Einigungsgebühr bei Klagerücknahme

  • Hi,
    das Passende habe ich in der Sufu leider nicht gefunden.
    Klage erhoben, in der Verhandlung werden Bedenken geäußert, dass eine Anspruchsgrundlage überhaupt entsteht. Daraufhin überlegt KL, die Klage zurückzunehmen. Bekl. erklärt, der Rücknahme unter der Bedingung zuzustimmen, dass der Kläger erklärt, die streitgegenständliche Forderung nicht mehr anderweitig geltend zu machen. Der KLäger erklärt dies und nimmt die Klage zurück, daraufhin stimmt der Bekl der Rücknahme zu. Kläger trägt die Kosten.
    Jetzt beantragt der Bekl eine 1,0 EG.
    Erstattungsfähig? Der Beklagte sagt ja, da eine Vereinbarung getroffen worden ist: Verzicht auf Geltendmachung gegen Zustimmung zur Rücknahme. Der Kl sieht dagegen keine Wechselseitigkeit und sagt, eine Klagerücknahme biete keinen Raum für eine EG. Nach Gerold/Schmidt, könnte aber doch eine solche entstanden sein.:gruebel:

  • Der Trick dabei ist wohl, dass der Beklagte der Klagrücknahme zustimmen muss damit die Rechtshängigkeit der Klage rückwirkend entfällt. Das bedeutet, dass ich theoretisch noch einmal klagen könnte. In dem Moment, wo ich auf dieses Recht verzichte den Anspruch zukünftig geltend zu machen, könnte hier wohl ein Vertrag zu Stande kommen, der auf die Erledigung des Rechtsstreites im Ganzen gerichtet ist.

    Ist aber auch nur eine Theorie...

  • Ich komme noch mal auf das Thema zurück: Der KV meint, dass selbst wenn eine EG entstanden ist, diese nicht erstattungsäfhig sei, da § 98 S. 1 ZPO gelte, nach dem die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben gelten, wen nichts anderes vereinbart wurde.
    Wie seht ihr das? DAvon ausgehend, dass eine EG durch Einigung/Vertrag entstanden ist, ist die EG dann trotzdem nicht erstattungsfähig? Weiß irgendwie nicht weiter (kann auch am Wetter liegen). :gruebel:

  • § 98 ZPO liegt nicht vor, da das Gericht abweichend über die Kosten entschieden hat. Diese Entscheidung ist für die Kostenfestsetzung verbindlich.

    Fraglich ist aber, ob die Kosten der Einigung solche des Rechtsstreits sind. Der Vergleich wurde nicht über den Streitgegenstand geschlossen, denn dann wäre eine Klagerücknahme nicht mehr erforderlich. Somit haben sich die Parteien über einen Gegenstand verglichen, der nicht rechtshängig war. Damit sind die daraus entstandenen Kosten keine des rechtshängigen Verfahrens.

  • So sehe ich das auch. Eine 1,0 Vergleichsgebühr würde nur dann entstehen, wenn diese auf der Grundlage eines vor GEricht geschlossenen Vergleichs beruhen würde. DAnn wäre diese auch erstattungsfähig. Wird aber von der Gegenseite gemeint, dass die Einigungsgebühr überhaupt zustande gekommen ist, da die Klagerücknahme als Vergleich zu werten wäre, dann wäre dass ja eine außergerichtliche Einigungsgebühr mit 1,5fachen Gebührensatz! Was also nicht vor Gericht geschlossen wurde, kann ja wohl nicht als 1,0 Gebühr angesetzt werden!

  • Im Anschluss an die Überlegung von Doppelte Halbtragskraft:

    Aus dem Protokoll ergibt sich, dass nach entsprechender Verhandlung die eine Partei zugesagt hat, die Forderung nicht anderweitig geltend zu machen, daraufhin dann die andere Seite die Klage zurückgenommen hat. Ergo: Ohne Zusage hätte es keine Klagerücknahme gegeben, der Rechtsstreit wäre nicht beendet gewesen. Hieraus folgt wiederum, dass man die Vereinbarung durchaus als für die Beendung des Rechtsstreits relevant ansehen kann und muss. Dies ist wiederum Voraussetzung für die 1,0 EG bei einem anhängigen Verfahren. Denn GENAU DIESES ist jetzt letztlich beendet.

    Dass eine anderweitige Geltendmachung nun nicht mehr möglich ist, ist ein Ausfluss der Vereinbarung, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass nur durch diese Vereinbarung das hier aktuelle Verfahren überhaupt erledigt werden konnte.

    Ich hatte eine solche Konstellation selbst noch nicht, habe aber meine nicht unerheblichen Zweifel, dass hier keine EG entstanden sein soll. Die Voraussetzungen dafür sind m.E. gegeben. Man darf nicht stur auf die Klagerücknahme abstellen, sondern muss mit einberechnen, wie diese zustande gekommen ist, nämlich nur durch die erwähnte Einigung/Abmachung.

  • Ohne Zusage hätte es keine Klagerücknahme gegeben, der Rechtsstreit wäre nicht beendet gewesen.



    Dies trifft auf jeden Mehrvergleich zu: Ohne zusätzlichen Vergleichsgegenstand, wäre der Rechtsstreit nicht beendet. Nur ist hier abweichend von einem Mehrvergleich über den anhängigen Teil gar nicht verglichen worden.

  • Das ist mir klar und letztendlich irgendwie auch mein Dilemma. Was ist jetzt stärker zu gewichten: Die Vereinbarung als "Auslöser der Verfahrensbeendigung" oder der bloße Inhalt der Vereinbarung... also Inhalt oder Auswirkung... ich bin mir ehrlich gesagt im Moment auch nicht ganz sicher. Wohl wieder mal ein Fall à la: Da kannste machen was willste, das Rechtsmittel kommt ohnehin.

  • Dann sollten aber 1,5 Gebühr (oder 1,0, wenn nicht mehr beantragt) auf den Gegenstandswert des Vergleichs zu erstatten sein. Wobei man sich allerdings klar sein muss, dass der Zweck der Einigungsgebühr nicht ganz erreicht wurde.

  • Das finale Ergebnis wäre interessant...

  • Also, wenn ich P. richtig verstehe, wurde sich IM Termin darauf geeinigt, dass die Klage zurückgenommen und anderweitig nicht noch einmal erhoben wird. Woraus Ihr da einen Mehrwert oder eine "außergerichtliche Einigung" nehmt, kann ich nicht nachvollziehen. Es wurde doch ein kein anderer Anspruch miteinbezogen.
    Dass die Beklagtenseite sich bestätigen lässt, dass die Klage nicht anderweitig noch mal erhoben wird, ist nachvollziehbar, denn nach Klagrücknahme gilt die Klage als nicht erhoben, es gäbe keinen Einwand der Präjudiz.

    Der Kläger erhebt eine Klage, der Beklagte sagt: Die Forderung besteht nicht, der Beklagte verzichtet auf einen weiteren Rechtsstreit und ein eventuelles klagabweisendes Urteil, besteht aber darauf, dass die Rechtsfolgen die gleichen bleiben, im Gegenzug nimmt der Kläger die Klage zurück - ich tendiere auch stark dazu, die Einigungsgebühr festzusetzen.

    Eine Anwendbarkeit von § 98 ZPO sehe ich nicht.

    Gegenargument wäre die frühere Rechtsprechung, die, wenn sich die Parteien darauf einigten, dass der Beklagte die Forderung anerkennt und dann ein AU ergeht, die Entstehung oder doch zumindest die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr verneinten mit dem Argument, wenn die Parteien das Anerkenntnisurteil gewählt hätten, hätten sie auf eine Erstattungsfähigkeit der Einigungsgebühr verzichtet. Das ist eine verwandte Konstellation.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

    Einmal editiert, zuletzt von online (28. August 2011 um 22:06)

  • Ich danke euch! Das Rechtsmittel habe ich schon gefangen, weil ich im Kfb die EG festgesetzt hatte mit der Begründung,d ass für mich eine Vereinbarung vorliegen würde, die eine EG entstehenlässt.
    @ online: In der Tat geschah das ganze IM Termin.
    @ 13: Ich werde jetzt nicht-abhelfen und euch das "finale Ergebnis" natürlich mitteilen (ich hoffe, das OLG lässt sich nicht zu sehr Zeit...).

  • Da bin ich ja mal echt gespannt... :cool:

  • Hallo,
    wie sieht es denn in folgendem Fall aus?

    Das Gericht macht den Pbev (nach jeweiligem Telefonat) einen schrift. Vorschlag, der Kläger solle die Klage zurücknehmen und Kosten werden gge. aufgehoben. Beide erklären schriftlich sie seien damit einverstanden.
    Beschluss (§91): Kosten werden gge. aufgehoben.

    Der Kl. hatte PKH und macht nun auch 1,2 Tg und 1,0 EG geltend.
    Einen Termin gab es nicht, aber TG ist wohl nach 3104 Abs. 1, 1. Alt. zu berücksichtigen. Aber was ist mit der EG?
    Es gab ja keinen Vergleich. Reicht o.g. Konstellation trotzdem aus?

  • Daß die TG entstanden ist, ersehe ich nicht aus dem Sachverhalt. Denn soweit nur das Gericht mit den Parteien jeweils telefoniert hat, die Parteien untereinander also gerade nicht miteinander gesprochen haben, ist keine Terminsgebühr angefallen.

    Was die EG angeht, so liegt zumindest eine Einigung bezüglich der Kosten vor. Denn im Falle der Rücknahme wären diese i. d. R. dem Kläger aufzuerlegen, so daß das Einverständnis über die Kostenaufhebung eine Einigung darstellt. Die EG ist somit zumindest aus dem Kostenwert entstanden. Ob die EG aber auch aus dem vollen Klagewert angefallen ist, kann man bezweifeln. Denn die Einigung über die Kostenaufhebung ist nicht zwingend (Bedingung) für die Klagerücknahme gewesen. Evtl. aber doch? Man weiß es nicht.

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  • der Vorschlag des Gerichts war:

    1. Der Kl. nimmt die Klage zurück
    2. Die Parteien erklären das einstw. Vfg-Verfahren übereinstimmend für erledigt und erklären jeweils die hälftige Kostenübernahme

    Ok die Einigungsgebühr kann, wie ich gerade gelesen habe, auch ohne Terminsgebühr anfallen.
    Die Einigungsgebühr wurde natürlich nach dem Klagewert angemeldet...
    Bleibt noch die Frage nach der TG. Werd da mal nachhaken.
    Wobei 3104 Abs. 1 mir nicht aus den Kopf geht: "die Gebühr entsteht auch in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgesehen ist, im Einverständnis mit den Parteien entschieden wird..."

  • Daß die TG entstanden ist, ersehe ich nicht aus dem Sachverhalt. Denn soweit nur das Gericht mit den Parteien jeweils telefoniert hat, die Parteien untereinander also gerade nicht miteinander gesprochen haben, ist keine Terminsgebühr angefallen.

    Das sieht in einer aktuellen Entscheidung das LSG Hessen anders:

    http://blog.beck.de/2011/12/23/lsg…-terminsgebuehr

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Wobei 3104 Abs. 1 mir nicht aus den Kopf geht: "die Gebühr entsteht auch in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgesehen ist, im Einverständnis mit den Parteien entschieden wird..."


    Es wird ja nicht (über die Hauptsache) entschieden, weil diese zurückgenommen wird. Soweit eine Entscheidung über die Kosten ergeht, kann diese auch ohne mündliche Verhandlung ergehen, so daß auch deshalb die Alt. 1 keine Anwendung findet.

    Daß die TG entstanden ist, ersehe ich nicht aus dem Sachverhalt. Denn soweit nur das Gericht mit den Parteien jeweils telefoniert hat, die Parteien untereinander also gerade nicht miteinander gesprochen haben, ist keine Terminsgebühr angefallen.

    Das sieht in einer aktuellen Entscheidung das LSG Hessen anders:

    http://blog.beck.de/2011/12/23/lsg…-terminsgebuehr


    Dank Dir für den Hinweis. Ich hatte es anders in Erinnerung. :gruebel: Allerdings sieht es neben der von Dir zitierten Entscheidung des LSG Hessen in der hiesigen Konstellation das OLG Düsseldorf (AGS 2011, 322 = JurBüro 2011, 304) ebenfalls so, daß eine TG angefallen ist. Die Literatur stimmt dem mittelbar (Schneider/Wolf-Onderka/N. Schneider, RVG, 6. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 156) und auch ausdrücklich (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., Vorb. 3 Rn. 132 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2006, 1441 = MDR 2007, 302 und der a. A. von Hansens, RVGreport 2009, 269) zu.

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  • Noch eine weitere Entscheidung zur Thematik:

    "1. Eine Terminsgebühr aus Nr. 3106 VV fällt nach der Vorb. 3 Abs. 3 VV auch durch ein Telefonat mit dem Kammervorsitzenden an, wenn auf dessen Basis der Rechtsstreit im Wege eines protokollierten Vergleiches erledigt werden kann.

    2. Der Sinn und Zweck der Vorb. 3 Abs. 3 VV - namentlich die Vermeidung von gerichtlichen Terminen, welche nur aus Gebühreninteresse abgehalten werden - legt eine weite Auslegung dieses Tatbestandes nahe.

    3. Gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung gegen eine Kostenfestsetzung ist die Beschwerde zum LSG gegeben."

    SG Fulda, Beschluß vom 08.03.2011 - S 3 SF 60/10 E
    (Fundstelle: AG|Spezial 2011, 601-603)

    Das SG Fulda schließt sich in seiner Begründung im übrigen auch der Auffassung des LG Freiburg (Beschluß vom 11.04.2007 - 6 O 38/07) an, wonach eine TG selbst dann entstehe, wenn ausschließlich ein Telefonat zwischen einem PV und dem Kammervorsitzenden geführt wurde, und stellt sich ausdrücklich gegen die Stimmen in der Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 11.12.2009 - L 19 B 281/09 AS) und der Literatur (Schneider/Wolf-Onderka/N. Schneider, RVG, 5. Auflage 2010, VV Vorb. 3 Rn. 154), die das ablehnen, weil die Gegenseite an der betreffenden Besprechung beteiligt sein müsse.

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