Anfechtung im IK Verfahren - Möglichkeiten?

  • Chef ist zum Treuhänder im IK-Verfahren bestellt.

    Konto lief auf den Namen der Schuldnerin, es gingen ihre EU-Rente und die Altersrente des Ehemannes ein. Anspruch auf Sozialleistungen besteht nicht, weil 5 € zu viel an Einnahmen.

    Auf dem Konto liegt eine Pfändung einer anderen Bank.

    Am 30.07. gehen die Renten ein, am selben Tag werden 825 € auf Grund der Pfändungsmaßnahme an die Gläubiger-Bank abgeführt.

    Mitte September geht der Inso-Antrag beim Gericht ein.

    Ich würde mir das Geld gern holen, weiß aber nicht wie. Die Gläubigerversammlung wird einem entsprechenden Antrag von mir nicht zustimmen, es wird den Gläubigern wurscht sein, weil die eh davon nichts haben werden. Der Betrag wird knapp ausreichen, um die Verfahrenskosten einschließlich TH-Vergütung zu decken.

    Seht ihr irgendeine Chance, über §§ 313 I 3, 131 InsO an das Geld zu kommen? Die Gläubiger-Bank ist auch weiter Insolvengläubigerin, weil die Zahlung nicht ausgereicht hat zur Deckung der Gesamtforderung.

  • Die Bevollmächtigung durch einen einzelnen Gläubiger ist ebenfalls ausreichend, da braucht man keine Gläubigerversammlung.



    Einer mag reichen, aber es wird keiner zustimmen. Weil eben keiner von den Gläubigern etwas abbekommt. Ich hab echt nur die Verfahrenskosten im Visier. Mehr kommt da nicht bei raus.

  • Ich schreibe einfach einen Gläubiger an und bitte um Vollmacht, auch wenn in § 313 II 3 InsO steht, dass die Gläubigerversammlung den TH beauftragen muss?

    Und wie mache ich dem Gläubiger das schmackhaft? Am Ende ist auch in den nächsten 6 Jahren nichts zu erwarten, das ich zur Masse ziehen könnte, so dass auch nach Ablauf der WVP keine Quote entfallen würde. Ich hab überhaupt kein Lockmittel. :(

    Warum kann da nicht einfach in der InsO stehen, dass der TH anfechten darf, wenn es für die Kostendeckung Sinn hat? :teufel:

  • zu 3.

    aber nein :mad:
    160 I 3 InsO gilt doch nur zur Zustimmungen nach § 160 InsO, nicht für alle anderen Beschlüsse der Gläubigerversammlung.



    Hamburger Kommentar:

    In der Praxis wird häufiger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Treuhänder – der in den meisten Fällen über den besten Informationsstand verfügt – mit der Anfechtung zu beauftragen (Abs. 2 Satz 3 Alt. 1). Hierzu ist es zweckmäßig, dass der Rechtspfleger eine Gläubigerversammlung einberuft, damit die Chancen einer Anfechtung abgewogen und eine Beauftragung des Treuhänders (oder eines Gläubigers) erfolgen können. Erscheint in einer zu diesem Zweck einberufenen Gläubigerversammlung kein Gläubiger, so gilt – wenn in der Einladung ein entsprechender Hinweis gem. § 160 Abs. 1 Satz 3 InsO erfolgt ist – die Zustimmung als erteilt. Möglich ist auch die Vollmacht eines Gläubigers an den Treuhänder, das ihm zustehende Anfechtungsrecht in seinem Namen auszuüben (vgl. Fuchs ZInsO 2002, 358)



  • Und wie mache ich dem Gläubiger das schmackhaft? Am Ende ist auch in den nächsten 6 Jahren nichts zu erwarten, das ich zur Masse ziehen könnte, so dass auch nach Ablauf der WVP keine Quote entfallen würde. Ich hab überhaupt kein Lockmittel. :(




    Lass Deinen Charme sprühen. Du wirst doch wohl einem Gläubiger eine Vollmacht entlocken können. ;)


  • Hamburger Kommentar:

    In der Praxis wird häufiger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Treuhänder – der in den meisten Fällen über den besten Informationsstand verfügt – mit der Anfechtung zu beauftragen (Abs. 2 Satz 3 Alt. 1). Hierzu ist es zweckmäßig, dass der Rechtspfleger eine Gläubigerversammlung einberuft, damit die Chancen einer Anfechtung abgewogen und eine Beauftragung des Treuhänders (oder eines Gläubigers) erfolgen können. Erscheint in einer zu diesem Zweck einberufenen Gläubigerversammlung kein Gläubiger, so gilt – wenn in der Einladung ein entsprechender Hinweis gem. § 160 Abs. 1 Satz 3 InsO erfolgt ist – die Zustimmung als erteilt. Möglich ist auch die Vollmacht eines Gläubigers an den Treuhänder, das ihm zustehende Anfechtungsrecht in seinem Namen auszuüben (vgl. Fuchs ZInsO 2002, 358)



    Das liest sich gut. Und da eh kein Gläubiger antworten wird, komme ich doch ganz easy zu meiner Zustimmung. Dann muss ich mal gucken, ob mein Gericht da mitspielt. :D



  • 2.
    Die Bevollmächtigung durch einen einzelnen Gläubiger ist ebenfalls ausreichend, da braucht man keine Gläubigerversammlung.



    wie darf ich mir das denn vorstellen ? Der TH wird von einem Gläubiger beauftragt die Anfechtung durchzustreiten? Auch wenn es schlussendlich für die Masse ist, wo bleibt denn da die Unabhängigkeit?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Also ich gebe jetzt auch mal meinen Senf dazu und teile mit, dass wir nach dem Motto handeln, wo kein Richter, da kein Henker. Oder wie das Sprichtwort auch heißt.

    Ich fechte meist ohne Vollmacht, Beauftragung oder 'was auch immer an. Die meisten Gläubiger, insbesondere die üblichen Verdächtigen, zahlen auch. Denn sie wissen ganz genau, dass eine Beauftragung der Gläubigerversammlung reine Formsache ist. Blöd ist, wenn man die Sache, warum auch immer, einklagen muss.

    Ich denke, eine Vollmacht eines einzelnen Gläubigers ist nicht ausreichend. Da hat sich Exec mal verhement dagegen gewandt. Es war an einem schönen Samstag-Abend, deshalb ist mir das so in Erinnerung geblieben. Und meines Erachtens hat der Bundesgerichtshof auch so entschieden. Die Gläubigerversammlung ist für einen erfahrenen Verwalter reine Formsache. Denn ein Gläubiger, der die Beauftragung will, findet sich immer. Also unsere Profi-Gläubiger beauftragen uns regelmäßig, wenn wir Ihnen erklären, dass damit weder Aufwand, noch Kosten verbunden sind. Man kennt sich doch. Franken ist ein Dorf.

    Besprich doch mal mit Deinem Verwalter, ob er eine vorherige Beauftragung will. Ich persönlich würde es immer erst einmal versuchen und dann weitersehen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."



  • Die Hamburger sind ja immer ganz seltsam. Mal halten sie sich wortgetreu an das Gesetz. Und hier meinen sie plötzlich, alles über die Zustimmungsfiktion des § 160 InsO lösen zu können. Ich sehe es auch wie Queen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)


  • Die Hamburger sind ja immer ganz seltsam. Mal halten sie sich wortgetreu an das Gesetz. Und hier meinen sie plötzlich, alles über die Zustimmungsfiktion des § 160 InsO lösen zu können. Ich sehe es auch wie Queen.



    Was ist denn daran so schlimm, wenn ich diese Fiktion heranziehe, ich meine gar nichts. Der Gesetzgeber war sich im Klaren, dass das Interesse an den Verfahren recht gering ist und wollte durch diese Fiktion den Verwaltern die Arbeit erleichtern. Warum sollte das nicht auch für den Treuhänder gelten?


  • Die Hamburger sind ja immer ganz seltsam. Mal halten sie sich wortgetreu an das Gesetz. Und hier meinen sie plötzlich, alles über die Zustimmungsfiktion des § 160 InsO lösen zu können. Ich sehe es auch wie Queen.



    Was ist denn daran so schlimm, wenn ich diese Fiktion heranziehe, ich meine gar nichts. Der Gesetzgeber war sich im Klaren, dass das Interesse an den Verfahren recht gering ist und wollte durch diese Fiktion den Verwaltern die Arbeit erleichtern. Warum sollte das nicht auch für den Treuhänder gelten?



    Nix, bloß hier geht es m.E. ja garnicht um § 160 InsO, sondern um eine Beauftragung gem. § 313 InsO. Und wenn dort auch die Zustimmungsfiktion hätte gelten sollen, dann hätte man es dort auch aufführen müssen. Das gleiche Problem hat man doch auch z.B. mit §§ 100, 149 InsO . Da gilt doch auch nicht die Zustimmungsfunktion. Nur weil sie irgendwo im Gesetz in einem paragraphen steht, kann man sie doch nicht gleich auf alle erdenklichen anderen Fälle anwenden.

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  • Nur weil sie irgendwo im Gesetz in einem paragraphen steht, kann man sie doch nicht gleich auf alle erdenklichen anderen Fälle anwenden.



    Doch - im Fall der Analogie geht das schon. Voraussetzung wäre eine unplanmäßige Lücke bei vergleichbarer Interessenlage. Ob der Gesetzgeber sich bewußt gegen eine Fiktion entschieden hat oder schlicht mal wieder geschluddert hat (kommt im Insolvenzrecht ja nie vor :teufel:), das ist hier die Frage.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."


  • Besprich doch mal mit Deinem Verwalter, ob er eine vorherige Beauftragung will. Ich persönlich würde es immer erst einmal versuchen und dann weitersehen.



    Die Rechtsabteilung der fraglichen Bank hier vor Ort wird sich totlachen, wenn die Formalien nicht stimmen. Die zahlt nicht einfach so zurück. Man kennt sich (und zwar persönlich - eine Dame dort ist meine ehem. Azubine); M-V ist auch nur ein Dorf. :(

    Da muss die Anfechtung von Anfang an Hand und Fuß haben. Mal gucken, was Chef dazu sagt.

  • Nur weil sie irgendwo im Gesetz in einem paragraphen steht, kann man sie doch nicht gleich auf alle erdenklichen anderen Fälle anwenden.



    Doch - im Fall der Analogie geht das schon. Voraussetzung wäre eine unplanmäßige Lücke bei vergleichbarer Interessenlage. Ob der Gesetzgeber sich bewußt gegen eine Fiktion entschieden hat oder schlicht mal wieder geschluddert hat (kommt im Insolvenzrecht ja nie vor :teufel:), das ist hier die Frage.



    Genau, und weil es hier eindeutig ist und der Gesetzgeber nicht so dämlich gewesen sein kann und bei allen Paragrafen, die einer Zustimmung der Gläubigerversammlung bedürfen, es vergessen haben kann, muß man davon ausgehen, dass sie sich bewußt gegen eine allseitige Fiktion entschieden haben:teufel:

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  • Nix, bloß hier geht es m.E. ja garnicht um § 160 InsO, sondern um eine Beauftragung gem. § 313 InsO. Und wenn dort auch die Zustimmungsfiktion hätte gelten sollen, dann hätte man es dort auch aufführen müssen. Das gleiche Problem hat man doch auch z.B. mit §§ 100, 149 InsO . Da gilt doch auch nicht die Zustimmungsfunktion. Nur weil sie irgendwo im Gesetz in einem paragraphen steht, kann man sie doch nicht gleich auf alle erdenklichen anderen Fälle anwenden.



    Dieser Aufsatz ist auch meiner Meinung:

    InsbürO 2010, 178 - 180 (Ausgabe 5 v. 10.05.2010)
    Anfechtungsbeauftragungsfiktion bei beschlussunfähiger Gläubigerversammlung im IK-Verfahren

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