Genehmigung ohne Anhörung?

  • Guten Abend,

    ich muss leider zunächst etwas ausholen:

    Ich habe eine Vormundschaftssache übernommen, bei der es um zwei Geschwister geht, die jeweils mehrere hunderttausend Euro Vermögen haben. Mittlerweile sind beide 14. Sie leben in einer Art Erziehungseinrichtung und sind an den Wochenenden oder in den Ferien bei Tante und Onkel, die Vormünder sind und noch zwei eigene Kinder haben.
    Ich habe die Vormünder darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich bei zukünftigen Genehmigungen (sei es Anlegung des Vermögens, Freigabe von größeren Beträgen für die Heimkosten und Urlaube etc.) beabsichtige die Kinder persönlich anzuhören.
    Die Vormünder sind aus allen Wolken gefallen :eek:, da die Kinder bislang nichts (!) von ihrem Vermögen wissen und zur Zeit auch nichts davon erfahren sollen. Die Bedenken sind, dass sich diese Information negativ auf die ohnehin schwierige schulische Situation der Kinder auswirkt. Dies habe ich nun schriftlich, ausführlich begründet und einigermaßen nachvollziehbar von den Vormündern bekommen.

    Die Frage ist, wie gehe ich zukünftig vor:

    1. trotzdem anhören
    2. gar nicht anhören
    3. jemanden für die Kinder bestellen, der deren Interessen vertritt (wer wäre das hier? Verfahrensbeistand ist doch nur für persönliche Angelegenheiten, Verfahrenpfleger dann analog?)

    Wäre schön, wenn ich einfach mal ein paar Meinungen von euch bekommen würde. Vielleicht Erfahrungen bei einer ähnlichen Sache?

  • Eventuell fällt das unter § 159 III 1 FamFG. Ich hatte auch mal einen Fall (familiengerichtliche Genehmigung, elterliche Sorge), in dem die Eltern vortrugen, dass das Kind nicht wisse, wieviel Geld es habe und dass das auch erst mal so bleiben solle, einfach, damit es nicht "abhebt". Ich kann das schon verstehen. Damals habe ich keinen Verfahrenspfleger oder dergleichen bestellt. Vielleicht würde man heutzutage einen Verfahrensbeistand hinzuziehen. :gruebel:


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Die Anhörung mit der Begründung des § 159 III FamFG zu unterlassen , scheint mir weit hergeholt.
    Die Vorschrift ist für andere Fälle wie z.B. den gesundheitlichen Zustand des Anzuhörenden gedacht.
    Evtl. reicht schriftliche Anhörung nach § 159 I S.2 FamFG aus, um die man aber auch bei Kindern > 14 J. nicht herumkommen wird.

    Zumindest kann man den Anhörungstext dann so fassen, dass die Kinder nicht gleich auf Ihr Gesamtvermögen schließen können.

    Für die Kontogenehmigungen nach § 1812 BGB halte ich eine vorherige Anhörung sowieso für "untunlich".

  • Müssen auf alle Fälle angehört werden.Was würden die Kinder wohl sagen, wenn sie volljährig werden und dann erfahren, dass man kurz vorher ihr Vermögen vielleicht auf viele Jahre fest angelegt hätte....Aus Sicht der Vormünder ist es zwar nachvollziehbar aber rechtl. m. E. nicht vertretbar.

  • Die Kinder müssen angehört werden, ein Absehen von der Anhörung aus den geschilderten Gründen kommt nicht in Betracht. Schließlich muss ihnen die Genehmigungsentscheidung nach § 41 III auch bekannt gemacht werden, weil sie sonst nicht rechtskräftig wird. § 164 FamFG macht klar, dass Ihnen die Entscheidung in jedem Fall persönlich bekannt gemacht werden muss (wenn nicht geschäftsunfähig, wovon hier aber keine Rede ist, oder?). Egal wie man zu dem Streit um § 41 III FamFG steht, der hier immer wieder thematisiert wurde ist das Fazit also, dass Kinder ab 14 Jahren ohnehin von dem Genehmigungsverfahren und damit von ihrem Vermögen erfahren. Auch das macht deutlich, dass aus den genannten Gründen auch von der Anhörung nie abgesehen werden kann.

  • Wie gesagt, im Bereich der Vermögenssorge besteht die Möglichkeit der allein schriftlichen Anhörung.
    Und da hat man schon Möglichkeiten , wie man das abfasst.

    Inwieweit man mit teilweise versteckten Karten spielen sollte , steht auf einem anderen Blatt.;)
    Ich jedenfalls bin immer für klare Verhältnisse und halte nichts hinterm Berg.

  • Wie gesagt, im Bereich der Vermögenssorge besteht die Möglichkeit der allein schriftlichen Anhörung.
    Und da hat man schon Möglichkeiten , wie man das abfasst.

    Inwieweit man mit teilweise versteckten Karten spielen sollte , steht auf einem anderen Blatt.;)
    Ich jedenfalls bin immer für klare Verhältnisse und halte nichts hinterm Berg.


    Die Art der Anhörung ist bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten nicht vorgeschrieben, schriftlich genügt also. Ich käme aber nicht auf den Gedanken, etwas "wegzulassen", weil die Anhörung den Zweck verfolgt, den Angehörten in die Lage zu versetzen, sich selbst ein Bild zu machen. Darum bevorzuge ich die mündliche Anhörung, da lässt sich vieles leichter erklären, denn der Angehörte soll schließlich verstehen, was vorgeht. Aber man kann sich natürlich auch die Mühe machen und alles schriftlich erklären. Das ist m.E. aber in jedem Fall erforderlich. Alles andere bedeutete, die Rechte der Kinder nicht ernst zu nehmen und damit die Anhörung zu einer reinen Formalie zu degradieren.

  • Kinder habe ich bislang immer nur persönlich/ mündlich angehört, weil ich sie da - auch ohne Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertreter - aufklären und den wahren Willen erforschen kann.

    Wer zuerst die Briefe liest, die ich dem Kind zusende, und wie die Kinder dann beeinflusst / unter Druck gesetzt werden, kann ich nämlich nicht sehen - und da habe ich große Bauchschmerzen.

  • Kinder habe ich bislang immer nur persönlich/ mündlich angehört, weil ich sie da - auch ohne Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertreter - aufklären und den wahren Willen erforschen kann.

    Wer zuerst die Briefe liest, die ich dem Kind zusende, und wie die Kinder dann beeinflusst / unter Druck gesetzt werden, kann ich nämlich nicht sehen - und da habe ich große Bauchschmerzen.


    Gute Begründung dafür, dass die mündliche Anhörung vorzugswürdig ist!

  • Hast du die Kommentierung zu § 159 ABs. 3 FamFG schon nachgelesen.Könnten die Gründe der VM nicht schwerwiegende Gründe i.S. dieser Vorschrift sein? Ich wollte auch nicht, dass ein 14 j. Kind in vermutlich problematischer persönlicher Situation erfährt, es wäre sehr reich. Was soll denn passieren, wenn eine Geldanlage, vorgeschrieben nach 1806,1807 BGB bis zum 18. Lebensjahr erfolgt.?

  • Ja, ich kenne die Kommentierungen zu § 159 genau. Abgesehen von anderen, hier nicht interessierenden Fällen darf von einer Anhörung nach Abs. 3 nur abgesehen werden bei ernsthafter Gefahr für Gesundheit oder seelisches Gleichgewicht aufgrund der besonderen Belastung durch die Anhörung (was selbstverständlich durch ärztliches Gutachten oder Stellungnahme zu den Folgen der Anhörung geklärt sein müsste.) Der hier diskutierte Fall gehört zweifelsfrei nicht dazu.

  • Man muss zwischen Innengenehmigungen und Außengenehmigunge unterscheiden. Bei Innengenehmigungen würde ich die Kinder außen vor lassen und bei Außengenehmigungen sollte man sich überlegen, ob das, was formal angezeigt erscheint, auch dem Wohl der Kinder dient.

  • Habe den Fall das u.a. ein Mj Erbe geworden ist. Jetzt soll die Immobilie aus dem Nachlass verkauft werden. Der Mj ist 15 Jahre alt. Eigentlich würde ich ihn ja anhören, er lebt jedoch im Ausland und kann kein Deutsch. Die Mutter hat die alleinige Sorge und ist auch Miterbin und lebt auch im Ausland. Eine Erbausseinandersetzung erfolgt nicht. Würdet ihr einen Ergänzungspfleger bestellen?

  • Ich bin zuständig nach § 152 III FamFG. Klar! Und weil der Mj über 14 Jahre alt ist, muss ich ihn nach § 159 FamFG anhören. Da der Verkaufpreis weit über 1 Million € ist und die Immobile vermietet ist, würde ich lieber persönlich anhören. Jedoch ist wie gesagt das Problem, dass der Mj kein Deutsch kann und im Ausland lebt. Bin echt planlos....

  • Ach so, das Kind ist Deutscher (ohne dass es deutsch spricht) ? Die Frage ist ja zunächst weniger, ob ein deutsches Gericht zuständig ist und welches, sondern ob nach materiellem Recht (hier: § 1643 i.V.m. § 1821 BGB als Einschränkung der elterlichen Sorge nach deutschem Recht - Anwendbarkeit nach internationalem Privatrecht, ? Anwendbarkeit gem. Art 21 EGBGB) eine Genehmigung erforderlich ist. Habe leider gerade keine Zugriffe auf Kommentare.

  • Nein, der Mj ist kein Deutscher. Die zu verkaufende Immobilie die dem Mj gehört liegt im Zuständigkeitsbereich meines Gerichtes (§ 152 III FamFG). Das der Verkauf zu genehmigen ist, ist mir klar. Mir geht es nur um die Anhörung nach 159 FamFG. Die alleinsorgeberechtige KM ist nicht ausgeschlossen von der Vertretung.

    Meine Überlegungen waren bisher:
    - Erg.pfl. für die Anhörung (aber KM nicht ausgeschlossen, stehen auf einer Vetragsseite; Interessenkonflikt?)
    - schriftl. Anhörung über Dolmetscher, ist mir aber zu heikel wg. dem hohen Verkaufspreis und der Vermietung
    - Rechtshilfe mit dem ausländischen Land zwecks Anhörung (kein EU-Land!)

    Bin mir halt unschlüssig.

    Hat nicht irgendjemand so einen Fall schon einmal gehabt?

    Einmal editiert, zuletzt von schlürfi (19. Juni 2011 um 18:40)

  • Das der Verkauf zu genehmigen ist, ist mir klar.

    Mich würde interessieren, woher du diesen Schluss ziehst (Gesetzeskette). Es kann ja schließlich sein, dass sich die Wirkungen der elterlichen Sorge nach ausländischem Recht ergeben und dort derartige Einschränkungen, dass es für bestimmte Rechtsgeschäfte einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf, gar nicht gibt. Die nächste Frage ist dann sofort, ob dann überhaupt der Rechtspfleger zu dieser Prüfung zuständig ist. Das sind im Moment erst mal alles nur Fragen, die ich heute auch nicht beantworten kann, die es aber erst mal zu beantworten gilt, bevor man sich über Verfahrensrecht (FamFG) Gedanken macht.

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