Verpflichtungen des Nachlassgerichts

  • Ich habe über unsere Betreuungsabt. folgenden Sachverhalt erhalten:
    das örtl. größte Kreditinstitut zeigt an, nach dem Tod der kinder- und testamentslosen Ehefrau des 92 Jahre alten Kunden im Jahr 2009 das Gemeinschaftskonto in Anwendung der bekannten Rechtsprechung des BGH( die ich jetzt nicht kenne) auf den Ehemann umgeschrieben zu haben.Es handelt sich um einen 6stelligen Betrag im oberen Bereich.Der Kunde, der den Betreuern im Kreditinstitut zunehmend verwirrt und desorientiert erscheint, hat anlässlich der Bestattung der Ehefrau Vertrauen zu einem Herrn gefasst, in dessen Beisein nun völlig unüblich mehrfach Beträge um die 100000 EUR in bar abgehoben werden.
    Die Einrichtung einer Betreuung wird angeregt.
    Als Nachlassrechtspfleger habe ich schnell die Existenz von insgesamt 3 Neffen herausgefunden.
    Und jetzt?

  • Die Neffen müßten zuerst mal zu ihrem Erbrecht angehört werden. Ausführungen zum Nachlass etc. haben in diessem Schreiben zu unterbleiben....es handelt sich zunächst nicht um ein nachlassgerichtliches, sondern zivilrechtliches Problem der nun ermittelten Erben.

    Wenn du nicht selbst ermittelt hättest, sondern einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben bestellt hättest, hätte der zuerst mal den Sachverhalt aufgeklärt und evtl. Rückforderungsansprüche bei dem Ehemann angemeldet bzw. Sicherungsmassnahmen ergriffen. Jetzt, da die Erben durch dich offenbar ermittelt sind, bleibt dir zunächst nichts mehr, als diese über Ihre Erbenstellung zu informieren. Klar könntest du nach § 1960 BGB selbst noch Massnahmen ergreifen, aber das führt dann wohl zu weit. Ich würde das erst dann machen, wenn die Erben z.B. ausschlagen sollten.

    Man könnte ggf. höchstens so als erklärenden Zusatz, warum das Gericht jetzt erbenermittelnd tätig geworden ist, in das Schreiben eine kurze Sachverhaltsschilderung (ohne rechtliche Wertung!!) aufnehmen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (9. Februar 2011 um 07:17)

  • Das steht in Bezug auf Oder-Konten übrigens in Wikipedia:


    Beim Oder-Konto besitzt jeder einzelne der zwei oder mehr Kontoinhaber eine Einzelverfügungsbefugnis[6]. Die Kontoinhaber (z.B. Ehegatten) vereinbaren mit der Bank, dass sie unabhängig voneinander über das Konto verfügen dürfen. Jeder Kontoinhaber kann allein über das gesamte Guthaben verfügen und Vollmachten erteilen . Es ist jedoch nicht möglich, dass einer der Kontoinhaber alleine das Konto auflöst. Hierfür werden die Unterschriften aller Kontoinhaber benötigt.
    Ein Oder-Konto wird gewöhnlich von Ehegatten eingerichtet und ermöglicht die Verfügung jedes Ehegatten über das Konto, unabhängig vom anderen Ehegatten. Als Inhaber eines Oder-Kontos sind die Ehegatten Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB mit der Folge, dass im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten eine Ausgleichspflicht nach § 430 BGB in Betracht kommt, soweit ein Ehegatte mehr als die Hälfte der Guthaben für sich verwendet hat. Ein solcher Ausgleichsanspruch besteht während der intakten Ehezeit jedoch nicht (§ 1353 BGB). Nur nach der Trennung kann dieser Ausgleichsanspruch entstehen. Die Haftung beider Ehegatten bleibt aber gegenüber der Bank im Außenverhältnis bestehen, die Bank darf den gesamten Schuldsaldo von einem Kontoinhaber einfordern. Die Gesamtgläubigerschaft führt dazu, dass im Falle der Pfändung des Kontos im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen einen Kontoinhaber der andere Kontoinhaber keine Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) erheben kann.
    Umstritten ist die Frage, ob ein Kontoinhaber eines Oder-Kontos dieses einseitig in ein Und-Konto umwandeln darf. Der BGH hat diese Frage verneint, weil eine Umwandlung eines Oder-Kontos in ein Und-Konto die Rechtsstellung der übrigen Kontoinhaber verschlechtere[7]. Die AGB sehen nunmehr in Ziffer 5 vor, dass jeder Kontoinhaber die Einzelverfügungsbefugnis eines anderen Kontoinhabers für die Zukunft widerrufen kann.



    Anmerkung von TL:

    In der Regel passen die Banken ihre AGB´s entsprechend an. Zudem werden die Oder-Kontoinhaber durch die Bank bereits bei der Kontoeröffnung oft mit einer gegenseitigen trans- bzw. postmortalen Vollmacht "ausgestattet". Diese Vollmacht berechtigt aber nur zu Verfügungen, nicht aber zur Kontoumschreibung (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…953&pos=1&anz=5)

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (9. Februar 2011 um 07:25)

  • Nach dem mitgeteilten Sachverhalt geht es weniger um die Erben und die Neffen der Ehefrau (oder die Neffen des Ehemannes?), sondern darum, dass der Ehemann aufgrund auffälliger und verdächtiger Umstände evtl. einer Betreuung bedarf. Das hierfür notwendige Erfordernis hat das Betreuungsgericht auf Anregung der Bank selbst zu prüfen und insoweit die erforderlichen amtswegigen Ermittlungen anzustellen.

  • Doch!
    Es ging mir ausschließlich um die Erbansprüche der bislang unbekannten Neffen der Erblasserin( Ehefrau), deren Geld derzeit verschleudert wird.
    Um die Betreuungsangelegenheit kümmern sich die Kollegen.
    Die gesetzlichen Erben sind informiert und können jetzt selbst gestalten.
    Danke noch an TL.

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