Nachlasspflegschaft zur Beendigung eines Mietverhältnisses

  • Hallo, ich wäre an Meinungen zu folgendem Fall interessiert:

    Der Erblasser war Mieter einer Wohnung. Die möglichen Erben sind unbekannten Aufenthalts. Der Vermieter der Wohnung hat einen Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers bestellt. Der Nachlasspfleger wird bestellt mit dem beschränkten Aufgabenkreis "Erledigung der gegen den Nachlass geltend gemachten Ansprüche aus dem Mietverhältnis".

    Der Nachlasspfleger schließt sodann - nach Sichtung der Wohnung und Feststellung, dass keine werthaltigen Gegenstände vorhanden sind - mit dem Vermieter einen "Aufhebungsvertrag", durch den das Mietverhältnis aufgehoben wird, dem Vermieter der Inhalt zur Verwertung und Entsorgung übereignet wird, wobei sich der Vermieter verpflichtet, etwaige Fotografien vorläufig für die Dauer von 4 Monaten aufzubewahren und etwaigen Erben auszuhändigen. Den Aufhebungsvertrag reicht er dem Nachlassgericht ein, gibt dabei die Bestallungsurkunde zurück und legt die Abrechnung für seine Tätigkeit vor. Die Übereignung des Wohnungsinhalts rechtfertigt er mit dem Vermieterpfandrecht und damit, dass der "Ausfallschaden des Vermieters nicht unbeträchtlich" sei (Renovierung und Räumung).

    Meines Erachtens müsste der Nachlasspfleger den Vertrag genehmigen lassen (§ 1812 BGB), zumal er bereits die Kosten für die Renovierung mit etwa 3.000 EURO veranschlagt (vgl. § 1813 BGB). Im Genehmigungsverfahren bräuchte ich wohl einen Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben. Dies wäre nicht nötig gewesen, wenn der Nachlasspfleger schlicht gekündigt bzw. eine Kündigung des Vermieters in Empfang genommen hätte. Kann die Genehmigung erteilt werden, wenn der Nachlasspfleger Nachlassgegenstände übereignet? Die Übereignung wäre m.E. gar nicht nötig gewesen. Der Vermieter hätte - gegenüber dem Nachlasspfleger - sein Vermieterpfandrecht ausüben können.

    Wie wird die Sach- und Rechtslage hier gesehen? Hat jemand gute Tipps für solche Fälle bzw. wie wird hier allgemein mit diesen Vermieteranträgen umgegangen?

  • Grundsätzliche praktische Handhabung: Durchsicht der Wohnung; ggf. Sicherung von Werten bzw. bei entsprechenden Anhaltspunkten (z.B. Fahrzeug) Antrag auf Erweiterung Aufgabenkreis; Kündigung des Mietvertragsverhältnisses und zur Vermeidung von weiter beim Vermieter auflaufenden Kosten Übergabe der Wohnung; Bericht - Ende. - Vermieter mag räumen und/oder verwerten, denn im Normalfall wird dieser immer auf einer Forderung "sitzen bleiben".
    Ob ein Vermieter gut beraten wäre, bei einer "einschlägigen" Wohnung ein Pfandrecht "über alles" geltend zu machen und dann zu inventarisieren und abzurechnen, sei dahingestellt.
    Einen Aufhebungsvertrag zu schließend halte ich für überflüssig: Der Vermieter kann die Wohnung vorzeitig zurück bekommen - er muss das Angebot ja nicht annehmen, sondern kann bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuwarten, bis er räumt. Diese theoretische Möglichkeit habe ich noch nicht erlebt, sie schließt sich vornehmlich in der wärmeren Jahreszeit auch durch die Beschwerden der Mitmieter schnell aus ...

  • Wenn der Vermieter tatsächlich sein Pfandrecht (§ 562 BGB ff iVm. § 1228, § 1233, § 1235 BGB usw.) geltend machen will, dann müßte er auch so verwerten, wie gesetzlich vorgeschrieben (Inventar, Bekanntmachung, offentl. Versteigerung usw.). Das macht kein Mensch. Zumindest nicht bei einer Abwicklungspflegschaft mit abgewohnten Möbeln.

    Also einigt man sich (nach gründlicher Durchsuchung der Wohnung!!) mit dem Vermieter, dass die Wohnung ungeräumt übergeben wird und der Vermieter im Gegenzug dazu auf seine weiteren Forderungen (Mietrückstände, Nebenkosten, Reparaturkosten usw.) verzichtet. Diese Vorgehensweise ist für den Nachlass in fast 100 % der Abwicklungspflegschaften von Vorteil, weil die Wohnungseinrichtung bei weitem nicht den Wert hat, wie die Forderung des Vermieters. Der Vermieter hat lediglich den Vorteil, dass er schneller (ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist) die Wohnung wieder in Besitz nehmen kann und nach Räumung+Renovierung dann auch wieder schneller eine Neuvermietung möglich ist.

    Entgegen der für den Betreuer/Vormund geltenden ausdrücklichen Genehmigungsregel des § 1907 BGB braucht der Nachlasspfleger nach allgemein herrschender Rechtsauffassung keine nachlassgerichtliche Genehmigung für eine Wohnungskündigung. Ich gehen daher davon aus, dass dies auch für die Übergabe des Mobiliars anzunehmen ist, wenn im Gegenzug dazu der Vermieter auf seine wertmäßig größere Forderung verzichtet oder das gesamte Inventar des Erblassers als wertlos einzuschätzen ist und die Räumung mehr Kosten verursachen würde, als die Verwertung der Gegenstände erwarten läßt. § 1813 BGB ist hier m.E. nicht einschlägig, auch wenn die Renovierungskosten usw. höher als 3T€ sind.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    3 Mal editiert, zuletzt von TL (1. Juli 2011 um 09:12) aus folgendem Grund: §§ eingefügt

  • Entgegen der für den Betreuer/Vormund geltenden ausdrücklichen Genehmigungsregel des § 1907 BGB braucht der Nachlasspfleger nach allgemein herrschender Rechtsauffassung keine nachlassgerichtliche Genehmigung für eine Wohnungskündigung.

    Die Kündigung der vom Erblasser gemieteten Wohnung durch den für die unbekannten Erben eingesetzten Nachlasspfleger bedarf keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung.

    LG Meiningen, Urt. v. 30.01.2013, 3 S 140/12

    ZEV 9/2013 S.513 ff. mit Anmerkung Dr. Schulz (Vorstand des Bund deutscher Nachlasspfleger / BDN)

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  • Ich habe jetzt zum ersten Mal den Fall, dass der Nachlasspfleger mit dem Vermieter die Aufhebung des Mietverhältnisses gegen Bezahlung eines
    Betrags von 5000,00 € vereinbart. Die 5000,00 € setzen sich aus 500,00 € Räumungskosten und 4500,00 € Kosten für die Herstellung des
    vertragsgemäßen Rückgabezustands (Renovierung etc).
    Für die Kündigung einer Wohnung wäre eine Genehmigung nicht erforderlich. Eine Kündigung liegt hier ja aber gerade nicht vor.

    Der Nachlasspfleger schreibt, dass er davon ausgeht, dass die Forderungen des Vermieters gerechtfertigt sind. Da es sich um die Prüfung
    eines materiell-rechtlichen Anspruchs handelt und ich als "Außenstehender" das ja so gar nicht beurteilen kann, müsste der Nachlasspfleger
    diesbezüglich ja in eigener Verantwortung handeln, oder? Die Forderungen sollten von einem Girokonto des Erblassers bezahlt werden,
    diesbezüglich wäre ja ebenfalls keine Genehmigung erforderlich.

    Im Fall einer einfachen Kündigung, müsste ich also keine Genehmigung erteilen.
    Wie sieht es aber in meinem Fall aus? Fällt das tatsächlich unter §1812 BGB?

  • Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands: Wenn die Wohnung so abgenutzt ist, dass 4.500€ Renovierungskosten anfallen, dürfte es sich um einen alten Mietvertrag handeln und da sind meist starre Renovierungsfristen drin, die ja "gekippt" wurden. Dann verblieben die Schönheitsreparaturen beim Vermieter.

  • Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands: Wenn die Wohnung so abgenutzt ist, dass 4.500€ Renovierungskosten anfallen, dürfte es sich um einen alten Mietvertrag handeln und da sind meist starre Renovierungsfristen drin, die ja "gekippt" wurden. Dann verblieben die Schönheitsreparaturen beim Vermieter.

    Also muss ich materiell-rechtliche Ansprüche doch selbst prüfen?

    Und wie sieht es mit einer Genehmigungspflicht aus?

    (ich bräuchte dringend eine Fortbildung o.ä. zum Thema Nachlasspflegschaft.. da sind bei mir einige Fragezeichen)

  • Welches Bundesland bist du?

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  • ...da bin ich gerade dran was zu managen...mal sehen. Infos demnächst.

    Zur Sache: Ob und wie der NLP das Mietverhältnis beendet obliegt seiner freien Entscheidung. Nur bei ersichtlichen Pflichtverletzungen muss das Nachlassgericht eingreifen. Du musst also nicht zuviel prüfen.

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  • Gibt es hierzu schon eine Meinung?
    Meine Nachlasspflegerin teilt unter Hinweis auf eine Rechtsprechung des Kammergerichts vom Herbst 2017 mit, dass sie nach ihrer Auffassung keine Genehmigung zur Übergabe des Mobiliars an den Vermieter braucht, auch wenn die Renovierungs- und Räumungskosten höher als 3000 € liegen.

    Leider gibt sie keine weiteren Angaben zur angeblichen Rechtsprechung des Kammergerichts...

  • Gibt es hierzu schon eine Meinung?
    Meine Nachlasspflegerin teilt unter Hinweis auf eine Rechtsprechung des Kammergerichts vom Herbst 2017 mit, dass sie nach ihrer Auffassung keine Genehmigung zur Übergabe des Mobiliars an den Vermieter braucht, auch wenn die Renovierungs- und Räumungskosten höher als 3000 € liegen.

    Leider gibt sie keine weiteren Angaben zur angeblichen Rechtsprechung des Kammergerichts...

    Bei §§1960, 1915, 1812 BGB geht es doch um Forderungen der unbekannten Erben.

    Die Übergabe der Wohnungseinrichtung hängt dagegen doch am Vermieterpfandrecht, d.h. es geht um die Zustimmung zur freihändigen Verwertung durch den Vermieter als Pfandgläubiger.

    Selbst die Räumung der Wohnungseinrichtung durch den Nachlasspfleger in den Container bedürfte keiner Genehmigung durch das Nachlassgericht.

  • Letztlich ist die Frage, ob die Vereinbarung zwischen dem NLP und dem Vermieter einen Vergleich darstellt, der evtl. genehmigungspflichtig wäre. Doch auch wenn man das als Vergleich ansieht, würde ich keine Genehmigungspflicht annehmen, weil der NLP ohne Gericht entscheiden kann, ob er die Kosten dem Vermieter voll bezahlt, oder diesen auf einen geringeren Betrag drücken kann. Auch die 3.000 Euro-Grenze wird evtl. nicht überschritten.

    Mich würde dennoch interessieren, wie man auf so eine hohe Summe kommt und was im Mietvertrag zu Schönheitsreparaturen steht...was inzwischen ggf. unwirksam sein könnte.

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  • ...da bin ich gerade dran was zu managen...mal sehen. Infos demnächst.

    So, hier nun das, was ich mit "managen" gemeint hatte:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…lassgerichtstag

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