Kontofreigabe-Nachzahlung Sozialleistungen

  • Hallo, habe hier einen Antrag auf Kontofreigabe vorliegen;
    bisher hatte ich in dem Verf. schon Arbeitseink. im April 2010 freigegeben; jetzt erhält der Schuldner noch Rente (Halbwaisenrente) und hier eine Nachzahlung in Höhe von 2.500 € für die Zeit ab Feb. 2010 - April 2011.
    Dazu erhält er noch lauf. Rentenleistungen.

    Wie würdet ihr die Freigabe der Rentennachzahlung handhaben?

    Hier wär wohl am besten, wenn ich dem Schu. rate, gem. § 55 SGB den Betrag bei der bank zu verlangen, oder? :gruebel:


  • Also die Nachzahlung ist auf den Monat umzulegen für welchen sie gedacht war. Dann muss man schauen was unter berücksichtigung sämtlicher Einkünfte in den Monaten pfändbar war.

    Bei einem P-Konto löst man das über den § 850k IV ZPO mit einer einmaligen Freibetrags Erhöhung.

    Bei nicht P-Konto soll er die Rente direkt vom Konto holen wegen § 55 SGB.
    Wenn die Frist abgelaufen ist, musst du explizit einen bestimmten Betrag einmalig freigeben

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Bei Nachzahlungen und Einmalzahlungen tun sich unsere Banken vor Ort schwer mit der Auszahlung, auch wenn die sehen, dass es Sozialleistungen sind. Ich würde bei nem normalen Konto die Leistung für den jeweiligen Monat (muss aus der Nachzahlung ja ersichtlich sein was für welchen Monat geleistet wurde) dem in diesem Monat erzielten Einkommen hinzurechnen und ausrechnen, was in dem jeweiligen Monat dadurch pfändbar war. Den Rest würde ich freigeben.

  • Ich häng mich hier mal ran: Ich habe dauernd Fälle, in denen die Schuldner P-Konten haben und Nachzahlungen für mehrere Monate (Sozialgeld, Wohngeld, irgendwelche Neuberechnungen) bekommen und dann den "Sockelfreibetrag" überschreiten. Es dauert hier im Jobcenter ewig, bis die Anträge entschieden werden (über 2 Monate). Geht Euch das auch so ? Ich habe überhaupt nicht weniger zu tun, als vor der Gesetzesänderung, im Gegenteil, die Fälle sind alle viel besch.... geworden.

  • (Wohngeld und P-Konto ist interessant, da in § 850k Abs. 4 ZPO der § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I gerade nicht in Bezug genommen wird. Habe daher bislang einmal zurückgewiesen; trotz RM-Belehrung ist keins gekommen. Daher ist es bislang nicht geklärt, was mein LG zu dieser Spezialproblematik gewürfelt hätte ...)

  • Das Wohngeld wollen sie dann nach § 765a Grund: Ich konnte wegen der schleppenden Bearbeitung der Behörde keine Miete zahlen und muss nun die Rückstände begleichen (bis jetzt kam noch keine Beschwerde, wenn ich freigegeben habe).

  • Freigabe also letztlich zugunsten des nicht pfändenden Dritten (Vermieter) gegen den Gläubiger und gegen dessen gesetzlich rechtmäßig erworbenes Pfändungspfandrechts, hmm ...
    und entgegen des klaren gesetzlichen Wortlauts des § 850k Abs. 4 ZPO, hmm ...
    den § 765a ZPO zu bemühen, hmm ...

  • Freigabe also letztlich zugunsten des nicht pfändenden Dritten (Vermieter) gegen den Gläubiger und gegen dessen gesetzlich rechtmäßig erworbenes Pfändungspfandrechts, hmm ...
    und entgegen des klaren gesetzlichen Wortlauts des § 850k Abs. 4 ZPO, hmm ...
    den § 765a ZPO zu bemühen, hmm ...



    Bei dem Wohngeld handelt es sich um eine unpfändbare Leistung nach § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I.

    Warum sollte man die nicht nach § 765a ZPO freigeben, wenn der BGH mit Beschluss vom 27. 3. 2008 - VII ZB 32/ 07 - den § 765a ZPO auch in dem Fall für zulässig angesehen hat:


    "Pfändet der Gläubiger den einer Mitschuldnerin und Ehefrau zustehenden Auszahlungsanspruch aus Girokontovertrag gegen einen Drittschuldner, können die Schuldner und Eheleute zwar nicht nach § 850 k ZPO, jedoch unter den Voraussetzungen des § 765 a ZPO Vollstreckungsschutz beanspruchen, soweit das Guthaben auf dem Girokonto aus der Überweisung von unpfändbarem Arbeitseinkommen des Ehemannes herrührt."

  • ... dein Beispielsfall hinkt aber nun arg: Dort geht es nicht um eine Kontopfändung; es existiert für diesen Fall schlicht keine Spezialvorschrift, also mag subsidiär § 765a ZPO gern herangezogen werden, wie es der BGH auch entschieden hat.

    Dagegen gibt es bekanntlich zur Kontopfändung doch so einige Spezialvorschriften: In diesen ist ausdrücklich das Wohngeld nicht zur Erhöhung des gesetzlichen Pfandfreibetrages aufgeführt:

    § 850k Abs. 4 ZPO listet detailliert auf:

    (4) Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag einen von den Absätzen 1, 2 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 3 abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen. Die §§ 850a, 850b, 850c, 850d Abs. 1 und 2, die §§ 850e, 850f, 850g und 850i sowie die §§ 851c und 851d dieses Gesetzes sowie § 54 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 4 und 5 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 17 Abs. 1 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und § 76 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden. Im Übrigen ist das Vollstreckungsgericht befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.


    § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I ist nun einmal nicht in Bezug genommen worden ...

  • ...

    selbstverständlich geht es primär um die nun einmal existierende Spezialvorschrift des § 850k Abs. 4 ZPO, die in deren (klarer wörtlicher) Missachtung nicht ohne weiteres zu einem Freiflugschein aufgrund der subsidiären Genearalklausel führen kann

    ...

  • Die Diskussion, dass hierbei eventuell der Vermieter, der keine Miete bekommen hat, bevorrechtigt gegenüber dem pfändenden Gläubiger behandelt wird, geht an der Sache vorbei. Die Nachzahlung steht dem Schuldner einfach zu, was er damit macht ist seine Sache. Die Nachzahlung ist halt auf die Monate zu verteilen, für die sie bestimmt ist. Und wäre da alles unpfändbar gewesen, so muss es die Nachzahlung auch sein. Dass der Schuldner davon ggf. vorrangig rückständige Miete bezahlt, ist nur selbstverständlich, aber nicht Voraussetzung für die Freigabe. Es ist selbstverständlich eine unbillige Härte für den Schuldner, wenn jetzt was pfändbar sein soll, nur weil die Sozialbehörde mehrere Monate zum Bearbeiten brauchte, obwohl im das Geld schon viel früher zustand.

  • ...

    gegen den klaren Wortlaut des § 850k Abs. 4 ZPO scheint es mir abwegig,
    pauschal den § 765a ZPO in die Bresche werfen zu wollen.

    (Ist eh lustig: in Räumungsschutzsachen, wo der § 765a ZPO tatsächlich DIE Spezialvorschrift ist, tun sich die Rpflg. häufig ganz furchtbar schwer, mal einen zu bewilligen,
    aber bei der Kontopfändung, wo eigentlich alles (relativ klar) geregelt ist,
    da bemüht man sich verbiegend, nahezu jeden Eurocent für den Schuldner freizugeben - auch wenn eigentlich nix mehr hilft und direkt anwendbar ist und die Entscheidung gegen das Gesetz getroffen wird - na denn halt eben in inflationärer Anwendung des § 765a ZPO.)

  • Der 765a wird hier nicht pauschal angewendet. Das Problem ist doch, dass die Leistungen tatsächlich dem Grunde nach für die Miete gewährt worden sind. Klar bevorzugt man (scheinbar) den Vermieter, wenn man die Nachzahlungen freigibt. Wenn die Schuldner aber bei Antragstellung an Eides Statt versichern, dass sie wegen der schleppenden Bewilligung vom Amt mit dem dann vorhandenen Kontoguthaben die Rückstände der Miete begleichen, dann ist das wohl auch tatsächlich so. Der Gläubiger hat doch immer ein Rechtsmittel - bis jetzt kam nie eine Beschwerde. Und der neue 850 k ZPO ist gelinde ausgedrückt einfach Schrott. Mir wäre es auch lieber gewesen, ich müsste den 765a für solche Fälle nicht bemühen, aber welche Alternative bietet das Gesetz ?

  • Die Frage ist doch, ob WIR die Versäumnisse des Gesetzgebers über § 765a ZPO einfach "wegbügeln" können. Gesetz ist nun mal Gesetz auch wenn es Schrott ist...was ich i.ü. ja auch so sehe...

  • um noch einmal auf die Einmalzahlung der Sozialleistungen zurückzukommen.
    Ich hätte diese dann auf die betreffenden monate umgelegt.
    Es ergibt sich dann ein mtl. betrag von 160 €.
    Arbeitseink. erhält der schu. im monat 325 €.
    d.h. es wären ja dann die 989,99 € mtl. freizugeben.
    Eine Freigabe in Höhe diesen betrages ist jedoch bereits vor einem jahr erfolgt und trotzdem hat der schu. die freigabe der einmalzahlung jetzt beantragt; meint ihr wirklich, dass die bank die einmalzahlung dann auch auf die betreffenden monate umlegt, wenn ich keinen neuen beschluss erlasse :gruebel:

  • sowie § 54 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 4 und 5 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 17 Abs. 1 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und § 76 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden. Im Übrigen ist das Vollstreckungsgericht befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.


    § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I ist nun einmal nicht in Bezug genommen worden ...



    Ich sehe aber keinen vernünftigen Grund, warum der Gesetzgeber hier da Wohngeld ausnehmen wollte, vielleicht sieht jemand anders ja einen in den Gesetzgebungsunterlagen ? Ich würde das viel eher als gesetzgeberisches Versehen / als Lücke ansehen und den 850k Abs. 4 analog dennoch auch auf Wohngeld anwenden.

    (Ist eh lustig: in Räumungsschutzsachen, wo der § 765a ZPO tatsächlich DIE Spezialvorschrift ist, tun sich die Rpflg. häufig ganz furchtbar schwer, mal einen zu bewilligen,
    aber bei der Kontopfändung, wo eigentlich alles (relativ klar) geregelt ist,
    da bemüht man sich verbiegend, nahezu jeden Eurocent für den Schuldner freizugeben - auch wenn eigentlich nix mehr hilft und direkt anwendbar ist und die Entscheidung gegen das Gesetz getroffen wird - na denn halt eben in inflationärer Anwendung des § 765a ZPO.)



    :daumenrau:daumenrau (So häufig, wie man jetzt 765a bei Kontopfändung hört, einem Auffangtatbestand (!!!), hört man es für alle anderen Zwangsvollstreckungssachen zusammen nicht.)



  • Eine analoge Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO würde mir zwar auch besser gefallen, als wieder mal den § 765a ZPO zu bemühen, allerdings: wie willst du den Analogieschluss angesichts des klaren Gesetzeswortlauts begründen.

    Ergibt sich ggf. historisch aus der Gestzesbegründung tatsächlich ein Hinweis auf eine "gesetzgeberische Lücke" ?

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