Kopie und Akteneinsichtskosten bei Beratungshilfe in Strafsachen

  • Hallöchen!

    Ich würde gerne eure Meinungen zu einer BerH-Sache hören:

    Schein erteilt wegen Beratung zur Erfolgsaussicht Einspruch gegen Strafbefehl. Nun kommt der Vergütungsantrag, in dem die Anwältin die Kosten für die Akteneinsicht (12 EUR) und Kopiekosten geltend macht (sie hat Teile der Akte kopiert). Ich habe mir die Strafakte angefordert und daraus ergab sich, daß sie Einspruch für ihren Mandanten eingelegt hat und gleichzeitig damit die Akte zur Einsicht angefordert und danach halt die Kopien gefertigt hat.

    Aus meiner Sicht ist sie jetzt schon im gerichtlichen Verfahren tätig geworden, d. h. Kopien und Aktenversendung sind nicht mehr von der BerH-Vergütung abgedeckt, oder?

    Die Anwältin wendet ein, daß sie zur Fristwahrung schon mal generell Einspruch einlegen muß und die Beratung erst danach erfolgt, ob der Einspruch ggf. wieder zurückgenommen werden soll. Das ist mE falsch, denn einerseits ist BerH nun mal schon bewilligt, und zwar für die Prüfung der Erfolgsaussicht des Einspruches (nicht für die Rücknahme!) und außerdem ist die Einlegung des Einspruches nun mal ganz klar ein Tätigwerden im gerichtlichen Verfahren.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Halten wir mal fest:
    Es kommt auf die objektive und subjektive Betrachtungsweise an, ob Jemand sich im gerichtlichen Verfahren befindet. Im gerichtlichen Verfahren befindet man sich endgültig, wenn bei beiden Betrachtungsweisen dies anzunehmen ist. (Die Unterscheidung kann sehr schön in Schoreit/Groß nachgelesen werden.)

    Objektiv ist der A'er schon im Gerichtsverfahren, da gegen Ihn eine gerichtliche Entscheidung getroffen worden ist.
    Subjektiv ist der A'er solange nicht im Verfahren, wie er sich noch nicht auf das Verfahren eingelassen hat.

    Gemünzt auf deinem Fall bedeutet das:
    A'er hat sich mittels Einsprucheinlegung auf das Verfahren eingelassen und befindet sich nunmehr nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv im gerichtlichen Verfahren.

    Der Aktenübersendungsantrag erfolgte nicht vor der Einlassung auf das Verfahren, sondern zeitgleich oder später.

    Damit ist für mich eine weitere Erstattung im Rahmen der Beratungshilfe nicht gegeben. 35,70 € festsetzen, im Übrigen zurückweisen und Akte weglegen.

  • wenn der RA noch nicht beraten hat, sondern diese Beratung nach dem Einspruch "vorgenommen werden sollte" gibt es gar nichts!

  • wenn der RA noch nicht beraten hat, sondern diese Beratung nach dem Einspruch "vorgenommen werden sollte" gibt es gar nichts!


    :zustimm:

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • wenn der RA noch nicht beraten hat, sondern diese Beratung nach dem Einspruch "vorgenommen werden sollte" gibt es gar nichts!



    :daumenrau und dieses Eigentor hat die Anwältin sich selbst geschossen.

    Sollte mittlerweile doch klar sein, dass in Ordnungswidrigkeiten- und Strafsachen nur Beratung und keine Vertretung vergütet wird ... wie deutlicher soll das Gesetz denn noch formuliert werden ?
    Hier hat die Anwältin sich von Anfang an ein Vertretungsmandat erteilen lassen, da kann nicht "daneben" noch eine Beratung abgerechnet werden. Diese ist durch die Verfahrensgebühr mit abgedeckt.

  • Sie muß sich ein Vertretungsmandat erteilen lassen, weil nur der Verteidiger Akteneinsicht erhält. Deshalb bin ich auch immer wieder erstaunt, daß die BerH die Kopien zahlt. Ich muß vertreten, sonst bekomme ich erst gar keine Akteneinsicht. Damit hängt die Beratung dann zwingend mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammen.

  • Ich lerne irgendwie jedesmal was Neues dazu :)

    Abgesehen von Adora Belle, habt ihr alle mal Strafsachen gemacht oder woher wisst ihr das? (Man merkt, dass grade BerH teilweise Wissen aus anderen Sachgebieten quasi voraussetzt, um vernünftig arbeiten zu können.)

  • Ich lerne irgendwie jedesmal was Neues dazu :)

    Akteneinsicht für Verteidiger: § 147 StPO, ansonsten § 475 StPO, d.h. in Fällen, in denen es um die Durchsetzung von Ansprüchen geht, kriegt der Anwalt sowohl Akteneinsichtsgebühr als auch notwendige Kopiekosten in der BerH, weil er sich nicht im gerichtlichen Verfahren befindet ;).

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Ich fasse mal für mein Verständnis zusammen:

    a) Ist Jemand Beteiligter des Strafverfahrens, dann bekommt der RA keine AE- + Kopiekosten, weil er sich als Verteidiger bestellt? Wegen § 147 StPO?

    b) Will Jemand zivilrechtliche Ansprüche geltend machen und braucht zur Begründung die AE in die Strafakte, dann kann RA die AE# + Kopiekosten geltend machen, da er sich nicht für das Strafverfahren bestellt hat?

  • Naja, so könnte man argumentieren. Aber weil ohne AE keine vernünftige Beratung möglich ist, gibt es eben doch die Kopiekosten über BerH. Der Auftrag ist dann halt im Innenverhältnis auf Beratung beschränkt, im Außenverhältnis trete ich als Verteidiger auf.

  • Ich fasse mal für mein Verständnis zusammen:

    a) Ist Jemand Beteiligter des Strafverfahrens, dann bekommt der RA keine AE- + Kopiekosten, weil er sich als Verteidiger bestellt? Wegen § 147 StPO?

    b) Will Jemand zivilrechtliche Ansprüche geltend machen und braucht zur Begründung die AE in die Strafakte, dann kann RA die AE# + Kopiekosten geltend machen, da er sich nicht für das Strafverfahren bestellt hat?


    jepp! Genauso. Anders formuliert:
    Bei Strafsachen gibt es zwar die Beratung über BerH, aber diese Beratung muss der RA leider ohne jegliche Aktenkenntnis vornehmen (eine Leichtigkeit für uns Volljuristen, wozu hat man denn solange studiert). Denn die Akte bekommt nur der Verteidiger. Vertretung gibts aber Berh nicht; sobald also die Akte angefordert wird,. liegt Vertretung vor und dann gibtßs auch keine Gebühren für die Beratung.:wechlach:

  • Das kanns nit sein - unbilliges Ergebnis wie ich meine... Kein RA kann ohne Akteneinsicht beratend tätig werden. Jedenfalls nicht fundiert und in die Kristallkugel kann er auch nicht gucken.

    Abgesehen davon: nicht jeder, der strafrechtlich berät, will später auch der Pflichtverteidiger vom Antragsteller werden.

  • Ich bin für diesen Thread sehr dankbar.

    Hatte grad eine Akte, wo der Antragsteller von 2009 an bis jetzt 31 BerH-Anträge für Strafsachen beantragt hatte.

    Konnte gleich mal das hier erworbene Wissen anwenden, denn die Beratung erfolgte erst nach Akteneinsicht. Hab also gesacht, dass eine Vertretungsanzeige im gerichtlichen Verfahren stattgefunden hat (also der A'er sich subjektiv und objektiv auf das gerichtliche Verfahren eingelassen hat) und erst danach die Beratung erfolgte. Damit also BerH nicht mehr gewährt werden kann.

  • Genau sowas hatte ich befürchtet. *seufz* Werde mich dann wohl mit Diskussionsbeiträgen künftig lieber zurückhalten.

    Natürlich erfolgt die Beratung erst nach Akteneinsicht. Die (zutreffende) Argumentation, daß eine Beratung ohne Akteneinsicht schlicht sinnlos ist, habe übrigens ich hier aus dem Forum.

    Hab also gesacht, dass eine Vertretungsanzeige im gerichtlichen Verfahren stattgefunden hat (also der A'er sich subjektiv und objektiv auf das gerichtliche Verfahren eingelassen hat) und erst danach die Beratung erfolgte. Damit also BerH nicht mehr gewährt werden kann.

    Diese Sichtweise ist - mit Verlaub - Quatsch. Der Mdt hat keine Wahl, ob er sich auf das gerichtliche Verfahren einläßt oder nicht.

    Um noch vor Einspruch über die Erfolgsaussichten des Einspruchs beraten zu können, müßte die Frist bei 6 Wochen liegen.

    M.E. ist die Anzeige des Verteidigungsauftrages noch keine Vertretung. Parallel dazu gehört die erste Akteneinsicht ja noch zur Grundgebühr, nicht zur Verfahrensgebühr.

  • Für die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte ist keine Beratungshilfe zu gewähren. Der Beschuldigte kann auch selbst Auskünfte und Abschriften aus der Ermittlungsakte erhalten, § 147 Abs. 7 StPO.

    siehe zu diesem Thema auch Rechtspfleger 2011, 189 ff. dort unter 3 b

  • @ Rechtspfleger 2010:

    Eine vollwertige Akteneinsicht ersetzen aber die Auskünfte aus der Ermittlungsakte schon deshalb nicht, weil da eine ganze Menge Einschränkungen bestehen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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