Nachlassinsolvenz

  • Ich hab so überhaupt null Ahnung von Nachlassinsolvenz. Eine Kollegin stellt folgende Frage:

    Zitat

    Der Schuldner unserer Mandantin ist verstorben. Es wurde sodann gegen die Erbengemeinschaft Titel erwirkt und zwar in der Form, dass nunmehr gegen jeden einzelnen Erben ein VB vorliegt (als Gesamtschuldner), ohne Hinweis auf eine Erbengemeinschaft.

    Einen Teil der Forderung konnten wir auch schon vollstrecken.

    Nun teil eine Schuldnerin mit, dass über den Nachlass das Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet wurde.

    Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, welche Fragen ich ihr stellen muss, um einen klaren Sachverhalt hinzukriegen.

    Meine erste Frage ist: Gelten die allgemeinen Vorschriften über die Rückschlagsperre und das Vollstreckungsverbot auch für Nachlassinsolvenzen? Ebenso die Anfechtungsvorschriften?

    Ich gehe erstmal so nach dem ersten Lesen der Fragestellerin davon aus, dass gar nicht in den Nachlass, sondern gegen jeden einzelnen Erben in dessen Vermögen vollstreckt wurde. Könnte sich ein Insolvenzverwalter irgendetws "zurückholen", wenn es nicht aus dem Nachlass stammt? Ich frage aber diesbezüglich noch mal nach.

  • Die insolvenzrechtlichen Vorschriften gelten erst einmal ohne Einschränkung.

    Fraglich ist wegen der Voraussetzung der Gläubigerbenachteiligung aber, aus welcher Vermögensmasse gezahlt wurde. Denn wurde aus dem Nachlass gezahlt, dürfte wohl zurückzuerstatten sein. Wurde aus dem anderweitigen Vermögen der Erben gezahlt, sind die Nachlassgläubiger meines Erachtens nicht benachteiligt.

    Wenn die Erben clever sind, ist aber jetzt entgültig Schluss mit lustig. Denn sie können die Zahlung aus ihrem Vermögen mit dem Hinweis auf das eingeleitete Nachlassinsolvenzverfahren verweigern. Ist ja auch der Sinn, einen Nachlassinsolvenzantrag zu stellen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Uuups, ich hab die eigentliche Frage der Kollegin "abgeschnitten".

    Zitat

    Können wir jetzt nicht mehr vollstrecken bzw. müssen ggfs. bereits erhaltene Beträge erstatten?

    Entscheidend wäre jetzt also, ob die Zahlungen nach Verteilung des Nachlasses und dann aus diesem geleistet wurden? Wenn Nachlassinsolvenz beantragt wurde, ist dann nicht eher davon auszugehen, dass gar nichts zu verteilen war bzw. dass noch nicht verteilt wurde?

  • ich greife die BGH Entscheidung über die Anfechtbarkeit von Gesellschafterzahlungen in der Insolvenz der GbR auf, IX ZR 138/06, die die Anfechtbarkeit bejaht und dem GbR-Verwalter das Recht zur Geltendmachung einräumt. Begründet wird dies mit § 93 InsO. Da aber gerade das Nachlassinsolvenzverfahren die Haftung der Erben beschränken soll, ist § 93 InsO nicht anwendbar.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • @ La Flor de Cano:

    Deine Konstruktion setzt erst einmal eine Doppelinsolvenz von Nachlass und Erben voraus. Sonst stellt sich das Problem nämlich gar nicht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • nein, das ist ja der Clou, die Doppelinsolvenz ist gerade nicht notwendig,
    es ist völlig ausreichend, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und Gläubiger zuvor in das Vermögen des Gesellschafters vollstreckt haben, siehe Rn 8-12.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • @ Mod: Können wir das Thema ab Nr. 4 bitte abtrennen, weil ich das gern weiter diskutieren würde.

    @ La Flor de Cano:

    Die Idee finde ich ausgesprochen interessant und Du hast Recht, der Bundesgerichtshof macht da scheinbar keine Einschränkungen. Für die Gesellschaftsinsolvenz heißt das, ich lasse mir parallel zumindest nachweisen, welche Gläubiger Ansprüche nach § 128 HGB vollstreckt haben. Wenn man auf § 133 InsO abstellen will, bräuchte man - wenn Gesellschafter auf Forderungen gegen die Gesellschaft zahlen - nur die subjektiven Gründe des § 133 InsO, welche sich aus der inkongruenten Deckung der Drittzahlung ergeben?

    Im Ergebnis: Zahlt der Gesellschafter, nehmen wir die Zahlung dem Gläubiger in der Insolvenz der Gesellschaft wieder weg.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Jamie ich weiß nicht, ob man die Erbengemeinschaft der Gesellschaft gleichstellen kann. M.E. nein.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wenn Nachlassinsolvenz beantragt wurde, ist dann nicht eher davon auszugehen, dass gar nichts zu verteilen war bzw. dass noch nicht verteilt wurde?

    m.E. hätten die Einzeltitel gar nicht ergehen dürfen, da Rechtsnachfolger des Verstorbenen die ungeteilte Erbengemeinschaft ist.

    Wenn die Ausgangsfrage tatsächlich darauf hinauszielt, ob weiter vollstreckt werden darf, würde ich die Frage mit ja beantworten, weil ein Titel existiert, der mit dem Nachlass nichts zu tu hat und nicht mehr rechtsmittelfähig ist. (ob dann ne Anwaltshaftung o.ä. folgt, kann ich nicht beurteilen....:gruebel:)

  • So sehe ich es eigentlich im Augenblick auch. Gegen die Titulierung hätte sich jeder einzelne Antragsgegner wehren können. Die Antragsgegner werden sich gar keinen Anwalt genommen haben, sonst wären die Einzeltitel nicht in der Welt.

    Ob sich ein Nachlassverwalter später was zurückholen kann, steht aber sicher noch auf einem anderen Blatt.

  • Ob sich ein Nachlassverwalter später was zurückholen kann, steht aber sicher noch auf einem anderen Blatt.


    wieso zurückholen? Die "Unbeteiligten" bezahlen doch die Schulden ohne es (rechtlich) zu müssen.

    Der Anwalt, der den falschen VB beantragt hat, dürfte (nach meinem Bauchgefühl) in die Haftung geraten, weil er gegen "unbeteiligte" einen Titel erwirkt hat und daraus auch noch vollstreckt hat.

    der Unterschied ungeteilte Erbengemeinschaft zu GBR besteht darin, dass bei der GBR die Gesellschafter zusätzlich persönlich haften. Bei der Erbengemeinschaft beschränkt sich die Haftung auf den Nachlass

  • Kann man dem antragstellenden Anwalt etwas vorwerfen? Ich denke, die Antragsgegner hätten sich wehren müssen gegen eine unrechtmäßige Inanspruchnahme. Die Titel sind rechtsfkräftig.

    Das verstehe ich ja nun gar nicht. :confused:

  • Kann man dem antragstellenden Anwalt etwas vorwerfen? Ich denke, die Antragsgegner hätten sich wehren müssen gegen eine unrechtmäßige Inanspruchnahme. Die Titel sind rechtsfkräftig.

    Das verstehe ich ja nun gar nicht. :confused:

    ich weiß es nicht, aber grundsätzlich kann ich doch nicht gegen alle Leute im Telefonbuch Mahnverfahren einleiten und vollstrecke dann gegen die, die sich nicht wehren:gruebel:

    und hier ist definitiv gegen den falschen ein Titel erwirkt worden, also finde ich das mit der Telefonbuchgeschichte vergelichbar:cool:

  • Doch, kann ich. Gegen jeden aus dem Telefonbuch. Der muss sich nur wehren und mir die Kosten des Verfahrens auferlegen, weil ich ihn zu Unrecht in Anspruch nahm.

    Oder die Leute aus dem Telefonbuch zeigen mich an. Wie auch immer. Sie müssens sich wehren.

  • Oder die Leute aus dem Telefonbuch zeigen mich an. Wie auch immer. Sie müssens sich wehren.

    na das mein ich doch. Sie zeigen dich als Anwalt/VB-Beantrager an und dann wirds lustig :confused:

    wenn niemand was tut, kommt auch keine Haftung bzw. verjährt die still und heimlich

  • Ich glaub nicht, dass es in diesem Fall Betrug war. Partei- und prozessfähig waren die Gegner ja wohl und in der Lage, Widerspruch oder Einspruch zu erheben. Der Anwalt hat nicht aus Langeweile irgendwas gegen irgendwen beantragt, sondern eine Forderung seines Mandanten geltend gemacht.

    Betrugsabsicht kann man wohl nur annehmen, wenn tatsächlich keine Forderungen bestehen. Die Forderungen bestanden jedoch, alelrdings gegen den Verstorbenen. Der Anwalt hat nur den Auftrag seines Mandanten ausgeführt, aber wohl kaum in betrügerischer Absicht. Neee, da geh ich nicht mit dir mit. Der mündige Bürger muss sich wehren gegen falsche Inanspruchnahme.

  • Der Anwalt hat nicht aus Langeweile irgendwas gegen irgendwen beantragt, sondern eine Forderung seines Mandanten geltend gemacht.


    aber doch nicht gegen den Richtigen. Wenn unsere Mandanten ihre Forderungen durchsetzen wollen und ich nehm als Gegner einfach jemanden, der sich nicht wehrt...???

    Gegner wäre die Erbengemeinschaft und nicht jeder Erbe mit Privatvermögen. (§ 2059 BGB)

    aber du hast ja recht, wehren sollten sie sich selber

    Einmal editiert, zuletzt von Bine1 (14. April 2011 um 20:58)


  • aber du hast ja recht, wehren sollten sie sich selber

    Bei einer Klage wäre dem Richter das Problem sicher aufgefallen und es hätte einen richtlichen Hinweis gegeben. Im Mahnverfahren ist das eben anders. Glück gehabt (für den Antragsteller). :D

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