Kostenfreiheit für Krankenkassen?

  • Hallo und guten Morgen,

    bislang konnte ich die Frage meiner Geschäftsstelle nicht abschließend klären, ob eine Krankenkasse für die Erteilung eines GBA Kostenfreiheit genießt.

    Die Krankenkasse meint ja, und zwar nach dem SGB im Wege der Amtshilfe.
    Um Amtshilfe handelt es sich aber nicht.

    Nach § 64 Abs. 2 SGB X sind Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, kostenfrei. Dies gilt auch für die in der Kostenordnung bestimmten Gerichtskosten.

    Es gibt in der Rechtsprechung unterschiedliche Fälle, die mich verunsichern.
    Hat jemand eine eindeutige Antwort?

    Danke und viele Grüße

    Kollegin

  • Die in § 64 SGB X geregelte Kostenfreiheit dürfte sich auch eher auf den Leistungsempfänger bzw. Versicherten als auf den Erbringer beziehen, oder?

    Ansonsten sehe ich es wie meine Vorredner: Nachfragen :)

  • Aus OLG Naumburg, Beschluss vom 27.01.2011 - 2 Wx 42/10- = BeckRS 2011, 04410

    …..“a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 S. 1 SGB X sind Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, kostenfrei. Diese Regelung gilt, wie auch für die inhaltlich vergleichbare Bestimmung des § 118 Abs. 1 Halbsatz 1 BSHG allgemein anerkannt war, nicht nur für die Rechtsbeziehungen zwischen Bürger und Sozialleistungsträger, sondern gleichfalls im Verhältnis von Sozialleistungsträgern zu anderen Behörden, und zwar auch zu solchen, deren Verwaltungstätigkeit nicht nach dem Sozialgesetzbuch ausgeübt wird….“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Aus OLG Naumburg, Beschluss vom 27.01.2011 - 2 Wx 42/10- = BeckRS 2011, 04410

    …..“a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 S. 1 SGB X sind Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, kostenfrei. Diese Regelung gilt, wie auch für die inhaltlich vergleichbare Bestimmung des § 118 Abs. 1 Halbsatz 1 BSHG allgemein anerkannt war, nicht nur für die Rechtsbeziehungen zwischen Bürger und Sozialleistungsträger, sondern gleichfalls im Verhältnis von Sozialleistungsträgern zu anderen Behörden, und zwar auch zu solchen, deren Verwaltungstätigkeit nicht nach dem Sozialgesetzbuch ausgeübt wird….“



    Ungeteilte Zustimmung. Aber um feststellen zu können, ob es sich um ein Geschäft aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer Sozialleistung handelt, muss die KK mitteilen, zu welchem Zweck sie den Grundbuchauszug benötigt. Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek wäre z.B. kein kostenbefreites Geschäft.

  • Danke für Eure Überlegungen.

    Das Interesse an einem GBA und der Anlass dürften allerdings klar sein.
    Da erübrigt sich m. Erachtens eine Rückfrage.

    Dann müsste der GBA doch kostenfrei sein, oder?

    Warum ist die Eintragung einer Zwangshypothek eigentlich kein
    kostenbefreites Geschäft?

  • Ich korrigiere mich nun selbst, nachdem ich die Entscheidung des OLG Hamm vom 19.02.2008 (15 VA 16/07) vielleicht jetzt endlich richtig verstanden habe:

    Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGB X besteht nur, wenn ein innerer Zusammenhang zur Leistungsgewährung vorhanden ist. Daher keine Kostenfreiheit, wenn es um Unternehmen geht, die dem Sozialversicherungsträger Beitrage zur gesetzlichen Sozialversicherung schulden.

  • jetzt bist Du mir zuvorgekommen:
    s. Krasney im Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010 zu § 64 SGB X Randnummer 4:
    IV. http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_X&p=64Abs 2 Satz 1 und 2 – Geschäfte und Verhandlungen.
    Randnummer 4 Diese Vorschr beziehen sich nicht auf die Kosten, die dem SVTr bei dem von ihm durchgeführten VerwVerf selbst entstehen, da insoweit bereits http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_X&p=64Abs 1 eingreift. Erfasst werden vielmehr von http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_X&p=64Abs 2 S 1 und 2 die Kosten für das Tätigwerden anderer Behörden (GK-SGB X/1 § 64 RdNrn. 10, 14; Hauck/Noftz/Freischmidt § 3 64 RdNr 6; von Wulffen/Roos § 64 RdNr 6; BVerwG Buchholz 401.8 Vergleichsgebühr Nr 20). Dazu gehören zB auch die Stellen, die nach § 16 SGB I Anträge entgegenzunehmen und weiterzuleiten haben. Geschäfte und Verhandlungen sind alle Amtsgeschäfte, die bei der Durchf des SGB im Rahmen des http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=SGB_X&p=64Abs 2 S 1 anfallen (GK-SGB X/1 § 64 RdNr 16; von Wulffen/Roos § 64 RdNr 9). Er umfasst auch die Geschäfte und Verhandlungen, die vom Betroffenen beantragt oder eingeleitet werden. Kostenfreiheit besteht sowohl hinsichtl der Gebühren als auch der Auslagen (s hierzu RdNr 3). § 64 bezieht sich aber nur auf die bei der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung entstehenden Geschäfte und Verhandlungen. Bei der Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen besteht daher keine Gebührenfreiheit (OLG Düsseldorf Rpfleger 1981, 456; LG Lüneburg Rpfleger 1982, 200; AG Memmingen Rpfleger 1983, 127). Ebenso besteht die Kostenfreiheit nicht nur hinsichtl der Geschäfte und Verhandlungen, die zwischen der Behörde und dem Vers selbst geführt werden. ....."

    dgl. keine Kostenbefreiung, wenn die Zurückzahlung eines zuviel geleisteten Arzthonorars gefordert wird, weil es sich bei dem Arzthonorar um keine Sozialleistung handelt (OLG Karlsruhe, B. v. 17.5.1989, 11 W 9/89 = Die Justiz 1989, 353

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  • Hallo! Ich hänge mich hier mal an den Fall, da sich die Geschäftsstelle und ich uns nun auch mit einer KK herumärgern müssen.

    Die KK beantragte die Übersendung eines GB-Auszuges, da der Versicherte denen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge schulde. Der UdG hat den GB-Auszug samt Rechnung übersandt.

    Kurz danach kam Antrag auf Eintragung der ZwaSi, welchen ich auch vollzogen habe - ebenfalls mit Kostenrechnung.

    Nun kommt Erinnerung gegen die 1. KR für den GB-Auszug und die 2. KR für die ZwaSi mit der Begründung, die KK sei kostenbefreit gem. § 64 Abs. 2 und 3 SGB X. Aufgrund vorgenannten Ausführungen bin ich der Meinung, dass dies nicht zutrifft, muss ja aber nun über die Erinnerungen entscheiden. Die Rpfleger von 1981, 1982, 1983 gibt es in unserer bescheidenen Bibliothek leider nicht. Kann mir jemand weiterhelfen, ob nun Kostenfreiheit besteht oder nicht? Bisher haben alle (auch die großen) KK ihre Kostenrechnungen in gleichartigen Fällen bezahlt ohne sich auf Kostenfreiheit zu berufen, daher sind wir jetzt verunsichert. Vielen Dank!!!

  • Seit Jahren führen wir einen Kleinkrieg mit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft wegen der Kosten für Grundbuchauszüge, wobei sich immer auf § 64 Abs. 2 Satz1 SGB X) berufen wird. In der Regel steht im Antrag ich zitiere:

    " Die Angaben werden zur Prüfung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für zu erbringende Sozialleistungen benötigt (§ 22 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Die Datenübermittlungsbefugnis ist gegeben."

    Bisher haben wir die regelmäßig eingelegten Erinnerungen zurückgewiesen, weil nach unserer Auffassung der § 64 SGB X nur in Betracht kommt für Geschäfte, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung von einer Sozialleistung nötig werden. Nach dem zitierten Standartsatz geht es aber hier ausschließlich darum den Eigentümer zu ermitteln, damit gegebenenfalls die Erbringung v0n Sozialleistungen geprüft werden kann. Die Auslegung der Kostenschuldnerin würde im Ergebnis zu einer generellen persönlichen Gebührenfreiheit von Berufsgenossenschaften pp führen, dafür fehlt es mir jedoch an einer Rechtsgrundlage. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Naumburg (2 Wx 42/10) sehe ich für diese konkreten Fälle keine Kostenfreiheit.
    Meine Frage an die geschätzten Kollegen lautet: Wie handhabt ihr solche Fälle und sind schon neuere Rechtsprechungen bekannt?

  • Moin, ich würde das Ganze mal der Vertreterin/dem Vertreter der Staatskasse zur Prüfung und Stellungnahme schicken, bei uns funktioniert das prima und wir bekommen auch eine fundierte Antwort.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben


  • " Die Angaben werden zur Prüfung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für zu erbringende Sozialleistungen benötigt (§ 22 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Die Datenübermittlungsbefugnis ist gegeben."

    ...weil nach unserer Auffassung der § 64 SGB X nur in Betracht kommt für Geschäfte, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung von einer Sozialleistung nötig werden. ...
    Wie handhabt ihr solche Fälle ..?

    Ich würde die Begründung als ausreichend ansehen und die Grundbuchabschriften gebührenfrei erteilen.
    Eine generelle persönliche Gebührenfreiheit von Berufsgenossenschaften sehe ich darin nicht.

  • Guten Morgen,

    hier kommt ein ganz anderer Fall zum Thema Krankenkasse: Unsere örtliche K ist Grundstückseigentümerin. Diese örtliche K wurde 1993 mit etlichen anderen Ks zur GK vereinigt. Im Zuge der Eintragung einer Dienstbarkeit ist jetzt aufgefallen, dass das Grundbuch nie berichtigt wurde. Die Berichtigung wurde jetzt beantragt.

    Kostenfreiheit für die Grundbuchberichtigung? Die Vereinigung erfolgte unter Übertragung des Vermögens. Deshalb habe ich hier eine gebührenpflichtige Eigentumsumschreibung. Die GK ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Nach § 108 NJG genießt sie nur Gebührenfreiheit für Gebühren nach dem GNotKG "

    soweit die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betriff

    t". Es handelt sich aber ja um das Grundstück auf dem die örtliche Filiale steht und damit m. E. eben genau um den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der GK.

    Wie seht ihr das denn?

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • .... Nach § 108 NJG genießt sie nur Gebührenfreiheit für Gebühren nach dem GNotKG "soweit die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betrifft". Es handelt sich aber ja um das Grundstück auf dem die örtliche Filiale steht und damit m. E. eben genau um den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der GK.....

    Der umgekehrte Fall war Gegenstand des Beschlusses des OLG Frankfurt 21. Zivilsenat, vom 21.12.2018, 21 W 101/18
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:8180387
    („Die damit grundsätzlich anzunehmende Gebührenfreiheit nach § 7 JKostG HE würde nur dann nicht greifen, wenn die Angelegenheit den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Körperschaft beträfe, welches grundsätzlich von der Antragstellerin darzulegen ist. "Angelegenheit" in diesem Sinne ist der Gegenstand des Verfahrens, vorliegend, das Erbscheinsverfahren. Erbin ist die Antragstellerin als gemeinnützige Stiftung. Das Verfahren betrifft daher die Körperschaft als solche. Es handelt sich nicht um ein Verfahren, welches im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingeleitet wurde“).

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