Berücksichtigung von Fahrtkosten

  • Ich mache mal zu meinem Beitrag in einem anderen (etwas unpassenden) Thread einen neuen auf und hoffe, dass dann hier Diskussion dazu aufkommt:

    Fahrtkosten: Hier schließe ich mich den Oberlandesgerichten an, die die Anwendung der 5,20 € pro Entfernungs-km beschränkt auf 40 km nicht (mehr) für gerechtfertigt halten. Bei uns / bei mir gibt es jetzt 0,25 € pro tatsächlich gefahrenen km, ab dem 81. km dann nur noch 0,20 € pro km.
    Seit Jahren an den 5,20 € festzuhalten, ist angesichts der dramatisch gestiegenen Spritzpreise und Versicherungsleistungen, natürlich auch der Anschaffungskosten, alles andere als gerechtfertigt.

    Hatte letztens einen Fall:
    Berufsanfängerin fährt jeden Tag 2x 11 km zur Arbeit. Da wären nach der 5,20-Methode 57,50 €. Nach der anderen Methode wären es immerhin mal schon ca. 100 € (22 km x 220 AT / 12 * 0,25 €/km).

    Nun kommt dazu, dass sich die 22-jährige ein wirklich nur kleines Auto gekauft hat und für Kreditrate und Versicherung dafür allein ca. 160 € im Monat aufzubringen hat, einen Tropfen Super-Benzin hat sie damit noch gar nicht getankt.
    Die Bezirksrevisoren bei uns, die immer noch ein wenig die 5,20 €-Methode favorisieren, meinen, dass in den Pauschalbeträgen bereits sämtliche Kosten (Anschaffung, Steuern, Versicherungen, ...) enthalten seien. Für die 2. Methode kenne ich dazu auch einige OLG Entscheidungen, die das ausdrücklich so sehen. Und unser eigenes OLG Dresden hat letztens in einer Beschwerdesache zu einem PKH-Abänderungsbeschluss erstmals am Rande festgestellt, dass die 5,20 €- Methode wohl nicht mehr anwendbar sei gemäß § 115 ZPO, wobei das andere Kammern des Gerichts noch immer so vertreten, hat aber zugleich offen gelassen, ob man die tatsächlich gefahrenen km nun mit 0,20, 0,25 oder 0,30 € (dort so im Unterhaltsrecht angewandt) ansetzen müsste, weil es darauf im konkreten Fall gar nicht mehr ankam. Die 40 km- Beschränkung ist sowieso durch nichts gerechtfertigt, da in unserer ländlichen Region sehr viele mindestens 50 - 60 km in die Großstädte fahren müssen, sie haben alle Grundstücke (von sicherlich nicht großem Verkaufswert), und würden bei einem Umzug wieder erheblich mehr Wohnkosten aufbringen müssen.
    Und unsere Bezirksrevisoren, auf das irrsinnige Ergebnis im Beispielfall angesprochen, meinte, dann lassen sie mir eben offen, welche Methode ich anwende, und was die Anschaffungs- und Unterhaltskosten angeht, müsse ich dies dann eben nicht bei den Fahrtkosten, sondern unter "besondere Belastungen" berücksichtigen, dies ließe § 115 ZPO ja zu.

    Zu dem ganzen Irrsinn könnte man noch weitere Bespielfälle aufführen (hatte letztens eine Frau, die nur 4 Entfernungs-km zurückzulegen hat, wegen des Schichtsystems aber auch nachts unterwegs ist, sodass man ihr ein Auto wohl zubilligen muss - von den Ergebnissen der Pauschalen kann man nie und nimmer etwas für die Unterhaltung oder Anschaffung des PKWs zurücklegen !)
    Was die längst überfällige Abschaffung / Veränderung der 5,20 - Pauschale angeht: Geht sowieso nicht anzuwenden, wenn jemand am Sonntag abend 400 km zu seinem Arbeitgeber auf Montage fährt und freitags zurückkommt - dann kann man sowieso nur mit tatsächlich gefahrenen km rechnen.

    So wie es sich mir jetzt darstellt, kann und muss es jeder in jedem Einzelfall machen wie er denkt, eine praktikable Lösung für alle Fälle gibt es einfach nicht, und insbesondere ist die Rechtsprechung vieler OLGs völlig weltfremd, wenn sie meinen, durch bestimmte auf den km bezogene Pauschalen würden sogleich alle damit verbundenen Kosten wie Anschaffung und Unterhaltung abdecken. Sowas kann man ganz einfach gar nicht pauschalisieren, wenn man alleine mal davon ausgeht, was ein Fahranfänger für Versicherungen bezahlt und dagegen ein langjähriger (unfallfreier) Fahrer.

  • Gibt es zu deinem Thread eine Frage?

    Wenn diese lauten sollte, wie es woanders gehandhabt wird, hilft dir vielleicht diese Diskussion weiter...

    Man muss halt sehen, wie die jeweiligen eigenen Obergerichte das entscheiden und wie die eigenen Bezis ticken. Denn wenn man diese nicht im Rücken hat, kann man entscheiden und begründen wie man will, sobald Beschwerde kommt, muss umentschieden werden, da die Meinung der anderen OLGs nunmal nicht so viel zählt, wie die des eigenen...

    Allerdings wird es erst richtig kompliziert, wenn die Senate untereinander anders entscheiden (wie in Celle der Fall)...

  • Wir machen hier ja seit kurzer Zeit für unsere Richter die PKH-Vorprüfung und ich habe erst letztens mal der zuständigen Richterin die in Rechtssprechung und Literatur vertretenen Meinungen dargestellt, weil sich je nach Ansicht eine Rate von 0,00 bis 120,00 € (!) ergeben hätte.

    Ich tendiere auch dazu, die JVEG-Sätze oder die Unterhaltsrichtlinien entsprechend anzuwenden, da ich auch wie das OLG Dresden inzwischen die Pauschale von 5,20 € pro Entfernungskilometer absolut unangemessen finde. Ich bin selbst mal eine Zeit lang zur Arbeit gependelt und weiß, was man da allein an Benzinkosten lässt. Da hätten die 5,20 € bei weitem nicht gereicht und es wären noch keinerlei Reparaturkosten oder gar Anschaffungskosten abgedeckt gewesen.

    Leider hat die Richterin in dem Fall noch nicht entschieden, sodass ich nicht weiß, was hier favorisiert wird. Aber ich befürchte, dass sie der BezRev-Auffassung von 5,20 € folgen wird...

  • Man hat das Auto aber auch für das private Vergnügen. Selten dient eine Anschaffung nur für den Arbeitsweg. Dann reicht auch eine alter Klapperkiste. Nein, es sind ja meistens komplett neue - und damit teure -Autos. Und dafür soll dann der Steuerzahler aufkommen? Ich pendel auch viel, aber mal ehrlich: Die meisten könnten auch mit dem Bus/Bahn fahren, es ist nur nicht so komfortabel. Ich nehme derzeit noch die 5,20 €. Diese Diskussion führt aber dazu, dass ich in einer ruhigen Minute mal über eine neue Berechnungsmethode nachdenke.

  • Es geht hier gar nicht so sehr um die Methode (5,20 € pro Entfernungs-km oder tatsächlich gefahrene km wie im Unterhaltsrecht), sondern um die Frage, wie es mit Anschaffungskosten (Kreditraten), Versicherungsbeiträgen, Reparaturkosten gehandhabt wird. Mein Beispiel zeigt doch, dass in manchen Fällen - unabhängig davon, welche Methode man wählt - die Ergebnisse nicht mal für Kreditrate (Beispiel: waren ja nur gut 100 €, und das ist tatsächlich nicht viel) oder Versicherungsbeiträge (vergleiche die hohen Beiträge eines Fahranfängers) reicht, geschweige denn für das Geld, was man an der Tankstelle zu bezahlen hat. Und zu welchem Prozentsatz jemand noch rein Privat das Auto nutzt, ist sowieso schwer zu schätzen oder gar nachprüfbar. Mir ging es um den Beispielfall: Fahranfänger braucht für PKW-Rate eines einfachen PKWs und für seine Haftpflichtversicherung allein schon 160 €, aber egal, welche Methode man anwendet: Durch ein relativ kurze Entfernung zur Arbeitsstelle kommt man mit beiden Methoden nicht über 100 €. Und in meinem Fall war es noch so, dass die Antragstellerin in der Stadt wohnt und in die 11 km entfernte Agrargenossenschaft (Dorf) zur Arbeit fährt. Dorthin fahren nunmal nur selten Busse, und das meist als Schülerverkehr, in den Ferien praktisch gar nicht.

  • Eines sollte man bei der Diskussion nicht vergessen: Wir bilden mit den Freibeträgen und Pauschalen nicht das wahre Leben ab. Es ist klar, dass einer, der zur Arbeit pendelt und evtl. Kinder etc. hat, tatsächlich nicht so viel in der Tasche hat, wie wir bei der PKH errechnen. Bei wem reichen schon 395 € bzw. neu 400 € für Essen, Kleidung, sog. Luxusausgaben wie GEZ und Co. aus?

    Aber die Parteien bekommen ja auch die gesamten Kosten von der Staatskasse vorgeschossen. Bei hohen Streitwerten ist das nicht wenig. Und die meisten, auch wenn sie pendeln o. ä., haben immernoch Geld, etwas auf Ratenzahlung zu kaufen. Nur für die Kosten, da bleibt nichts übrig. Das finde ich nicht okay. Aus diesem Grund wende ich die Pauschalen und Freibträge so wie sie gelten an, und dann müssen eben 5,20 € für max. 40km Fahrtweg im Monat als Kosten für den PKW reichen. Zumal die Haftpflicht ja extra abgerechnet werden kann.

    Ich finde es manchmal schon abenteuerlich, wie sich die Parteien winden, wenn sie Raten zahlen sollen. Wenn eine Alleinstehende aber 1.600 € netto hat, kann sie auch Raten zahlen; ich sehe aus fiskalischer Sicht nicht ein, warum die Gemeinschaft das finanzieren sollte. Das ist sicher nicht Sinn der PKH gewesen.

  • Es geht hier gar nicht so sehr um die Methode (5,20 € pro Entfernungs-km oder tatsächlich gefahrene km wie im Unterhaltsrecht), sondern um die Frage, wie es mit Anschaffungskosten (Kreditraten), Versicherungsbeiträgen, Reparaturkosten gehandhabt wird. .



    Also ich sehe das Problem nicht:

    5,20 €/km decken die Kaskoversicherung, Reparaturen und Sprit ab,
    Haftpflicht kann gesondert berücksichtigt werden, ebenso die Rate für die Anschaffung, wenn diese vor PKH-Bewilligung schon bestand oder der PKW zur Ausübung der Berufstätigkeit notwendig ist.

  • ich wende auch die 5,20 EUR an, da dies auch die Auffassung meines OLG´s und der Revisoren ist. Wie schon klein_steffchen schrieb, wird das Auto schließlich auch privat genutzt und bei der Steuer sind Fahrtkosten ja auch absetzbar.

    Und was man auch nicht vergessen darf: es gibt immer noch die Erwerbstätigenpauschale von 182,00 EUR. Im Kommentar ist dazu nur zu lesen, dass diese abzuziehen ist, nicht jedoch, was damit abgedeckt ist. Wenn damit nicht zumindest ein Teil der tatsächlichen Fahrtkosten abgedeckt sein soll, spezielle Berufskleidung auch gesondert absetzbar ist, wofür ist dann diese Pauschale? Nur als Anreiz, überhaupt arbeiten zu gehen?

  • Es geht hier gar nicht so sehr um die Methode (5,20 € pro Entfernungs-km oder tatsächlich gefahrene km wie im Unterhaltsrecht), sondern um die Frage, wie es mit Anschaffungskosten (Kreditraten), Versicherungsbeiträgen, Reparaturkosten gehandhabt wird. .



    Also ich sehe das Problem nicht:

    5,20 €/km decken die Kaskoversicherung, Reparaturen und Sprit ab,
    Haftpflicht kann gesondert berücksichtigt werden, ebenso die Rate für die Anschaffung, wenn diese vor PKH-Bewilligung schon bestand oder der PKW zur Ausübung der Berufstätigkeit notwendig ist.



    Das Problem scheint zu sein, dass laut Andy.K einige OLGs (ich habe die Rechtssprechung jetzt nicht dahingehend geprüft) meinen, dass auch die Anschaffungs-, Versicherungs- und Reparaturkosten beispielsweise durch die Pauschale abgedeckt sind und somit nicht gesondert geltend gemacht werden können. Diese Meinung jedenfalls könnte ich angesichts der Höhe der Pauschalen nicht nachvollziehen.

  • Wenn damit nicht zumindest ein Teil der tatsächlichen Fahrtkosten abgedeckt sein soll, spezielle Berufskleidung auch gesondert absetzbar ist, wofür ist dann diese Pauschale? Nur als Anreiz, überhaupt arbeiten zu gehen?



    Das würde ich als den Hauptgrund ansehen, ja.

  • Es geht hier gar nicht so sehr um die Methode (5,20 € pro Entfernungs-km oder tatsächlich gefahrene km wie im Unterhaltsrecht), sondern um die Frage, wie es mit Anschaffungskosten (Kreditraten), Versicherungsbeiträgen, Reparaturkosten gehandhabt wird. .



    Also ich sehe das Problem nicht:

    5,20 €/km decken die Kaskoversicherung, Reparaturen und Sprit ab,
    Haftpflicht kann gesondert berücksichtigt werden, ebenso die Rate für die Anschaffung, wenn diese vor PKH-Bewilligung schon bestand oder der PKW zur Ausübung der Berufstätigkeit notwendig ist.




    Das Problem ist eben, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers mit den 5,20 € je km sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Auto abgegolten sind (also auch Haftpflicht und Raten).

    Nach meiner Ansicht dürfte dies jedoch nicht mehr vertretbar sein, so dass hier eine gesonderte Anrechnung der PKW-Raten und der Kfz-Haftpflicht (als gesetzlich vorgeschriebene Versicherung) erfolgt.

  • Wenn damit nicht zumindest ein Teil der tatsächlichen Fahrtkosten abgedeckt sein soll, spezielle Berufskleidung auch gesondert absetzbar ist, wofür ist dann diese Pauschale? Nur als Anreiz, überhaupt arbeiten zu gehen?



    Das würde ich als den Hauptgrund ansehen, ja.



    Zu den Freibeträgen: durch die Belastung mit Ratenzahlungen darf das Existenzminimum nicht unterschritten werden. Zum Existenzminimum gehört auch ein Mehrbedarf für Erwerbstätige (Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 115 Rn. 27) - das heißt: der Freibetrag für Erwerbstätigkeit ist bereits dazu da, die durch die Erwerbstätigkeit verursachten Mehraufwendungen auszugleichen.


  • Das Problem ist eben, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers mit den 5,20 € je km sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Auto abgegolten sind (also auch Haftpflicht und Raten).

    Nach meiner Ansicht dürfte dies jedoch nicht mehr vertretbar sein, so dass hier eine gesonderte Anrechnung der PKW-Raten und der Kfz-Haftpflicht (als gesetzlich vorgeschriebene Versicherung) erfolgt.



    Genau darin liegt da Problem. Auch viele OLGs meinen, dass mit den Pauschalen alles rund um das Auto abgedeckt sei. Und das ist ganz einfach nicht zutreffend, da kann man locker mit wenig Aufwand Gegenbeispiele konstruieren, die das ad absurdum führen. In meinem Falle reichte das Ergebnis ja nicht mal für Versicherung und bescheidene Rate.

    das heißt: der Freibetrag für Erwerbstätigkeit ist bereits dazu da, die durch die Erwerbstätigkeit verursachten Mehraufwendungen auszugleichen.



    Das kann ich so nicht unterschreiben. Mit Mehraufwendungen können hier ganz sicher nicht die Fahrtkosten gemeint sein, denn es macht ja wohl einen Unterschied, ob jemand am Ort arbeitet oder jeden Tag 50 km zur Arbeitsstelle fahren muss.


    Im Übrigen halte ich genauso die Beschränkung auf 40 km Entfernung bei der 5,20 €-Methode als reine Willkür. Bei uns fahren massenhaft Leute aus unserem Kleinstädtchen 55 - 60 km in die nächste Großstadt, um dort überhaupt Arbeit zu finden. Sonst wären sie auch arbeitslos. Und Mobilität wird ja gerade an anderer Stelle verlangt und gefördert. Und kommt mir nicht mit "Umzug": In der Großstadt sind dann die Mietkosten wieder viel höher, zu Hause wohnt man in einem eigenen Haus und damit viel günstiger, wenn es auch beim Verkauf nicht mehr viel einbrächte. Dann hängt die Arbeitsstelle des Ehegatten dran .... und und und.

    Wie man sieht: Die gesamten Pauschalisierungsversuche sind sämtlich untauglich, weil die Sachverhalte mitunter sehr unterschiedlich sind. Man könnte ja auch noch anfangen, sich ewig darüber zu streiten, ob man öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann, dazu Fahrpläne studieren etc., so wie das manche Anwälte manchmal machen, wenn es um Kindesunterhalt geht. Dafür ist in einem Verfahren wie PKH oder Beratungshilfe bloß kein Raum und keine Zeit.

  • Sorry aber irgendwo sollte man mal die Kirche im Dorf lassen...

    PKH/VKH ist Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege.
    Das Auto ist ein Luxusgut, welches in deutlich höherem Anteil privat genutzt wird als zur Erzielung des Einkommens...

    Ich fände es (nennen wir es einfach mal) ungerecht, wenn zu den Fahrtkosten auch noch weitere Sachen (Finanzierung, Vollkasko, Steuer) berücksichtigungsfähig wären...

    Bezüglich der Beschränkung auf 40 km gebe ich dir aber recht.
    Darum bin ich ziemlich zufrieden mit meinem OLG, welches 0,30 € unbeschränkt gewährt, und damit alle Kosten abgegolten sind...

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