Wirkungen außergerichtlicher / gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan

  • Hab jetzt zwar schon wie wild gegockelt (bin in diversen Schuldnerforen und auf verschiedenen Anwaltsseiten gelandet) und hab auf insolvenzrecht.de gesucht, die wirklich entscheidende Antwort hab ich aber nicht gefunden.

    Ist es richtig, dass ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan nur gegen die beteiligten Gläubiger wirkt, ein gerichtlicher dagegen gegen alle Gläubiger (auch gegen die "vergessenen")?

    Wenn ja, wo findet man die entsprechenden Regelungen (Vorschriften) dafür?

    Wenn nicht, wie ist es dann richtig und wo steht´s?

  • Das heißt, dass auch bei Durchführung des gerichtlichen Plans die Gläubiger, die nicht beteiligt sind, weiter ihre Forderungen geltend machen können. Ich dachte bislang, dann wären alle Gläubiger damit durch.

    Und warum hab ich den nicht bei Wühlen in der InsO gefunden? Nicht weit genug gelesen. :oops: :gruebel:

    Danke, Rainer. :)

  • Was ist schon logisch in der Insolvenzordnung. :gruebel:

    Ich hab noch eine kleine Frage:
    Was passiert, wenn ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch zwar zunächst wirksam zustande kommt, der Schuldner sich aber nach zwei Jahren an seine Zahlungspflichten nicht hält. Kann der Gläubiger dann aus seinem bisherigen Titel die ZV wieder fortsetzen und der Plan gilt dann als gescheitert?

    Mir fehlen irgendwie die einfachsten Grundlagen zu dem, was passiert, bevor ich die Insolvenzakte auf´m Tisch hab. :oops:

  • Das heißt, dass auch bei Durchführung des gerichtlichen Plans die Gläubiger, die nicht beteiligt sind, weiter ihre Forderungen geltend machen können. Ich dachte bislang, dann wären alle Gläubiger damit durch.




    Das ist ja die große Falle, falls es einmal tatsächlich gelingen sollte, einen außergerichtlichen/gerichtlichen Plan hinzubekommen:

    Die Ansprüche, die der Schuldner nicht "akzeptiert", aus Gründen wie auch immer oder wo man weiß, dass der Gläubiger nicht beim Plan mitzieht, werden außen vor gelassen, mit der Konsequenz, dass die nach erfolgreichem Abschluss des Plans ihre Ansprüche weiter verfolgen und dann in das freie Vermögen, was eigentlich dazu dienen sollte, den Plan zu erfüllen, vollstrecken.

    Klarer Fall von dumm gelaufen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich noch mal, irgendwie bin ich zu blöd, die richtigen Infos zusammenzusuchen:

    Im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren schließen die beteiligten Gläubiger und der Schuldner einen außergerichtlichen Vergleich, wenn es tatsächlich gelingt, einen Plan zu erstellen. Wenn dann ein anderer - nicht beteiligter - Gläubiger vollstreckt, kann der Schuldner seine außergerichtliche Planerfüllung knicken, ein beteiligter Gläubiger wird ebenfalls vollstrecken und der Plan ist gescheitert. Die Gläubiger könne auf ihre alten Vollstreckungstitel zurückgreifen.

    Wie ist das dann aber im gerichtlichen Verfahren? Der gerichtliche Plan ist ein gerichtlicher Vergleich, den der Schuldner im Falle des Falles (dass er einen weiteren Gläubiger "vergessen" hat, der nun vollstreckt) nicht erfüllen kann. Die am Plan beteiligten Gläubiger bekommen eine vollstr. Ausfertigung des Plans, können ihre alten Titel jetzt aber zum Tapzieren benutzen? Die "vergessenen" Gläubiger haben Glück, behalten ihre bisherigen Titel und dürfen am nun vielleicht doch noch folgenden Insolvenverfahren teilnehmen? Die am Schuldenbereinigungsplan beteiligten Gläubiger sind raus aus dem Insolvenzverfahren?

    Ich hab hier Unterlagen von einer Schuldnerberatungsstelle, aber ich kann nicht wirklich etwas dazu finden, wie diese Verfahren richtig ablaufen. :(

  • Deine Feststellungen zum zunächst gelungenen AGEV sind im Ergebnis zutreffend, da in solchen Konstellatioen die Sache in aller Regel wirtschaftlich scheitert.

    Was den gerichtlichen SBP betrifft verhält es sich an sich nicht anders. Jetzt bitte aber nicht verweschseln: die Plangläubiger können sich eine vollstreckbare Ausfertigung des Plans besorgen und aus dem Plan vollstrecken. I.d.R. enthalten die Pläne aber eben auch Verfallsklauseln. Sind die Klauselbedingungen eingetreten, dann können die Plangläubiger i.d.R. auch wieder aus den alten Titeln vollstrecken, die wollen nämlich nicht mehr aus dem Plan ihre Kleinraten im Wege der ZV eintreiben. Allerdings ist stets der Planinhalt entscheidend.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich sehe das jetzt mal aus Sicht des Arbeitgebers des Schuldners:

    Das AGEV ist für den Arbeitgeber das schlechteste was ihm passieren kann. Ebenso wie bei dem gerichtlichen Einigungsverfahren werden die bereits vorliegenden Pfändungen in keiner Weise irgendwie eingeschränkt. Allerdings kann der Arbeitgeber bei einem GEV das Insolvenzgericht um Klarstellung bitten, was er bei einem AGEV nicht kann.

    Die Pfändungen und auch ggfs. Abtretungen bleiben also in beiden Fällen bestehen. Der Arbeitgeber darf die Zahlungen an den bestberechtigten Gläubiger nicht einstellen. Das ärgert sowohl den Schuldner als auch die Schuldnerberatungsstelle, weil das zusätzliche Arbeit ist.

    Der Schuldner muss sich darum bemühen, dass alle Gläubiger ihre Pfändungen und/oder Abtretungen ruhend stellen. Verzichten müssen sie nicht, weil sie damit einen Rangverlust hätten.

    Kommt der Plan zustande und alle Gläubiger haben ihre Pfändungen und Abtretungen für ruhend erklärt, kann der Schuldner seine Verpflichtungen aus dem Plan erfüllen. Erfüllt er den Plan nicht, kann jeder der Gläubiger sein Ruhen widerrufen. Das hat dann zur Folge, dass der Arbeitgeber auch die (evtl.) vorrangigen Pfändungen / Abtretungen wieder offenlegen muss. Gleiches passiert, wenn ein Gläubiger vergessen wurde und pfändet oder ein Gläubiger hinzu kommt, dessen Forderung nach der Annahme des Plans entstanden ist.

    Ich sehe es aber nach wie vor so, dass in beiden Fällen vergessene Gläubiger ihre Forderungen weiterhin beitreiben können. Das ist dann der Nachteil, dass das Verfahren nicht eröffnet wurde.

    Anders als bei dem Verfahren werden die Gläubigerforderungen (vergleichsweise) erfüllt. Bei dem Verfahren werden die noch offenen Forderungen von der Restschuldbefreiung erfasst. Bei den AGEV und GEV gibt es keine RSB.

  • Also dann noch mal:

    Außergerichtlicher Plan bedeutet am Ende nix, wenn er nicht funktioniert. Sobald der Schuldner nicht mehr zahlt / nicht mehr zahlen kann wegen weiterem Gläubiger, ist der Plan hinfällig und das Insolvenzverfahren kann beantragt werden.

    Gerichtlicher Plan ist nur so lange relevant, wie kein unbeteiligter Gläubiger auftaucht oder der Schuldner seine Zahlungsverpflichtungen einhält. Anderenfalls ist auch der gerichtliche Vergleich futsch und die Titel können weiter verwendet werden. Also im Prinzip sowas wie ein Erlassvergleich: Hälst du dich an die Zahlungsvereinbarung, erlassen wir Gläubiger dir den Rest. Wenn nicht, lebt alles wieder auf.

    So ungefähr?

  • Der :teufel: steckt bekanntlich im Detail, so dass es wirklich auf den Inhalt des Planes (erstmal egal, ob außer- oder gerichtlich) ankommt.

    Je nach Einzelfall ist es durchaus möglich, auch das Risiko vergessener Gläubiger zu minimieren, etwa durch Abtretung an einen außergerichtlichen Treuhänder.


    cam

  • Nun wollen wir es mal nicht allzu kompliziert machen. Es geht mir nur ums Grundlagenwissen. Um die kleinen Teufeleien können sich die Profis kümmern. :D

  • Der :teufel: steckt bekanntlich im Detail, so dass es wirklich auf den Inhalt des Planes (erstmal egal, ob außer- oder gerichtlich) ankommt.

    Je nach Einzelfall ist es durchaus möglich, auch das Risiko vergessener Gläubiger zu minimieren, etwa durch Abtretung an einen außergerichtlichen Treuhänder.

    cam



    das ist mir bislang aber noch nicht unter gekommen. Aber ich habe mir bislang die B***-Zeitung ja auch ohne notariellen Kaufvertrag besorgt.

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    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (22. Juni 2011 um 09:57)

  • Das hatte ich aber auch schon gehabt, dass der Schuldner an einen Rechtsanwalt den pfändbaren Betrag abgetreten hat und der hat dann verteilt. Somit wäre das mit evtl. vergessenen oder neuen Gläubigern kein Hindernis den Plan durchzuziehen.

    Aber der Rechtsanwalt wird auch Geld kosten und deswegen ist es eher die Ausnahme als die Regel.

    Eine solche Regelung wäre aber sinnvoll, weil damit gewährleistet ist, dass der Plan erfüllt werden kann und kein Störfeuer von außen kommen kann.

    @ Cam

    wäre eine Option für die Schuldnerberatungen, oder?

  • Hallo Coverna,

    wir haben eine Vereinbarung mit einer Verwalterkanzlei, so dass wir in unseren AGEVs vorschlagen können, dass der Plan über einen "außergerichtlichen Treuhänder abgewickelt [wird], dem der Schuldner für die Dauer der Planlaufzeit,(...) das pfändbare Einkommen abtritt. Die Tätigkeit des außergerichtlichen Treuhänders wird, analog § 14 Abs. 3 InsVV, vergütet. Die Vergütung ist den eingezogenen Beträgen, vor Verteilung an die Gläubiger, zu entnehmen. "

    Wenn ich das richtig auf die Reihe kriege, haben die Schuldnerberatungen in Österreich sogar eine eigene Abwicklungsgesellschaft für die Pläne gegründet (die Össis haben im Vergleich zu uns eine deutlich bessere Struktur der Schuldnerberatungen - allerdings eine untaugliche InsO).


    cam

  • Hallo Coverna,

    wir haben eine Vereinbarung mit einer Verwalterkanzlei, so dass wir in unseren AGEVs vorschlagen können, dass der Plan über einen "außergerichtlichen Treuhänder abgewickelt [wird], dem der Schuldner für die Dauer der Planlaufzeit,(...) das pfändbare Einkommen abtritt. Die Tätigkeit des außergerichtlichen Treuhänders wird, analog § 14 Abs. 3 InsVV, vergütet. Die Vergütung ist den eingezogenen Beträgen, vor Verteilung an die Gläubiger, zu entnehmen. "

    Wenn ich das richtig auf die Reihe kriege, haben die Schuldnerberatungen in Österreich sogar eine eigene Abwicklungsgesellschaft für die Pläne gegründet (die Össis haben im Vergleich zu uns eine deutlich bessere Struktur der Schuldnerberatungen - allerdings eine untaugliche InsO).


    cam



    Tja, man kann nicht alles haben und ein bisschen Schwund ist halt überall ;)

  • Das klingt richtig gut. Habe ich noch nie von gehört. Machen sowas mehr Verwalterbüros?



    Ich hatte es bisher erst ein Mal und das ist schon Jahre her.

    Es hat für das Verfahren einen unschlagbaren Vorteil: Keine Gefährdung durch Zwangsvollstreckung in das Einkommen von Gläubigern, die nicht beteiligt sind.

    Nachteile sind die Kosten, die von den pfändbaren Beträgen zuerst abgezogen werden.




  • Es gibt noch einen weiteren gravierenden Nachteil, keine Erteilung der RSB.

    Wenn nach 6+x Jahren, wenn das Geld verteilt worden ist, ein Gläubiger kommt, der den Anspruch vor 6+x+y Jahren von der QWERT-Bank erworben hat und jetzt mal daran denkt, auch die Peanuts zu verwerten, dann hat man mit Zitronen gehandelt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich bin doch davon ausgegangen, dass alle Gläubiger beteiligt waren oder zumindest der Plan für die Gläubiger ungehindert läuft, die beteiligt sind ;)

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