Alteigentümer lässt Grundstück an Vormerkungsberechtigten auf

  • Hallo!

    Ich habe folgendes Problem: 2005 verkauft der Alteigentümer AE ein Grundstück an B. Eine Auflassungsvormerkung wird eingetragen. Der Verkäufer bevollmächtigt zudem B den Kaufgegenstand aufzulassen.

    Anfang 2006 überträgt AE seinen gesamten Grundbesitz einschließlich des bereits verkauften aber noch nicht aufgelassenen Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seine Tochter E. Diese übernimmt auch die eigetragene Auflassungsvormerkung.

    Nunmehr lässt AE das mit der Auflassungsvormerkung belastete Grundstück an B auf.

    M.E. müsste die neue Eigentümerin E bei der Auflassung mitwirken. Der Notar sieht das nicht so.

    Wie ist eure Meinung?

  • Hmm, das ist mal wieder so ein Fall, bei dem ich auch ziemlich schwimme. :cool:

    Also, da weder die Auflassung damals erklärt wurde, noch (vermutlich) die Eigentumsumschreibung damals bereits bewilligt und beantragt war, kann mal hier m.E. selbst über § 878 BGB nichts zu gunsten des Vormerkungsberechtigten konstruieren.

    Und da der Vollmachtgeber jetzt nicht mehr voreingetragen und verfügungsberechtigt ist, muss wohl Töchterchen E nunmehr mitwirken/zustimmen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sowas hab ich ja noch nie gehört. :eek:

    Dann möge der Herr Notar Beschwerde gegen die ZwVfg. einlegen und dann soll das schlaue LG sich mal den Kopf zerbrechen. Die haben ja immer die abenteuerlichsten Rechtsauffassungen in GB-Sachen... :D

    Ulf

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  • Leider muss ich widersprechen:

    Die Auflassung im Verhältnis Alteigentümer/Tochter war dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam (§ 883 Abs.2 BGB). Aus Sicht des Vormerkungsberechtigten ist somit noch AE Eigentümer, der somit auch auflassen kann. Die mittlerweile als Eigentümerin eingetragene Tochter muss die Eigentümereintragung des B somit lediglich nach § 888 Abs.1 BGB i.V.m. § 19 GBO bewilligen.

    Im übrigen hätte B die Auflassung AE/B (nicht: T/B!) im vorliegenden Fall aufgrund der erteilten Vollmacht auch an sich selbst erklären können. Denn für B ist AE noch Eigentümer und deshalb besteht in diesem Kontext auch dessen erteilte Auflassungsvollmacht fort.

    Fazit:

    An der Auflassung AE/B muss die Tochter in keiner Weise mitwirken. Sie muss die Eigentümereintragung des B aber i.S. des § 19 GBO bewilligen.

    Ob B diese Bewilligung als Bevollmächtige von T abgeben könnte, hängt davon ab, ob T im Zuge ihres Eigentumserwerbs in alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag AE/B eingetreten ist. Ist dies der Fall, gilt die Vollmacht auf Vollmachtgeberseite auch für T als Erwerberin. Diese Überlegungen sind aber wohl müßig, weil B lt. Sachverhalt bei der Auflassung nicht als Vertreter von T gehandelt hat.

  • Hää, Moment juris2112. Ich denke, dass kann so nicht richtig sein.

    Die Eigentumsumschreibung auf die Tochter ist vielleicht dem B gegenüber relativ unwirksam. Wie immer, wenn durch Vormerkung gesicherte Ansprüche durch eine Verfügung des Eigentümers beeinträchtigt werden hat das aber nur Einfluss auf das Verhältnis zwischen Vormerkungsberechtigten und Begünstigten der vormerkungswidrigen Verfügung; hier also das Verhältnis zwischen B und der Tochter.

    Für das GB-Verfahren auf Umschreibung auf B ist dieses schuldrechtliche Innenverhältnis jedoch m.E. völlig irrelevant.

    Fakt ist, dass jetzt die Auflassung zu erklären war und jetzt aber der AE nicht mehr verfügungsbefugt ist, da er nicht mehr als Eigentümer eingetragen ist. Damit nützt dem B auch die Vollmacht des AE nichts.

    Daher bleibe ich dabei, dass die Auflassung von der Tochter an den B zu erklären ist und Töchterchen daher die von B als Vertreter ohne Vertretungsmacht an sich selbst erklärte Auflassung nachträglich genehmigen müsste.

    Richtig ist, dass aufgrund der schuldrechtlichen Ansprüche und der eingetragenen AV die Tochter wohl die Auflassung erklären muss und notfalls dazu verurteilt werden müsste. Dieses spielt für die grundbuchliche Behandlung aber zunächst keine Rolle.

    Ulf

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  • Tut mir leid, aber das ist nicht zutreffend.

    § 888 Abs.1 BGB:

    Soweit der Erwerb eines eingetragenen Rechts (hier: das Eigentum der Tochter) gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht (B), unwirksam ist, kann dieser (B) von dem Erwerber (T) die Zustimmung zu der Eintragung verlangen, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist.

    Hierzu Palandt/Bassenge § 888 RdNr.3:

    Nur der Schuldner des gesicherten Anspruchs (AE) ist zur Herbeiführung der dinglichen Rechtsänderung verpflichtet. Ihn hat der Vormerkungsberechtigte (B) notfalls aus dem Schuldverhältnis zu verklagen ... Der Schuldner (AE) hat die Erklärung abzugeben, die die vorgemerkte Rechtsänderung herbeiführt.

    Und RdNr.4:

    Vormerkungsberechtigter (B) kann vom Dritterwerber (T) ... die nach § 19 GBO notwendige Zustimmung (BayObLG NJW-RR 1990, 722) zur Eintragung der dinglichen Rechtsänderung ... verlangen.

    Die §§ 883 Abs.2, 888 BGB führen somit dazu, dass die Rechtsinhaberschaft und die materielle Verfügungsbefugnis des AE im Verhältnis zu B bestehen bleibt und T nur verfahrensrechtlich bewilligen muss. AE verfügt daher insoweit als Berechtigter und nicht als Nichtberechtigter.



  • § 888 Abs.1 BGB:

    Soweit der Erwerb eines eingetragenen Rechts (hier: das Eigentum der Tochter) gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht (B), unwirksam ist, kann dieser (B) von dem Erwerber (T) die Zustimmung zu der Eintragung verlangen, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist.


    Genau! Das ist das, was ich oben gesagt habe.


    Hierzu Palandt/Bassenge § 888 RdNr.3:

    Nur der Schuldner des gesicherten Anspruchs (AE) ist zur Herbeiführung der dinglichen Rechtsänderung verpflichtet. Ihn hat der Vormerkungsberechtigte (B) notfalls aus dem Schuldverhältnis zu verklagen ... Der Schuldner (AE) hat die Erklärung abzugeben, die die vorgemerkte Rechtsänderung herbeiführt.


    Mit Verlaub gesagt halte ich diese Kommentierung schlicht für Blödsinn oder zumindest missverständlich formuliert. Das widerspricht doch eindeutig dem Wortlaut des § 888 BGB! Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Erwerber (T) verpflichtet, die Zustimmung zu erklären und nicht der AE. (Der AE hat ja auch bereits alle aus seiner Sicht erforderlichen Erklärungen abgegeben.)
    Der AE kann die Erklärungen, die zur Rechtsänderung noch notwendig sind, gar nicht wirksam erklären, wie ich in meinen Vorpostings bereits dargestellt habe.
    Demnach ist die Kommentarmeinung entweder m.E. unzutreffend oder so zu verstehen, dass mit "Schuldner" der derzeitige Eigentümer, also die T in unserem Fall, gemeint ist.


    Die §§ 883 Abs.2, 888 BGB führen somit dazu, dass die Rechtsinhaberschaft und die materielle Verfügungsbefugnis des AE im Verhältnis zu B bestehen bleibt und T nur verfahrensrechtlich bewilligen muss. AE verfügt daher insoweit als Berechtigter und nicht als Nichtberechtigter.


    Wie soll man sich das denn vorstellen. Wie kann denn jemand relativ verfügungsbefugt sein?!? Aber gut, selbst wenn man dieser Meinung folgt, nützt es nichts. Zwar könnte dann der AE im Verhältnis zu B auflassen, im Verhältnis zu allen anderen (T, dingl. Berechtigte, GBA usw.) bräuchte man trotzdem die Auflassung durch T.

    Gut, am Ende steht ein Theorienstreit.
    Entscheidend für die Praxis ist, dass T so oder so ihre Zustimmung in der Form des § 29 GBO erklären muss. Da sind wir uns wohl zumindest einig.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Als Rechtspfleger, der das Grundbuch führt, prüfe ich doch Verfügungsbefugnis und so weiter und da ist T derzeit eingetragener Eigentümer und muß handeln, ich würde auf jeden Fall die Genehmigung der T verlangen, ob die Auflassung AE auf T dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam war geht das Grundbuchamt nichts an.

  • Moment.

    Bis jetzt haben wir darüber diskutiert, ob T eine materiellrechtliche Erklärung abgeben muss (Auflassungserklärung i.S. der §§ 873, 925 BGB oder Genehmigung nach den §§ 184, 185 Abs.2 S.1 Alt.1 BGB als Berechtigte, weil ein Nichtberechtigter verfügt hat). Dies wurde in #6 und nunmehr auch in #9 ausdrücklich so gesehen (T muss auflassen oder genehmigen), ist aber eindeutig nicht zutreffend.

    Die Lösung des vorliegenden Falles erschließt sich aus den Rechtswirkungen der relativen Unwirksamkeit. T ist doch überhaupt nicht Schuldnerin des Anspruchs von B und könnte daher unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zur Auflassung gezwungen werden. Eben weil dies so ist, belassen die Vorschriften der §§ 883 und 888 BGB dem Veräußerer AE -als Folge der relativen Unwirksamkeit- im Verhältnis zu B sowohl Rechtsinhaberschaft als auch Verfügungsbefugnis. Die Mitwirkung von T erweist sich somit ausschließlich aus verfahrensrechtlichen Gründen als erforderlich, weil sie mittlerweile als Eigentümerin eingetragen ist und von der Eigentümereintragung des B i.S. des § 19 GBO betroffen ist. T muss demzufolge nur verfahrensrechtlich bewilligen, aber keinerlei materiellrechtliche Erklärungen abgeben.

    Zur Verdeutlichung und Ergänzung MünchKomm/Wacke § 888 RdNr.1:

    § 888 Abs.1 gewährt dem vorgemerkten Gläubiger gegen vormerkungswidrig eingetragene Zwischenerwerber zur Geltendmachung der relativen Unwirksamkeit der Zwischenverfügung einen wegen des formellen Konsensprinzips (§ 19 GBO) notwendigen Anspruch auf Zustimmung zu seiner Eintragung. Die in § 883 Abs.2 für das materielle Recht angeordnete relative Unwirksamkeit ändert nichts daran, dass rechtsändernde Eintragungen nach formellem Grundbuchrecht einer Bewilligung des Betroffenen bedürfen. Mit § 888 erhält der Gläubiger deshalb einen im Klagewege verfolgbaren Anspruch auf Abgabe der formellrechtlich notwendigen Zustimmung ds vormerkungswidrigen Erwerbers. Diese Regelung erspart dem GBA, die relative Unwirksamkeit überprüfen zu müssen und gibt dem Dritterwerber zugleich die Möglichkeit, Einwendungen gegen den Anspruch auf Zustimmung vorzubringen.

    Und weiter RdNr.2:

    Wegen der relativen Unwirksamkeit der vormerkungswidrigen Verfügung bleibt der ursprüngliche Schuldner weiterhin zur Erfüllung des gesicherten Anspruchs obligatorisch verpflichtet und dem Gläubiger gegenüber dazu auch dinglich befähigt. Zu dem vom Schuldner zu erfüllenden Hauptanspruch fügt § 888 zwecks Verwirklichung des vorgemerkten Rechts einen unselbständigen Hilfsanspruch gegen den vormerkungswidrig eingetragenen Zwischenerwerber hinzu. Ziel dieses Hilfsanspruchs ist die Abgabe einer lediglich verfahrensrechtlich bedeutsamenZustimmungserklärung. Eine materiellrechtliche Zustimmung gemäß §§ 182 ff., 185 wird dem Dritten dagegen nicht abverlangt. Mit ihr hat die nach § 888 gebotene Zustimmung bloß den Namen gemeinsam.

    Es bleibt also dabei:

    Die im Verhältnis AE/B erklärte Auflassung ist materiellrechtlich wirksam. Sie muss daher weder von T wiederholt oder von dieser genehmigt werden. T muss die Eigentümereintragung des B somit lediglich verfahrensrechtlich i.S. des § 19 GBO bewilligen.

    Liebe Leute, ich kann es nicht ändern, das ist halt so.

  • L a n g s a m ...

    Du meinst also, das "Zustimmung" in § 888 BGB nicht die materiellrechtliche Zustimmung zur Verfügung eines Nichtberechtigten meint sondern (nur) die Zustimmung aus formellem Recht?! Hab ich das richtig verstanden??

    Gut, so habe ich das noch gar nicht betrachtet. Ich bin immer davon ausgegangen, dass § 888 BGB die materellrechtlich erforderliche Zustimmung meint. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann man natürlich durchaus zu dem genannten Ergebnis kommen. Das räume ich ein.

    Aber wie gesagt, im Ergebnis bleibt es für die Praxis eh gleich: T muss mitwirken und die (verfahrensrechtliche) Zustimmung erklären, in der man notfalls auch die matereillrechtliche Zustimmung sehen kann.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat Ulf:

    Du meinst also, das "Zustimmung" in § 888 BGB nicht die materiellrechtliche Zustimmung zur Verfügung eines Nichtberechtigten meint sondern (nur) die Zustimmung aus formellem Recht?! Hab ich das richtig verstanden??

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    So hatte ich das in #5 von Anfang an gesagt:

    Aus Sicht des Vormerkungsberechtigten ist somit noch AE Eigentümer, der somit auch auflassen kann. Die mittlerweile als Eigentümerin eingetragene Tochter muss die Eigentümereintragung des B somit lediglich nach § 888 Abs.1 BGB i.V.m. § 19 GBO bewilligen.

    An der Auflassung AE/B muss die Tochter in keiner Weise mitwirken. Sie muss die Eigentümereintragung des B aber i.S. des § 19 GBO bewilligen.

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    Man muss einfach sehen, dass materielles und formelles Recht zwei paar Stiefel sind. Wenn ein Zwischenerwerb gegenüber dem von einer relativen Verfügungsbeschränkung Geschützten unwirksam ist, dann ist eben noch der ursprüngliche Vertragspartner des Geschützten in materiellrechtlicher Hinsicht der Berechtigte, soweit es den Rechtserwerb des Geschützten angeht.

    Wozu wäre denn sonst die relative Unwirksamkeit überhaupt gut?

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