im Grundbuch ausgewiesenen "falschen" (oder zumindest nicht alle) Nacherben einer Verfügung des Vorerben zustimmen.

    Der Eintragung der Erbfolge samt Nacherbenvermerk lag ein Erbschein zugrunde?

  • Ja, es lag damals ein Erbschein des Lw-Gerichts vor.

    Warum Amtswiderspruch und nicht Eintragung korrekter NE-Vermerke? Die GB-Unrichtigkeit ergibt sich doch aus den Grundakten.


    (Nur am Rande zur Ehrenrettung des fragenden Kollegen: Die Eintragungen bzw. Löschungen stammen nicht von ihm sondern von Kollegen, die heute nicht mehr hier sind.)

    Ulf

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  • Wenn ein Grundbuchberichtigungsantrag kommt, kann man sich die Amtswidersprüche natürlich sparen. Und passieren kann auch nichts, solange man die Akten sperrt.

    Ich frage mich nur, ob ein entsprechender Berichtigungsantrag auch kommen wird. Denn immerhin will man ja das "totschlagen", was alle Beteiligten (samt Anwälten und Landgericht) wollten. Ich denke, das kann durchaus noch spannend werden.

  • Alles klar, dann werd ich das mal an den heute zuständigen Kollegen weiter geben.

    Besten Dank für die wirklich hilfreichen Antworten!!!

    Ulf

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