Ausschlagung nach polnischem Erblasser in Deutschland

  • Hallo,

    bin ganz neu im Nachlass und habe den Fall, dass nach einem polnischen Staatsbürger bei einem Notar die Erbschaft ausgeschlagen wurde. Der letzte Wohnsitz des Erblassers war in meinem Bezirk.

    Der Notar schreibt, dass er vorsorglich die Ausschlagung auch bei bei einem polnischen Gericht eingereicht hat, wo bereits andere Ausschlagungserklärungen vorliegen.

    Das ganze richtet sich ja nach polnischem Recht.

    Bin ich jetzt zuständiges Nachlassgericht (wegen 343I FamFG) mit der Folge, dass ich mich weiter kümmern muss?

    Nach polnischem Recht (laut Süß-Haas Erbrecht in Europa) kann die Ausschlagung bei jedem Notar abgegeben werden oder beim Wohnsitzgericht des Ausschlagenden.
    Wo werden diese dann zusammengeführt. Muss ich die jetzt noch irgendwo hinschicken oder muss oich, weil ich Nachlassgericht bin, darauf drängen, dass mir die in Polen erklärten Ausschlagungen (fristgerecht?-6 Monate) zugehen?

    Wie komme ich denn an die polnischen Gesetze?

    Hilfe, hab so gar keine Ahnung vom IPR und Ausland.


    :2gruebel:

  • Die Pflichten des Nachlassgerichts und die weitere Vorgehensweise richten sich nach deutschem Verfahrensrecht.

    In Polen werden Ausfertigungen der Ausschlagungserklärungen von dem Notar bzw. dem entgegennehmenden Gericht an das polnische Nachlassgericht weitergegeben. Ihre Wirksamkeit wird vom Nachlassgericht nicht geprüft. Dies erfolgt erst in einem Erbscheinsverfahren, falls ein Erbscheinsantrag gestellt wird. Sofern sich aus der Ausschlagungserklärung alle Daten der im folge der Ausschlagung berufenen Personen ergeben (vollständige Adresse), werden sie über die Ausschlagungserklärung vom Nachlassgericht benachrichtigt. Sofern die vollständigen Daten fehlen, werden sie in der Praxis in diesem Stadium nicht ermittelt. Die materiellrechtliche Ausschlagungsfrist läuft jedoch ab Kenntnisnahme des Berufungsgrundes. Die gerichtliche Benachrichtigung ist hier nicht zwingend notwendig, wenn der Berufene über die Ausschlagung aus einer anderen Quelle erfährt.

    Wenn Du Infos über das polnische Recht brauchst, kann ich konkrete Fragen gern beantworten (ggf. auch in Form eines Gutachtens über das polnische Recht).

  • Wenn der Notar in so einem Fall dem Wohnsitzgericht der Ausschlagenden die Urkunde schickt, muss dann das Nachlassgericht nach § 344 Abs. 7 FamFG die Urkunde nach Polen weiterleiten? Muss das nicht der Notar selbst veranlassen?

    Ich kenne es nur so, dass ich als Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung protokolliere, dem Ausschlagenden entweder die Urschrift (unter Zurückbehaltung einer Ausfertigung) oder eine Ausfertigung (unter Zurückbehaltung der Urschrift) in die Hand drücke und ihn darauf hinweise, dass er alles weitere zum Wirksamwerden der Ausschlagungserklärung selbst veranlassen muss.

    Als Notar würde ich es genauso handhaben. Ausfertigung an den Ausschlagenden mit dem Hinweis: schau dass Du die Ausschlagung innerhalb der mir -ggf. nicht bekannten- Ausschlagungsfrist an das zuständige Nachlassgericht (im Ausland) verbringst.

    Ich bin mir nicht sicher, ob sich § 344 Absatz 7 FamFG überhaupt auf die Fälle der originären Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts bezieht, d.h. ob das deutsche Nachlassgericht (i.S. von § 344 Absatz 7 FamFG) überhaupt eine Zuständigkeit (als Aufenthaltsgericht des Ausschlagenden) hat bzw. ob dieses Gericht eine bei ihm eingegangene Ausschlagungserklärung aufgrund § 344 Absatz 7 FamFG an das ausländische zuständige Nachlassgericht (das ihm im Zweifel ja gar nicht bekannt ist) weiterleiten muss.

  • In Erbfällen ab dem 17. September 2015 gilt Folgendes:
    - beim letzen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Deutschland sind deutsche Nachlassgerichte gem. Art. 4 ff. für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. In Polen wird diese europarechtliche Regelung ernst genommen und auch in nationalem Erbscheinsverfahren beachtet. Bei der Umsetzung der ErbRVO in Polen war dies selbstverständlich und wurde nicht in Frage gestellt. Da polnische Gerichte nicht zuständig sind und somit überhaupt nicht handeln dürfen, muss man sie über die Erbausschlagung in Deutschland nicht informieren.
    - beim letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Polen und gewöhnlichem Aufenthalt des Erben in Deutschland sind die polnischen Stellen gem. Art. 4 ff. ErbRVO für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. Nach Art. 13 ErbRVO steht den deutschen Stellen eine auf die Entgegennahme einer Annahme- bzw. Ausschlagungserklärung beschränkte internationale Zuständigkeit zu. Die Erklärung wird nach dem Erbstatut, in der Regel also nach polnischem Erbrecht, abgegeben. Nur die Form richtet sich nach deutschem Recht (Art. 28 ErbRVO). In solchen Fällen muss ein Erbe, der sich entscheidet, die Erklärung in seinem Wohnsitzstaat und nicht in dem nach Art. 4 ErbRVO zuständigen Mitgliedstaat abzugeben, das polnische Nachlassgericht über die Abgabe der Erklärung in Deutschland informieren. Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 32 S. 3 ErbRVO. Diese Obliegenheit trifft den Erben und nicht den Notar bzw. das Nachlassgericht, bei dem die Erklärung in Deutschland abgegeben wird.

  • In Erbfällen ab dem 17. September 2015 gilt Folgendes:
    - beim letzen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Deutschland sind deutsche Nachlassgerichte gem. Art. 4 ff. für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. In Polen wird diese europarechtliche Regelung ernst genommen und auch in nationalem Erbscheinsverfahren beachtet. Bei der Umsetzung der ErbRVO in Polen war dies selbstverständlich und wurde nicht in Frage gestellt. Da polnische Gerichte nicht zuständig sind und somit überhaupt nicht handeln dürfen, muss man sie über die Erbausschlagung in Deutschland nicht informieren.
    - beim letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Polen und gewöhnlichem Aufenthalt des Erben in Deutschland sind die polnischen Stellen gem. Art. 4 ff. ErbRVO für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. Nach Art. 13 ErbRVO steht den deutschen Stellen eine auf die Entgegennahme einer Annahme- bzw. Ausschlagungserklärung beschränkte internationale Zuständigkeit zu. Die Erklärung wird nach dem Erbstatut, in der Regel also nach polnischem Erbrecht, abgegeben. Nur die Form richtet sich nach deutschem Recht (Art. 28 ErbRVO). In solchen Fällen muss ein Erbe, der sich entscheidet, die Erklärung in seinem Wohnsitzstaat und nicht in dem nach Art. 4 ErbRVO zuständigen Mitgliedstaat abzugeben, das polnische Nachlassgericht über die Abgabe der Erklärung in Deutschland informieren. Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 32 S. 3 ErbRVO. Diese Obliegenheit trifft den Erben und nicht den Notar bzw. das Nachlassgericht, bei dem die Erklärung in Deutschland abgegeben wird.

    :daumenrauSo ist es allgemein und nicht nur bei Polen. Der Erbe muss sich selbst um die Übermittlung an die richtige Stelle im Ausland kümmern.

  • In Erbfällen ab dem 17. September 2015 gilt Folgendes:
    - beim letzen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Deutschland sind deutsche Nachlassgerichte gem. Art. 4 ff. für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. In Polen wird diese europarechtliche Regelung ernst genommen und auch in nationalem Erbscheinsverfahren beachtet. Bei der Umsetzung der ErbRVO in Polen war dies selbstverständlich und wurde nicht in Frage gestellt. Da polnische Gerichte nicht zuständig sind und somit überhaupt nicht handeln dürfen, muss man sie über die Erbausschlagung in Deutschland nicht informieren.
    - beim letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Polen und gewöhnlichem Aufenthalt des Erben in Deutschland sind die polnischen Stellen gem. Art. 4 ff. ErbRVO für das gesamte Nachlassverfahren (ausschließlich) zuständig. Nach Art. 13 ErbRVO steht den deutschen Stellen eine auf die Entgegennahme einer Annahme- bzw. Ausschlagungserklärung beschränkte internationale Zuständigkeit zu. Die Erklärung wird nach dem Erbstatut, in der Regel also nach polnischem Erbrecht, abgegeben. Nur die Form richtet sich nach deutschem Recht (Art. 28 ErbRVO). In solchen Fällen muss ein Erbe, der sich entscheidet, die Erklärung in seinem Wohnsitzstaat und nicht in dem nach Art. 4 ErbRVO zuständigen Mitgliedstaat abzugeben, das polnische Nachlassgericht über die Abgabe der Erklärung in Deutschland informieren. Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 32 S. 3 ErbRVO. Diese Obliegenheit trifft den Erben und nicht den Notar bzw. das Nachlassgericht, bei dem die Erklärung in Deutschland abgegeben wird.

    Interessant.

    Es nehmen sie also nur diejenigen ernst, die die EuERbVO in Deinem Sinne interpretieren?

    Die polnische Gesetzgeber steht in letzter Zeit nicht unbedingt in dem Verdacht, der Rechtsstaatlichkeit zu frönen.


  • Es nehmen sie also nur diejenigen ernst, die die EuERbVO in Deinem Sinne interpretieren?

    Auch bei der Kunst der Auslegung, die ja eine Kunst ist, gibt es Schranken die sich aus der Realität ergeben. Man kann das Zuständigkeitssystem der Verordnung nicht ernst nehmen und gleichzeitig der Meinung sein, dass die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins neben diesem System mit der Verordnung vereinbar ist.



    Die polnische Gesetzgeber steht in letzter Zeit nicht unbedingt in dem Verdacht, der Rechtsstaatlichkeit zu frönen.

    Das Umsetzungsgesetz zur ErbRVO wurde in Polen noch unter der letzten Regierung vorbereitet und wurde durch das letzte Parlament verabschiedet. Aber nur zum Protokoll: aus meiner Sicht gehört absolut jeder, der an den Vorrang des politischen Willens vor dem Recht glaubt bzw. sich danach richtet, zu einem anderen Kulturkreis.

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