Wie alt darf Gutachten sein?

  • Hallo,

    ich habe hier ein neue ZV-Verfahren.
    2008 war bereits ein ZV-Verfahren anhängig; dieses wurde jedoch aufgehoben, bevor es zu einer Versteigerung kam.
    Die Gläubigerin aus dem neuen Verfahren beantragt jetzt, das Gutachten aus Februar 2009 (Verfahren 2008) beizuziehen. Hier stellt sich mir mal wieder die Frage, wie alt darf/kann so ein Gutachten eigentlich sein? Muss ich auf jeden Fall ein Ergänzungsgutachten machen lassen oder könnte man das vorhandene Gutachten auch ohne weitere Überprüfung/Aktuallisierung als Grundlage für die Verkehrswertfestsetzung nehmen.:confused:

  • Also vier bis fünf Jahre finde ich bereits sehr gewagt. Da hätte ich auf jeden Fall ein Ergänzungsgutachten wenn nicht sogar ein komplett neues Gutachten erstellen lassen. Also werde ich ein Ergänzungsgutachten anfertigen lassen. Danke für die schnellen Antworten.

  • Also vier bis fünf Jahre finde ich bereits sehr gewagt. Da hätte ich auf jeden Fall ein Ergänzungsgutachten wenn nicht sogar ein komplett neues Gutachten erstellen lassen. Also werde ich ein Ergänzungsgutachten anfertigen lassen. Danke für die schnellen Antworten.

    Kommt immer auf den Einzelfall an. Wenn Gläubiger und Schuldner keine Einwände erheben, dann würde ich auch kein neues Gutachten erstellen lassen, sondern das alte Gutachten heranziehen.

  • Ich würde es auf alle Fälle überarbeiten lassen, da ja jetzt die ImmoWertV gilt.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



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    Man darf nicht vergessen, es geht in der ImmoWertV eher um formale Dinge. Dadurch hat sich aber doch der Grundstücksmarkt nicht verändert. Insofern hätte ich da auch keine große Bauchschmerzen ein "Altgutachten" - sofern es noch der aktuellen Situation auf dem Grundstücksmarkt entspricht - zu verwenden.

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    2 Mal editiert, zuletzt von jörg (3. November 2011 um 09:48) aus folgendem Grund: falsch zitiert...; ich geb die Korrektur auf!

  • natürlich hat die ImmoWertV nicht den Immobilienmarkt verändert. Aber sie weist gegenüber der WertV88, die dem vorhandenen Gutachten zu grunde lag, eine deutlich geänderte Systematik und Terminologie auf. Ich denke, dass dies eine Aktualisierung des vorliegenden Gutachten erforderlich macht - unabhängig von der möglichen relativen Konstanz des Grundstücksmarktes. Lage- und objektart-bezogen sollte aber auch letzteres hinterfragt werden (Stichwort Finanzkrise).

  • Möchte, auch wenn das Thema schon aus dem jahr 2011 ist, was dazu sagen. Aus alten Gutachten geht nicht hervor, was sich an der Immobilie seit Erstellung des "Altgutachtens" baulich verändert hat. Auch fortgeschrittene Bauschäden (z.B. Feuchtigkeitsschäden) gehen nicht aus dem ersten Gutachten hervor. Es stellt sich somit die Frage: Wer haftet, wenn der Ersteigerer feststellt, dass seit Erstellung des Ursprungsgutachtens wesentliche Veränderungen eingetreten sind? Der Sachverständige ist auf jeden Fall raus. Denn das Gutachten hat einen Wertermittlungsstichtag.

  • Es stellt sich somit die Frage: Wer haftet, wenn der Ersteigerer feststellt, dass seit Erstellung des Ursprungsgutachtens wesentliche Veränderungen eingetreten sind? Der Sachverständige ist auf jeden Fall raus. Denn das Gutachten hat einen Wertermittlungsstichtag.

    Das Gericht ist auch raus, § 56 S. 3 ZVG.

    Es ist in meinen Augen fraglich, ob da überhaupt ein Haftungsanspruch gegen irgendwen entstehen kann.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Möchte, auch wenn das Thema schon aus dem jahr 2011 ist, was dazu sagen. Aus alten Gutachten geht nicht hervor, was sich an der Immobilie seit Erstellung des "Altgutachtens" baulich verändert hat. Auch fortgeschrittene Bauschäden (z.B. Feuchtigkeitsschäden) gehen nicht aus dem ersten Gutachten hervor. Es stellt sich somit die Frage: Wer haftet, wenn der Ersteigerer feststellt, dass seit Erstellung des Ursprungsgutachtens wesentliche Veränderungen eingetreten sind? Der Sachverständige ist auf jeden Fall raus. Denn das Gutachten hat einen Wertermittlungsstichtag.

    Das Gutachten dient einzig und alleine dem Schuldnerschutz, nämlich der Verhinderung der Verschleuderung mittels der §§ 85a und 74a ZVG die auf dem Verkehrswert fussen. Das wird oft vergessen. Warum also sollte ein neues Gutachten erstellt werden um die Grenzen der Verschleuderung zu reduzieren, wenn der Schuldner das nicht ausdrücklich will? Dass Bietinteressenten auch immer wieder Infos aus den Gutachten saugen wollen ist verständlich, findet aber im ZVG keinen Niederschlag. Ich wünschte, es wäre anders.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Das Gutachten dient doch nicht dem Schuldnerschutz! Die §§ 30a, 74a, 85a ZVG, 765a ZPO dienen dem Schuldnerschutz.

    Das Gutachten dient dazu, dem unwissenden Rechtspfleger eine fundierte Grundlage für die vom Rechtspfleger vorzunehmende Wertfestsetzung zu geben. Denn nur mit diesem kann der Beschluss ordentlich begründet werden und wird beschwerdefest. Festzusetzen ist der Verkehrswert. Was das ist, ist (im BauGB?) definiert. Ob ein altes Gutachten ausreichend ist und wie alt das sein darf, ist mE einzelfallabhängig, da natürlich der aktuelle Verkehrswert festzusetzen ist. Dieser kann wohl kaum mit einem Gutachten von vor 10 Jahren geschätzt werden. Andererseits kann auch ein erst 5 Monate altes Gutachten nicht genügen, wenn in der Zwischenzeit Änderungen eingetreten sind, wie zB Großbrand oder deutliche bauliche Änderungen. In Beschwerdeverfahren gegen die Wertfestsetzung spricht unser LG regelmäßig von mindestens 10% Abweichung zum vorherigen Wert. Das wird man hier auch annehmen können.

    Weiter dient das Gutachten der Information von Bietinteressenten. Wäre das nicht so, bräuchte es nicht veröffentlicht und zur Einsicht ausgelegt werden. Ziel des Versteigerungsgerichts ist mE die Erreichung eines möglichst hohen Meistgebots (natürlich ohne Marktschreier zu sein). Das kann mit einem ungenügenden Gutachten auch nicht erreicht werden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Interessant wäre noch die Frage, wo bei der Verwendung von alten Gutachten die "grobe Fahrlässigkeit" anfängt?
    Bei der Verwendung derartiger "alter" Gutachten wird doch m.E. in Kauf genommen, dass

    • evtl. bauliche Veränderungen
    • neu aufkommende Erschließungskosten (bei Straßenerneuerung)
    • fortgeschrittene Bauschäden
    • neu hinzugekommene Baulasten
    • usw. usw.


    nicht berücksichtigt wurden.


    Ob da der § 56 S. 3 ZVG hilft, ist fraglich. Ein guter Anwalt sieht da bestimmt Futter. Und ich würde mich nicht auf dieses "Glatteis" begeben wollen.

  • Interessant wäre noch die Frage, wo bei der Verwendung von alten Gutachten die "grobe Fahrlässigkeit" anfängt?
    Bei der Verwendung derartiger "alter" Gutachten wird doch m.E. in Kauf genommen, dass

    • evtl. bauliche Veränderungen
    • neu aufkommende Erschließungskosten (bei Straßenerneuerung)
    • fortgeschrittene Bauschäden
    • neu hinzugekommene Baulasten
    • usw. usw.


    nicht berücksichtigt wurden.


    Ob da der § 56 S. 3 ZVG hilft, ist fraglich. Ein guter Anwalt sieht da bestimmt Futter. Und ich würde mich nicht auf dieses "Glatteis" begeben wollen.


    Sondern?
    Wie willst du denn "alte Gutachten" definieren?
    Jede gezogene Grenze wäre willkürlich und könnte nicht alle von dir genannten Punkte abfangen.
    Selbst wenn man mal den Idealfall annehmen würde, dass der Versteigerungstermin 3 Monate nach Wertermittlungsstichtag stattfindet, kann man bauliche Veränderungen nicht ausschließen.
    Wenn der Schuldner am Wochenende vor dem Termin aus Frust eine wilde Party in seiner Bude feiert und diese dabei komplett zerstört, dann kann dies auch nicht berücksichtigt werden.

    Ganz abgesehen davon: Gutachten kosten nicht unerheblich Geld und sind idR die größten Posten in der Gerichtskostenrechnung. "Auf Verdacht" eine neues Gutachten erstellen zu lassen bzw. ein altes zu aktualisieren halte ich da nicht unbedingt für angezeigt.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Das Gebäude kann auch kurz vor dem Versteigerungstermin abbrennen und dennoch liegt ein Fall des § 56 S. 3 ZVG vor und der Wert wird nicht "eben schnell" erneut festgesetzt.
    Araya hat das sehr schön hergeleitet (auch den Sinn und Zweck des Gutachtens).
    Rechtlich ist das nicht so problematisch, wie du es darstellst, lieber Sachverständiger :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • zumal in dem Gutachten der Bewertungsstichtag steht und der geneigte Leser für sich die erforderlichen Rückschlüsse auf die Mögliche Übereinstimmung zwischen Stichtag und heute ziehen muss.

    Ich bediene mich eines Sachverständigen, um mich bei der Festsetzung des Verkehrswertes beraten zu lassen (das ist der einzige rechtliche Zweck des Gutachtens).
    Den Wert brauche ich, um zu wissen, wo sich 50% des Verkehrswertes, wo 70%, wonach berechne ich meine Kosten, wie hoch ist die zu erbringende Sicherheitsleistung.

    Alles weitere, insbesondere die Konstellation Gutachten und Bietinteressent ist schmückendes Beiwerk. Und wenn der wegeberechtigter Nachbar ungefragt seine ganz eigene Berechnung zum Wert des Versteigerungsobjektes einreicht, kann diese nach § 42 ZVG auch von jedem Interessenten eingesehen werden.....

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