OWi, Terminsgebühr + 5115?

  • Hallo,
    Hab hier einen etwas merkwürdigen Fall und hoffe, mir kann jemand weiterhelfen:

    OWi-Verfahren, Es ergeht Bußgeldbescheid, dagegen wird Einspruch eingelegt, Abgabe an AG

    Termin wird festgesetzt.
    RA erscheint am Terminstag vorzeitig, geht in das Dienstzimmer des Richters und übergibt diesem ein Attest über die Verhandlungsunfähigkeit des Mandanten (ausgestellt vom Arzt 10 Tage vor dem Termin). RA gibt an, dass die Sache im Dienstzimmer des Richters erörtet und ein neuer HV-Termin abgesprochen wurde. Daraufhin wird der eigentliche Termin dieses Tages aufgehoben.
    Die Frage, warum das Attest erst am Terminstag eingereicht wurde, wird mit "war zum Termin ausreichend" beantwortet.

    Neuer HV-Termin wird anberaumt und auch durchgeführt, es wird beschlossen, ein Gutachten zur Identitästfeststellung erstellen zu lassen.
    Nach Vorliegen des Gutachtens wird ohne weitere Verhandlung durch Beschluss gem. § 72 OWiG eingestellt, weils der Mandant offensichtlich nicht war. Kosten/notw. Auslagen trägt die Landeskasse.

    Der RA macht jetzt geltend:
    1. Grundgebühr 5100 (o.k.)
    2. Verfahrensgebühr 5109 (o.k.)
    3. Terminsgebühr für den ersten "Termin"/Besprechung beim Richter
    4. Terminsgebühr für den richtigen Termin (o.k.)
    5. Erledigungsgebühr 5115 (wg. der Einstellung gem. 72 OWiG) :confused:

    Mit 1,2,4, hab ich keine Probleme.
    Aber ich finde die 3 ist nicht entstanden, denn der Termin fand ja nicht statt. Außerdem hätte das Attest auch früher (z.B per Fax)eingereicht werden können (war ja schon 10 Tage! alt), dann hätte der RA sich gar nicht erst auf den Weg machen müssen. Also selbst wenn man die Gebühr für den Termin als entstanden sehen würde, wäre sie auf keinen Fall notwendig gewesen.

    Und die 5115 entsteht doch nur, wenn gar keine HV stattgefunden hat oder?

    Entschuldigt den Roman, aber kürzer hab ich es nicht hinbekommen...
    Danke schon mal!

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Für die Abgabe der ärztlichen Bescheinigung kann der RA keine Terminsgebühr verlangen. Dennin dem in dem Richterzimmer fand keine Hauptverhandlung statt, im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, Atteste u.ä. persönlich zum Gericht zu bringen. Wenn der RA viel Zeit hat oder vielleicht gerade sowieso in der Nähe war, kann er das natürlich tun, aber dadurch entsteht keine Gebühr.

    Die Gebühr Nr. 5115 kann gemäß Abs. 1 Nr. 5 der Vorschrift entstehen, wenn gem. § 72 OWiG durch Beschluss entschieden wird. Bei dir fehlt es aber an dem außerdem notwendigen förderlichen Beitrag des RA dazu, jedenfalls geht aus deiner Schilderung nicht hervor, dass der RA von Anfang darauf verwiesen hat, dass sein Mandant nicht der Fahrer war.

  • Danke schon mal :)

    Hinsichtlich der Terminsgebühr sehe ich das genau so. Ich sehe hier auch keinen Fall von "geplatzem Termin", der erstsattungsfähig wäre. Der RA ist ja selber schuld, wenn er erst hier anreist um zu verkünden, dass der Termin nicht statt finden kann, anstatt vorher das Attest zu übersenden.

    Aber entsteht die Gebühr 5115 denn nicht nur dann, wenn gar keine HV stattfand? Oder hab ich da einen Denkfehler?
    Der Wortlaut sagt doch "Durch die Anwaltliche Mitwirkung wird das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erledigt oder die HV ist entbehrlich". Hier gab es doch schon eine HV, damit dürfte sich die 5115 von vornherein erledigt haben - egal wie und warum das Verfahren dann endet :confused:

    Davon mal abgesehen hat der RA hier laut Akte keinerlei "Mitwirkung" zur Vermeidung eines Termins gezeigt. Er hat lediglich in seinem ersten Schriftsatz seine Legitimation angezeigt und beantragt das Verfahren einzustellen. Eine Begründung für den Antrag gab es nicht. Er hat nie (schriftlich) vorgetragen, dass sein Mandant nicht der Fahrer war. Sein Mandant hat sich nicht geäußert.
    Im Gegenteil, der Anwalt hat mehrfach Termine verlegen lassen, weil der Mandant nicht abkömmlich war. Und sogar bei der Besprechung im Richterzimmer hat er ja einen neuen Termin mit dem Richter abgesprochen, der dann auch stattfand. Also für mich sieht "Mitwirkung zur Vermeidung der HV" anders aus - auch wenn ich großzügig bin ;)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Man man man.
    Musst du eurem Bezi echt so viel vorkauen?
    Was macht der eigentlich noch? Schreibt der dann "Ja" oder "Nein" in die Akte undd gibt sie dir zurück?

    Na wie auch immer,
    unter RdNr. 10 zu Nr. 5115 VV RVG steht im Gerold/Schmidt, dass die Gebühr auch noch anfallen kann, wenn bereits HVT stattgefunden hat. Es kommt wohl darauf an, dass irgendein HVT vermieden wurde, also quasi noch ein dritter Termin.

    In deinem Fall würde er die Gebühr bei mir aber auf keinen Fall bekommen, da keine Mitwirkung zu erkennen ist. Und nur der pro-forma-Einstellungsantrag im Verwaltungsverfahren zieht bei mir nicht. Da würde ich es auf ein RM ankommen lassen...

  • Der Bezi hat mich in seiner Stellungnahme hier dazu "verdonnert", dem ganzen nochmal nachzugehen :mad:, sprich Stellungnahme vom Ri anfordern bzgl. des "Termins" (der sich nicht erinnert...), Anwalt fragen, warum das Attest so spät kam usw.

    Da der Anwalt die Ansichten des Bezis (und meine) nicht teilen mag, darf ich mich jetzt mit ihm rumstreiten bzw. suche nun Argumente, damit mein Festsetzungsbeschluss dann auch stichhaltig ist - für Bezi und Anwalt :(
    Ich steh halt nicht drauf, vom Beschwerdegericht abgebügelt zu werden, weil mein Beschluss nicht ausreichend begründet war. Hab hier die Erfahrung gemacht, je ausführlicher die Begründung, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass das Beschwerdegericht sich ihr anschließt :D Also lieber jetzt gründlich forschen und dann: :strecker

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
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  • "Der Wortlaut sagt doch "Durch die Anwaltliche Mitwirkung wird das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erledigt oder die HV ist entbehrlich". "

    Nach Satz 1 der Vorschrift kommt aber noch der Absatz 1 mit der Nummer 5! Also grds. kann die Gebühr auch in einem Verfahren ohne HVT entstehen. Aber nicht in deinem Fall .

  • So, Beschluss ist raus - mal sehen, was passiert :cool: (Vielleicht lässt sich der RA von der Begründung ja DOCH überzeugen und ich seh das Ding nie wieder ;))

    Danke Euch!

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  • So, da ist sie wieder :mad:

    RM vom RA, aber immerhin ein Teilerfolg, er bezieht sich nur auf die abgesetzte 5115.
    Begründet wird das Ganze hauptsächlich damit, dass die Gebühr durch "gezieltes Schweigen" entstanden wäre und diverse Rechtsprechung angeführt.

    Sehe ich in dem Fall aber anders - denn hätte hier irgend jemand mal vor der HV behauptet, dass der Mandant es nicht war, dann wäre sicher auch eher jemand auf die Idee gekommen, ein Gutachten einzuholen und die HV wäre tatsächlich entbehrlich gewesen. DAS wäre dann für mich entsprechendes "Mitwirken" für die Entstehung der 5115 gewesen. Aber gar nix machen und dem Mandanten sagen, dass er auch nix sagen soll war in diesem Fall nicht besonders förderlich, sondern hat genau das Gegenteil bewirkt.

    Na ja, mal sehen was der Bezi dazu sagt...

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  • Schau mal BGH vom 20.01.2011 Az.: IX ZR 123/10 nach. Dort hatte jedoch der RA ausdrücklich mitgeteilt, dass der Mandant sich nicht einlässt. Der Fall war indess insoweit anders, als dort bereits offensichtlich - nicht erst nach einem Gutachten - der Mandant nicht als Fahrer in Betracht kam.

  • Die Entscheidung kenne ich. Passt hier aber gerade nicht, denn der Mandant sieht dem Fahrer sogar ähnlich - es war also nicht offensichtlich. Das Gutachten war schon angebracht.

    Danke trotzdem für den Hinweis!

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  • Hallo, verstehe ich nicht. Warum denn nicht Nr. 5115 Nr. 5 VV RVG, wenn in das Beschlussverfahren übergegangen worden ist? Und warum nicht die Nr. 5115 Nr. 4 Vv RVG; der Einspruch ist zurückgenommen worden. Was soll denn da gezieltes Schweigen? Es kommt nach h.M. immer auf die Vermeidung der nächsten HV an. Zu den Komplexen gibt es reichlich Rechtsprechung. Finden Sie auf meiner HP bei Nrn. 4141, 5115 Vv RVG.

  • Danke für den Hinweis,
    durch die diverse Rechtsprechung habe ich mich schon durch gelesen. Die gibt es auch in beide Richtungen.

    Meiner Meinung nach fehlt es im hiesigen Fall einfach am "Mitwirken" des RA, welches für das Entstehen der Gebühr nun mal erforderlich ist. Zunächst wurde vom RA alles daran gesetzt, einen HV-Termin stattfinden zu lassen, und nach dem Termin einfach abgewartet, was passiert. Der einzige Schriftsatz vom RA nach der HV ist der KFA.

    Das "gezielte Schweigen" wurde vom Ast. angeführt, war nicht meine Idee ;)
    Der Einspruch wurde nicht zurückgenommen, das Gericht hat gem. § 72 OWiG durch Beschluss entschieden und den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Eine vorherige Anhörung des Betroffenen ist nicht erfolgt.

    Und bei Nr. 5115 steht auch noch ein Absatz (2) "Die Gebühr entsteht nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist."
    Für mich trifft genau das hier zu.

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  • Kurze Abschlussmeldung:
    Richter hat das RM des Anwalts "aus den zutreffenden Gründen" meines Beschlusses zurückgewiesen. Nix mit 5115 und aus die Maus, da unter 200,- € :strecker :yes:

    Nochmal ein großes :dankescho an alle fürs Mitgrübeln!

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • na ja, ob das so richtig ist, da habe ich so meine Bedenken, wird man aber letztlich ohne genaue Kenntnis der Akte nicht entscheiden können. Warum nicht Nr. 5115 Nr. 5 VV RVG erschleißt sich mir so nicht. M.E. wäre sogar ggf. noch eine zweite Terminsgebühr entstanden. Die Smileys, die Sie gesetzt haben, finde ich nicht so ganz passend. Sie beweisen/zeigen mir, das es letztlich wohl doch immer nur darum geht, dass der böse, viel verdienende RA möglichst wenig Gebühren bekommt. Wenn Sie die Entscheidung damit begründet habe, dass bereits eine HV stattgefunden hat, ist sie m.E. eindeutig falsch und widerspricht der h.M. Aber das scheint den Richter auch nicht interessiert zu haben - wenn er überhaupt wusste, worum es geht.

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