Schenkweise Übertragung einer Eigentumswohnung an Minderjährigen

  • Hallo zusammen,

    durch Beschluss des BGH vom 30.09.2010 hat sich bezüglich der Schenkung von Wohnungseigentum an Minderjährige einiges zur bisherigen Rechtsprechung geändert - nicht zum Vorteil, wie ich finde.

    Kurz zusammengefasst:

    1.
    Schenkt ein Verwandter der Eltern in gerader Linie einem Minderjährigen ein Wohnungseigentum, bedarf es eines Ergänzungspflegers - soweit, so gut.

    2.
    Für keines der mit diesem Vertrag im Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäfte bedarf es einer familiengerichtlichen Genehmigung (Dies begründet der BGH durch die Subsumierung der Gesetzesvorschriften mit den uns bekannten Gründen wie einer teleologischen Reduktion sowie einer Erwerbsmodaliät.)

    Im Ergebnis heißt das also, dass alles allein von der Genehmigung des Ergänzungspflegers abhängt.

    Ganz prima: Ich habe diese Sache nun zur Bestellung eines Ergänzungspflegers vorliegen. Wie zu erwarten, habe ich zunächst lange keinen Ergänzungspfleger finden können, denn:

    Wie geht es weiter, wenn der Ergänzungspfleger die Genehmigung verweigert? Der Vertrag wird dadurch ja unwirksam. Und welche Möglichkeit haben die Parteien dann? Können bzw. müssten sie den Ergänzungspfleger verklagen? Nach § 894 ZPO? Oder kann es nur über eine Feststellungsklage erfolgen? Es kann ja nicht sein, dass ihnen der Rechtsweg gänzlich versperrt ist?! Haftet der Ergänzungpfleger persönlich? Die Klärung dieser Frage war all unseren Pflegern zu heiß.

    Hätte der BGH eine familiengerichtliche Genehmigung für erforderlich gehalten und würde ich diese als Familien-Rechtspfleger verweigern, wäre das Beschwerdeverfahren eröffnet. Entscheidet der Ergänzungspfleger allein, ist erst mal Schluss. Das kann doch nicht gewollt sein?

    Nun habe ich eine engagierte Pflegerin gefunden, die auch nicht davor zurückscheut, die Genehmigung zu versagen. Sie findet das Verfahren selbst sehr spannend und zeifelt grundsätzlich an der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit von Immobilienschenkungen an Minderjährige, weil sie meint, dass es doch immer zu Nachteilen kommen kann, die zum Genehmigungszeitpunkt nicht absehbar sind.

    Für den konkreten Fall sehe ich außerdem ein ganz gewichtiges Problem:
    Wenn der BGH bei der Begründung des Erfordernisses einer Ergänzungspflegschaft schon sagt, dass der Erwerb eines Wohnungseigentums u. a. wegen des Eintritts in die Eigentümergemeinschaft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein kann, wie kann dann ein Ergänzungspfleger überhaupt noch zum rechtlichen Vorteil und daher Erteilung der Genehmigung kommen?

    Ich würde dieses Thema gerne mit euch diskutieren...

    Gruß Tassilo

  • Wenn der BGH bei der Begründung des Erfordernisses einer Ergänzungspflegschaft schon sagt, dass der Erwerb eines Wohnungseigentums u. a. wegen des Eintritts in die Eigentümergemeinschaft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein kann, wie kann dann ein Ergänzungspfleger überhaupt noch zum rechtlichen Vorteil und daher Erteilung der Genehmigung kommen?


    Das muss der Pfleger m.E. ebenso wenig, wie das FamG, welches eine Genehmigung erteilen soll. Es genügt, wenn das Geschäft für das Kind wirschaftliche Vorteile bietet, die die eventuellen Risiken überragen.

    Wenn also ein vernünftig denkender Erwachsene den Vertrag, den das Kind schließen soll, auch schließen würde, dann ist alles in Butter, meine ich.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Gut, darüber kann man diskutieren, ich sehe das nämlich anders, aber darum soll es hier nicht gehen.

    Wenn der Pfleger den Vertrag nicht genehmigt (warum auch immer) - was ist dann? Kann doch nicht sein, dass die Parteien dann nicht weiterkommen?

  • Wie Ulf.

    Ob es sich für das Kind um einen lediglich rechtlichen Vorteil handelt, ist nur für die Frage des Vertretungsausschlusses von Bedeutung. Mit der Genehmigungsfähigkeit hat das nichts zu tun, denn ansonsten könnte man ja nicht einmal nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte gerichtlich genehmigen, bei welchen die Eltern nicht von der Vetretung ausgeschlossen sind, weil Vertragspartner des Kindes ein Dritter ist.

    Wenn etwas genehmigungsfähig ist, wenn die Eltern handeln, kann das inhaltlich identische Rechtsgeschäft nicht auf einmal nicht genehmigungsfähig sein, wenn ein Pfleger handelt.

    Das vom Threadstarter dargestellte grundsätzliche Problem (kein Rechtsweg gegen Verweigerung der Mitwirkung des Pflegers) sehe ich ebenso kritisch, ganz abgesehen davon, dass ich die Entscheidung des BGH in der Genehmigungsfrage ohnehin nicht für zutreffend halte.


  • Das vom Threadstarter dargestellte grundsätzliche Problem (kein Rechtsweg gegen Verweigerung der Mitwirkung des Pflegers) sehe ich ebenso kritisch, ganz abgesehen davon, dass ich die Entscheidung des BGH in der Genehmigungsfrage ohnehin nicht für zutreffend halte.


    Allerdings!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Und genau dies wollte ich zur Diskussion stellen - die Tatsache, dass der BGH das Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung verneint.

    @ Cromwell: Du sagst, du hältst die Entscheidung für falsch? Warum bzw. kannst du deine Entscheidung begründen? Ich sehe es ebenso, aber kann kein Genehmigungsbedürfnis finden. Denn wenn man sauber subsumiert, kommt man genau dahin, wo der BGH auch gelandet ist: Es gibt keine Vorschrift, nach der die Rechtsgeschäfte genehmigungsbedürftig sind. Aber das kann doch nicht richtig sein?!

    Hat denn niemand einen Rat, wie ich als Familiengericht, das die Ergänzungspflegschaft angeordnet hat, auch zur Prüfung komme?? Kann doch nicht richtig sein, dass jetzt alles in Händen des Pflegers liegt?!


  • @ Cromwell: Du sagst, du hältst die Entscheidung für falsch? Warum bzw. kannst du deine Entscheidung begründen? Ich sehe es ebenso, aber kann kein Genehmigungsbedürfnis finden. Denn wenn man sauber subsumiert, kommt man genau dahin, wo der BGH auch gelandet ist: Es gibt keine Vorschrift, nach der die Rechtsgeschäfte genehmigungsbedürftig sind. Aber das kann doch nicht richtig sein?!

    Hat denn niemand einen Rat, wie ich als Familiengericht, das die Ergänzungspflegschaft angeordnet hat, auch zur Prüfung komme?? Kann doch nicht richtig sein, dass jetzt alles in Händen des Pflegers liegt?!



    Wieso soll das nicht richtig sein ?? Es gibt nun mal Rechtsgeschäfte, die ein Pfleger ganz allein ausführen kann, und (wenige) andere, bei denen er der Genehmigung des Gegenvormunds bzw. des Vormundschaftsgerichts (FamG) bedarf. Das ist doch die Systematik des Gesetzes. Auf das eigene Empfinden kommt es doch dabei gar nicht an. Dann müssen die Eltern eben einen Antrag auf Entlassung des Pflegers stellen, und je nachdem, wie das Familiengericht entscheidet, gibts ja dann doch ein Rechtsmittel. Ich halte es allerdings genauso für falsch, bereits nur einen solchen Pfleger zu bestellen, der von vorherein schon auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt wird oder festgelegt ist. Wenn ich einen Pfleger auswähle, muss ich ihm auch zutrauen, die richtige Entscheidung für das Kind zu treffen. Wenn der Pfleger nur das zu machen hätte, was das Familiengericht ihm vorgibt, hätte man im Gesetz auch gleich regeln können, dass das Familiengericht eine Erklärung der Eltern genehmigt und diese damit wirksam werden soll.

    Was den BGH-Fall angeht, so muss ich Cromwell allerdings Recht geben, dass hier hinsichtlich der schuldrechtlichen Verpflichtung zu einer Rückübertragung sehr wohl eine Genehmigung notwendig wäre, wenn hinsichtlich der Rückübertragung kein bereicherungsrechtlicher Ausgleich vorgesehen wird. Dies hat der BGH wohl gänzlich übersehen. Liegt allerdings die AV zur Rückübertragung bei der gegebenen Schenkung nicht vor, ist ein Genehmigungsbedürfnis definitiv nicht zu sehen.

  • 1. Frage:
    Und was macht nun eben genau dieser Grundbuch-Rechtspfleger bzw. diese Rechtspflegerin in dem konkreten BGH-Fall, sobald der Ergänzungspfleger die Genehmigung erteilt hat? Dann muss der GB-Rpfl. doch ohne familiengerichtliche Genehmigung die Eigentumsübertragung, den Nießbrauch und die Rück-AV eintragen, weil der BGH gesagt hat, es bedürfe keiner Genehmigung - auch wenn wir hier feststellen, dass der BGH in der Sache falsch entschieden hat. Für dieses konkrete Verfahren gilt doch das, was der BGH bestimmt hat als Gesetz oder? Sonst macht sich der arme Rpfl doch im Zweifel regresspflichtig... Aber andererseits trägt er dann eine Rück-AV ein, der kein vormerkungsfähiger Anspruch zu Grunde liegt...
    Armer Grundbuch-Rechtspfleger...

    2. Frage:
    Und für den Fall, dass der Ergänzungspfleger die Genehmigung versagt? Der Vertrag wird gänzlich unwirksam. Würde heißen, die Parteien hätten keine Möglichkeit mehr? § 894 ZPO würde doch auch nicht greifen können - kein Rechtschutzbedürfnis, weil keine Rechtsgrundlage vorhanden, weil Vertrag kaputt.

    Das wäre aber doch ein Verstoß gg. Art. 19 GG? Dann könnten die Parteien doch nur noch vors Bundesverfassungsgericht ziehen oder??

  • Und die 3. Frage - spitz ausgedrückt - zu Cromwells Beitrag unter 4.:

    Wie kann die Schenkung eines Wohnungseigentums überhaupt genehmigungsfähig sein? Der Eintritt in die Gemeinschaft sowie das persönliche Haftungsrisiko führen zum rechtlichen Nachteil - das schließt m. E. einen wirtschaftlichen Vorteil quasi auch aus! Würde im Ergebnis heißen: Wenn das Kind kein Sparvermögen hat, womit es diese Risiken "aufwiegen" könnte, ist der Erwerb von Wohnungseigentum nie genehmigungsfähig.

    So, und jetzt prügelt auf mich und diese Aussage ein :teufel:

  • Die Entschiedenheit, mit der hier von Teilen der Disputanten insinuiert wird, wegen des wirtschaftlichen Nachteiles könne ein EPfleger die dingliche Schenkung nicht genehmigen/am Schenkungsvertrag nicht teilnehmen, erstaunt mich nun doch.
    Ich gehe mal davon aus, dass ein Wohnungseigentum einen nicht unerheblichen Wert darstellt. Die den Minderjährigen treffenden Nachteile sind mit höchster Wahrscheinlichkeit wertmäßig weitaus geringer.
    Also: wo sind da unüberwindliche Hürden?

    Die Ängstlichkeit eines EPflegers in allen Ehren. Aber wofür haftet er denn: Nach §§ 1915, 1833 BGB für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden, sofern ihn ein Verschulden trifft.
    Wenn der EPfleger die Schenkung nach pflichtgemäßer Prüfung als schlussendlich objektiv vorteilhaft für das Kind betrachtet, ist eine Haftung nicht gegeben.

    Wäre ich EPfleger, hätte ich diese Bauchschmerzen nicht.

    Zum rechtlichen Vorteil:
    Diesen hat in 110 Jahren BGB noch nie jemand genau definieren können. Immer wieder stellte sich heraus, dass ein wirtschaftlicher Vorteil zur Diskussion stand.

  • Kein "Disputant insinuiert", dass der ErgPfl wegen eines wirtschaftlichen Nachteils nicht an der Schenkung teilnehmen kann. Ich habe lediglich gefragt, wie die Meinung anderer zum rechtlichen vs. wirtschaftlichen Vorteil für das Kind und der daraus resultierenden Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung ist.

    Dies war jedoch nicht mein Hauptanliegen für meinen Beitrag. Vielmehr wäre ich dankbar um Meinungen zu meinen Fragen in zu 1. und 2. in 9.

  • Als Grundbuchrechtspfleger würde ich die Rück-AV nicht ohne familiengerichtliche Genehmigung eintragen, weil der BGH zwar anders entschieden, er das Vormerkungsproblem ausweislich der Entscheidungsgründe aber gar nicht gesehen hat. Da keine Bindung an eine in anderer Sache ergangene Entscheidung besteht, würde ich die Gründe für die Genehmigungspflichtigkeit der Begründung des Anspruchs auf Rückübereignung in Zusammenhang mit dem Erfordernis eines vormerkungsfähigen Anspruchs detailliert darlegen und im Falle der Beschwerde das OLG darüber entscheiden lassen.

  • @ Cromwell: Du hast meinen Beitrag in 9. falsch verstanden:

    Da das Verfahren, aus dem die Entscheidung vom 30.09.2010 aus unserer GB-Sache resuliert und nun von unserem GB-Rechtspfleger zu bescheiden ist, ist der GB-Rechtspfleger m E. sehr wohl an die Entscheidung gebunden... Diesbezüglich frage ich nach, ob ihr für ihn in eben genau dieser der Entscheidung zu Grunde liegenden GB-Sache eine Möglichkeit für den GB-Rechtspfleger seht, sich dem BGH in gewisser Weise zu "widersetzen". Nein oder?

  • Ich hänge mich mal dran. Mein Fall ist insoweit anders, als das Kind die Wohnung kauft. Genauer: Es bekommt einen Barbetrag von der Mutter geschenkt und bezahlt damit den vollen Kaufpreis an den Vater. Die Mutter bekommt dafür eine "Rück"-AV.

    Wenn ich das WE kaufte, würde ich die TE, die Versammlungsprotokolle und den Verwaltervertrag unter die Lupe nehmen.

    Was prüft Ihr denn beim Erwerb eines WE durch das Kind?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nebenkostenabrechnungen - können die NK vom Familieneinkommen getragen werden?
    Gibt es Außenstände
    - beim Versorger, z.B. Stadtwerke,
    - bei der Stadtkasse wg. Steuerschuld,
    - beim Gebäudeversicherer (entfällt bei ETW)
    - beim Mieter, falls Wohnung vermietet

  • - Mtl. Hausgeld, wie hoch und wer trägt diese dauernde Belastung aus welchen Einnahmen
    . Instandhaltugsrücklage ; ist kurz-/mittelfristig mit größeren Reparaturen/Instandhaltungskosten zu rechnen ?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!