Anhörung der Beteiligten vor Wertfestsetzung

  • Hallo!

    Ich habe hier eine Akte von meinem Vorgänger im Amt auf dem Tisch. Er hat vor der Wertfestsetzung nur den Schuldner und den betreibenden Gläubiger angehört. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Beteiligten hat er nicht angehört. Der Wertfestsetzungsbeschluss wurde dann jedoch mit der Terminsbestimmung an alle Beteiligten zugestellt.

    Der Wertfestsetzungsbeschluss wurde also unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs erlassen. Aber es hat sich auch keiner der Beteiligten gegen den Beschluss beschwert. Ist der Beschluss jetzt trotzdem rechtskräftig? Oder muss ich im Termin (morgen) nochmal einen Beschluss verkünden?

    Mir liegt weiterhin ein Schreiben von einem Unbeteiligten an den Gutachter vor. Der Unbeteiligte schreibt, dass ein Teil des Grundstücks (ein Flurstück) Teil eines Landschaftssschutzgebietes ist und die Bebauung u. a. verbietet. Der Gutachter hat in dem Gutachten dieses Flurstück mit Gartenlandfläche bezeichnet und einen Bodenwert von 12,- €/m² angenommen. Muss ich dieses Schreiben beachten?

  • Hallo, Zwangsversteigerung ist bei mir jetzt schon ein bißchen her, aber ich meine, dass der Wertfestsetzungsbeschluss rechtskräftig ist, auch wenn er unter Missachtung des rechtlichen Gehörs ergangen ist. Wenn ein Beteiligter erst nach der Festsetzung hinzukommt übersendet man ihm ja auch nur noch den Beschluss. Würde wohl nichts mehr veranlassen.

    Hinsichtlich des Schreibens des Unbeteiligten denke ich dem musst du schon nachgehen. Das Gericht hat den Wert realistisch festzusetzen, und alle Umstände die von Bedeutung sein könnten mit einzubeziehen. Dabei kann man sich auf das Gutachten eines Sachverständigen stützen. Würde sich der Wert also relevant (ca. 5 %) ändern, müsstest du den Wert neufestsetzen. Mit der Prozentgrenze bin ich mir nicht mehr sicher. Ausser der Zuschlag wurde schon gem. § 74a oder § 85a ZVG versagt. Da eh keine Grenzen mehr gelten ist nunmehr auch der tatsächliche Wert des Grundstücks egal. Sollte dies Schreiben also unbeachtlich sein würde ich aber zumindestens darüber nachdenken ob ich was im Termin dazu sagen. Je nachdem ob es für einen Bieter wichtig sein könnte. Allerdings mit dem Hinweis das dies vom Gericht dann nicht geprüft wurde.

  • <...>
    Der Wertfestsetzungsbeschluss wurde dann jedoch mit der Terminsbestimmung an alle Beteiligten zugestellt.
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    Aber es hat sich auch keiner der Beteiligten gegen den Beschluss beschwert. Ist der Beschluss jetzt trotzdem rechtskräftig?


    Ja.

    Oder muss ich im Termin (morgen) nochmal einen Beschluss verkünden?


    Nein.

    Mir liegt weiterhin ein Schreiben von einem Unbeteiligten an den Gutachter vor. Der Unbeteiligte schreibt, dass ein Teil des Grundstücks (ein Flurstück) Teil eines Landschaftssschutzgebietes ist und die Bebauung u. a. verbietet. Der Gutachter hat in dem Gutachten dieses Flurstück mit Gartenlandfläche bezeichnet und einen Bodenwert von 12,- €/m² angenommen. Muss ich dieses Schreiben beachten?


    Nein.
    Wenn ein Unbeteiligter an den Gutachter schreibt, ist mir dies egal.
    Abgesehen davon, dass der Wert ohnehin rechtskräftig festgesetzt und insofern eine Änderung gar nicht mehr möglich ist (@flamingo: Wie kommst du zu deiner anderen Meinung?), obliegt es dem SV, entsprechende Hinweise zu beachten. Und außerdem: Wenn er es als "Gartenland" mit 12 EUR/m² bewertet hat, dann passt das doch, oder?

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Also ich habe mit dem Gutachter Rücksprache gehalten. Der hat - nach seinen Angaben - in seinem Gutachten die eingeschränkte Nutzung hinreichend berücksichtigt. Laut Bebauungsplan ist die Fläche als Grünland ausgewiesen und daher eine Bebauung unzulässig. Es spielt dann keine Rolle, ob die Bebauung wg. des Bebauungsplans oder aus Landschaftsschutzgründen nicht bebauut werden darf... Es führt jedenfalls nicht zu einer Änderung des Wertes.

    Ich hatte mir schon gedacht, dass der Beschluss trotz fehlender Anhörung rechtkräftig ist, wollte aber unbedingt auf Nummer sicher gehen, weil das Verfahren an sich schon ziemlich kompliziert ist und ich hier nicht noch einen Zuschlagsversagungsgrund gebrauchen kann :)

  • Wir machen aber auch nicht immer bei allen Beteiligten eine Wertanhörung. Z.B. erstrangige Dienstbarkeiten wie Leitungsrechte oder Wärmeerzeugungsanlagen für Energieversorger, die auf jeden Fall bestehen bleiben werden - da kann man schon davon ausgehen, dass die gar nicht interessiert/beschwert wären und die Anhörung als sinnlose Förmelei unterlassen. Die bekommen den WB mit der TB und könnten sich dann notfalls immer noch beschweren, was aber keiner tut.
    Aber das kann ja jeder für sich entscheiden, die Rechtskraft tritt trotzdem ein, wenn dann der WB ordnungsgemäß zugestellt wurde.

    Nur nicht bange machen lassen.

  • Wir machen aber auch nicht immer bei allen Beteiligten eine Wertanhörung. Z.B. erstrangige Dienstbarkeiten wie Leitungsrechte oder Wärmeerzeugungsanlagen für Energieversorger, die auf jeden Fall bestehen bleiben werden - da kann man schon davon ausgehen, dass die gar nicht interessiert/beschwert wären und die Anhörung als sinnlose Förmelei unterlassen.

    Diese sinnlose Förmelei beruht auf dem Grundrecht auf ein faires Verfahren... :cool:


  • Wie gesagt ich bin schon eine Weile aus der ZVG raus, und hab meine Unterlagen auch grad nicht da, hab aber auf die Schnelle noch das gefunden:

    Ändern sich die tatsächlichen Umstände, auf denen die Festsetzung beruht, muss das Vollstreckungsgericht die Festsetzung vielmehr an die Änderung der Umstände anpassen (OLG Hamm Rpfleger 1977, 452; 1991, 73; OLG Koblenz Rpfleger 1985, 410, 411; Böttcher, aaO, Rdn. 38;) Ich hab das jetzt nicht weiter verfolgt, bin aber der Meinung, dass dies auch gilt wenn der Festsetzungsbeschluss schon rechtskräftig ist. Glaub das steht auch bei Stöber. Hab aber natürlich kein ZVG Kommentar dar. Also bitte nicht steinigen wenn die Meinung doch falsch ist.

  • Verändern heisst, dass nach der Wertfestsetzung Tatsachen eingetreten sind, welche zu einer nicht unerheblichen Veränderung des ermittelten Wertes führen.

    Sofern bestehende Tatsachen im Rahmen der Wertermittlung evtl. falsch beurteilt wurden, stellt die spätere Kenntnis hierüber keine Veränderung dar.

  • Verändern heisst, dass nach der Wertfestsetzung Tatsachen eingetreten sind, welche zu einer nicht unerheblichen Veränderung des ermittelten Wertes führen. Sofern bestehende Tatsachen im Rahmen der Wertermittlung evtl. falsch beurteilt wurden, stellt die spätere Kenntnis hierüber keine Veränderung dar.

    a.A. OLG Koblenz, Beschluss vom 15.05.1985 – 4 W 175/85, Rpfleger 1985, 410. juris Orientierungssatz: "Werden neue Tatsachen bekannt, die eine Erhöhung oder Ermäßigung des rechtskräftig festgesetzten Verkehrswertes rechtfertigen, so trifft den Rechtspfleger eine Anpassungspflicht."

    Siehe auch BGH, Beschluss vom 11.10.2007 – V ZB 178/06, Rpfleger 2008, 214, juris Rn. 11, : "Der (Wert-)Festsetzungsbeschluss erwächst nicht in materielle Rechtskraft."

  • Nicht wirklich. Du hast vergessen, neue im ersten Orientierungssatz ebenfalls optisch herauszustellen.

    Objektiv neu oder für den Rechtspfleger neu!? Dem Rechtspfleger "neu ... bekannt" werdend ist etwas anderes als objektiv "neu" entstanden. M.E. ist es für den Rechtspfleger (bzw. zunächst das Land) haftungsträchtig, ihm neu bekannt werdende Tatsachen einfach zu ignorieren. Entgegen

    die Rechtskraft tritt trotzdem ein, wenn dann der WB ordnungsgemäß zugestellt wurde.

    gibt es hier keine materielle Rechtskraft.

  • Ich halte es für wenig zielführend, sich jetzt in diesem Thema über olle Kamellen auseinanderzusetzen. ;)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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