Zusammenrechnung von Einkünften

  • Ich habe mit einem Drittschuldner folgende Meinungsverschiedenheit: Eröffnetes IK-Verfahren und die Schuldnerin bezieht Arbeitslohn und eine Witwenrente. Auf meinen Antrag als Treuhänder hat das Insolvenzgericht beschlossen, dass die Einkommen zusammengerechnet werden. Der unpfändbare Teil ist in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen. Durch die Zusammenrechnung ergeben sich nun pfändbare Beträge, die vom Drittschuldner der Witwenrente an einen Abtretungsgläubiger und nicht zur Masse gezahlt werden mit der Begründung, in der Abtretung sei schon die Zusammenrechnung angeordnet. Ich meine, erst der insolvenzgerichtliche Beschluss ist zugunsten der Masse wirksam. Wie seht Ihr das?

  • Das mit der Zusammenrechnung bei Abtretungen ist so eine Sache.

    Einige Banken haben in ihren Abtretungen den Hinweis, dass mehrere Einkommen zusammenzurechnen sind.

    Eine solche Klausel halte ich nicht für geeignet die Zusammenrechnung zu bewirken.

    Anders ist es, wenn tatsächlich sowohl das Arbeitseinkommen und die Rente benannt sind und willentlich (des Schuldners) die Zusammenrechnung vereinbart wurde.

    Der BGH hat ja auch nur gesagt, dass die Zusammenrechnung möglich ist und dass das Prozessgericht für die Feststellung zuständig ist, was abgetreten ist.

    Meiner Meinung nach müssen an eine Zusammenrechnung in einer Abtretung auch mindestens die Anforderungen gestellt werden, die für die Pfändung gelten. Es muss also auch bestimmt werden, aus welchem Einkommen die unpfändbaren Grund- und Mehrbeträge zu entnehmen sind. Das ist in der Regel nicht der Fall und somit wissen die Drittschuldner schon mal nicht, wer was an wen auszahlen muss.

    Die Anordnung in dem Ausgangsfall des Insolvenzverfahrens ist ohnehin nicht rechtmäßig weil sie gegen die Pfändungsschutzvorschriften verstößt. Bei einer Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Renten richtet sich die Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2 ZPO und danach ist der unpfändbare Grundbetrag aus den Sozialgeldleistungen (=Rente) zu entnehmen.

    Gegen diesen Beschluss würde ich als Drittschuldner Erinnerung einlegen.

  • @Coverna:
    Aus dem Sachverhalt ist aber m.E. nicht unbedingt ersichtlich, welches das Haupteinkommen des Schuldners ist. Die Witwenrente wird den kleineren Teil ausmachen und deshalb ist der unpfändbare Betrag aus dem Arbeitseinkommen und nicht aus der Rente zu entnehmen.

  • Das ist egal, bei § 850e Nr. 2a ZPO spielt das keine Rolle. Lies Dir doch mal den Abs. 2a durch. Der wurde schließlich extra deswegen eingefügt.

    Mit Arbeitseinkommen sind auf Antrag auch Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung unterworfen sind. Der unpfändbare Grundbetrag ist, soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche erfolgt, in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu entnehmen. Ansprüche auf Geldleistungen für Kinder dürfen mit Arbeitseinkommen nur zusammengerechnet werden, soweit sie nach § 76 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 54 Abs. 5 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gepfändet werden können.

  • Hast recht, hab ich überlesen. Ist aber auch irgendwie unlogisch, weil die Rente ja wohl eher einen Bruchteil ausmacht.... :gruebel:

  • Das spielt gar keine Rolle, weil es um Sozialgeldleistungen insgesamt geht. So z.B. als früher das Wohngeld noch pfändbar war. Es wäre eher unlogisch auf die Sozialgeldleistungen zuzugreifen, die von der Allgemeinheit gezahlt werden und das Arbeitseinkommen als unpfändbar zu belassen.

    In der Praxis ist das natürlich nicht ganz so praktikabel, weil es oft so ist, dass neben der Rente geringe Einkünfte aus Arbeitsleistung anfallen, die geringer sind als der pfändbare Betrag. Das führt dann dazu, dass das AE voll pfändbar ist und noch ein Teil der Rente. Dann hapert es zudem noch an dem Wissen des (kleineren) Arbeitgebers und an der Zusammenarbeit zwischen dem Rententräger und dem Arbeitgeber.

    Aber auch bei den Rententrägern haben nicht alle Bearbeiter wirklich Ahnung von der Sache (diese Erfahrung muss ich leider immer wieder machen).

  • Ich hab jetzt nicht die ganze Entscheidung gelesen, aber vielleicht hilft sie ja dem Threadstarter ein wenig.

    BAG - 23.04.1996 - AZ: 9 AZR 940/94

    Nach dem Leitsatz sollten die nun nach Zusammenrechnungsbeschluss pfändbaren Beträge dem Insolvenzverwalter zustehen. Vielleicht habe ich auf die Schnelle aber auch was überlesen (so früh am Morgen und auf dem Sprung ins Büro).

  • Genau ist so, wie bei einer Anordnung ohne Ehegatten, die gilt auch nur für den Gläubiger, für den sie angeordnet ist und erweitert die Pfändbarkeit für die übrigen Gläubiger nicht.

  • Ich hab jetzt nicht die ganze Entscheidung gelesen, aber vielleicht hilft sie ja dem Threadstarter ein wenig.

    BAG - 23.04.1996 - AZ: 9 AZR 940/94

    Nach dem Leitsatz sollten die nun nach Zusammenrechnungsbeschluss pfändbaren Beträge dem Insolvenzverwalter zustehen. Vielleicht habe ich auf die Schnelle aber auch was überlesen (so früh am Morgen und auf dem Sprung ins Büro).



    Vielen Dank. Die Entscheidung scheint eindeutig zu sein. Ich werde sie dem Drittschuldner mal zusenden und Klage androhen.

  • Mein Schuldner bezieht Altersrente, Witwenrente und betriebliche Altersversorgung.

    Schon allein aus der Altersrente wäre etwas pfändbar, bei Zusammenrechnung natürlich noch mehr.

    Die Spanische Bank AG verfügt über eine Abtretungserklärung, in der klar steht, dass alle Einkommen zusammenzurechnen sind und der unpfändbare Betrag dem Haupteinkommen zu entnehmen ist.

    Ich habe jetzt leise Zweifel, dass die Bank das auch so durchsetzen kann in der Insolvenz. Bin ich da im Vorteil mit meinem Insolvenzeröffnungsbeschluss und einem möglichen Antrag beim Insolvenzgericht zu Gunsten der Masse? Oder hat die Bank tatsächlich Chancen, das Absonderungsrecht vollständig so umzusetzen?

    Ich würde ja gern den einen oder anderen Euronen einziehen, wenn das ginge.

  • Diese Frage sehen diverse Landgerichte sehr unterschiedlich. Wenn es sich lohnt, kannst du also nur Zusammenrechnungsantrag stellen, einziehen und es dann auf einen Prozess ankommen lassen, ob die Absonderungsberechtigte ihr Absonderungsrecht gegen die Masse geltend macht.

  • Auf einen Prozess ankommen lassen würden wir es wohl nicht. Wenn der Abtretungsgläubiger nachweisen kann, dass ihm das Geld zusteht, ist das halt so.

    Die Frage ist doch, wie will er das gegenüber den Drittschuldner durchsetzen? Altersrente und Witwenrente kommen vom selben Rententräger, aber die Betriebsrente eben nicht. Müssen die sich wegen einer Abtretungserklärung untereinander abstimmen?

  • Der Abtretungsgläubiger kann die Zusammenrechnung nicht geltend machen und geht deshalb im Zweifel leer aus.

    Ich würde die Zusammenrechnung beantragen und dann kann man sich einigen, dass ein Teil an den Abtretungsgläubiger, der ansonsten nix oder viel weniger bekommen würde, ausgezahlt wird. Dann haben alle Beteiligten etwas davon.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der BGH hat am 31.10.2003 - IXa ZB 194/03 - entschieden, dass auch in einer Abtretung die Zusammenrechnung wirksam vereinbart werden kann.

    Das sehe ich aber nur für den Fall, dass die zusammenzurechnenden Einkommen auch genannt sind.

    Allgemeine Formulierungen, dass mehrere Einkommen zusammenzurechnen sind, würden mir da nicht ausreichen, weil ein Wille des Zedenten aufgrund eines so vorfomulierten Vertrages nicht ausreichend erkennbar ist.

    Im Zweifel wäre das Prozessgericht für die Auslegung der Abtretung zuständig.

    Hast Du mal bei der Rentenversicherung und dem Träger der Betriebsrente nachgefragt ob sie die Zusammenrechnung beachten (würden)?

  • Danke für die Hinweise.

    Ich bin auf den Sachverhalt jetzt grade zufällig gestoßen beim Eingeben der Forderungsanmeldung der Bank. "Mein" Gutachter hat sich offenbar bislang keine Gedanken gemacht. "Abgetreten und gut" steht da im Gutachten. Schlussfolgerung: "Wir kriegen zwei Jahre nix."

    So einfach will ich mir das nun nicht machen. Gläubiger fragt nun nach Eröffnung im Rahmen der Forderungsanmeldung ("für den Ausfall") nach Arbeitgeber und ich fand nun grade die Unstimmigkeiten. Und bin ziemlich überzeugt davon, dass wir zumindest einen Teil bekommen werden.

  • Ich habe neulich gesehen, dass die Rentenversicherung aufgrund Abtretung zusammenrechnet. Ich überlege nur gerade, ob das alles Renten waren oder wie hier noch eine betriebliche Altersversorgung :gruebel: Hat jedenfalls da reibungslos geklappt und als die 2 Jahre rum waren, hab ich eine Zusammenrechnungsbeschluss gemacht.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich habe neulich gesehen, dass die Rentenversicherung aufgrund Abtretung zusammenrechnet. Ich überlege nur gerade, ob das alles Renten waren oder wie hier noch eine betriebliche Altersversorgung :gruebel:

    Werde ich sehen, wenn der Gläubiger tatsächlich offen legt. Alters- und Witwenrente kommen vom selben Rententräger. Aber wie sie den dritten DS da involvieren wollen, ist mir schleierhaft. Der Zusammenrechnungsantrag geht jetzt jedenfalls erstmal raus. Kann ja sein, dass der Gläubiger gar nicht offen legt.

  • Also auch wenn grundsätzlich eine Zusammenrechnung von mehreren Einkünften bei einer Abtretung zulässig ist, kann es ja wohl nicht sein, dass dann aufgrund eines Zusammenrechnungsbeschlusses des Insolvenzgerichts der Abtretungsgläubiger den Mehrbetrag erhält. Denn zuständig bei Streitigkeiten ist das Prozessgericht und nicht das Insolvenzgericht (als Vollstreckungsgericht). Das heißt der Abtretungsgläubiger muss die Abtretung den beiden Drittschuldnern offenlegen und sich mit ihnen auf die zu zahlenden Beträge "einigen" bzw. er muss die DS auf Zahlung verklagen. Beschlüsse, die vom Insolvenzgericht erlassen werden können nur die Masse betreffen.
    Losgelöst von einem Insolvenzverfahren würde ein Vollstreckungsgericht ja auch keinen Zusammenrechnungsbeschluss zugunsten eines Abtretungsgläubigers erlassen dürfen, wenn gar keine Pfändung vorliegt.
    Außerdem müsste - wenn man die Zuständigkeit des Insolvenz- bzw. Vollstreckunsgerichts in solchen Fällen bejahen würde - dem Abtretungsgläubiger als Beteiligter ein Antragsrecht und eine Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln zustehen.

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