Bundesrat billigt Gesetz bzgl. Änderung Vormundschaftsrecht

  • Habe nur gelesen, dass der Bundesrat nun das Gesetz bzgl. Reform Vormundschaftsrecht gebilligt hat, welches noch verkündet werden muss.
    Mich interessiert, welche Auswirkungen dies nun auf die Praxis am Gericht hat, was sich für den Familiengerichts-Rpfl. nun ändert.

  • Schau doch mal in den entsp. Thread im Subforum Reformen.
    Da hab ich zur Überarbeitung des ( evtl. bei Gericht vorhandenen ) Vordrucks für den Mündelbericht was geschrieben.

    Spätestens jetzt ( d.h. ab Verkündung ;) ) muss der Vormund/Pfleger berichten , wie oft er mit dem Mündel Kontakt hält.
    Persönlicher Kontakt ist als Sollvorschrift jetzt einmal im Monat vorgeschrieben.
    M.E. muss daher auch im ( künftigen ) Mündelbericht zum Ausdruck kommen, dass und ggf. warum d. Vormund von dieser gesetzlichen Vorgabe abgewichen ist.
    Ob er auch verzeichnen muss, an welchen Tagen er die persönlichen Besuche "übers Jahr vollzogen" hat , sei mal dahin gestellt.

    Es wird sicher Kollegen geben, die darauf gesteigerten Wert legen.
    Ich gehöre sicher nicht dazu.

  • Hallo zusammen ,

    ich habe mir mal die Mühe gemacht, zusammenzustellen , was die bevorstehende Reform ( nur noch Verkündung steht aus ) für das Verhältnis Vormund/Familiengericht künftig bedeuten kann bzw. wie sich die Reform auf die gerichtliche Praxis auswirken könnte.

    Das Skript gibt ausdrücklich nur die eigene Meinung wieder und wurde erstellt , weil ich gegenüber sämtlichen Jugendämtern in Ba-Wü entspr. Fachtagungen in den nächsten Monaten dazu abhalten "darf".
    Haftung also ohne Gewähr !;)

    Ich bitte um Verständnis, dass das Dokument ( zum Eigenschutz :)) in anonymisierter Form hier eingestellt wird.

  • Das ist ja mal wieder ein echter Service hier! :daumenrau :daumenrau :daumenrau

    Schöne Übersicht für beide "Seiten", wie ich meine.


    :2danke

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Am 29.06. ist Verkündung erfolgt ( BGbl. I Nr. 34, S. 1306-1307 ).

    Gem. Art. 3 setzt die ( i.d.R. ) monatliche Besuchspflicht nunmehr ab 30.06.2011 ein !

  • Im Bundesgesetzblatt ist die Verkündung am 05.07.2011 erfolgt. Mithin treten die meisten Rechtsänderungen am 06.07.2011 in Kraft.

    § 1837 II 2 BGB, wonach das Familiengericht insbesondere die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des Vormunds zu dem Mündel zu beaufsichtigen hat, tritt erst am 05.07.2012 in Kraft (ebenso die Änderungen des SGB VIII, wonach ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder Angestellter des Jugendamtes höchstens 50 Vormundschaften oder Pflegschaften führen soll).

    Mithin besteht aktuell m.E. nicht die Möglichkeit gegen den Vormund bzw. Betreuer bei Nichteinhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte Gebote/Verbote zu erlassen und bei Verstoß hiergegen ein Zwangsgeldverfahren einzuleiten. Andererseits dürfte bereits jetzt bei Verstoß gegen die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte die Entlassung des Vormunds wegen Verstoßes gegen § 1793 Ia BGB möglich sein (§ 1886 BGB) (für die Betreuung durch Änderung des § 1908b I 2 BGB klargestellt).

    (vgl. auch LG Hamburg Beschluss vom 10.02.2011 – Az.: 310 T 583/10 - = BtPrax 2011,137 Entscheidung noch zum alten Recht vor Inkrafttreten des Gesetzes; ferner Uwe Harm, Die persönliche Betreuung - mit gerichtlicher Kontrolle?, BtPrax 2011,107f.).

  • Bzgl. des Verkündungstermines hast Du natürlich recht !
    Man sollte S. 2 des Art. 3 nicht überlesen.:oops:

    Wer mein Skript gelesen hat, kann bzgl. fehlender Sanktionsmöglichkeiten für ein Jahr nichts anderes entnehmen , als Du geschrieben hast.

  • Wie gesagt, ich teile die Auffassung von JörgZ, dass die Überwachungspflicht der persönlichen Kontakte zwischen Vormund/Pfleger u. Kind erst zum 5.07.2012 eintritt.
    Gleichwohl halte ich eine Berichterstattung über die Kontake mit dem Jahresbericht ab 06.07.2011 für notwendig , da

    a.) regelmäßige Besuchspflicht seit gestern - auch für Jugendämter besteht und

    b.) eine Entlassung auch vor 05.07.2012 wegen nicht ausreichendem Kontakt möglich erscheint s. JörgZ :daumenrau

    Entsprechendes wurde in "meinem" Vordruck Jahresbericht für Vormünder/Pfleger "eingebaut".

    Die häufig geübte Praxis von Jugendämtern als Vormund , als "Jahresbericht" nur eine Kopie des letzten Hilfeplangespräches vorzulegen, ist damit obsolet.

    Bin mal gespannt , wie Jugendämter den Spagat bis 05.07.2012 hinbekommen wollen, die Fälle pro Mitarbeiter auf 50 zu begrenzen , obwohl jetzt schon die monatl. Besuchspflicht für sie besteht.

    Einmal editiert, zuletzt von Steinkauz (7. Juli 2011 um 06:40)

  • Ich sehe da eine Schwemme von Anträgen auf Wechsel des Vormundes auf uns zukommen, denn das ist bis dato die einzige tatsächliche Möglichkeit der JÄmter, die Fallzahlen zu reduzieren, solange kein zusätzliches Personal gestellt wird.

    Da es in den meisten Fällen keine geeigneten Privatvormünder geben wird (sonst wäre ja das JA nicht schon Vormund) werden wohl Berufsbetreuer vorgeschlagen werden. Damit trägt unsere Kasse dann die zusätzlichen Kosten für die Vormundschaften. Und wir haben wieder einmal eine nicht bezifferbare Mehrbelastung, für die wir auch nicht mehr Personal bekommen.:(

  • Von einer Schwemme wird man vorerst nicht sprechen können.
    Der Entlassungsantrag des Jugendamtes nach § 1886 BGB hat nur "Erfolg", wenn ein geeigneter Ersatzkandidat vorgeschlagen werden kann.
    Und die müssen von den Jugendämtern erst mal gefunden werden...
    Ob ein Berufsbetreuer ein guter Vormund ist ?
    Schwer zu sagen ,schließen haben Berufsbetreuer und -vormund jeweils eine andere "Klientel" zu bedienen.

    Ich befürchte eher , dass viele Jugendämter auf die Idee kommen , die Pflegeeltern des Kindes , welches sich in (langjähriger) Familienpflege befindet , als neuen Vormund vorzuschlagen.
    Entsprechend "meinem" OLG halte ich solche Vorschläge jedoch für nicht sinnvoll; schon wegen der nicht nur latenten Gefahr der Interessenkollision im Verhältnis Pflegeeltern zu Vormund.

  • Laut einem Zeitungsbericht, hat das LRA in meinem Heimatort Mehrbedarf von 1/2 Stellen für die Umsetzung des neuen Rechts errechnet. Der Kreisrat hat dann auch wieder nur die Kostenseite gesehen und thematisiert.... manchmal schon etwas traurig

  • Als Vormund kann ich dazu beitragen:

    Bei uns bestehen weder bei der Stadt noch im Landkreis Absichten, die Vormundschaften "loszuwerden". Zusätzliche Stellen sind beantragt. Das Jahr "Übergangsfrist" wird sicher heftig werden, aber wir nehmen unseren Job auch ernst und machen ihn gerne.
    Bezüglich der Bestellung von Pflegeeltern teile ich die geäußerte Meinung bezüglich der Interessenskollision (das sah allerdings "mein" Gericht bislang anders...).

    Wir hoffen auch im Rahmen eines Arbeitstreffens mit unserem Familiengericht gute Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen.

  • Das ist doch schon mal ein guter Ansatz :daumenrau.

    Ich hoffe, dass es angesichts der Reform ,noch viele solcher Koordinierungstreffen Familiengerichte - Jugendämter künftig geben wird.
    Muss jetzt erst mal morgen in unserer dauerstreikenden Landeshauptstadt mein Skript vor den württembergischen Jugendämtern "vertreten" , bevor die badischen dran sind.

  • Ich werde mich von eventuellen Anträgen des Jugendamtes keinesfalls beeindrucken lassen. Ich bin nicht dazu da, die Unterbesetzung bei den Jugendämtern durch Wegnahme von Vormundschaften günstiger zu gestalten. Es werden gerade bei uns jedes Jahr viele Absolventen von FHS fertig, die nirgendwo übernommen werden. Die Jugendämter hätten, wenn sie wöllten, für eine (zu schaffende) Stelle sofort mindestens 10 Bewerber. Gerade (in Sachsen) ist es mir langsam leid, dass der Personalbedarf überall an den (etwas rückgängigen) Bevölkerungszahlen bemessen wird und nicht an der tatsächlich anfallenden Arbeit, ganz krass zu merken bei Polizei, Justiz und Jugendämtern. Der Staat hat eine qualitativ hohe Erfüllung seiner originär staatlichen Aufgaben zu gewähren, da kann man lieber auf Milliarden verschlingende Großprojekte wie den Stuttgarter Bahnhof oder den Leipziger City-Tunnel verzichten.

  • [quote='Andy.K','RE: Bundesrat billigt Gesetz bzgl. Änderung Vormundschaftsrecht'] .....Es werden gerade bei uns jedes Jahr viele Absolventen von FHS fertig, die nirgendwo übernommen werden. Die Jugendämter hätten, wenn sie wöllten, für eine (zu schaffende) Stelle sofort mindestens 10 Bewerber. ....../QUOTE]

    Woanders tendieren Rechtspfleger dazu, qualifizierte und lebenserfahrene Berufsvormünder zu bestellen, weil die Jugendämter sich nur aus dem Bewerberpool bedienen, den Du beschreibst.

    Ich bin zwar selber Amtsvormund und war fast die ganzen 25 Jahre stolz auf meinen Beruf, muss aber vor den Berufsvormündern ausnahmslos den Hut ziehen. Ein Amtsvormund wird immer mit durchgezogen, egal wie schlecht er arbeitet, und davon kenne ich zu viele.

    Das Geld für Berufsvormünder ist sinnvoller investiert als das Geld für Amtsvormünder.

    Übrigens, im Westen haben die Jugendämter und Träger riesige Probleme, Sozialarbeiterstellen zu besetzen. Bei uns wurden die letzten 4 Stellen im ASD mit (Lehramts)Pädagogik-Studentinnen besetzt, die ihre Bachelor-Prüfung hatten, aber zum Master nicht zugelassen wurden. Bewerber aus Sachsen waren bei uns noch nie dabei. NRW exportieret weiterhin Mitarbeiter mit Kommunal-Verwaltungserfahrung nach Sachsen, auch ohne Buschzulage.

    "Ich bin nicht dazu da, die Unterbesetzung bei den Jugendämtern durch Wegnahme von Vormundschaften günstiger zu gestalten. "
    Du bist aber dazu da, geeignete und befähigte Vormünder zu bestellen. Die Kriterien zur Fallzahl gelten für Dich: Du darfst nicht bestellen, wenn der Kandidat schon 50 Fälle hat. Und zur Kontaktfrage: Der Gesetzgeber hat Dir nur eine Sanktionsmöglichkeit gegeben, die Entlassung aus dem Amt. Pech allerdings fürs JA, wenn sie keine Berufsvormünder vorschlagen können.

  • Hier gibt es zwar Berufs- und Vereinsbetreuer (teilweise frühere Ingenieure, die arbeitslos geworden waren), aber keinen einzigen Berufsvormund mit entsprechender Qualifikation. Insoweit bleibt mir gar nichts anderes übrig, das Jugendamt zu bestellen, wenn es keine sonsige geeignete Person aus der Verwandtschaft gibt.

    Abgesehen davon bestimmt in allen Fällen des Sorgerechtsentzugs die Familienrichterin immer gleich das Jugendamt als Vormund oder E-Pfleger, weil sie auch keine Alternative sieht. Und die Sorgerechtsentzüge sind in der Mehrzahl der Grund, warum es überhaupt zu Vormundschaften kommt. Ich hatte gerade mal einen Fall, wo die Eltern eines Kindes tödlich verunglückt sind und deswegen ein Vormund benötigt wurde. In diesem Fall waren aber die Großeltern eine sehr gute Wahl.

  • Vielen Dank für die Infos!

    In Deinem Skript ist auch vom Formular für einen Mündelbericht die Rede, könntest Du das eventuell auch einstellen?


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

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