Qualitätsnachweise für Verwalter

  • Guten Tag,
    ich möchte zuerst offen mitteilen, dass ich kein Rechtspfleger und als Berater für Insolvenzverwalter tätig bin. Im Rahmen dieser Tätigkeit verfolge ich sehr interessiert die aktuelle Qualitätsdebatte um die Norm ISO 9001, die InsO 9001, Inso-Excellence und das DIAI Rating und habe sehr stark den Eindruck, dass die Diskussion einseitig von den Verwaltern geführt wird und die beteiligten Richter und Rechtspfleger und deren Anforderungen nicht ausreichend beachtet werden. Es ist natürlich von großem Interesse, ob sich auf Seiten der Gerichte wirklich jemand für die Qualitätsnachweise der Verwalter interessiert oder ob eigentlich nur die internen Erhebungen der Gerichte "Hannoveraner Modell" u.a. erheblich sind. Sind die Inhalte der von mir genannten Normen eigentlich bekannt? Wird evtl. nach den verschiedenen Nachweisen unterschieden?
    Hierzu würde ich gerne mal ein Meinungsbild der Rechtspfleger erhalten und würde mich über entsprechende Antworten freuen.

    Falls es Rechtspfleger gibt, die bereits aus dem Dienst ausgeschieden sind und Lust haben, noch etwas zu tun und sich für das Auditieren von Kanzleien, Beratung oder Mitarbeit interessieren, kann ich als kleines Dankeschön sicher helfen. Selbstverständlich völlig unverbindlich und ohne dass ich dabei eigene Interessen verfolge.

  • auch wenn ich nicht zu dem angesprochenen Personenkreis gehöre, würde mich dies auch interessieren.

    Ich habe bislang mehr den Eindruck gewonnen, dass die Diskussion deshalb von den Verwaltern (bzw. den Leuten in der zweiten Reihe) geführt werden, weil eindeutige Antworten von den Gerichten nur schwer zu erlangen sind.

    [ME ist InsO 9001:2010 aber keine Norm, dies setzt ein Normung voraus, die meines Wissens nicht stattgefunden hat]

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich bin zwar auch kein Rechtspfleger, habe aber den Eindruck gewonnen, dass von bestimmten Kreisen Qualiätsnachweise propagiert werden, die über die wirkliche Güte eines Verwalter wenig aussagen. Ansonsten kann ich La Flor de Cano nur zustimmen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich halte diese ganze Zertifizierungshysterie für den Versuch insbesondere alter"Platzhirsche", Claims zu sichern. Denn letztlich sieht man sich einer wachsenden Konkurrenz ausgesetzt. Ich sage mal nur als Beispiel: Es gibt 2000 Verwalter in D, aber nur rund 400 sind im VID....der aber hat diese Zertifizierung als Pflicht für seine Mitglieder eingeführt. Und : Der ganze Spass ist richtig teuer, dass kann sich vermutlich eine junge, beginnende Kanzlei nicht leisten.Das geschieht tatsächlich in der Hoffnung, dass man mit solchem Logo aufm Briefkopf mehr Aufträge bekommt. Marktverdrängung, Marktbereinigung....Übersehen wird dabei m.E. jedoch, dass es dem Gericht egal sein kann (und wie ich weiß, in mehreren Fällen auch ist), wie ein Verwalter sein Büro organisiert. Und nichts anderes, nämlich dass man seine Kanzlei in einer bestimmten Art und Weise organisiert hat, sagt eine solche Zertifizierung ja aus. Die Frage, wie ein Gericht aus dieser Zertifizierung auf die Qualität eines Verwalters hinsichtlich der Abwicklung von Verfahren schließen soll, blieb bisher unbeantwortet.Und auch hinsichtlich der Kanzleien, die die Urkunde schon in ihrem Flur einstauben lassen, ist von einem Auftragsschub eher nichts bekannt.
    Und abschließend @Berater: Na ja, da Du ja in dieser Branche agierst weisst Du sicher, dass die Auswahl des Verwalters aktuell der Richter trifft. Ich glaube, davon haben wir hier nicht viele.....

  • Die Festlegung "was der Kunde will" trifft, mal vom Eröffnungsgutachten und der ESUG-Debatte abgesehen doch der Rechtspfleger.

    Ich wäre nur gerne bereit, die Arbeitsergebnisse hierauf abzustimmen, wenn diese Wünsche auch kommuniziert werden. Sicher wird es Dinge geben, wo ich Grenzen habe, aber in der Regel lässt sich das alles besorgen, angefangen vom Journaldruck 4713 statt 4712. Bloß wenn keiner was sagt und nur vor sich hingrummelt, kann nicht erwarten, dass etwas geändert (verbessert) wird.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LFDC: Bist Du heute auf Krawall gebürstet? ;)

    Was der Kunde will.....hmmm

    Ich weiss, dass Verwalter Tabellen führen welches Gericht welche Besonderheiten hat. Unser Gericht hat dabei ein ganz kleine Liste. :strecker

    Beispiel hierfür sind die Tabellenblätter. Es gibt ein (auch Gegs bekanntes) Gericht, dass will die Tabellenblätter von allen Verwalter DINA 4 quer.

    Wenn ich dreissig verschieden Verwalter habe, dann ist es mir persönlich egal, ob die Tabellenblätter hoch oder quer angeliefert werden.

    So halte ich es auch mit anderen Sachen. Ich richte mich in diesem Fall nach den Verwaltern und verlange nicht, dass sich die Verwalter unbedingt nach mir richten.

  • Rainer wir sind flexibel und machen fast alles mit. Du kennst ja unsere Gerichte, da will jedes Gericht etwas anderes. Und wir liefern eben jedem Gericht, was dem Gericht ist. Lustig wird es dann, wenn jeder Rechtspfleger anfängt, seine eigene Suppe zu kochen. Aber auch da sind wir flexibel.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die meisten Verwalter sehen sich als Dienstleister ihrer Insolvenzgerichte. Da richtet man sich eben nach den Wünschen der Kunden.

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  • also mir reichen Verwalter die es können, egal was sie für Zertifizierungsurkunden im Büro rumhängen haben. Oki, wir haben Verwalter, die das Geschäft schon gemacht haben, als es niemand machen wollte; die auch schon unter der KO saniert haben.
    Deren "Zertifikat" war und ist bei uns die Bestellung :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich habe gerade mal wieder die Erfahrung gemacht, dass es eben nicht auf irgendwelche bunten Bildchen auf dem Briefkopf, sondern auf die jeweilige Person die dahinter steht ankommt.
    Mir sind jedenfalls einige unserer Verwalter ohne Zertifikat lieber als mach einer mit- und deswegen bestellen wir hier auch auf Grund unserer Erfahrungswerte. Zum Glück "bestellt" bei uns der Rpfl den IV (vorbereitendes Gericht).

  • Sehe ich wie die letzten beiden oben.Allerdings wäre es, und damit sind wir bei der Eingangsfrage, schön, wenn diese Einstellung, die in großem Masse (ob mehrheitlich, weiß ich nicht) besteht, auch laut und deutlich artikuliert würde. Das würde dann vielerorts vielleicht bisher gebundene Reserven für eine ordnungsgemäße Abwicklung frei setzen...;)

  • Bei uns tauchte kürzlich einer Vertreter der GSV (Gläubigerschutzvereinigung oder verein?) auf. Die wollen nicht nur die Gläubiger im Termin vertreten, sondern streben auch ein eigenes Zertifizierungssystem an. In diesem sollen dann auch bisherige Erfolge (Quoten) und die beantragte Vergütung eine Rolle spielen. Da eine solche Auswertung bei uns am Gericht wegen der dafür zu geringen Zahl an Verfahren und Mitarbeiter nicht sinnvoll ist, hätten wir hier zumindest weitere Anhaltspunkte für die Qualität der Insolvenzverwalter.

  • JKMLJ: Also uns hat die Broschüre der Vereinigung auch schon vorgelegen. Wenn man sich mal vor Augen führt, wonach die die Qualität der Verwalter einstufen wollen, werden am Ende vielleicht noch drei Reiche und Schöne übrigbleiben. Die Angelegenheit hat ganz und gar nix mit Selektion von Qualität, sondern vielmehr mit dem Versuch zu tun, die für die oberen Zehntausend unliebsame Konkurrenz der mittelständischen Verwalter zu eliminieren. Denn wenn man die dort aufgestellten Kriterien heranzieht, dann bleiben noch ein paar Verwalter aus den großen Insolvenzfabriken über.

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  • Und ist doch klar, worauf die abzielen: Nur wer bei uns (GSV) zertifiziert ist, wird auch noch gewählt. Welcome in the business World...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ja, man kann nur hoffen, dass HH mit seiner GSV nicht genügend Gläubiger zusammen bekommt, sonst wird es für mich - der sich bestimmt nicht freiwillig von der GSV raten lassen wird - schwer und Abwahlen dürften die Folge sein.
    Aber auch diesem Wahnsinn werden sich die Verwalter stellen...genauso wie der Irrsinn der Zertifizierung. Habe den Kram schon länger hinter mir und ein "Anstieg" der Bestallung bei meinen Gerichten konnte ich nicht feststellen; aber immerhin bin ich bisher nicht delistet worden.:)

  • Dort wo Vakanzen mit dem ESUG geschaffen werden, werden sie auch besetzt (Dorn, Mitchell, 1976). Wenn sich keine "normalen" Gläubiger finden, werden die institutionellen Gläubiger, bzw. Berufsgläubiger diese Rolle übernehmen.

    Sitzen die erst einmal im Sattel, wird man, schon aus der Bequemlichkeit heraus und auch vor der Furcht, in größeren Verfahren eine Abwatsche wegen (vermeindlicher) Verfahrensverzögerung zu fangen, auf diesen Pool nur zu gerne zurückgreifen.

    Ob ein billiger Verwalter ein Qualitätskriterium darstellt, kann man mal dahingestellt sein lassen, spätestens aber dann, wenn er wegen der eigenen Liquiditätskrise das Verfahren abgeben muss, wird es eines.

    Wegen der Verletzung von Art. 14 GG siehe die aktuelle ZInsO.

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