Rechtsprechungshinweise Fächerübergreifende Themen

  • Thüringer Oberlandesgericht, Beschl. v. 28.04.2015 – 1 WF 184/15

    Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Zustellungsdatum ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegengenommen hat. Ein von einer Kanzleiangestellten unterschriebenes Empfangsbekenntnis genügt dieses Anforderungen nicht.

    (NJOZ 2016, 457)

  • Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.03.2016, 6 AZN 1087/15

    Zur Befangenheit, wenn das Gericht an einen der anwaltlichen Vertreter per Zustellungsurkunde statt per Empfangsbekenntnis zustellt.

  • ZPO § 85 Abs. 2, § 233
    Eine am Vortag des Fristablaufs erteilte mündliche Einzelanweisung des Rechts-anwalts, den Fristablauf am Folgetag zu beachten und den fristwahrenden Schrift-satz spätestens an diesem Tag an das Berufungsgericht zu faxen, ist nicht geeig-net, allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Ausgangskontrolle zu er-setzen.

    BGH, Beschluss vom 6. April 2016 - VII ZB 7/15

  • ZPO § 85 Abs. 2, § 233 B, § 520 Abs. 2

    a) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen worden sind.

    b) Der mit einem "OK"-Vermerk versehene Sendebericht begründet nicht den Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang der Sendung beim Empfänger. Er belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät.

    c) Die Versäumung einer Frist wegen Verzögerung bei der Übermittlung eines Telefax kann der Partei nicht als Verschulden zugerechnet werden, wenn sie bzw. ihr Prozessbevollmächtigter mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Sendenummer alles zur Fristwahrung Erforderliche getan und so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen hat, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss bis 24.00 Uhr gerechnet werden konnte.

    BGH, Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 7/15

    FD-ZVR 2016, 378493


  • FamFG §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 5; ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Gc

    Entschließt sich ein Rechtsanwalt, einen fristgebundenen Schriftsatz selbst bei Gericht einzureichen, übernimmt er die alleinige Verantwortung für die Einhaltung der Frist. Er hat dann geeignete Maßnahmen zu treffen, um einen fristgerechten Eingang des Schriftsatzes zu gewährleisten.

    BGH, Beschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 390/15

    Aus Rn. 10:


    "Schöpft ein Rechtsanwalt wie im vorliegenden Fall eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag aus, hat er wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos zudem erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (vgl. BGH Beschluss vom 9. Mai 2006 XI ZB 45/04 NJW 2006, 2637 mwN)."

  • BGH: Formalien der öffentlichen Zustellung

    §§ 166, 168, 169, 189, 253, 261 ZPO

    1. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist, § 185 Nr. 1 ZPO. Die öffentliche Zustellung erfolgt nach Bewilligung durch das Prozessgericht durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel oder durch Einstellung in ein elektronisches Informationssystem, das im Gericht öffentlich zugänglich ist, § 186 II 1 ZPO. Die Benachrichtigung muss die Person, für die zugestellt wird, den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten, das Datum, das Aktenzeichen des Schriftstücks und die Bezeichnung des Prozessgegenstandes sowie die Stelle, wo das Schriftstück eingesehen werden kann, erkennen lassen, § 186 II 3 ZPO.

    2. Schon dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschriften lässt sich nicht entnehmen, dass zusätzlich zu der auf der Geschäftsstelle vorhandenen und dort einsehbaren Urschrift der Klage eine beglaubigte Abschrift hätte vorgehalten werden müssen. Im Gegensatz zu dem vor dem Zustellungsreformgesetz geltenden Rechtszustand ist der Aushang einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht mehr vorgesehen. (Leitsätze Beck-Online)

    BGH, Urteil vom 23.02.2016 - VI ZR 80/15

  • ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1

    Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung fristgerecht eingelegt ist. Dazu kann es gehören, dass das Berufungsgericht ermittelt, ob die gewählte Telefaxnummer dem Berufungsgericht zugeordnet ist. Des Weiteren kann bei Bestehen einer gemeinsamen Briefannahmestelle zu ermitteln sein, ob der gewählte Telefaxanschluss aufgrund einer Geschäftsordnungsregelung Teil einer gemeinsamen Posteingangsstelle ist.

    BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - VII ZB 45/14

  • BGH zu Wiedereinsetzung bei defektem Faxgerät

    BGH, 16.11.16, VII ZB 35/14


    Rn. 12/13:


    Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Anwalt, der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden hat, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637 Rn. 8 m.w.N.).


    Soweit jedoch das Berufungsgericht meint, diesen Sorgfaltsmaßstab habe der Rechtsanwalt der Klägerin missachtet, weil er sein privates Faxgerät im Laufe des 14. Februar 2014 nicht auf seine Funktionsfähigkeit hin überprüft habe, ist das unzutreffend. Der erhöhte Sorgfaltsmaßstab führt nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt technische Geräte stets auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüfen muss, ohne hierfür einen konkreten Anlass zu haben. Es begründet deshalb keinen Verschuldensvorwurf gegen den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, das von einem Fachunternehmen am 7. Februar 2014 installierte und noch am 10. Februar 2014 funktionstaugliche Telefaxgerät nicht im Laufe des 14. Februar 2014 einer Funktionstauglichkeitsprüfung unterzogen zu haben.


  • BFH, Beschluss vom 23.11.2016, IV B 39/16

    Kernaussagen:

    1.
    Die Beweiskraft einer Zustellungsurkunde kann nicht durch die bloße Behauptung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, beseitigt werden. Ein Gegenbeweis erfordert vielmehr den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen. Das Gericht hat die Beweiskraft der Zustellungsurkunde und die Beweiskraft etwaiger Gegenbeweismittel gegeneinander abzuwägen.

    2.
    Eine Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Post setzt voraus, dass die Zustellung nicht nach § 180 ZPO durch Einlegen der Ladung in einen Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung ausführbar ist (§ 181 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Unmöglichkeit der Einlegung in den Briefkasten o.Ä. ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Ersatzzustellung durch Niederlegung. Vor diesem Hintergrund darf die Benachrichtigung über eine Niederlegung nicht in den Briefkasten eingeworfen werden. Denn wenn der Adressat über einen solchen verfügt, scheidet die Ersatzzustellung nach § 181 ZPO von vornherein aus.

  • DNotI
    Deutsches Notarinstitut
    letzte Aktualisierung:
    31.1.2017
    BGH, Urt. v. 18.11.2016 - V ZR 266/14
    BayGO Ar
    [FONT=TimesNewRoman,Bold]t[/FONT]t. 29, 30, 36, 37, 38
    Umfassende organschaftliche Vertretungsmacht
    [FONT=TimesNewRoman,Bold]des [/FONT]Bürgermeisters [FONT=TimesNewRoman,Bold]einer bayerischen Gemeinde[/FONT]
    [FONT=TimesNewRoman,Bold][/FONT]im Außenverhältnis
    Die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde
    ist im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt; infolgedessen wird die Gemeinde auch
    durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet, die dieser
    ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hat.

  • BGH, Beschluss vom 17.01.2017 – VIII ZR 209/16


    Eine öffentliche Zustellung ist möglich, wenn der Prozessgegner oder das Gericht keine Erkenntnisse erlangen können, die über den Kenntnisstand der nach dem untergetauchten Zustellungsempfänger mit Haftbefehl suchenden Ermittlungsbehörden hinausgehen.

  • ZPO § 299 Abs. 2

    In Zivilsachen kann der Gerichtsvorstand am Verfahren nicht beteiligten Dritten regelmäßig anonymisierte Abschriften von Urteilen und Beschlüssen erteilen, ohne dass dies den Anforderungen an die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 299 Abs. 2 ZPO unterliegt.

    BGH, Beschluss vom 5. April 2017 - IV AR(VZ) 2/16

  • Beweiskraft der ZU für ein vorgeblich nicht erhaltenes Schriftstück:

    https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/bew…tstueck-3123959

  • BGH, Beschluss vom 29.08.2017, XI ZR 318/16 (siehe Anm. Touissant in FD-ZVR 2017, 395024)

    Ein nach § ZPO § 329 Abs. ZPO § 329 Absatz 2 ZPO nicht zu verkündender Beschluss ist nicht schon mit seiner Übergabe an die Geschäftsstelle, sondern erst mit Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbetrieb erlassen. Hinausgabe ist der Zeitpunkt, zu dem er die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hätte, den Parteien bekannt gegeben zu werden.

    Vorliegend hatte der Kläger die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der Frist der § 565 Satz 1, § ZPO § 516 Abs. ZPO § 516 Absatz 1 ZPO erklärt, die erst mit der Hinausgabe des Beschlusses vom 11. Juli 2017 aus dem inneren Geschäftsbetrieb als einer der Verkündung vergleichbaren Entäußerung - wenn auch nicht noch später mit seinem Wirksamwerden gegenüber den Parteien durch Zustellung gemäß § ZPO § 544 Abs. ZPO § 544 Absatz 4 Satz 3 ZPO - geendet hätte.

  • Erfüllung der gerichtlichen Anordnung nach rechtskräftigem und beigetriebenem Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss

    a) Ist auf der Grundlage eines rechtskräftigen Festsetzungsbeschlusses ein Zwangsgeld nach § 35 FamFG beigetrieben worden, so kann die danach erfolgende Erfüllung der gerichtlichen Anordnung die Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses und die Rückzahlung des Zwangsgelds nicht begründen.
    b) Rechtsgrundlage für die Beitreibung eines nach § 35 Abs. 1 FamFG festgesetzten Zwangsgelds ist die Justizbeitreibungsordnung, nicht die Regelung des § 95 Abs. 1 Nr. 1 FamFG.

    BGH, Beschluss vom 6. September 2017 - XII ZB 42/17

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