Türkischer Erblasser mit beweglichen u. unbeweglichen Vermögen in BRD, Ehefrau,Kinder

  • Hallo !
    Die Kollegin hat einen Erbscheinsantrag aufgenommen. Ich habe die Sache übernommen zur Erteilung des Erbscheins.
    Der Erblasser hat seine Ehefrau nebst 4 Kinder hinterlassen.
    Nach dem Firsching HRP ist eine Nachlassspaltung eingetreten. Es soll ein Erbschein beschränkt auf den inländischen beweglichen Nachlass in Anwendung türkischen Rechts und bzgl. des unbeweglichen Vermögens (Hausgrundstück hier) einen Eigenrechtserbschein beschränkt auf den inländischen unbeweglichen Nachlass erteilt werden.
    d.h. bzgl des beweglichen Vermögens: türk. recht: = Ehefrau zu 1/4 Anteil, Kinder (=4 Stück) zu je 3/16 Anteil
    bzgl. des Grundstücks greift dann das Dt. Erbrecht: Ehefrau = 1/2, Kinder je zu 1/8 ?
    Ist das so richtig? Macht man dann einen Erbschein wo man alles reinbringt oder zwei Erbscheine?
    Den Erbschein für das unbewegliche Vermögen soll direkt mit Berichtigungsantrag an das GBA gehen, der andere wegen des beweglichen Vermögens an die Ehefrau bzw. eine Tochter.

  • Ich gehe mal von türkischer Staatsangehörigkeit beider Ehegatten aus. Ich hatte so einen Fall auch schon. Ich habe zwei Erbscheine erteilt.

    Beweglicher Nachlass, Erbfolge unproblematisch, so wie aufgeführt. Anders für unbeweglichen in der BRD. Es gilt das Recht des Lageorts. Meine IPR-Auskunft geht zwar auch von 1/2 Wwe - 1/2 Kinder aus, sagte aber, dass derzeit nicht klar ist, ob tatsächlich für unbewegl. Nachlass in der BRD das güterrechtliche Erhöhungsviertel anzuwenden ist oder nur das erbrechtliche Viertel. Wenn Du volljährige Erben hast und alle zustimmen, würde ich wie bei unserer ZGG vorgehen, bei Minderjährigen (so war leider mein Fall), habe ich einen Ergänzungspfleger zur Anhörung im Erbscheinsverfahren benötigt.

  • Unabhängig davon, welches Erbstatut zur Anwendung gelangt, setzt das güterrechtliche Erhöhungsviertel des § 1371 Abs.1 BGB natürlich stets voraus, dass der Erblasser mit seiner Ehefrau im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Wenn beide Ehegatten türkische Staatsangehörige sind, ist dies in aller Regel nicht der Fall (Art. 15 Abs.1, 14 Abs.1 Nr.1 EGBGB), es sei denn, es wäre eine diesbezügliche Rechtswahl getroffen (Art.15 Abs.2, 14 Abs.4 EGBGB). Damit dürfte eine Erbteilserhöhung nach § 1371 Abs.1 BGB im vorliegenden Fall ausscheiden.

    Selbst wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hätten, wäre es nur für den dem türkischen Erbstatut unterliegenden beweglichen Spaltnachlass streitig, ob die Erbteilserhöhung nach § 1371 Abs.1 BGB zum Zuge kommt (was von der hM -ggf. i.V.m. einer Korrektur im Wege der Angleichung- bejaht wird). Wenn deutsches Erbstatut maßgeblich ist (unbeweglicher Spaltnachlass), kommt die Erhöhung auf jeden Fall zum Zuge.

  • Hinsichtlich des beweglichen Vermögens verweise ich Erben türkischer Staartsangehöriger an das türkische Konsulat, entsprechend den Vereinbarungen des deutsch-türkischen Konsularvertrages. Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte hinsichtlich des beweglichen Nachlasses türkischer Staatsangehöriger erscheint mir danach nicht gegeben.
    Bez. des unbeweglichen Vermögens fehlt bislang die Angabe des Güterstands, da ich aber - wie die Vorposter - vermute, dass die Ehgatten nicht im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, dürfte die Ehefrau in Anwendung deutschen Rechts kraft Rückverweisung Erbin zu 1/4, Kinder zu je 3/16 geworden sein.
    Ich meine aber, dass diese Problematik bereits im Forum diskutiert wurde?

  • Es stimmt, dass in erster Linie das türk. Konsulat zuständig ist, aber damit und mit einem türkischen Erbschein, der in Deutschland für bewegliches Vermögen anzuerkennen wäre, kommen die Beteiligten nicht weiter. Daher ist das deutsche Nachlassgericht auch zuständig für einen Erbschein für bewegliches Vermögen.

    Zu unbeweglichem Vermögen in der BRD habe ich diese IPR-Auskunft und so nehme ich es in die Erbscheinsanträge auf:
    Es tritt Nachlassspaltung ein. Gemäß türkischem Erbrecht ist die Witwe zu ¼, das Kind zu ¾ Erbe; dies gilt für das bewegliches Vermögen in der BRD.

    Für das unbewegliche Vermögen gilt seit 2007 abweichend davon, dass der türkische Güterstand wechselt und das Recht des Lageorts, hier also Ort­/Deutschland, auch für den Güterstand gilt, wenn ehevertraglich nichts anderes geregelt ist. Einen Ehevertrag hat der Erblasser nicht abgeschlossen. Es soll nach derzeitiger herrschender Meinung also § 1371 Abs. 1 BGB (Erhöhungsviertel) Anwendung finden. Für das in der BRD belegene unbewegliche Vermögen sind daher die Witwe und das Kind –je zur Hälfte- Erben.

  • Es gilt derzeit aufgrund der türkische Staatsangehörigkeit des Erblassers nach dem Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 28.05.1929 für Grundstücke die lex rei Sitae (Recht der belegenen Sache) und für den beweglichen Nachlass das Staatsangehörigkeitsprinzip. Für das bewegliche Vermögen kann der Erbschein nur durch das türkische Konsulat beantragt werden.

    Es kann ein gegenständlich beschränkter Erbschein für das in Deutschland belegene, unbewegliche Vermögen beantragt werden.

    Güterstand:

    - nach Art 444 ZGB n. F. erbt die Ehefrau neben Erben der 1. Ordnung zu 1/4 (türkisches Erbrecht)

      • gesetzlicher Güterstand ist die Errungenschaftsbeteiligung (wie bei Schweiz, geändert am 01.01.2002). Dies entspricht dem deutschen Institut der Zugewinngemeinschaft.
  • Die in # 6 genannte IPR-Auskunft dürfte falsch sein, weil das deutsch-türkische Nachlassabkommen keine güterrechtlichen Fragen regelt und die Frage, in welchem Güterstand die Ehegatten leben, demzufolge nach deutschem IPR zu beurteilen ist. Wenn das deutsche IPR nicht zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt, ist einer Erbteilserhöhung nach § 1371 Abs.1 BGB somit jede Grundlage entzogen, weil das Güterrecht der Türkei für den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft keine Erbteilserhöhung kennt.

    Ebenso Süß/Kilic (Türkei) Rn. 12-14.

  • :oops: Den Güterstand habe ich aus dem Firsching.
    Der gesetzliche türkische Güterstand wird danach bei meinem Alt-Firsching mit Gütertrennung angegeben, seit 01.01.2002 jedoch mit Errungenschaftsgemeinschaft.

  • Ich greife diesen alten Betrag auf, weil ich grade dabei bin, einen Erbscheinsantrag für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen vorzubereiten.
    Der Erblasser hatte neben Grundvermögen auch Anteile an einer GmbH. Sind diese jetzt bewegliches oder unbewegliches Vermögen?:confused:

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