Gemeinschaft. Testament - unwirksam nach Scheidung?

  • Liebe Nachlassexperten,

    die Eheleute testieren im Jahr 2000: "Wir setzen unseren gemeinsamen Sohn ... nach dem Tode des Erst- und Letztversterbenden von uns als Alleinerben ein." Die Ehe wurde 2006 geschieden. 2011 verstirbt der geschiedene EM. Der Sohn (vertr. durch seine Mutter) beantragt nun die Berichtigung des Grundbuchs, da er Alleinerbe sei.

    Ich prüfe zunächst § 2268 Abs. 1 BGB. Die Fälle von § 2077 Abs. 1 und 2 BGB sind nicht gegeben, da der Erblasser gerade nicht seinen Ehegatten (sondern den Sohn) bedacht hatte.
    § 2077 Abs. 3 BGB und § 2268 Abs. 2 BGB helfen mir nicht wirklich weiter. Woher weiß ich, ob "anzunehmen ist, dass sie auch für diesen Fall getroffen sein würden?"

    Bitte gebt mir einen Schubs in die richtige Richtung...

  • Die Art der Erbeinsetzung spricht eher für Wirksamkeit (s.a. Palandt zu § 2268). Der Wortlaut des Testaments sagt dazu vermutlich nichts aus...?
    Evtl. könnte ein Blick in die Scheidungsakte helfen. Sollte sich daraus ergeben, dass die Eheleute zz. der Testamentserrichtung bereits getrennt gelebt haben, wäre die Sache für mich eindeutig.
    (Ich würde ja nicht immer in die Scheidungsakte gucken, aber bei einer so ungewöhnlichen Erbeinsetzung u.U. schon.)

  • Ist es vom Ergebnis her nicht eigentlich egal, da der Sohn auch gesetzlicher Alleinerbe wäre. Oder gibt es noch mehr Kinder?


    Wenn sich das Ergebnis aus den (beizuziehenden) Nachlassakten ergibt, dann würde ich keinen Erbschein verlangen. Wenn weitere Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind, braucht es einen Erbschein.

  • Testamentsauslegung ist Richtersache! Es reicht doch, wenn wir die Erbscheine bei testamentarischer Erbfolge für sie vorbereiten. Bisschen was können sie auch tun ;)

  • Testamentsauslegung ist Richtersache! Es reicht doch, wenn wir die Erbscheine bei testamentarischer Erbfolge für sie vorbereiten. Bisschen was können sie auch tun ;)


    Nicht überall, da einige Länder von der Möglichkeit der Aufhebung des Richtervorbeahltes nach § 19 Abs. 1 Nr. 5 RPflG Gebrauch gemacht haben.
    Jonas ist wohl auch GB-Rechtspfleger und muss im Eintragungsverfahren schon schauen, wie er das Testament auslegt und ob er evtl. einen Erschein fordern muss.

  • So, die Nachlassakte ist da. Es gibt einen weiteren (vollj.) Sohn des Erblassers aus seiner
    1. Ehe. Der im Testament bedachte (minderj.) Sohn stammte aus der 2. geschiedenen Ehe.
    Kann ich also einen Erbschein verlangen mit der Begründung, dass das Testament aufgrund Scheidung unwirksam ist?

  • Voraussetzung für eine Fortgeltung des gemeinschaftl. Testaments trotz Ehescheidung (§ 2268 Abs. 2 BGB) ist, dass die Weitergeltung des Testaments auch für den Fall der Ehescheidung dem Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments entsprach. Anhaltspunkte dafür ergeben sich weder aus dem Testament noch aus den Nachlassakten. Es sind daher m.E. weitere Ermittlungen zur Erforschung des Erblasserwillens erforderlich. Zur Anstellung von eigenen Ermittlungen ist das GBA aber nicht berechtigt, so dass ich wohl einen Erbschein verlangen muss.

  • Also, in diesem Fall würde ich schon zur eigenen Sicherheit einen Erbschein verlangen. Soll doch der Nachlassrichter die Entscheidung treffen, ob sich die Erbfolge nach dem Testament richtet, oder ob die gesetzliche Erfolge eintritt. Ein gemeinschaftliches Testament mit der zweiten Ehefrau wird wohl in den seltensten Fällen auch eine Erbeinsetzung des Sohnes der 1. Ehe enthalten.

  • Hey,

    ich habe vor 2 Monaten einen Erbschein auf Grund gesetzlicher Erbfolge erteil. Erblasser war geschieden, Erben sind seine beiden Kinder.

    Nun ist ein gemeinschaftliches Testament aus Frankfurt eingetroffen :mad: Die Ex-Ehefrau lebt wohl noch. Würdet ihr jetzt von dem Regelfall der Ungültigkeit ausgehen oder doch noch die Exfrau anhören, ob die Gültigkeit doch gewollt wäre, § 2077 Abs. 3?

  • Nein, Richterzuständigkeit besteht schon noch. Haben aber derzeit nur Vertretungsrichter, Akten liegen ewig bei ihm. Wollte deswegen schonmal eure Meinungen hören.

  • Anhören, darauf hinweisen, dass bereits Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt wurde. Falls nicht bis zum .. begründete Einwendungen erhoben werden, wird davon ausgegangen, dass die Verfügung vTw wegen Scheidung unwirksam und der Erbschein daher zur recht erteilt worden ist.

  • Vielen Dank für die Hinweise. Die gemeinsamen Kinder sind als Schlusserben eingesetzt. Laut dem Beck Onlinekommentar ist nicht die gesammte Verfügung unwirksam, Verfügungen zu Gunsten Dritter bleiben bestehen. Demnach ist das Testament für den Erbfall der Ex-Ehefrau weiterhin maßgeblich, wobei die Bindungswirkung entfallen sein dürfte. Liege ich da richtig?

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