Haftungsbeschränkung für den Erben

  • Hallo,

    ich habe ein in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitetes Verfahren, nachdem der Schuldner im eröffneten Verfahren verstorben ist.

    Meine Frage: Tritt auch in diesem Falle - also, wenn das Verfahren nicht von Beginn an als Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet war - eine Haftungsbeschränkung für den Erben auf den Nachlass ein? Ich finde dazu konkret in den Kommentarstellen nichts passendes.

  • So richtig hat mir jetzt die von Rainer genannte BGH-Entscheidung nicht geholfen.

    Der springende Punkt dürfte ja wohl sein, ob das Insolvenzgericht den Kreis der Insolvenzgläubiger als erweitert ansieht und die Nachlassgläubiger auch zur Anmeldung auffordert oder eben nicht. In meinem Verfahren hat es das nicht.

    Der Erbe wendet nun ein, dass ein eigener Antrag auf Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens unzulässig sei, weil ja schon ein (übergeleitetes) Nachlassinsolvenzverfahren durchgeführt wurde.

    Ich bin allerdings der Meinung, dass er eine Haftungsbeschränkung eben nur durch ein von ihm beantragtes Nachlassinsolvenzverfahren erlangt und nicht durch das übergeleitete Verfahren.

    Wie seht ihr das?

  • Zufolge Nöll, Der Tod des Schuldners in der Insolvenz, RWS 2005, ist das Verfahren mit dem Erbfall in ein echtes Nachlassinsolvenverfahren überzuleiten, allerdings mit allen materiell-rechtlichen Konsequenzen. Diese sind im Wesentlichen:

    1) Erweiterung des Kreises der Insolvenzgläubiger um alle Neugläubiger, die bislang wegen § 38 InsO aussen vor waren

    2) Deswegen: Anberaumung eines neuen Prüftermins, zu dem den Neugläubigern Gelegenheit zu geben ist, ebenfalls ihre Forderungen anzumelden

    3) Erweiterung des Kreises der Masseverbindlichkeiten um die des § 324 I

    4) Veröffentlichung eines Überleitungsbeschlusses (quasi neuerlicher Eröffnungsbeschluss analog § 27, der anstelle der Eröffnung die Stunde/Datum des Todes angeben muss), da Verfahren ex nunc zum Nachlassinsolvenzverfahren wird, d.h. die materiell-rechtlichen Wirkungen ipso jure mit dem Erbfall eintreten

    5) Erweiterung der Insolvenzmasse um das bis dato pfändungsfreie Vermögen, da Pfändungsschutz in aller Regel mit Erbfall erlischt, relevant vor allem in Bezug auf Sterbegeldversicherungen, die bislang nach ZPO pfändungs- und damit massefrei waren

    und jetzt kommt das wichtigste für Deine Frage:

    --> Nur wenn man es so konsequent überleitet, tritt auch automatisch Haftungsbegrenzung ein.


    Aber Achtung: Verfasser setzt sich ausdrücklich in Widerspruch zur bis dato allgemein vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Besagte Rechtsprechung und Kommentarliteratur propagiert zwar auch Überleitung in Nachlassinsolvenzverfahren. Verfasser belegt aber, dass dies irreführend ist, da diese hM bei näherer Betrachtung eine solche Überleitung ablehnt. Danach soll materiell-rechtlich gerade KEINE Überleitung stattfinden, d.h. die übergeleiteten Verfahren, von denen dort gesprochen wird, sind materiell-rechtlich stink normale Regelinsos, bei denen nur statt dem Verstorbenen die Erben die Schuldnerrolle einnehmen. So scheint es mir bei Euch bislang auch gehandhabt worden zu sein. Dann kann es logischerweise aber auch keine automatische Haftungsbeschränkung geben. Diese will die bisher hM nur zubilligen, wenn der Erbe über das freie Restvermögen (was auch immer dies sein soll) ein zweites, sogen. ergänzendes Nachlassinsolvenzverfahren beantragt. Nur dieses soll dann ein echtes Nachlassinsolvenzverfahren sein, dem dann haftungsbeschränkende Wirkung zukommt und in dem dann z.B. auch § 324 InsO gelten soll.

    Das Problem an der hM, die offensichtlich aus KO-Zeiten stammt: Nach InsO gibt es regelmäßig (abgesehen von dem pfändungsfreien Rest) kein massefreies Vermögen, über den dieser ergänzende Nachalsskonkurs eröffnet werden könnte. Ergo: Man muss es so machen wie Nöll aufgezeigt hat. Leider hat sich das bislang nicht rumgesprochen und alle Gerichte machen es nun schon seit 12 Jahren (!) fröhlich weiter falsch.

    Würde mich wirklich interssieren wie der Fall bei Dir weitergeht. M.E. hat der Erbe Recht. Nach neuem Recht kann es wegen § § 35 Alt. 2 InsO typischerweise kein ergänzendes Nachlasskonkursverfahren mehr geben, weil hierfür einfach kein Raum mehr ist. Wenn der Pfändungsschutz erlischt, wird der freie Rest automatisch Masse des laufenden Verfahrens.

    6 Mal editiert, zuletzt von Nachlassrocker (28. April 2012 um 11:22)

  • Ich hänge mich hier mal ran.

    Ich bin als Nachlassrichterin eben mit folgender Frage "überfordert" worden:

    Erblasserin war in Privatinsolvenz. Ihre Erben fragen nun, was sie tun müssen, um nicht für Schulden der Erblasserin zu haften. Ausschlagung ist eine Möglichkeit, aber es muss doch auch -wie von Nachlassrocker ausgeführt, eine Möglichkeit geben, eine "konsequente" Überleitung zu erreichen und dadurch volle Haftungsbeschränkung zu erhalten. Lt. Nachlassrocker ist es eine Mindermeinung, hat sich diesbezüglich etwas getan?

  • Die Recherche hat sich bis heute hingezogen und jetzt steht fest, dass es noch kein Verfahren gibt, Erblasser war erst beim Schuldnerberater und weiter nichts. Daher ganz normale Nachlasssache. Vermutlich demnächst Ausschlagung oder Antrag auf Nachlassinso.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!