Nacherbenvermerk wurde gelöscht und nun?

  • Hallo,

    im Jahr 1997 hat ein Kollege den Nacherbenvermerk auf Grund Bewilligung aller Nacherben gelöscht.
    Der Eigentümer ist jedoch als befreiter Vorerbe eingetragen geblieben.
    Nun möchte der Eigentümer Wohnungseigentum an Teilen des Grundbesitzes begründen.

    Unterliegt der Grundbesitz weiterhin der befreiten Vorerbschaft trotz Löschung des Vermerkes?
    Müssten dann die Vorerben der Begründung von Wohnungseigentum alle zustimmen?

    Dazu muss ich noch folgendes sagen, ich habe bisher die Löschung eines Nacherbenvermerkes nur auf Grund der Löschungsbewilligung der Nacherben abgelehnt, ich weiß auch, dass das streitig ist, deshalb frage ich mich jetzt, wie ich in diesem Fall zu verfahren habe!

    Vielen Dank!

  • Aus dem Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass das Grundstück aus der Nacherbenbindung ausgeschieden ist (vgl. Diskussion hier).

    Da Du schreibst, dass die Nacherbfolge auch noch nicht eingetreten ist, fällt mir gerade nichts ein, was dagegen spricht, den Nacherbenvermerk von Amts wegen wieder einzutragen, da das Grundbuch aus o.g. Grund offenbar unrichtig ist.

    Hier wurde schon einmal die Frage gestellt, wie es sich bei Nacherbfolge und Bildung von Wohnungseigentum verhält.

  • Wenn die Löschung zu recht erfolgte (das unterstelle ich auf Grund des Vortrags mal), darf man den Vermerk jetzt nicht mehr von Amts wegen eintragen. Der Vorerbe kann also verfügen.
    Ob der Vorerbe materiell die Zustimmung braucht, interessiert das Grundbuchamt nicht und lasse ich mal offen für Cromwell und Prinz ;)

  • Ich würde so verfahren, wie beim „schlafenden“ Nacherbenvermerk, also beim Nacherbenvermerk trotz Unanwendbarkeit des § 2113 BGB (s. dazu z.B. Jung, Rpfleger 1995, 5 ff, Böhringer, Rpfleger 5/2007, 260 ff, BWNotZ 2009, 61/68 m.w.N.).

    Nach allgemeiner Ansicht lässt der Verzicht des Nacherben auf die Eintragung des Nacherbenvermerks -oder aber, wie hier, die Löschung des Nacherbenvermerks auf Bewilligung des Nacherben und ggf. des/der Ersatznacherben hin- die Zugehörigkeit des Nachlassgegenstands unberührt, das Nacherbenrecht besteht vielmehr sachlich fort (RGZ 151, 395/397; KGJ 52, 166/169; OLG Frankfurt/Main, Rpfleger 1989, 412 = DNotZ 1990, 56; Schöner/Stöber, RN 3507; Schaub in Bauer/von Oefele, Grundbuchordnung, 2. Auflage 2006, 1999, § 51 RN 84; je m.w.N.). Das OLG Frankfurt/Main, Rpfleger 1989, 412, führt dazu auf S. 413 aus:
    „Denn durch den Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks im Grundbuch wird das Recht, bei dem der Vermerk einzutragen wäre, nicht frei von den Rechten des Nacherben. Der Nacherbe verzichtet dadurch lediglich auf die Wirkung des Nacherbenvermerks, so dass ein gutgläubiger Dritter das Grundstück frei vom Nacherbenrecht erwerben könnte (KG, KGJ 52, 166/169, RGZ 151, 395/397; OLG Frankfurt, Rpfleger 1980, 228/229, Horber/Demharter, Anm. 9 a, KEHE/Eickmann, Rn. 17, jeweils zu § 51 GBO).“

    Falls also vorliegend der Vorerbe verstirbt, bevor alle WE-Einheiten auf Dritte umgeschrieben sind, käme ohne den NE-vermerk niemand auf die Idee, dass sich die Erbfolge nicht nach ihm, sondern nach dem früheren Erblasser richtet. Also ist meiner Ansicht nach der (gelöschte) Nachwerbfolgevermerk (gerötet) mit dem Löschungsvermerk in die WE-Einheiten zu übertragen. Es ist auch nicht so ungewöhnlich, dass gelöschte Vermerke aufgenommen werden. Ich erinnere an das Verfahren beim Reichsheimstättenvermerk (OLG Hamm, Rpfleger 1995, 501). Da die Verfügungsbeschränkung aus § 2113 BGB seit der Löschung des NE-vermerks auf Bewilligung der NE hin nicht mehr besteht, kann allerdings die Frage, ob es zur Begründung von WE der Zustimmung des/der NE bedarf, auf sich beruhen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die unterschiedlichen Ansichten wurden im Rahmen der in #2 verlinkten Diskussion eingehend dargestellt. Danach gibt es zwei Möglichkeiten:

    Wenn man der hM folgt, ist einzutragen, weil das Grundbuchamt das weiterbestehende Nacherbenrecht nach erfolgter Löschung des NE-Vermerks nicht mehr zu beachten hat.

    Wenn man -wie ich- der abweichenden Ansicht folgt, muss gegen die erfolgte Löschung des NE-Vermerks ein Amtswiderspruch eingetragen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Begründung von WEG durch den befreiten Vorerben einer Zustimmung der Nacherben bedarf, und des weiteren unabhängig davon, dass bei der Begründung von WEG (mangels Vorhandensein eines Dritten) kein gutgläubiger Erwerb in Betracht kommt. Hieran anschließend können die beantragten Eintragungen dann ohne weiteres vollzogen werden, weil es bei eingetragenem (oder aufgrund Widerspruchs ersichtlichem) Nacherbenvermerk grundbuchrechtlich für den Vollzug einer Verfügung des Vorerben nicht erforderlich ist, dass die Nacherben dieser Verfügung zustimmen (geröteter Nacherbenvermerk samt Löschungsvermerk und Widerspruch sind in alle WEG-Blätter zu übertragen). Wenn gegen die Eintragung des Amtswiderspruchs Beschwerde eingelegt wird, kann die Rechtslage auch noch im Abhilfeverfahren ausführlich dargestellt werden. Für diesen Fall würde ich dann -so gewünscht- eine entsprechende Begründung liefern.

    Der Ansicht meines Vorredners, wonach die Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB seit der Löschung des Nacherbenvermerks nicht mehr bestehe, ist zu widersprechen. Das behauptet nicht einmal die hM. Diese geht lediglich davon aus, dass die weiterbestehende (!) Verfügungsbeschränkung vom Grundbuchamt nicht mehr zu beachten sei.

  • ...Der Ansicht meines Vorredners, wonach die Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB seit der Löschung des Nacherbenvermerks nicht mehr bestehe, ist zu widersprechen. Das behauptet nicht einmal die hM. Diese geht lediglich davon aus, dass die weiterbestehende (!) Verfügungsbeschränkung vom Grundbuchamt nicht mehr zu beachten sei.

    Die Formulierung sollte auch lediglich bedeuten, dass die Verfügungsbeschränkung nicht mehr zu beachten ist, weil sie aus Sicht des Grundbuchamts (als Eintragungshindernis) nicht mehr besteht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für eure Antworten!

    Ich werde mich mal mit den Kollegen hier kurz schließen und mal hören, welche Meinung hier so vertreten wird und ob wir eine gemeinsame Linie finden!

  • Ich schließe mich mal hier an mit folgendem Fall:

    Ursprünglich als Eigentümer eingetragen waren M und F in Gütergemeinschaft.

    Nach Ableben von M wurde F als Alleineigentümerin neu eingetragen aufgrund testamentarischer Erbfolge. Gleichzeitig wurde ein Nacherbenvermerk eingetragen: "F ist befreite Vorerbin; Nacherben im Falle ihrer Wiederverheiratung: A und B."

    Anschließend hat die F das Grundstück an die Mitnacherbin A, ihre Tochter, übergeben. Im Übergabevertrag heißt es u. a.: "Die Übergabe erfolgt als Voraus auf das mütterliche Erbe der Übernehmerin." A wurde als Alleineigentümerin neu eingetragen, zugunsten der F wurde ein Nießbrauch eingetragen und der Nacherbenvermerk wurde gelöscht.

    Letztes Jahr wurde aufgrund einer von der Berechtigten F abgegebenen Löschungsbewilligung der Nießbrauch gelöscht.

    Jetzt verkauft A das Grundstück; zur Eintragung bewilligt ist eine Vormerkung für die Käuferpartei.

    Bei Durchsicht der Grundakte ist mir folgendes aufgefallen:

    Grundlage der Löschung des Nacherbenvermerks war eine zeitlich vor (06.12.) Abschluss des Übergabevertrags (21.12.) von dem weiteren Mitnacherben B erteilte Löschungsbewilligung. Bei der Übergabe hat B nicht mitgewirkt.

    Das Testament, auf dessen Grundlage der Nacherbenvermerk eingetragen wurde, enthält diesbezüglich folgende Formulierung: "Sollte der Überlebende von uns wieder heiraten, so soll der vom Erstversterbenden herrührende Nachlass mit der Wiederverheiratung an unsere Erben fallen. Diese sollen verpflichtet sein, dem überlebenden, wiederverheirateten Elternteil den Nießbrauch an den einzelnen Nachlassgegenständen zu bestellen und - bei Grundbesitz - ihn dinglich sichern zu lassen." Zur Erbeinsetzung: "Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Der Überlebende von uns soll das Recht haben, über den beiderseitigen Nachlass durch Testament oder sonstige letztwillige Verfügung frei zu verfügen. Trifft er keine anderweitige Verfügung, so soll gelten: Erben des Längstlebenden von uns sollen unsere Kinder A und B je zur Hälfte werden. Ersatzerben sollen ihre ehelichen Abkömmlinge nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge werden."

    Ich frage mich vor diesem Hintergrund, ob ich die beantragte Vormerkung (und dann irgendwann die Eigentumsumschreibung) einfach ohne weiteres eintragen kann/soll/muss oder ob man auf eine Beteiligung des weiteren Mitnacherben B versuchen sollte hinzuwirken, da evtl. die von der F auf A vorgenommene Übergabe diesem ggü. unwirksam sein könnte:
    M. E. kann die vor Abschluss des Übergabevertrags isoliert erteilte Löschungsbewilligung nicht als Zustimmung zu dieser Übergabe ausgelegt werden.
    Lt. Testament sind (nach meiner Lesart) auch Ersatz(nach)erben benannt, die die Löschung nicht bewilligt haben.
    Hätte der Mitnacherbe B bei der Löschung des Nießbrauchs beteiligt werden müssen?

    Oder braucht/darf mich das alles hier nicht interessieren angesichts Gütergemeinschaft/Löschung des Nacherbenvermerks/bereits vollzogener Auflassung an A?

    Bin dankbar für jegliche Denkanstöße.

  • Braucht Dich alles nicht zu interessieren, weil der überlebende Ehegatte als Alleinerbe des verstorbenen Ehegatten, mit dem er in Gütergemeinschaft gelebt hatte, im Hinblick auf Nachlassgegenstände nicht der Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB unterliegt. Demnach hätte der Nacherbenvermerk erst gar nicht eingetragen werden dürfen und demzufolge ist es auch gleichgültig, ob er zu Recht oder zu Unrecht gelöscht wurde.

    Damit hat der überlebende Ehegatte als Berechtiger zugunsten von A über den Grundbesitz verfügt und A verfügt daher nunmehr ebenfalls als Berechtigter.

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