Ordnungsgeldandrohung nach Umgangsvereinbarung,dann neue Vereinbarung: welche Gebühr?

  • Folgender, etwas komplexer Sachverhalt: Umgangsverfahren Kindesvater gegen Kindesmutter, beide VKH, in der mündlichen Verhandlung wird Umgangsvereinbarung geschlossen, Verfahrenswert wird auf 3000 Euro festgesetzt. Beide Rechtsanwälte rechnen gegenüber der Landeskasse ordnungsgemäß VV 3100, 3104 und 1003 ab, erhalten je 810,99 €. Dann erfolgt Ordnungsmittelantrag durch Antragsteller, der zwischenzeitlich einen neuen Anwalt beauftragt hat, gem. §§ 89 ff. FamFG wegen Zuwiderhandlung der Antragsgegnerin gegen die geschlossene Vereinbarung. Antragsgegn.-Vertreter beantragt Abweisung des Ordnungsmittelantrags und stellt gleichzeitig den Widerantrag, die bereits geschlossene Umgangsvereinbarung abzuändern. In der mündlichen Verhandlung wird dann eine neue Vereinbarung getroffen. Die Verfahrenswerte werden wie folgt festgesetzt: Ordnungsmittelantrag 500 €, Widerantrag 3000 € und Einigung 3000 €. Außerdem wird beiden Parteien erneut VKH bewilligt. Jetzt rechnen beide Anwälte die VV 3100 und VV 3104 nach 3500 € ab und eine VV 1003 nach 3000 € zzgl. Pauschalen etc. Ich bin der Meinung, dass der Ordnungsmittelantrag die Gebühr VV 3309 auslöst. Aber gilt auch der Widerantrag zur Abänderung der Vereinbarung als neue Angelegenheit oder ist das noch Teil des ursprünglichen Umgangsverfahrens und somit durch die ausgezahlten 810,99 € abgegolten? Welche Gebühren sind jetzt also in welcher Höhe angefallen? Ich hoffe, ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt und alle wesentlichen Punkte erwähnt.

  • Wie Du schon richtig schreibst, fällt für den Ordnungsgeldantrag die Gebühr nach Nr. 3309 VV an. Die mündliche Verhandlung fand über diesen Antrag statt? Oder fand die Verhandlung über den "Widerantrag" statt? Vorweg: Soweit ein neuer RA einer Partei beigeordnet wurde, steht diesem RA gegen die Staatskasse ein Vergütungsanspruch zu - unabhängig von der Frage, ob eine neue Angelegenheit vorliegt oder der ehemalige RA bereits Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat.

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  • Auf Nachfrage teilte mir der Dezernent mit, dass der Termin sowohl im Hinblick auf den Ordnungsmittelantrag als auch im Hinblick auf den Widerantrag stattfand. Der neu beigeordnete Rechtsanwalt des Antragstellers hat natürlich einen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse, allerdings doch nicht in der oben beschriebenen Abrechnungsweise (also VV 3100 und 3104 nach 3500 € und Einigung nach 3000 €), oder? Ihm würde dann für den Ordnungsmittelantrag die VV 3309 nach 500 € und - weil ja ein Termin stattgefunden hat - die VV 3310 nach 500 € zustehen und zusätzlich für den Widerantrag VV 3100, 3104 und 1003 nach 3000 €? Und was ist mit dem Anwalt der Antragsgegnerin, der schon vorher tätig war und 810,99 € abgerechnet hat?

  • Ja, so sehe ich das (Deine Gebührenberechnung) auch.

    Was die Vergütung des RA angeht, der bereits tätig war, muß man sich fragen, ob eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit vorliegt oder nicht. Ist z. B. nicht das alte Verfahren fortgesetzt worden, sondern vielmehr ein neues Verfahren (mit neuem AZ) vergeben worden, handelt es sich um eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit, da ein neuer Rechtszug (§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG) gegeben ist. Ist das alte Verfahren fortgesetzt worden, ist entscheidend, ob evtl. die 2-Jahre-Frist des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG gilt. Je nachdem müßte der RA ja auch einen (neuen) VKH-Antrag gestellt haben. Ggf. hat er "für lau" gearbeitet, weil es immer noch "dieselbe" Angelegenheit i. S. v. § 15 RVG ist.

    Bezüglich des Ordnungsmittelsverfahren weiß ich aber nicht, ob der RA dort auch einen VKH-Antrag gestellt und bewilligt erhalten hat. Das sind ja zwei unterschiedliche Verfahren, so daß er eigentlich 2 Anträge hätte stellen müssen. Den Wortlaut der Bewilligung kenne ich nicht. Entsprechend kann er dann entweder für beide Verfahren oder nur für eines VKH aus der Staatskasse erhalten.

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  • Das alte Verfahren ist unter demselben Aktenzeichen fortgesetzt worden und die Zwei-Jahres-Frist ist auch noch nicht abgelaufen (aber gut, dass du es angesprochen hast, hatte ich gar nicht drüber nachgedacht!). Heißt das dann, dass es noch dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit ist (zumindest was den Widerantrag zur Änderung der Umgangsvereinbarung betrifft) und damit der Anwalt, der schon tätig gewesen war, nur noch den Ordnungsmittelantrag abrechnen darf? Der Anwalt, der bereits tätig gewesen war, hat zunächst beantragt, den Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin zurückzuweisen und seinem Mandanten, dem Antragsgegner, hierfür VKH zu bewilligen. Kurz vor der mündlichen Verhandlung hat er dann noch seinen Widerantrag zur Abänderung der bereits bestehenden Umgangsvereinbarung gestellt und auch hierfür VKH beantragt. Im Termin wurde dann beiden Parteien pauschal VKH bewilligt ohne nähere Erläuterung. Der Richter erklärte aber auf mein Nachfragen, dass sich die VKH sowohl auf Widerantrag als auch auf den Ordnungsmittelantrag erstrecke. Also ich denke, dass zumindest der "neue" Anwalt der Antragstellerin die von mir oben bezeichneten Gebühren erhält. Nur beim "alten" Anwalt des Antragsgegners bin ich mir noch nicht sicher.

  • Das alte Verfahren ist unter demselben Aktenzeichen fortgesetzt worden und die Zwei-Jahres-Frist ist auch noch nicht abgelaufen (aber gut, dass du es angesprochen hast, hatte ich gar nicht drüber nachgedacht!). Heißt das dann, dass es noch dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit ist (zumindest was den Widerantrag zur Änderung der Umgangsvereinbarung betrifft) und damit der Anwalt, der schon tätig gewesen war, nur noch den Ordnungsmittelantrag abrechnen darf?


    :daumenrau Ja, wäre meine Meinung.

    Also ich denke, dass zumindest der "neue" Anwalt der Antragstellerin die von mir oben bezeichneten Gebühren erhält. Nur beim "alten" Anwalt des Antragsgegners bin ich mir noch nicht sicher.


    Auch hier Zustimmung. Der neue erhält sämtliche, der alte nur diejenigen des Ordnungsmittelverfahrens, da er für das Umgangsverfahren bereits die Gebühren verdient und ausgezahlt erhalten hat und das "neue" Umgangsverfahren dieselbe Angelegenheit i. S. v. § 15 Abs. 5 S. 1 RVG ist.

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  • Hallo, ich habe eine Familiensache bei der der Wert für den Antrag auf 4T€ und der Wert für den Widerantrag auf 3T€ festgesetzt wurde. Beide Parteien haben VKH. Der eine RA rechnet die beiden Werte zusammen. Der andere nimmt nur den Wert für den Antrag (also den höheren). Im Kostenausgleichsverfahren nehmen dann beide Anwälte "nur" den Wert für den Antrag. Welchen Wert muss ich zugrunde legen?:gruebel:

  • Welchen Wert muss ich zugrunde legen?:gruebel:


    Kommt drauf an! :D Entweder 7.000 € (Addition nach § 39 Abs. 1 Satz 1 FamGKG) oder der Wert 4.000 € (nach § 39 Abs. 1 Satz 2 FamGKG). Das kann anhand Deines Sachverhaltes nicht abschließend beantwortet werden.

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  • Ja das stimmt (mein SV war ein wenig schmal dargestellt). Es geht um die Ehewohnung. Ich hab schon gelesen, dass die Werte zusammen zu rechnen sind, wenn sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen bzw. nicht zusammen zu rechnen sind, wenn sie denselben Streitgegenstand betreffen. Der selbe Streitgegenstand liege vor, wenn beide Anträge sich gegenseitig ausschließen, also die Zuerkennung des einen Anspruchs automatisch die Abweisung des anderen zur Folge haben muss.
    Hier geht es genau um die hälftige Miete der Ehewohnung. Streng genommen müsste ich die Werte dann zusammen rechnen, oder?

    PS: Danke für die schnelle Rückmeldung. Mein Posting bezieht sich auf Klage und Widerklage, da ich bisher nix zu Widerantrag etc gefunden hatte. Kam mir auch in meinen sieben Monate- Kosten/ Fam- Dezernat noch nicht unter.

  • Hier geht es genau um die hälftige Miete der Ehewohnung. Streng genommen müsste ich die Werte dann zusammen rechnen, oder?


    Was hat der eine denn konkret und was der andere mit seinem Widerantrag beantragt?

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  • 1. Die Antragsgegnerin wird verurteilt 1.500€ nebst Zinsen etc zu zahlen.
    2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet im Januar 400€ und von Feb bis Juni 410€ an den AST zu zahlen.

    Die Antragsgegnerin beantragt:
    1. den Antragsteller zu verurteilen an die Antragsgegnerin 280€ .... zu zahlen.
    2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet für die Monate Januar 400€ und Feb bis Juni 410€ an den Vermieter zu zahlen.

    Also sind die Werte nicht zusammen zu rechnen, weil sie den selben Streitgegenstand betreffen?:gruebel:
    Darf ich dann "nur" die 4.000€ zugrunde legen (der Wert für den Antrag, weil er der höhere ist) aber wozu habe ich dann einen Wert für den Widerantrag???

  • Also sind die Werte nicht zusammen zu rechnen, weil sie den selben Streitgegenstand betreffen?:gruebel:


    Würde ich sagen. Der BGH hat zwar erst letztens (Beschl. v. 11. März 2014 - VIII ZR 261/12) zur dem § 39 FamGKG vergleichbaren Norm (§ 45 GKG) entschieden, daß eine Werteaddition trotz wechselseitigem Ausschlusses (also das Zusprechen des einen Antrages muß automatisch die Abweisung des anderen Antrages bewirken) möglich ist, wenn sich die gegenseitigen Ansprüche wirtschaftlich nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen. Er hat dies begründet:

    "Dementsprechend gehen die Instanzrechtsprechung und das Schrifttum zutreffend vom Erfordernis einer Werteaddition nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG in Fällen aus, in denen der Kläger aus einem streitigen Rechtsverhältnis einen über geleistete Zahlungen hinausgehenden Rest- oder Mehrbetrag beansprucht, während der Beklagte widerklagend die geleisteten Zahlungen als nicht geschuldet zurückverlangt, da hierbei wirtschaftlich die aus dem Rechtsverhältnis geschuldete Gesamtvergütung den Gegenstand des Streits der Parteien bildet (OLG Düsseldorf, NJW 2009, 1515; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 424; Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl., § 45 GKG Rn. 5 f.; Schindler in BeckOK GKG, Stand Januar 2014, § 45 Rn. 15; Schumann, NJW 1982, 2800, 2802; jeweils mwN)."

    Hier scheinst Du m. E. aber den klassischen Fall desselben Gegenstandes zu haben, indem sich beide Parteien gegenseitig auf Zahlung der (vermutlich) Nutzungsentschädigung an den jeweils anderen Ehepartner (oder ggf. der an den Vermieter zu zahlenden Miete) verklagen.

    Darf ich dann "nur" die 4.000€ zugrunde legen (der Wert für den Antrag, weil er der höhere ist) aber wozu habe ich dann einen Wert für den Widerantrag???


    Würde ich Dir zustimmen. Die Wertfestsetzung für den Widerantrag ist wiederum notwendig, um den höheren Wert beiden Ansprüche bestimmen zu können.

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