Verschmelzung/Vereinigung/Bestandteilszuschreibung

  • Ziel ist es aus unterschiedlich belasteten, benachbarten Grundstücken (untersch. GB-Blätter) 1 Grundstück im zivilrechtlichen Sinn zu machen. Zudem soll das Grundstück nur noch eine Fl.Nr. haben. Ein befreundeter Angestellter des Notars fragt um Rat. Was würdet Ihr empfehlen? Drohen Vollzugsschwierigkeiten?

    THX
    P.S. Ist nicht mein GBA, d.h. ich bräücht ne "allgemeingültige" Antwort

  • Da hilft erstmal nur ein Gang zum Vermessungsamt und eine Verschmelzung der Flste. zu beantragen.

    Dann ab zum Notar und Ränge regulieren bzw. Rechte löschen und erklären ob die Flste. vereinigt (§ 890 I BGB) oder Bestandteilzugeschrieben (§ 890 II BGB) werden sollen.

    Aber das ist doch Tagesgeschäft für Notariate oder hab ich den Sachverhalt völlig miss(t)verstanden?

  • Wobei sinnvollerweise die Belastungen zuerst zu klären sind. Gibt es z. B. mehrere Grundpfandrechte mit verschiedenen Rängen, dann muss erst mal der Eigentümer wollen, dass alles überall lastet, und die Gläubiger sollten sich vorher über die neue Rangfolge (mit dem Eigentümer) einig sein, bevor hinterher die Vermessung kostenpflichtig storniert werden muss.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Im vorliegenden Fall soll eine katastertechnische Verschmelzung erfolgen (künftig nur noch ein Flurstück). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Belastungen ist zunächst zu klären, ob eine Vereinigung mit wechselseitiger Pfanderstreckung und Rangregulierung oder eine Bestandteilszuschreibung mit den einseitigen und auf Grundpfandrechte beschränkten Wirkungen des § 1131 BGB (und außerhalb dieser Wirkungen eine Pfanderstreckung samt Rangregulierung) erfolgen soll.

    Zum Besorgnis der Verwirrung im vorliegenden Fall:

    Keine Verwirrung, wenn keine Verschmelzung erfolgt (vgl. Meikel/Böttcher § 5 RdNr.35 m.w.N.). Das ist nicht unser Fall.

    Grundsätzlich Verwirrung, wenn Verschmelzung erfolgt (Meikel/Böttcher a.a.O.), aber auch bei Verschmelzung keine Verwirrung, wenn im Hinblick auf die an Hauptgrundstück und Zuschreibungsgrundstück lastenden Dienstbarkeiten die Voraussetzungen des § 7 Abs.2 GBO vorliegen, weil es sich bei Dienstbarkeiten nicht um Verwertungsrechte handelt (Meikel/Böttcher § 5 RdNr.38 m.w.N.).

    Sofern nach den vorstehenden Ausführungen Verwirrung zu besorgen ist, muss eine wechselseite Lastenerstreckung und auch eine Rangregulierung erfolgen (Meikel/Böttcher § 5 RdNrn.43, 48), im Fall der Bestandteilszuschreibung unter Beachtung der Rechtsfolgen des § 1131 BGB.

    An Rechtsprechung (zur Verschmelzung) vgl. BayObLGZ 1993, 365 = DNotZ 1994, 242 = MittBayNot 1994, 127 = Rpfleger 1994, 250. Hierzu vgl. aber auch die ablehnende Anmerkung von Wendt in Rpfleger 1994, 456 sowie die späteren Entscheidungen BayObLG DNotZ 1995, 305 = MittBayNot 1995, 125 = Rpfleger 1995, 151 und BayObLG DNotZ 1997, 398 = MittBayNot 1996, 435 = Rpfleger 1997, 102.

  • Ich habe folgende Konstellation:


    Hauptgrundstück ------- zuzuschreibendes Bestandteilsgrundstück

    3 Dienstbarkeiten ------- 1 Dienstbarkeit

    2 Grundschulden


    Antrag und Bewilligung: Belastungen der Abt. II werden ohne Erweiterung ihres Ausübungsbereichs im bisherigen Rangverhältnis auf das neue einheitliche Grundstück erstreckt.

    Wäre das nicht ein Fall, in dem ich eine Rangregulierung der Gläubiger/Berechtigten bräuchte ?

  • 3 Dienstbarkeiten (Veränderungsspalte):

    "Nach Vollzug des FN ... (ohne Erstreckung der Rechte auf die zugemessene Teilfläche) lasten die Rechte anstelle von BVNr. ... an BVNr. ...; Sp. 2 berichtigt am ^==Datum==.

    ^==Rpfl.=="

    1 Dienstbarkeit (Hauptspalte):

    "Dienstbarkeit für ...; gemäß Bewilligung vom ...; eigetragen am ... und mit einer Teilfläche zu ... m² (= Flst. ... wie vor Vollzug von FN ...) hierher übertragen am ^==Datum==.

    ^==Rpfl.=="

    Grundschulden (Veränderungsspalte):

    "Nach Vollzug der Bestandteilszuschreibung gemäß FN ... lasten die Rechte anstelle von BVNr. ... an BVNr. ...; Sp. 2 berichtigt am ^==Datum==.

    ^==Rpfl.=="

    Die 3 Dienstbarkeiten stehen zu der 1 Dienstbarkeit wegen des unterschiedlichen Belastungsgegegenstands in keinem Rangverhältnis. Ob man das Rangverhältnis zwischen 1 Dienstbarkeit und Grundschuld (vgl. § 1131 S. 2 BGB) noch zum Ausdruck bringt, ist wohl Geschmackssache.

  • Wenn die beiden Grundschulden auf dem "Hauptgrundstück" im Rang nach den dort eingetragenen Dienstbarkeiten eingetragen sind, sehe ich ebenfalls kein Problem.

    So hätte man dann auch im Falle einer späteren Versteigerung ein einheitliches Rangverhältnis und die Dienstbarkeiten würden bestehen bleiben.

  • Ich habe Euch in #5 leider teilweise falsche Infos gegeben :oops::

    Statt der drei Dienstbarkeiten auf dem Hauptgrundstück sind es drei gleichrangige Rechte (eine Dienstbarkeit, eine Rückauflassungsvormerkung und ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle), sämtlich eingetragen in 1986. Die Grundschulden sind 1992 eingetragen worden, die Dienstbarkeit auf dem zuzuschreibenden Grundstück in 2008.

    Zwar war das zuzuschreibende Grundstück eine Teilfläche, ist aber jetzt vermessen und wird als neues Grundstück dem Hauptgrundstück zugeschrieben. Geht das nun trotzdem ? Zwar sollen die Ausübungssstellen gleich bleiben, aber die beiden Dienstbarkeiten selbst werden insgesamt erstreckt.

  • Ok, hinzu kommt noch, dass eines der beiden Grundschulden Briefrecht ist. Den Brief muss ich mir auch noch vorlegen lassen, ich denke aber, nur zum berichtigen, weil der Gläubiger keine Erklärung abgibt.

  • Als Tatsachenänderung ist die Briefvorlage nach § 41 GBO bei der gesetzlichen Pfanderstreckung nicht erforderlich (vgl. Kommentierung zu § 41 GBO). Und nach § 62 GBO theoretisch nicht, weil eigentlich kein Vermerk notwendig ist. Wenn man ihn doch macht, ist das Erfordernis für die Eintragung auf dem Brief ziemlich strittig (vgl. die Kommentierung zu § 62 GBO; dort insbesondere zur Pfandfreigabe).

  • Da habe ich jetzt auch eine Frage:
    Einem mit einer Grundschuld belastetem Grundstück wurde ein unbelastetes Grundstück als Bestandteil zugeschrieben.
    Insoweit wird teilweise auf die Kommentierung zur Vereinigung verwiesen.
    Die Grundschuld erstreckt sich mit Zuschreibung auch auf den unbelasteten Bestandteil, was auch auch für die Vollstreckungsunterwerfung gilt.
    Nach Hügel Anm. 28.1 zu § 6 GBO ist die Eintragung unproblematisch.
    Nun soll eine Verschmelzung erfolgen. Bestehen jetzt Bedenken?
    Da ein Gläubiger ja keinen Titel bzgl. des verschmolzenen Objektes hat, frage ich mich, wie er jetzt die Zwangsversteigerung betreiben kann.
    Kann er die Grundschuldbestelltungsurkunde/den Titel beim Notar umschreiben lassen?

  • Hätte ich jetzt Zweifel. Anders als bei der Bestandteilszuschreibung ändert sich bei der Verschmelzung nur die Bezeichnung des Grundstücks. Die rechtlichen Zuordnungen blieben dieselben. Die Umschreibung des Titels infolge der Änderung im Liegenschaftskataster könnte daher meiner Ansicht nach nur eine ähnliche Bedeutung haben, wie die Richtigstellung eines Namens oder einer Firma.

  • Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist, dass bei einer Bestandteilszuschreibung beide Parzellen im Grundbuch bestehen bleiben, so dass sich auch nur eine dieser Parzellen versteigern ließe.
    Das geht aber nach der Verschmelzung nicht mehr, ich weiß jedenfalls im Gegensatz zum BGH jedenfalls nicht wie.
    Werden ein mit einem Grundpfandrecht belastetes und ein unbelastetes Grundstück verschmolzen, ohne vorherige Nachverpfändung, dann hat man in der Versteigerung meiner Ansicht nach ein unlösbares Problem.
    Ob man das auch hat, wenn die Bestandteilszuschreibung erfolgt, weiß ich eben nicht.

  • Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist, dass bei einer Bestandteilszuschreibung beide Parzellen im Grundbuch bestehen bleiben, so dass sich auch nur eine dieser Parzellen versteigern ließe.

    Wenn es fachfremd wird, entdecke ich in letzer Zeit immer häufiger Defizite bei mir. Nach der Bestandteilszuschreibung sollte es doch eigentlich nicht mehr zu einem gesonderten Ausgebot kommen können, weil es nur ein Grundstück ist.:gruebel:

    Staudinger/Wolfsteiner Einl 209 zu §§ 1113 ff:

    "Die Zuschreibung eines weiteren Grundstücks gemäß § 890 Abs 2 als Bestandteil des belasteten Grundstücks wird auch vollstreckungsrechtlich nicht als Änderung des Anspruchsinhalts behandelt mit der Folge, dass der neue Grundstücksbestandteil ohne weiteres der Zwangsvollstreckung unterworfen ist (BayObLG 1929, 166; Beck JR 1963, 176. Vgl auch BGHZ 26, 344)."

  • Vielleicht habe ich da auch Defizite. Die Versteigerung eines Bestandteils kann ich rein technisch bewerkstelligen, ob es nun gehen mag oder nicht. Nach einer Verschmelzung geht dies aber nicht mehr.
    Danke, ich werde erst mal sehen, ob ich mir die Kommentierung beschaffen kann.
    Die spricht ja dafür, dass man eintragen kann und dann ggf. alles versteigert werden kann, gleichgültig ob verschmolzen oder nur Bestandteil




  • Vielleicht habe ich da auch Defizite. Die Versteigerung eines Bestandteils kann ich rein technisch bewerkstelligen, ob es nun gehen mag oder nicht. Nach einer Verschmelzung geht dies aber nicht mehr.


    Doch, m. W. geht das, vgl. BGH V ZB 23/05 = MittBayNot 2006, 227 sowie (darauf basierend) Hügel/Zeiser § 38 Rn. 39.

    Aber nach dem hier: "Die Grundschuld erstreckt sich mit Zuschreibung auch auf den unbelasteten Bestandteil, was auch auch für die Vollstreckungsunterwerfung gilt." (RoryG, weiter oben) dürfte das doch unproblematisch sein. Denn wenn sich die Vollstreckungsunterwerfung durch die Zuschreibungserklärung ebenfalls erstreckt, dann ist eben hinterher die Grundschuld am gesamten Grundstück nach § 800 ZPO vollstreckbar. Einer Verschmelzung kann das m. E. nicht mehr im Wege stehen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich seh das wie Andreas. Mit der Bestandteilszuschreibung wird die Grundschuld wie sie ist auf den zugeschriebenen Teil erstreckt. Es ist auch egal, ob das Grundstück im Rechtssinn aus einem oder zwei Flurstücken besteht.

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