Nachlasspflegschaft - Erbin evtl. erbunwürdig

  • Hallo Zusammen,:)

    ich habe folgenden Fall:

    Die Kripo bittet um Testamentseröffnung, da ein unnatürlicher Tod des Erblassers nicht ausgeschlossen werden kann und diese Information für die weiteren Ermittlungen wichtig ist.

    Das notarielle Testament habe ich eröffnet. Der Erblasser setzt die F. ein, gegen die nun ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren durchgeführt wird.
    Gegen welche Straftaten genau ermittelt wird, hat mir die Kripo nicht mitgeteilt.

    Ich halte nun eine Nachlasspflegschaft für erforderlich, da gegen die Erbin eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben werden könnte und somit die Erben unbekannt sind.
    Nachlass ist vorhanden.

    Wie seht Ihr das? :gruebel:

  • siehe Palandt, § 1960 Rn 4:

    Erbe ist als bekannt anzusehen, auch wenn Erbunwürdigkeit möglich erscheint, aber Anfechtung tatsächlich nicht erfolgt.

    Von daher sehe derzeit auch keinen Anlass für eine Nachlasspflegschaft.

  • Sehe ich etwas anders.

    Du musst sehen, ob ein Sicherungsbedürfnis besteht. Kanst dies verneinen, weil "nur" Geldvermögen vorhanden ist, welches auf der Bank gesichert ist, dann würde ich auch keine Pflegschaft einleiten.

    Sollte es aber etwas zu sichern geben, dann würde ich NL-Pflegschaft anordnen. Zuvor würde ich dies aber der Erbin mitteilen.
    Ich würde ihr das so schildern, dass nicht geklärt ist, ob sie Erbin wird oder nicht und ihr vorschlagen, solange einen Pfleger zu bestellen.

    Sitzt die testamentarische Erbin in U-Haft? Oder könnte sie selbst handeln?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • die da lautet? Hab sie nicht zur Hand



    http://dejure.org/dienste/vernet…%20BR%2048%2F01



    Die Erbin hat eine Generalvollmacht über den Tod hinaus und kommt damit an alle Sparguthaben ran. Sie ist nicht in U-Haft.

  • Ich halte nun eine Nachlasspflegschaft für erforderlich, da gegen die Erbin eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben werden könnte und somit die Erben unbekannt sind.


    Das widerspricht sich.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Ich halte nun eine Nachlasspflegschaft für erforderlich, da gegen die Erbin eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben werden könnte und somit die Erben unbekannt sind.


    Das widerspricht sich.



    stimmt, meine Formulierung widerspricht sich.

    Ich zitiere mal aus aus der BayObLG-Entscheidung:

    "Es entspricht der allgemeinen Meinung, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben worden ist.... Vor dem Abschluss der (staatsanwaltschaftlichen) Ermittlungen erschiene die Erhebung der Anfechtungsklage (§2340) kaum sinnvoll, da der Anfechtungsgrund im Prozeß bewiesen werden muss.... Das Ergebnis der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ist hier für die Frage, ob ein Anfechtungsgrund gegeben ist, von grundlegender Bedeutung.."



  • "Es entspricht der allgemeinen Meinung, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben worden ist.... Vor dem Abschluss der (staatsanwaltschaftlichen) Ermittlungen erschiene die Erhebung der Anfechtungsklage (§2340) kaum sinnvoll, da der Anfechtungsgrund im Prozeß bewiesen werden muss.... Das Ergebnis der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ist hier für die Frage, ob ein Anfechtungsgrund gegeben ist, von grundlegender Bedeutung.."


    Und deshalb hast Du im jetzigen Moment einen Erben, dessen Erbunwürdigkeit vielleicht nie festgestellt werden wird. Ein Bedürfnis, einen Nachlasspfleger zu bestellen, sehe ich nicht. Wenn die Erbin die Erbschaft bis dahin unter die Leute gebracht hat, ist das das Risiko derjenigen, die sonst Erben wären. Die haben möglicherweise Schadenersatzansprüche, aber das braucht Dich z.Z. nicht zu interessieren.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Solange man nicht weiß, ob überhaupt wegen einer Straftat ermittelt wird, die eine Erbunwürdigkeit rechtfertigen könnte, erscheint mir die Anordnung einer Nachlasspflegschaft (noch) nicht zulässig zu sein.

    Der Fall des BayObLG (Rpfleger 2002, 363 = FamRZ 2002, 349) betraf einen Fall, bei welchem gegen den Erbprätendenten wegen Mordes ermittelt wurde und die Erbunwürdigkeitsklage für den Fall eines entsprechenden Abschlusses des Ermittlungsverfahrens bereits ernsthaft angekündigt worden war.

    Der weitere vom BayObLG entschiedene Fall (FamRZ 2004, 1067) betraf die Frage, ob zu einem Erbscheinsantrag der "verdächtigen" Erbprätendentin zunächst die für den Fall einer Erbunwürdigkeit nachberufenen Personen anzuhören waren und der Erbe deswegen als unbekannt angesehen wurde (was das BayObLG bejahte).

  • Solange man nicht weiß, ob überhaupt wegen einer Straftat ermittelt wird, die eine Erbunwürdigkeit rechtfertigen könnte, erscheint mir die Anordnung einer Nachlasspflegschaft (noch) nicht zulässig zu sein.



    Was wären denn die maßgeblichen Straftaten, die eine Nachlasspflegschaft rechtfertigen?


    Der weitere vom BayObLG entschiedene Fall (FamRZ 2004, 1067) betraf die Frage, ob zu einem Erbscheinsantrag der "verdächtigen" Erbprätendentin zunächst die für den Fall einer Erbunwürdigkeit nachberufenen Personen anzuhören waren und der Erbe deswegen als unbekannt angesehen wurde (was das BayObLG bejahte).



    Es liegt ein notarielles Testament vor, so daß kein Erbschein benötigt wird. Wenn die testamentarsiche Erbin die Erbschaft annimmt, informiere ich über die Erbfolge die gesetzlichen Erben und diese müßten dann entscheiden, ob sie einen Erbscheinsantrag stellen.
    Und erst wenn ein Erbscheinsantrag gestellt wird wären die Erben unbekannt im Sinne der obigen Entscheidung?

  • Ich hänge mich mal hier dran:

    In meinem Fall liegt ein notarielles Testament der Erblasserin vor, in welchem sie ihren Sohn als Alleinerbe einsetzt. Der Sohn wird des Mordes an seiner Mutter verdächtigt. Gegen den Sohn läuft ein Strafverfahren, er sitzt in U-haft. Die Schwester der Verstorbenen hat bereits Anfechtungsklage erhoben. Meine Kollegin hat einen Nachlasspfleger bestellt. Dieser bittet um Aufhebung der Nachlasspflegschaft, da der Sohn bis zum Gegenbeweis als Erbe anzusehen wäre und somit verfügen könne. Der Sohn hat auch schon über den Nachlass verfügt. Wie seht ihr das? Dürfte der Sohn verfügen, wenn Nachlasspflegschaft angeordnet ist? Würdet ihr die Pflegschaft aufheben?

  • Ich gehe mal davon aus, dass die Schwester die Erbin wäre wenn die Erbunwürdigkeit des Sohnes festgestellt wird: Es ist derzeit nicht klar, wer Erbe ist. die NP besteht daher zurecht. Mich wunderts, dass das der NP anders sieht.

  • Von enterbten Erbprätendenten mitunter geäußerte unsubstantiierte Zweifel an der Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung (z. B. im Hinblick auf die Testierfähigkeit des Erblassers),[1] eine nach den Umständen des Einzelfalls denkbare - aber noch nicht erfolgte - Testamentsanfechtung oder eine möglicherweise in Betracht kommende - aber noch nicht im Klagewege geltend gemachte - Erbunwürdigkeit rechtfertigen somit grundsätzlich noch keine Anordnung einer Nachlasspflegschaft.[2] Im Einzelfall kann es sich aber auch anders verhalten, wenn die Testamentsanfechtung oder die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit seitens der hierzu Berechtigten bereits ernsthaft angekündigt wurde[3] oder wenn es das Nachlassgericht für geboten erachtet, wegen des gewaltsamen Todes des Erblassers und anhängiger strafrechtlicher Ermittlungen gegen den als Alleinerben eingesetzten Ehegatten noch andere als gesetzliche Erben in Betracht kommende Personen zu ermitteln und im Erbscheinsverfahren anzuhören.[4]


    [1] OLG Karlsruhe Rpfleger 2003, 585 = FGPrax 2003, 229 = FamRZ 2004, 222.
    [2] BayObLG Rpfleger 2002, 363 = FamRZ 2002, 1349 = FGPrax 2002, 122; BayObLG Rpfleger 2004, 218 = FamRZ 2004, 1067.
    [3] BayObLG Rpfleger 2002, 363 = FamRZ 2002, 1349 = FGPrax 2002, 122; OLG Schleswig FamRZ 2011, 1898 = NJW-RR 2011, 1643.
    [4] BayObLG Rpfleger 2004, 218 = FamRZ 2004, 1067.

    Daraus ergibt sich unschwer, dass eine bereits erhobene Erbunwürdigkeitsklage "erst recht" die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach sich zieht.

    Ob die erfolgten Verfügungen des Sohnes wirksam oder unwirksam sind, stellt sich erst bei einem Erfolg oder Nichterfolg der erhobenen Klage rückwirkend heraus. Ein gutgläubiger Erwerb aufgrund der Verfügungen des Sohnes käme schon mangels Erteilung eines Erbscheins nicht in Betracht. Anders kann es sich aber verhalten, wenn der Sohn aufgrund des notariellen Testaments im Grundbuch eingetragen wurde und er sodann nach den §§ 891 ff. zugunsten eines Gutgläubigen verfügt hat.

  • Ich sehe auch, dass es hier eine gewissen Ungewissheit darüber gibt, wer nun (letztlich) Erbe wird und von daher kann der Fall des § 1960 BGB durchaus als eingetreten angesehen werden.

    Bei der Frage der Erbunwürdigkeit ist das aber dennoch auch in der Literatur so eine Sache....denn auch der ggf. erbunwürdige Erbe ist zunächst einmal tatsächlicher Erbe (vgl. § 2342 BGB) und insofern kann man die Meinung des NLPflegers duchaus ebenfalls vertreten, denn jemandem der zunächst tatsächlich Erbe ist, kann man keinen NLPfleger vor die Nase setzen. Man dürfte streng genommen sogar nichtmal einen bereits erteilten Erbschein wegen der laufenden Klage einziehen. Die Frage die dabei strittig ist, ist die, ob das Urteil rechtsbildend oder nur deklaratorisch ist. Noch dazu weil der Sohn ja noch nicht rechtskräftig wegen Mordes verurteilt ist sondern nur in U-Haft sitzt. Es ist also noch nichtmal sicher, ob hier tatsächlich ein Erbunwürdigkeitsgrund vorliegt. Aber die Bestellung eines NLP in solchen Fällen ist letztlich immer eine Einzelfallentscheidung, die das Gericht im Interesse des "unbekannten Erben" zu treffen hat.

    Das Problem ist aber generell auch, dass die Nachlasspflegschaft im Gegensatz zur Nachlassverwaltung keine Verfügungsbeschränkung des potentiellen (oder tatsächlichen) Erben darstellt. Kann sich also der potentielle Erbe irgendwie legitimieren (z.B. durch Testament), könnte er auch bei der Bank trotz der Pflegschaft weiterhin verfügen.

    Der NLP muss daher schnellstmöglich Sperrvermerke anbringen lassen und/oder das Geld auf ein neues Nachlasskonto, auf dem nur er Zugriff hat, umschichten.

    Im Übrigen ist er m.E. nicht berechtigt, einen Antrag auf Aufhebung der Pflegschaft zu stellen. Er kann es anregen, mehr aber nicht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich arbeite nicht in der Nachlassabteilung. Aber wenn die Schwester schon Anfechtungsklage erhoben hat, wäre es dann nicht sinnvoller, dass sie im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 938 ZPO ein Veräußerungsverbot und erforderlichenfalls die Herausgabe an einen Sequester erwirkt ?
    Wie TL schon schreibt, wird die Verfügungsmacht des derzeitigen Erben durch die Nachlasspflegschaft ja nicht eingeschränkt. Insoweit erschließt sich mir der Sinn der Maßnahme noch nicht so richtig.

  • Ich arbeite nicht in der Nachlassabteilung. Aber wenn die Schwester schon Anfechtungsklage erhoben hat, wäre es dann nicht sinnvoller, dass sie im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 938 ZPO ein Veräußerungsverbot und erforderlichenfalls die Herausgabe an einen Sequester erwirkt ?
    Wie TL schon schreibt, wird die Verfügungsmacht des derzeitigen Erben durch die Nachlasspflegschaft ja nicht eingeschränkt. Insoweit erschließt sich mir der Sinn der Maßnahme noch nicht so richtig.

    Darauf, wie ein Beteiligter seine Rechte durchsetzt bzw. meint diese durchsetzen zu können, hat das NLG aber keinen Einfluss.

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