850 f ZPO?

  • Ich habe hier ein Schreiben des Schuldners, dass dieser um einmalige Erhöhung seines unpfändbaren Betrages bittet, da er ein neues Auto (zum Erhalt der Erwerbstätigkeit) kaufen will und zudem wohl noch einige Arztrechnungen bezahlen muss, die die Kasse nicht erstattet hat. Zusätzlich macht er noch weitere erhöhte einmalige Aufwendungen geltend. Nachweise hat er natürlich noch nicht vorgelegt.

    Soll das ein Antrag nach § 850 f ZPO sein? Geht denn das einmalig? Ein Antrag nach § 100 InsO ist es wohl nicht, denn Masse ist nicht vorhanden.

    Wer kann mir weiterhelfen? Schon mal danke vorab!



  • Soll das ein Antrag nach § 850 f ZPO sein? Geht denn das einmalig?



    Klingt für mich schon nach 850f, und warum soll so was nicht auch nur einmalig möglich sein, ist doch für den Gläubiger besser, wenn er nur einmal statt jeden Monat mehr Kohle kriegt, oder;)

  • Danke für Eure Antworten!
    @Terra: Masse ist nicht vorhanden, weil die pfändbaren Bezüge abgetreten sind. Der Antrag nach 850 f ginge somit nicht ins Leere.

    Ich frage mich jetzt allerdings, wer hier zuständig ist. Also ich kenn bisher nur Fälle, in denen irgendwelche 850-nochwas-Anträge ans Inso.G. gestellt werden im Verhältnis zum Insoverwalter, der für die Masse einzieht. Ist da evtl. ein Unterschied, wenn der pfändbare Betrag gleich vom Arbeitgeber an den Gl. abgeführt wird?

  • Hier kannst du Dir was aussuchen:

    BAG Urteil vom 06. 02.1991:


    In einem Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann bei einer Lohnabtretung der unpfändbare Betrag nicht erhöht werden. Wenn überhaupt, dann sind hierfür die Zivilgerichte zuständig.



    LG Frankfurt Beschluss vom 06. 04.1999:


    Für die Erhöhung der unpfändbaren Beträge nach § 850f Abs. 1 ZPO ist auch bei Abtretungen das Vollstreckungsgericht zuständig. Dem Schuldner müsse ein Weg zur Verfügung stehen, durch gerichtliche Entscheidung den unpfändbaren Betrag zu erhöhen. Die Entscheidung im Erkenntnisverfahren fiele aus dem Rahmen und die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts sein sachnäher.

    BGH Beschluss vom 28. 05.2003:

    Es ist umstritten, ob § 850f Abs. 1 ZPO auf Abtretungen überhaupt anzuwenden ist. Der Antragsteller kann dies aber nicht vor dem Vollstreckungsgericht durchsetzen, da kein Vollstreckungstitel vorliegt und das VG daher nicht prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel vorliegen.


    Ich denke aber, dass das IG nicht zuständig sein dürfte, weil das nach § 36 Abs. 4 InsO über das Einkommen entscheidet, was der ZV unterliegt. Hier geht es aber noch um die Abtretung, die nach § 114 Abs. 1 InsO noch zwei Jahre wirksam ist.

  • Danke Hego, das BAG wollte ich auch zitieren.
    Ich habe mich in ähnlicher Situation rausgehalten und die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für die Abänderung des pfändbaren Betrages bei Abtretung zugunsten eines Gläubigers verneint.

  • Wobei ich ja auch eher dazu tendiere, dem LG Frankfurt und dem

    LG Heilbronn Beschluss vom 10. 01.2001


    "Das Vollstreckungsgericht ist auch bei einer Abtretung für die Erhöhung der unpfändbaren Beträge zuständig. Voraussetzungen sind nicht anders als bei Zwangsvollstreckungen. Die Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht einfacher als durch Prozessgericht."


    Recht zu geben. Das VG ist die Instanz, die grundsätzlich darüber zu befinden hat. Warum soll das denn nur gehen, wenn ein Titel vorliegt.

    Stell Dir mal vor, ein Schuldner hat an eine Bank abgetreten und macht geltend, dass er sehr hohe Fahrtkosten hat. Eine Entscheidung des VG wäre nicht nur sinnvoller sondern auch wesentlich einfacher.

    Ich mache das in den Fällen, in denen Abtretungen und Pfändungenn vorliegen so, dass ich dem Schuldner empfehle zu einer Pfändung (die noch nicht dran ist wegen vorrangiger Abtretung) einen Beschluss nach § 850f Abs. 1 ZPO zu erwirken. Wenn der dann da ist, dann kann man den Abtretungsgläubiger fragen, ob er zur Vermeidung einer Klage damit einverstanden ist, diese Entscheidung auch für seine Abtretung anwenden zu lassen. Auch wenn es erstrangige Pfändungen zugunsten von Kommunen o.ä. gibt, hat das immer funktioniert. Meist gibt es nämlich bei solchen Pfändungen noch Emotionen der Sachbearbeiter gegen den Schuldner und das VG ist in solchen Fällen "neutraler".

    Solange es funktioniert .....

  • Ich mache das in den Fällen, in denen Abtretungen und Pfändungenn vorliegen so, dass ich dem Schuldner empfehle zu einer Pfändung (die noch nicht dran ist wegen vorrangiger Abtretung) einen Beschluss nach § 850f Abs. 1 ZPO zu erwirken.



    Das würde ich als VG z.B. schon mal ablehnen, da es dafür überhaupt kein Rechtschutzbedürfnis gibt.
    Ich finde auch nicht, dass die "Sachnähe" ein richtiges Argument ist. Und im übrigen müßte dann nicht nur 850f ZPO Anwendung finden, sondern konsequenterweise auch alle anderen §§ (ich sage nur Zusammenrechnung, Wegfall Unterhaltspflicht, Taschengeldpfändung etc.) Wie weit sollte das denn gehen ? Und alles nur wegen einer vermeintlichen "Sachnähe", oder weil es für den Schuldner einfacher ist ?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Woher weiß das VG denn ob die Pfändung bedient wird. Außerdem gilt das Prinzip der Einzelvollstreckung. Wenn der unpfändbare Betrag erhöht werden soll, dann müssen Beschlüsse für alle Pfändungen erlassen werden wenn der Schuldner entsprechende Anträge stellt.

    Deine Argumente hinsichtlich Zusammenrechnung etc. sind nicht geeignet dem Schuldner den Beschluss nach § 850f Abs. 1 ZPO zu verweigern.

    Was abgetreten ist muss sich lt. BGH aus der Abtretung selbst ergeben. Das heißt, dass in der Abtretung die Zusammenrechnung wirksam vereinbart werden kann. Wegfall Unterhaltspflicht hat der Drittschuldner von sich aus nach § 850c Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Taschengeldpfändung zieht ebenfalls nicht, weil ja nur Arbeitseinkommen etc. abgetreten ist.

    Bei § 850c Abs. 4 ZPO (Nichtberücksichtigung trotz Unterhaltspflicht und -gewährung hat der Gl. Pech gehabt und muss deshalb evtl. zusätzlich pfänden. Kommt sehr häufig vor.

    Man muss aber beachten, dass es im Gegensatz zu all den anderen Möglichkeiten hier um die Erhöhung des unpfändbaren Betrages zugunsten des Schuldners geht und nicht um Erhöhung des pfändbaren Teils. Der Schuldner hat den pfändbaren Teil an den Zessionar abgetreten und was pfändbar ist (wegen § 850f Abs. 1 ZPO) kann das VG bestimmen. So sehen es jedenfalls auch die Landgerichte.

    Es ist ja ok, die Entscheidung des BGH ist eindeutig und zu akzeptieren, aber es ging nur um die Sachnähe und warum ich die Entscheidungen der LG für richtiger und sinnvoller halte.

    Lediglich der Forderungsgrund oder die Person des Gläubigers kann eine Ermessensentscheidung zugunsten des Gläubigers begründen.

  • Woher weiß das VG denn ob die Pfändung bedient wird. Außerdem gilt das Prinzip der Einzelvollstreckung. Wenn der unpfändbare Betrag erhöht werden soll, dann müssen Beschlüsse für alle Pfändungen erlassen werden wenn der Schuldner entsprechende Anträge stellt.



    Tja, ich sehe es nach wie vor anders: ich weiß es, weil er es jedenfalls bei uns mit angeben muß, ob tatsächlich eine Abtretung oder ein PfÜB bedient wird.
    Und natürlich müssen dann, wenn der "erste" PfÜB erhöht wird, auch alle anderen PfÜBse erhöht werden, da es eben eine Einzelvollstreckung ist und der Erhöhungsbeschluss nur für bzw. gegen den einzelnen Gläubiger gilt. Aber das ist eben nicht der Fall, wenn eine Abtretung vorgeht. Solange auf eine PfÜB nichts tatsächlich "fließt", fehlt halt auch das Rechtsschutzbedürfnis. Ich brauche ja nun nicht fiktiv zu entscheiden.

    Bzgl. des Restes wollte ich eigentlich nur auf dieses Argument der Sachnähe etc. eingehen. Ich finde einfach, dass das ein -sorry für die Ausdrucksweise- völlig blödes und abgenudeltes Argument ist. Nirgendwo in den Gesetzen steht, dass nur sachnahe Gerichte entscheiden dürfen. Wenn es danach geht, müßten über Lohnpfändungen die Arbeitsgerichte entscheiden. Und eine Abtretung ist nunmal ein vertraglich gestaltet.

    Im übrigen müßte ich dann ja auch gucken, ob die Abtretung überhaupt wirksam ist. Und bin ich da auch sachnäher ?

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  • So hat halt eben jeder seine "persönlichen" Einstellungen dazu, die ja auch teilweise von dem BGH gestützt werden.

    Ich würde trotzdem der Entscheidung des VG den Vorzug vor der Entscheidung eines Zivilgerichts geben. Dies wäre für den Staat kostengünstiger, für die Beteiligten allemal und auch wesentlich schneller.

  • Hallo Zusammen,

    bezieht sich denn die Frage überhaupt auf einen Sachverhalt, der mit der InsO zu tun hat? Wenn ja, dann ist die Zuständigkeit ohne Frage beim InsO-Gericht.

    Wenn das Verfahren läuft, dann wegen § 36 Absatz 4 InsO. Ist das Verfahren aufgehoben und schließt sich eine WVP an, dann sind die pfändbaren Bezüge abgetreten an den Treuhänder. Auch wenn es sich um eine Abtretung handelt, ist es wegen § 292 Absatz 1 Satz 3 InsO Sache des Inso-Gerichtes über diesen Antrag zu enstscheiden. Die zitierten Entscheidungen berücksichtigen die alte Rechtslage. Da war es in der Inso nicht normiert und daher streitig. Jetzt bärmelt sich das InsO-Gericht einen ab den Beschluss so zu forrmulieren, als wenn es sich um eine Vollstreckung handeln würde, die hier jedoch anlaog auf die Abtretung anzuwenden ist, so dass festgestellt wird, dass Betrag x unpfändbar ist.

    Im Übrigen halte ich es einen für einen Fall nach § 850 f ZPO, für den es auch ohne pfändbare Bezüge in Rechtschutzbedürfnis gibt, da sich diese ändern können.

  • Es handelt sich um einen Insolvenzfall in dem jedoch noch eine Abtretung für die Dauer von zwei Jahren nach § 114 Abs. 1 InsO wirksam ist (s. Posting Nr. 4)

    Eine Erhöhung in dem Insolvenzverfahren würde nichts bringen, weil der Beschluss nicht für die Abtretung nach § 114 Abs. 1 InsO gelten würde.

    Meiner Meinung nach könnte der RPfl. den Beschluss in dem Insolvenzverfahren erlassen ohne dass es ihn interessieren muss, ob er Wirkung entfaltet. Vielleicht sagt der Abtretungsgläubiger ja auch, dass er sich anschließt. Zumindest hätte der Rechtspfleger sich dann bemüht, dem Schuldnerantrag zu entsprechen.

  • Die Abtretung ist im Verhältnis Schuldner - Abtretungsgläubiger. Es liegt keine Verstrickung vor in die durch gerichtliche Entscheidung eingegriffen werden könnte.

    Ich bleibe da lieber strikt am Gesetz:
    Gibt es eine Zuständigkeit, ein Norm für eine solche Entscheidung?
    Nein!

    Entscheide ich aber darüber, dann wird der jeweils Unterlegene mir eine gravierende Überschreitung meiner Kompetenzen vorwerfen können, mit dem BAG im Rücken.

    Rechtsfortbildung schön und gut, aber ich sehe mich in so einem Fall als unzuständig an und damit entscheide ich nicht.

  • Ich denke aber, dass das IG nicht zuständig sein dürfte, weil das nach § 36 Abs. 4 InsO über das Einkommen entscheidet, was der ZV unterliegt. Hier geht es aber noch um die Abtretung, die nach § 114 Abs. 1 InsO noch zwei Jahre wirksam ist.



    Habe bereits einige derartige Anträge als unzulässig verworfen.
    Ich denke das InsO-Gericht ist nicht befugt im Hinblick auf Absonderungsrechte Entscheidungen zu treffen.

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