Nachtragsverteilung

  • Hallo, liebe Rechtspfleger,

    wie meinem Namen schon zu entnehmen ist, bin ich Finanzbeamtin. Ich muss mich neu in den Bereich Insolvenz einarbeiten. Kann mir bitte jemand den Unterschied zwischen Nachtragsverteilung und Vorbehalt der Nachtragsverteilung erklären. Ich habe die mir zur Verfügung stehende Literatur schon rauf und runter gelesen. Leider erfolglos. Ich bin auch für Literaturhinweise (für Einsteier ;)) sehr dankbar.

  • Wobei man sagen muss, wenn man die liest, ist man auch nicht schlauer ;-)...Vereinfacht gesagt: Nachtragsverteilungsvorbehalt wird während des noch laufenden Insolvenzverfahrens angeordnet. Nachtragsverteilung wird nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens angeordnet. Vorbehalt wird gemacht bei Forderungen, die eventuell noch bestehen könnten bzw. die jetzt bestehen, aber erst später geltend gemacht werden können (z.B. Einkommenssteuererstattung laufendes Jahr, Mietkaution).Bevor hier die Diskussionen wieder losgehen: es ist alles streitig, auch unter den Insolvenzgerichten. Ob, wie, wann, warum ist höchst streitig, auch hier im Forum ;-).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Recht herzlichen Dank. ...genau das wollte ich auch sagen. Ich habe die entsprechenden Beiträge gelesen und musste feststellen, dass es die absolute Klarheit offensichtlich (noch) nicht gibt. Genau das Problem der Steuerstattungen ergibt sich für mich. Ich habe nämlich gerade einen Beschluss - Vorbehalt der Nachtragsverteilung - ohne dass sie letztendlich tatsächlich angeordnet wurde. Da stellt sich mir die Frage, wohin die Erstattung erfolgen soll. Der Verwalter begehrt die Erstattung (hier Vorsteuerbeträge aus seinen Rechnungen) auf sein Konto. Ich würde dazu tendieren nicht auf sein Konto zu erstatten, weil eben nicht die Nachtragsverteilung sondern nur der Vorbehalt für eine solche angeordnet wurde. Hier fehlt der letzte Schritt. Müsste eventuell der Verwalter, der ja eigentlich nicht mehr im Amt ist, die Anordnung beantragen?

  • Für unsere Finanzämter hier reicht der Vorbehalt aus. Durch die Anordnung des Vorbehalts ist der Insolvenzbeschlag weiterhin angeordnet. Das hat letztlich nix damit zu tun, ob ich nun Vorbehalt oder die Nachtragsverteilung an sich anordne. Andersherum: wenn ich die Nachtragsverteilung anordne findet ja nicht auch wirklich eine Nachtragsverteilung statt. Wenn die Kosten nicht gedeckt sind, geht der Betrag einfach in die Staatskasse. Wichtig ist, dass der Insolvenzbeschlag bestehen bleibt und somit der Betrag nicht an den Schuldner (o.a.) ausgezahlt werden kann/darf. Aber wie bereits gesagt, es wurde soooo ausufernd diskutiert darüber, das wiederhole ich hier nicht alles. Ich halte aber eine weitere Anordnung der NTV nicht für nötig.

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  • Es kann auch von Amts wegen angeordnet werden. Manche Finanzämter lassen sich darauf ein, dass die anteilige Steuererstattung für die WVP an den TH ausgekehrt wird und alles was anteilig nach der WVP ist, wird an den Schuldner ausgekehrt.

  • Ich habe gerade entdeckt, dass sich "mein" zuständiges Finanzgericht dazu am 16.12.2010 tatsächlich schon geräuspert hat. Also, ich weise die Erstattung an den Verwalter an. Ich hoffe, ich steig bei der Thematik irgendwann mal durch und würde mich freuen, wenn ich dabei auf eure Unterstützung zählen darf. Obwohl es für mich sicher nicht einfach sein wird, bin ich recht zuversichtlich. Also ganz herzlichen Dank an euch und eine schönes sonniges und erholsames WE. (Ich muss dann mal Steuern festsetzen)

  • Weil ich gerade drüber gestolpert bin:

    BFH 7. Senat vom 20.09.2011
    Aktenzeichen: VII R 36/11
    Aktenzeichen der Vorinstanz: 10 K 15202/09


    Kommt die in einem Beschluss des Amtsgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens "vorbehaltene" Nachtragsverteilung einer Anordnung der Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO gleich und unterliegt damit ein während des Insolvenzverfahrens begründeter Einkommensteuererstattungsanspruch ohne ausdrückliche Anordnung einer Nachtragsverteilung nach Verfahrensaufhebung weiterhin dem Insolvenzbeschlag?


    -- Zulassung durch BFH --


    Rechtsmittelführer: Verwaltung

    Verfahrensgang vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg 10. Senat, 16. Dezember 2010, Az: 10 K 15202/09

  • na da bin ich mal gespannt. Oki, von vorbehaltenen Nachtragsverteilungen halte ich nix. Entweder ich ordne die NTV an oder nicht. Alles andere ist kiffen a la clinton.
    Aber die FA werden mittlerweile richtig kreativ... Neulich hab ich mal wieder eine NTV bezüglich der Steuererstattungsanprüche des Schuldners für die Jahre 2009 und 2010 angeordnet. Nun bekommt der Treuhänder ein nettes Schreiben des FA, in welchem gesagt wird, das FA sei zu einer Leistung an den Treuhänder nicht verpflichtet, da die Anordnung der NTV wg. Unbestimmtheit der Steuerart nichtig sei und darüberhinaus seinen Steuern in die NTV aufgenommen worden, deren Veranlagungszeitraum nicht abgelaufen sei. Am Ende des Schreibens fand sich eine Rechtsbehelfsbelehrung.... seltsam, seltsam, einfache Schreiben mit Rechtsbehelfsbelehrung... .

    Oki, ich hab dann den Beschluss über die NTV um sämtliche Steuerarten (mit Ausnahme der Kernbrennstoffsteuer) ergänzt und einen Feststellungsausspruch dahingehend erlassen, dass die Kalenderjahre 2009 und 2010 zum Zeitpunt der Anordnung der NTV (war 2011) bereits abgelaufen waren. Auf eine Rechtsbehelfsbelehrung an das FA habe ich jedoch verzichtet.
    InsO und Steuerrecht..... wäre ein Grund auszuwandern !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Falls Du auch über die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz stolperst bitte einstellen, mir gehts da wie Defaitist("bin gespannt"). ;)

  • So der BFH hat gesprochen. Jetzt noch eine Frage:

    Wo ordne ich den Vorbehalt der Nachtragsverteilung an? Im Schlusstermin oder bei Aufhebung des Verfahrens. Ich werde jetzt dazu übergehen von Amtswegen Steuererstattungsansprüche und Mietkautionen der NTV vorbehalten.

  • Wir machen das im Aufhebungsbeschluss. Ich frage meist im Schlusstermin nach, ob steuerlich noch was zu erwarten ist. Wenn nicht, dann nicht. Da wir zukünftig mehr schriftliche Verfahren haben, muss ich mich nun wohl auf die Treuhänder verlassen. Einige beantragen das explizit bei Vorlage der Schlussrechnung.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich ordne den Vorbehalt auch im Aufhebungsbeschluss an; einen extra Beschluss würde ich nicht machen. Die Treuhänder haben in den Schlussunterlagen schon entsprechende Anträge gestellt.

    Manche Kollegen nehmen den Vorbehalt lediglich im Protokoll auf; das würde mir aber allein nicht reichen.

  • "Vorbehalten bleibt die Nachtragsverteilung hinsichtlich der gegenüber dem Finanzamt... ggf. bestehenden Ansprüche auf Einkommenssteuererstattung aus dem Jahr ..."

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